Paula Hartmann hat ihre Karriere bereits im zarten Altern von sechs Jahren als Schauspielerin begonnen. Damals bekam sie ihre erste Rolle in einem Fernsehfilm. Viele Jahre später erhielt die inzwischen 22jährige Jura-Studentin einen Plattenvertrag bei Four Music und legt jetzt mit „Kleine Feuer“ bereits ihr zweites Album vor.
Paula Hartmann ist eine Künstlerin mit vielen Facetten. Die Musik der 22-Jährigen Berlinerin ist trotz ihrer Verortung im Urban Pop sehr vielschichtig und dicht. Sie erzählt Großstadtgeschichten mit Rap und Dancefloor Beats, die sich wie ein dichtes Netz auf ihren Alltag zwischen Club-Vibes und Chillout-Areas legen.
Es geht um Gespenster in der Geisterstadt und den Tod der Liebe. Um Disney-Träume und schwarze SUVs. Um Mädchen auf dem Klo und den Wunsch nach Heimat. Die Texte sind kryptisch und poetisch zugleich – mit nachvollziehbaren Bildern: „Die letzte noch rauchen, während ich auf dem Dach wie Snoopy lieg.“
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Oft wirkt Paula Hartmann wie eine verlorene Seele, doch ihre Live-Performance strotzt vor Energie. Ihre Stimme mag manchmal etwas piepsig klingen – vor allem ihr Sprechgesang aber hat einen starken Flow. So vermittelt sie eine authentische Atmosphäre des nächtlichen Berlin und beschreibt ihre ganz eigene Reise durch die Nacht.
Das Album ist übrigens nicht im CD-Format erschienen. Mir liegt zur Review die klare Vinyl vor, die mit einem kunstvollen Schwarz-weiß-Portrait der Künstlerin überzeugt. Alles in allem eine deutliche Steigerung zum Debüt. Paula führt den Urban Pop in eine neue Dimension.
Retromäßig wie die Märchen-Hörspiele meiner Kindheit kommt das Cover von „Nie verliebt“, dem Debütalbum der Schauspielerin und Musikerin Paula Hartmann. Dann gibt es aber keine einschläfernde Erzählerstimme, sondern elektronische Klänge zur Stimme von Paula, die ihre erzählenden Lyrics mit expliziten Texten vorträgt.
Paula Hartmann ist eine Künstlerin voller Facetten. Die 20-jährige Berlinerin entdeckte bereits im Alter von sechs Jahren ihre Faszination für die Welt der Schauspielerei, ganz ohne das Zutun der eigenen Eltern. Die Mutter Bänkerin, der Vater Arzt. Ihre Tochter Paula sucht dagegen schon früh das Rampenlicht in anderen Welten, sei es bei großen TV-Produktionen oder bei der Mini-Playbackshow im Urlaub. Und sie fühlt sich wohl in dieser Welt, lernt aber auch ihre herausfordernden Seiten kennen: „Unterbewusst war mir aber bei jedem besuchten Konzert klar, dass ich irgendwann mit meiner eigenen Musik auf einer Bühne stehen muss“, reflektiert die mittlerweile in Hamburg lebende Sängerin.
Der Umzug von der größten in die zweitgrößte deutsche Großstadt löste Hemmungen. Hier lernt sie Freunde kennen, mit denen sie ihre Leidenschaft ausleben kann, macht bald nur noch Musik, schreibt und singt für deren Hip-Hop Tracks und lernt so irgendwann den Musikproduzenten Biztram kennen. Seither arbeiten die beiden akribisch an ihrem Debütalbum und kombinieren musikalisch verschiedene Welten: Von Oldschool Hip-Hop Samples bis hin zu modernen Trap Elementen, die von eingängigen Popmelodien mit Auto-Tune Charakteristik zusammengehalten werden, Paula Hartmanns Musik offenbart so viele Seiten wie sie selbst.
Dabei ist Paula Hartmann schon mit wenigen Veröffentlichungen bereits gelungen sich vom deutschen Einheitspop zu emanzipieren: Ausgehend von ihrer Debütsingle „Nie verliebt“, gefolgt von „Truman Show Boot“ bis hin zu der Doppel-Track Veröffentlichung „Fahr uns nach Hause“ zeichnet Paula mit ihrer Musik und mit ihren Texten ein in sich geschlossenes Bild vom Durcheinander der Gefühle, der Sehnsucht nach Liebe und Nächten im Rausch. „Wir sind jung was soll uns schon passieren?“ fragt Paula- und der Zuhörer fragt sich unweigerlich wieviel Trotz und wieviel Zweifel in dieser Frage steckt, ehe er bemerkt, wie tief er sich bereits in dieses Labyrinth gewagt hat.
