Gregor Meyle und Roger Cicero – ein beschwingtes Gespann in der Saarlandhalle

Die Fernsehsendung „Sing meinen Song“, die von Xavier Naidoo ins Leben gerufen wurde, hat einiges bewirkt. Die Künstler, die dabei mitgewirkt haben, hatten in der Regel schon zuvor einen hohen Bekanntheitsgrad. Eine Ausnahme ist vielleicht Gregor Meyle, der nach den Clubkonzerten für Insider, die er in der Vergangenheit gab, plötzlich auch große Hallen füllt. Die anderen Sängerinnen und Sänger lernte man aber von einer sehr neuen, fast schon privaten Seite kennen. Und die gesanglichen Qualitäten wurden aufgrund des vielseitigen Repertoires der beteiligten Künstler stark gefordert.

Anscheinend sind aber auch echte Freundschaften entstanden. Zumindest unterstützen sich die Beteiligten seitdem bisweilen auf ihren Konzerten. So geht Gregor Meyle momentan als Support von Roger Cicero mit auf Tour. Zwar spielt er keinen riesigen Set (30 Minuten sind sogar recht dürftig, wenn man seine Chartpräsenz in den letzten Monaten bedenkt), bekommt aber immerhin die Gelegenheit, sich einem neuen Publikum zu präsentieren, und nutzt diese Chance auf seine einmalig sympathische Weise.

In der Saarlandhalle Saarbrücken – leider bei weitem nicht ausverkauft – begann sein Set pünktlich um 20 Uhr. Wie gewohnt hatte er auf der Bühne ein kleines Wohnzimmer mit Teppichen und Lampen aufgebaut. Als Unterstützung war die komplette Meyle-Band mit dabei. Das war gar nicht so selbstverständlich, denn der Keyboarder war auf dem Weg nach Saarbrücken im Zug eingeschlafen und erst in Basel wieder aufgewacht. Eine Freundin brachte ihn dann mit dem Auto zur Saarlandhalle. Diese Anekdote wurde (typisch für die lustigen Ansagen Meyles) zum Running Gag des Abends. Bei einem so kurzen Set musste er aber aufpassen, sich nicht in den Ansagen zu verzetteln, wie das sonst der Fall ist.

Zunächst gab es den aktuellen Titel „Hier spricht dein Herz“ und die Latino-Version von „Heute Nacht“, die mir nicht ganz so zusagt. Ich mag eher die getragenen, melancholischen Titel aus seiner Feder – wie das nun folgende „Finde dein Glück“. Gregor ist ein Lebenskünstler par excellence. Er kokettiert auch damit, dass er mit dem momentanen Erfolg endlich mal ein paar Kröten vor dem Finanzamt retten konnte. Dabei hat er nichts von seiner Leichtigkeit verloren und erzählt frei von der Schnauze weg, wie schlimm er die momentane Medienhetze  gegen seinen Freund Xavier Naidoo findet, der anscheinend nachmittags ganz spontan zum Kuchenessen nach Saarbrücken kam.

Der kurze Auftritt endete dann mit „Du bist das Licht“ und „Hätt nix dagegen“. Ein sehr schöner Auftritt, der mit riesigem Applaus belohnt wurde. Es gab sogar stehende Ovationen – und wann erlebt man so etwas schon mal bei einer Vorband. Gregor hatte mal wieder alles richtig gemacht und entließ das Publikum in eine 20minütige Umbaupause.

Roger Cicero fuhr dann die schweren Geschütze auf. Fantastische Bigband mit acht Bläsern und Kontrabass neben der obligatorischen Rockband. Eine Bühne mit Stegen, die um die Musiker herum führten und dem Sänger die ganz großen Showposen ermöglichten. Er kam im dunklen Anzug und mit typischem schwarzem Hut. So hatte er sein Publikum von Beginn an nicht nur optisch im Griff. Sein Vater war ein berühmter Jazzpianist, seine Mutter Tänzerin – Roger ist der Swing einfach in die Wiege gelegt. Diesen verpackt er aber nicht etwa in verkopfte Arrangements, die Otto Normalhörer nur schwer ertragen kann, sondern er wählt leichte Pop-Nummern mit sympathischen Texten, die durch den Bigband-Einschlag an Tiefe gewinnen.

„Glück ist leicht“ war der erste Titel. Damit nahm Roger den Faden auf, den Gregor aus der Hand gelegt hatte. Wunderbar eingängige Titel. Und zwischendurch erzählte Cicero vom Eis essen in Saarbrücken und dem Badezimmer in der Künstlergarderobe der Saarlandhalle, das er erstmals seit zehn Jahren in renoviertem Zustand vorfand.

Cicero erzählt in seinen Stücken gern von Beziehungsdingen. Von Abschied und Freiheit, von Begegnungen und dem schmerzhaften Loslassen. Egal, ob da die Bigband mit virtuosen Trompetensoli glänzt oder Cicero allein zur Akustikgitarre im Rampenlicht steht. Er trifft den richtigen Ton und erzeugt wohlige Gefühle. Opulenter Orchesterklang, entspannte Gitarren, eingängige Pianoballaden – da war alles vertreten. Meist aber dominierten kraftvolle und modern groovende Rhythmen.

Roger gab den großen Entertainer und nahm ein Bad in der Menge. „Zieh die Schuhe aus“ als herzliche Botschaft der Frau zuhause an den Liebsten war der perfekte Song, um auf den Boden der Tatsachen zurück zu kommen. Er sprach dann auch das Thema an, dass jetzt eigentlich Pause im Programm wäre. Aber man hatte ja erstmals einen Supportact dabei und die Pause musste entfallen. Kein Problem – der kraftvolle Sänger stand das auch ohne Verschnaufen durch. Allerdings hätte ich mir ob der neuen Männerfreundschaft erwartet, dass Gregor Meyle irgendwann im Programm des Hauptacts nochmal im Geschehen auftaucht. Das war leider nicht der Fall – die Gründe dafür erschlossen sich dem Publikum nicht.

„Frauen regier’n die Welt“ war ein weiterer Song für die textfesten Zuschauer. Doch es ging nicht nur lustig zu. Ciceros Texte sind insgesamt nachdenklicher geworden, manchmal sogar philosophisch, wenn er mit „In diesem Moment“ eine großartige Ballade über die Bedeutung eines beliebigen Momentes für die Welt und für den Einzelnen besingt. In die gleiche Kerbe schlug „Wenn es morgen schon zu Ende wäre“, bevor „Murphys Gesetz“ das Konzert zunächst beschloss.

Inzwischen waren die Zuschauer längst nicht mehr auf den Sitzen. Der Großteil hatte sich vor der Bühne eingefunden und machte den Konzertabschluss mit „Du bist mein Sommer“ und „Bin heute Abend bei dir“ zur riesigen Party, bevor der Auftritt nach gut zwei Stunden endete. Mit lässiger Eleganz und deutschen Texten im swingenden Big-Band-Sound bezauberte Cicero mal wieder sein  Publikum. Er bleibt sich und seinem Stil seit Jahren treu, erweitert aber gleichzeitig die inhaltliche und musikalische Bandbreite. Und er beweist einmal mehr, dass deutschsprachiger Swing durchaus modern und populär sein kann.