Die Texte erzählen moderne Märchen in der Großstadt. Paulas Stimme steht stets im Vordergrund und ist sehr emotional. Häufig im Sprechgesang oder mit Autotune versehen schafft sie eine heimelige Atmosphäre und liefert dreißig kurzweilige Minuten, in denen sie auch mit Duettpartner Casper voll Stärke auftreten kann.
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Die Band Jennifer Rostock wurde im Jahr 2007 auf Usedom gegründet, doch schnell zog es das Quintett um Frontfrau Jennifer Weist nach Berlin. 2008 legte man ein beachtenswertes Debüt vor, das sich wohltuend von der Schwemme deutschsprachiger Rockbands mit weiblichen Vocals abhob. Energiegeladen und authentisch, mit ironischen Texten – auch heute noch ein Dauerbrenner in meinem Player. In wenigen Jahren haben sich Jennifer Rostock ihren Ruf als lauteste, wildeste, wahnsinnigste, unbeständigste, schrillste und kreativste Deutschrockband ehrlich erspielt.
Doch elf Jahre später war erst einmal Schluss. Am 13. Mai 2018 fand das vorerst letzte Konzert in der Berliner Columbiahalle statt und läutete eine immer noch andauernde Pause ein. Die Band hat sich offiziell nicht aufgelöst – das wird immer wieder betont. Doch ein wirkliches Lebenszeichen gibt es auch nicht. Allerdings ist Jennifer jetzt unter dem Namen Yaenniver solo unterwegs. Ihr Debütalbum „Nackt“ ist vor wenigen Tagen erschienen. Mit Jennifer Rostock ist das neue Projekt tatsächlich nicht zu verwechseln, denn es klingt erstaunlich anders.
Da wäre zunächst der Opener „Intro“ im Stil bester Deutschrap-Selbstdarstellung. Yaenniver erklärt sich selbst und ihre Intention. In gutem Flow nimmt sie schon einmal die Kritik vorweg, die sie vermutlich schnell erreichen wird: Was denn nun? Sängerin, Moderatorin, Businessfrau, jetzt auch noch Rapperin? Doch da steht Jennifer locker drüber und rappt schon mal alle Vorurteile weg, bevor sie ein recht vielseitiges Album vorlegt.
Schon der zweite Track „Halb so ich“ ist ein mitreißender Popsong, der uns die echte Jennifer zeigt, die sich nie in die Zwangsjacke einer patriarchalen Gesellschaft hat stecken lassen. Bisher hat sie ihre Überzeugung nie zurückgesteckt, auch wenn sie dafür manche Angriffe überstehen musste.
Yaenniver nimmt kein Blatt vor den Mund, singt laszive Songs wie das energische „Ich ficke jeden“ und den Anmach-Song „Sag deiner Freundin“. Sie kann ebenso stark rappen wie sie in den gewohnt rockigen Melodien durchstartet. Für eine neue, feministische Version von „Mädchen, Mädchen“ hat sie sich „Lucilectric“ Luci van Org höchstpersönlich mit an Bord geholt und für das frivol angehauchte Elektro-Duett „For Real“ geht sie in den Dialog mit Rapper Sway Clarke.
Kraftvolle Pop-Beats mit Hip-Hop-Elementen führen wie ein roter Faden durch das Album. Dabei gibt es mit den Balladen „Seebrücke“ und „Ich setz dir ein Zeichen“ auch durchaus Momente zum Atemholen.
Jennifers Texte sind gewohnt politisch und gesellschaftskritisch, ihre Songs sind eine Offensive, die den Ton mit Themen wie Wertvorstellungen, Freiheit in all ihren Facetten, Empowerment, Selbstreflexion und Lebenslust angibt. Stets mit Wortwitz und Tiefgang, mal mit einem Augenzwinkern, mal mit strenger, verletzlicher Ernsthaftigkeit – aber immer ehrlich.
Im direkten Vergleich mit der Band Jennifer Rostock gefällt mir deren Rockattitüde um 1-2 Klassen besser, doch zumindest zeigt Yaenniver hier, dass sie auch als Solokünstlerin bestehen kann, etwas zu sagen hat und locker 42 Minuten eines Debüts ohne peinliche Lückenfüller besteht.
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Alina-Bianca Neumann wurde mit deutsch-polnischen Wurzeln in Solingen geboren, lebte aber bis zu ihrem sechsten Lebensjahr in Polen. Anschließend wuchs sie in Schleswig-Holstein auf und kam in Kontakt zum Rio Reiser Bassisten Jochen Hansen, der sie förderte und dazu ermutigte, eigene Musik zu schreiben. Dessen Einfluss konnte man schon auf den ersten beiden EPs „Hohes Fieber“ und „Monster“ erkennen. Mit dem Debütalbum setzt sie die Linie weiter fort: Direkte und ehrliche Texte, verbunden mit einem authentischen Indiepop.
Schon der Albumtitel ist eine Wucht und zeugt von den psychoanalytischen Ideen Sigmund Freuds, der zu erklären versuchte, warum Männer sich die Geborgenheit eines Mutterersatzes für die Familie suchen und gleichzeitig eine andere Frau fürs Bett haben wollen. So divergent ist auch die Erscheinung von Alli, die als blonde zierliche Frau erscheint, dann aber in ihren Lyrics deutlich zur Sache geht und gegen Sexismus ansingt.
Der Sound ist mitreißend und ihre Vocals haben einen starken Flow. Sie nutzt Stilmittel von Pop, HipHop und R’n’B, um ihrem Sprechgesang Gehör zu verschaffen. Das hymnische „Frei“ ruft ihren Wunsch nach Selbstbestimmung aus. Songs wie „bike boy“, „problem killer“ und „männer wie du“ beschäftigen sich mit maskulinen Typen. Erst im letzten Albumdrittel schafft sich die romantische Seite Raum und es gibt vier süßlich anmutende Songs wie „herz aus gold“ und „Herzhotel“.
„Madonna Whore Komplex“ ist ein durchaus lohnenswertes Debüt mit starken Tracks. Vor allem die moderne Produktion und die stilistische Vielfalt heben es aus der Masse heraus. Alli Neumann befreit sich gekonnt von allen Pop-Klischees und geht ihren eigenen Weg. Spannend!
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Auch auf ihrem vierten Album spielt LEA ihre größte Stärke voll aus. Sie singt wundervolle melancholische Balladen zu sanften, zerbrechlichen Pianomelodien. So liefert sie ein insgesamt sehr ruhiges Album. Man könnte die Idee haben, das würde auf Dauer langweilig, doch keineswegs: LEA ist eine wundervolle Geschichtenerzählerin. Sie fasst Momente, Gedanken und Stimmungen in Worte, schafft dabei kleine Aphorismen und philosophische Nachdenklichkeiten, wie das kaum einer anderen Deutschpop-Künstlerin gelingt.
Nehmen wir die Bilder aus dem Titelsong mit seinem „Fluss aus Tränen“, die so anschaulich und nachvollziehbar sind. Das Gleichnis vom Sprung, nackt in den „Swimmingpool“, mit dem LEA offen ihre Zurückhaltung besingt. „Sommer“ zeichnet das Bild einer ersten Liebe, die man nach einem kurzen Strohfeuer aus den Augen verliert und manchmal immer noch vermisst. „4-Zimmer-Wohnung“ als Verweis auf die Eifersucht gegenüber einem langjährigen Freund, der jetzt mit einer Anderen zusammenzieht.
Natürlich sind es vor allem Herz-Schmerz-Songs, doch es ist der offene Umgang mit den stillen Gefühlen, der das Album so authentisch macht. Eindringlich (wie in „Sag nicht sorry“), verliebt (wie in „Tausendmal“) oder wehmütig (wie in „Fast“). Die Melancholie kumuliert in der wundervollen Eröffnungszeile von „Schwarz“: „Ich trag Schwarz bis es was Dunkleres gibt“.
Drei Songs enthalten prominente Features. „Küsse wie Gift“ singt LEA mit der jungen Kollegin LUNA, die musikalisch perfekt mit ihr auf einer Wellenlänge liegt und die schon als Support auf der Sommertour mit dabei war. Für „Schwarz“ ist Rapper Casper mit im Boot. Und „L & A“ zelebriert die besondere Verbindung zu Antje Schomaker als Hymne der beiden Künstlerinnen auf ihre Freundschaft: „Für immer L & A“.
„Das Album ist in den letzten anderthalb Jahren entstanden, in denen ja kein Stillstand geherrscht hat, auch wenn es sich erst so angefühlt hat – es geht immer weiter“, sagt LEA zur Entstehung. „Auf dem neuen Album sind Themen, die es vorher bei mir nicht gab, weil die Atmosphäre anders war. Das Songwriting hat viel zu Hause stattgefunden; sehr fokussiert, mit dem Rechner auf dem Flügel, in Skype-Sessions mit dem Team, mit dem ich auch schon fast alles für ‚Treppenhaus‘ gemacht habe. Diese Menschen sind mir so wichtig geworden. Wir sind alle so tief im LEA-Kosmos, dass wir unsere ganze gesammelte Liebe in FLUSS stecken konnten – auch deshalb ist nicht mehr jeder Song nur aus meinem Leben. Es geht auch um Erfahrungen von anderen, um einen Rückblick auf unsere Zwanziger; um Gefühlswelten, Perspektiven, Lebensabschnitte, Veränderung, neues Terrain und Erinnerungen.“
Ein besonderer Song ist LEAs Eltern gewidmet. In „Dicke Socken“ singt sie vom Nach-Hause-kommen und vermittelt heimelige Bilder voll Nostalgie. „Der Song ist eine Liebeserklärung an meine Eltern, die immer hinter mirstehen. Berlin ist heute mein Zuhause, aber mein Elternhaus ist Heimat. Ein Rückzugsort, an dem ich auftanke und mal nicht unterwegs sein muss.“
Übrigens sind nicht alle Stücke pianolastig arrangiert. Unter den 14 Tracks finden sich auch einige durchproduzierte Stücke, die mit elektronischen Klangspielereien versehen sind. Doch für Puristen der reinen LEA-Lehre gibt es als Anhang fünf dieser Songs als „Piano Sessions“. Man kann sich also ohne Weiteres sein persönliches Pianoalbum zusammenstellen.
LEA ist stilistisch absolut besonders. Die Vocals schwanken zwischen zerbrechlich und stark. Ihre sanfte Stimme, das filigrane Pianospiel und die intelligenten Texte beherrschen auch das vierte Studioalbum dieser Ausnahmekünstlerin.
Hier seht ihr den Mitschnitt zum „Live in 360 Grad“ Release-Konzert:
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Am 13.08. erscheint das neue Album von Mark Forster. Es ist sein mittlerweile 5. Studioalbum und in dieser bespiellos erfolgreichen Zeit ist er seine ganz eigene Kategorie geworden. Niemand wird häufiger im Radio gespielt, kein deutschsprachiger Pop-Künstler verkauft mehr Konzerttickets, niemand ist so regelmäßig in den relevanten musikaffinen Fernsehformaten zu Gast und gleichzeitig präsent auf TikTok, Instagram und Co.
Nun Album Nummer 5: Musketiere. Der Begriff erzeugt Bilder von eingeschworener Gemeinschaft, von Loyalität und Liebe, von „einer für alle, alle für einen“. Das sind die beherrschenden Themen des Albums. In noch unterschiedlicheren Spielarten als zuletzt auf LIEBE und mit so viel unverstellter Intimität und Nähe, dass man als Hörer tief hineingezogen wird ins Forster-Universum.
Nach den 3 Hitsingles „Übermorgen“, „Bist du Okay“ (mit VIZE) und „Drei Uhr Nachts“ (mit LEA) kommt als weiterer Vorbote am 16.07. der titelgebende Song „Musketiere“, der den emotionalen Rahmen des Albums aufzeigt und klar macht, was in der Zeit seit dem letzten Album LIEBE neben und wegen der alles beherrschenden Pandemie Mark Forsters Lebensthemen waren und sind.
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Ihre Single „Leiser“ wurde zur Radio-Hymne und bescherte ihr die erste goldene Schallplatte. Dank dieser neuen Leichtigkeit und dem Öffnen des Lea-Universums hat sie mit „Zwischen meinen Zeilen“ im Jahr 2018 ihre ganz eigene Soundwelt gefunden.
Dieser Welt bleibt sie auch mit ihrem dritten Album „Treppenhaus“ treu – ohne sich zu wiederholen. Die Songs erzählen neue Geschichten aus Leas Leben, zeigen neue Facetten und lassen sie als Künstlerin wachsen. Dabei ist ihre eigene Art, wahre Geschichten auf musikalische Weise zu erzählen, unverkennbar.
Das Album erschien ursprünglich im Mai und wurde jetzt zum Weihnachtsgeschäft als Deluxe Edition mit viel Bonusmaterial neu aufgelegt. Darunter die neue Erfolgssingle mit Majan („Beifahrersitz“), drei weitere unveröffentlichte Songs, acht Pianoversionen und die beliebtesten Stücke aus der Fernsehsendung „Sing meinen Song“.
Lückenfüller gab es schon auf dem ursprünglichen Album nicht. Lea erzählt von ihrer Kindheit, von Liebe, Familie und Freundschaft, natürlich auch von schmerzhaften Trennungen. Das darf schon mal ein wenig energisch klingen wie in „Kaputt“ oder ganz melancholisch-dezent in „Elefant“ und „Staub“.
Leas Vocals schwanken zwischen zerbrechlich und stark. Damit kann sie vor allem bei den neuen Piano Sessions glänzen, die ich ungeheuer eindrucksvoll finde. „Sie“, „Treppenhaus“, „Sylt 98“ – da kommen die Emotionen über die schwarzen und weißen Tasten noch deutlicher und authentischer durch.
Die Coverversionen von Max Giesinger, Nico Santos, MoTrip und Jan Plewka entsprechen den Aufnahmen, die für die Tauschkonzert-CD Volume 7 mitgeschnitten wurden. Also nichts wirklich Neues, aber man bekommt einen schönen Rundumschlag zu Leas Fähigkeiten, sich die Songs befreundeter Künstler ohne Umschweife zu eigen zu machen.
2020 war Leas Jahr, auch wenn sie live kaum in Erscheinung treten konnte. „Treppenhaus“ ist ein wundervolles drittes Album, das diese Deluxe Version absolut verdient hat. Zudem bringen die neuen Titel und Versionen einen Mehrwehrt, der auch den Zweitkauf des Albums sinnvoll machen kann.
Seine enorme Medienpräsenz, ein Händchen für gute Melodien und das untrügliche Gespür dafür, auch aus belanglosen Songs große Hymen zu machen – das ist es, was Mark Forster ausmacht. Dabei hat er natürlich ganz klein angefangen: als Sidekick von Kurt Krömer, als Publikumsliebling bei SWR 3 (mit dem Song „Auf dem Weg“), im Background von Sido. Inzwischen füllt er selbst die größten Hallen – doch ein Nummer-1-Album blieb ihm bislang verweht. Vielleicht sind die Melodien dann auf das erste Hören doch zu sperrig? Die Single „Einmal“ beispielsweise wird gewohnt hymnisch vorgetragen, aber der leicht hysterisch vorgetragene Chorus kann schon sehr nervig sein.
Der Opener „Comeback“ und der Titelsong „Liebe“ sind groß arrangierte Songs, die live vermutlich gut funktionieren werden, aber einige Hördurchläufe brauchen, um eine gewisse Eingängigkeit zu erreichen. Erstes Highlight ist für mich die Ballade „Was du nicht tust“. Wieder mit ungewöhnlichem Background-Gesang (von einer Kinderstimme), aber sehr melodisch und mit melancholischem Text.
Was schnell spürbar wird: Mark Forster will uns kein homogenes Album abliefern sondern sich stilistisch möglichst weit ausbreiten. „194 Länder“ ist von den rhythmischen und weltmusikalischen Elementen her perfekt auf den Text zugeschnitten, der die global offene Welt mit der einzigen großen Liebe in Verbindung setzt. Bei „Danke Danke“ revanchiert sich Sido für die Kollaborationen der Vergangenheit und „Nimmerland“ bietet ebenfalls sanften Rap, der nicht nur textlich an Cro erinnert.
„Genau wie du“ ist – wenn ich den Text richtig interpretiere – Marks Bruder gewidmet und damit das Pendant zum Song „Nathalie“. Der Sänger hat alle Lyrics selbst verfasst und augenscheinlich viel Autobiographisches mit rein gepackt. Große Poesie sollte man nicht erwarten, aber eine hohe Authentizität ist allemal gegeben.
Das Album bleibt bei mir hinter den hohen Erwartungen zurück, die „Bauch und Kopf“ und vor allem „Tape“ geweckt haben. Mark Forster hat nichts wirklich Neues zu bieten. Aber das ist Jammern auf hohem Niveau. Im Prinzip legt er ein weiteres solides Studioalbum vor, das seine Fans begeistern und verdientermaßen viel Airplay bekommen wird. Im Sommer geht es auf Open Air-Tour. Und da werden die Songs beweisen können, wie sie vor der großen Masse bestehen.
Sie haben sich rar gemacht in den letzten Jahren, die deutschsprachigen Songpoeten. Doch langsam kommt Bewegung in die Szene: Andreas Bourani kündigt sein neues Album nach fünf Jahren Wartezeit für 2019 an, Max Giesinger und Mark Forster wollen mit einem November-Release noch im diesjährigen Weihnachtsgeschäft punkten und Philipp Poisel hat zur Clubtour zumindest eine neue Single am Start. Zunächst wagt sich allerdings Joris aus der Deckung und bietet die Parole „Schrei es raus“.
Es ist das Jahr 3 nach dem furiosen Debüt „Hoffnungslos Hoffnungsvoll“. 300 Konzerte und 3 Echos später. Joris ist inzwischen 28 und hat sich Zeit gelassen für sein zweites Album „Schrei es raus“. Es ist der gleiche Joris – diese ungewöhnliche, warme Stimme, die mit großer Ausdruckskraft Geschichten erzählt und Bilder erschafft. Der gleiche erdige, ehrliche Sound, der analog und natürlich diese kraftvolle Stimme dynamisch unterstützt und überall mitgeht: hoch, runter, laut, leise, gleichzeitig rau und sanft – wahnsinnig vielfältig und variabel.
Sein Markenzeichen waren und sind die feinen Pianoklänge. Das ist stets eine Wohltat. Insgesamt ist es aber ein sehr vielfältiges Album, in dem auch die Gitarre und allgemeine rhythmische Finessen eine große Rolle spielen. Das kann mal mystisch sein, wie bei „Feuerwesen“, hymnisch wie bei der Single „Signal“, trotz leiser Töne aggressiv und fordernd wie beim Titelsong „Schrei es raus“ und dazwischen immer wieder mit viel Gefühl und sanfter Melancholie.
Nein – man hat diese zugleich raue und gefühlvolle Stimme in den drei Jahren Pause nicht vergessen. Was aber auch nicht verwundert, wie die DVD und die live-CD im wunderschön aufgemachten Boxset beweisen. CD 2 bietet Livemitschnitte von unterschiedlichen Festivals. Hier spürt man, wo Joris zuhause ist: Da wo viele Menschen ihn hören. Wo er vielleicht Zuhörer überzeugen kann, die zwar seinen Namen, aber seine Musik noch nicht kennen. Eine schöne Rückschau auf das erste Album mit dem Höhepunkt „Herz über Kopf“.
Die DVD bietet dann ein Livekonzert aus Jena, das die Stimmung eines kompletten Konzerterlebnisses hervorragend einfängt. Man bekommt spürbar Lust, ihn mit den neuen Titeln bald wieder live zu erleben. Die Gelegenheit wird in Kürze kommen.
Nur wenige Tage nach Release geht Joris mit den neuen Songs im Gepäck auf Tour und wird dabei von Mister Me, Max Prosa, Lotte und Kelvin Jones begleitet!
„Kogong Edition“ heißt die erweiterte Ausgabe von Mark Forsters Album „Tape“, die zum Weihnachtsgeschäft 2017 erscheint. Das Album ist immerhin schon im Juni 2016 erschienen und es braucht normalerweise einige Extras, um die Fans zum Zweitkauf zu bewegen.
In diesem Fall sind das neben dem neuen Song allerdings nur fünf Akustik-Versionen. Kein besonders großer Kaufanreiz. Doch die Medienpräsenz durch „Sing meinen Song“ und die aktuelle Staffel von „The Voice Of Germany“ wird definitiv dafür sorgen, dass „Tape“ auch 2017 in den Charts ganz vorn landet. Verdient hat es das Album allemal – für alle, die noch nicht in dessen Besitz sind.
Zum Album selbst haben wir damals geschrieben: Es gefällt im Gesamten. Ein Meisterwerk voll schöner Melodien! Optimistisch erklingt „Wir sind groß“. Aufrüttelnd ermuntert „Da fährt ein Bus“ dazu, einfach einzusteigen und seine Ziele anzugehen. „Chöre“ ist ein fantastischer Song zum Frauen-Betören, „Natalie“ eine kleine Reise in die Vergangenheit. Die Single „Selfie“ dürfte der Social-Media-Gemeinde aus der Seele sprechen. Alle Themen haben ihren Platz, nichts wird stiefmütterlich behandelt.
Jetzt kommen die neuen Tracks hinzu, die allesamt in den Londoner Abbey Road Studios aufgenommen wurden. Mark ist sehr stolz darauf und hat es nicht versäumt, bei den Konzerten der Herbst-Tour immer wieder darauf hinzuweisen.
„Kogong“ ist eine typische Forster-Hymne und passt daher perfekt auf das Album. Er selbst sagt dazu: „Kogong“ ist das Geräusch, dass das Herz macht, wenn man genau hinhört. Der Song handelt von kleinen und großen Dingen, die mir mein Herz gesagt hat, und die ich irgendwie nicht hören konnte. Ich hoffe sehr, dass ich in Zukunft mehr darauf hören kann, vielleicht ist dieses Lied ja mein Anfang.
Die Akustik-Versionen funktionieren vor allem bei den ruhigen Songs. „Für immer Forever“ und „Schöner Scherbenhaufen“ klingen wunderschön melancholisch. „Wir sind gross“ hingegen und das imposante „Willkommen zurück“ gefallen mir im Original besser. Das verspiegelte Cover des Digipacks ist zumindest ein nettes Gimmick. Wer das Album noch nicht hat: Zugreifen. Allen anderen dürfte die Single „Kogong“ eigentlich genügen.
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Nicholas Müller ist ein wundervoller, oft sehr redseliger Mensch. So verwundert es nicht, dass er seine Autobiographie „Ich bin mal eben wieder tot: Wie ich lernte, mit der Angst zu leben“ höchstselbst eingelesen hat. 7 CDs, jede im eigenen Pappschuber und gesammelt in einer schönen Hochglanzbox. Die Geschichte aus seinem Mund zu hören, ist ein Genuss. Emotionale Achterbahnfahrt inklusive.
Nicholas Müller war Sänger der Band Jupiter Jones. Sein Song „Still“ ist in die deutsche Musikgeschichte eingegangen. Dann aber – auf dem Höhepunkt der Karriere – musste er im Jahr 2014 aufgrund einer Angststörung bei der Band aussteigen und sich eine längere Genesungsphase gönnen. Inzwischen ist er wieder musikalisch aktiv, allerdings im kleineren Rahmen mit der Band Von Brücken.
Die Angststörung ist eine der psychischen Krankheiten, die oft noch belächelt wird. Die man mit „stell dich nicht so an“ und „reiß dich zusammen“ abtut, was auch mit der Depression oft geschieht. Man kann nicht oft genug darauf hinweisen, dass eine solche Erkrankung nicht steuerbar ist. Dass man ärztliche und therapeutische Hilfe braucht. Dass sie einen bis zur Bewegungslosigkeit lähmen kann.
Nicholas ist von Beginn an sehr offensiv mit seiner Geschichte und dem Krankheitsbild umgegangen. Schon zur Jahreswende 2015/16 gab er in Talkshows und Interviews sehr persönliche Einblicke in die Thematik und war gerne bereit, in sein Innerstes blicken zu lassen. Auch im Gespräch mit MHQ, das ihr HIER nachlesen könnt.
Die autobiographische Erzählung springt manchmal in der Chronologie, hat aber einen roten Faden, was die ersten Anzeichen der Erkrankung, den Verlauf und die Auswirkungen angeht. Nicholas erzählt von der engen Verbundenheit zu seiner Familie, von der Zeit, in der er einige im nahe stehende Menschen, darunter die Mutter, verlor und was das in ihm auslöste. In einem Moment lustige Anekdoten aus dem Dorfleben, dann wieder tiefe Verzweiflung. Und das Credo, dass es irgendwie weitergehen muss. Schließlich hängt ein Rattenschwanz an Abhängigkeiten hinter der Band Jupiter Jones und man kann nicht alle im Stich lassen.
Es gelingt Nicholas gut, diese emotionale Reise im inneren Monolog zu beschreiben. Die Annäherung an die Angst als solche bleibt dabei absolut subjektiv. Logisch – es soll ja auch kein psychiatrisches Sachbuch sein. Stattdessen kann der geneigte Leser nachvollziehen, was im Kopf des Protagonisten vorging und vorgeht. Er versucht eine wirklichkeitsnahe Beschreibung der Vorgänge und das gelingt ihm auch in den meisten Fällen. Wo Dinge unerklärbar bleiben, wird das auch ehrlich ausgesprochen.
Nicholas kann seinen Lesern Mut machen. Auch dann, wenn sie selbst in einer scheinbar ausweglosen Situation stecken. Er zeigt auf, wie er mit der Angst umgegangen ist, wie Menschen in seinem Umfeld ihn gestärkt und ihm geholfen haben. Und mit der Rückkehr zur Musik und der neuen Band Von Brücken hat die Geschichte auch ein Happy End.
Das Buch ist bestens geeignet für Fans guter Musik, für alle, die mehr über Jupiter Jones, Von Brücken und die Person Nicholas Müller wissen wollen. Aber auch für alle, die Angst als psychische Erkrankung verstehen wollen, selbst darunter leiden oder jemanden kennen, der eine Angststörung oder Depressionen hat. Das mir vorliegende Hörbuch ist spannend anzuhören und gibt häufig eine Gänsehaut mit. Großartig!
Die Inflation an deutschsprachigen Pop-Poetinnen macht mir momentan große Freude. Da war zuerst das Multitalent Madeline Juno, erfolgversprechend von englischer auf die deutsche Sprache umgestiegen, dann die stimmungsvoll-intensive Lotte und jetzt das Debüt von Louka. Drei fantastische Alben, die mich in diesem Sommer erreicht haben. Und jede der dreien hat auf ihre Weise einige Alleinstellungsmerkmale vorzuweisen.
Bei Louka sind es vor allem die Vocals, die man so schnell nicht mehr vergisst. Die Sängerin mit der einzigartigen Stimme ist eine Beobachterin. Stets trägt sie ein Notizbuch bei sich, in das sie ihre Eindrücke aus dem Alltag in Form von Textzeilen festhält. Diese Beobachtungen prägen auch ihre Songs, Emotionen und Erlebnisse, in denen sich der Hörer wiedererkennt. „Lametta“ handelt von Begegnungen, Liebe, Trennungen, Freundschaften, Identitätsfindung – Bewegung und Stillstand.
Gepaart mit sparsamen Beats, funky-minimalistichen Gitarren-Licks und eigenwilligen Synth-Melodien, hat Louka ein positives und hoffnungsvolles Album geschaffen, in ihrem ganz eigenen Stil. Hinter diesen stilistischen Merkmalen erzählt sie ihre ganz eigenen Geschichten.
Das Trennungslied „Outro“ hat etwas tröstendes. Wenn man schon verlassen wird, dann mit solch bewegenden Lyrics. Auch „Flimmern“ ist voller inspirierender Wortcollagen: „Euphorie ist die Energie, die meine Gedanken in Bewegung übersetzt“, heißt es da passend.
Den Albumtitel erklärt Louka sehr überzeugend: „Lametta beschreibt für mich treffend die Phasen, die ich in dieser Zeit durchlaufen habe. Es gaukelt dir Glanz und etwas Schillerndes vor, aber im Grunde sind es nur billige Plastikstreifen aus Polyester.“ Auf Loukas Debütalbum trifft das nicht zu – es ist voller Songs mit Seele und philosophischen Erkenntnissen.
Genau in diesem Ton – das ist es, was wir von Jennifer Rostock hören wollen. Mit ihrem fünften Album hat sich die Band um die umtriebige Frontfrau Jennifer Weist selbst übertroffen. Jeder Track ist ein Ohrwurm und prägt sich auch textlich hart in die Gehirnwindungen ein. Die letzten Studioalben aus den Jahren 2011 und 2014 waren in Ansätzen poppiger gehalten, doch diesmal geht es wieder deutlich mit starken Riffs und aggressiver Attitüde zur Sache. Ein Pendeln zwischen Punk und deutschsprachigem Hardrock. So lieben wir die Band aus Berlin, die ursprünglich von der Insel Usedom stammt.
Grob gesagt teilt sich „Genau in diesem Ton“ in zwei Hälften. Genau in der Albummitte findet sich der kurze Instrumentaltrack „Ebbe und Flut“, der in den ruhigeren Song „Deiche“ überleitet. Nachdem es auf der ersten Albumhälfte durchgehend in die Vollen ging, Jennifers aggressiv und laut vorgetragenen Vocals ganz weit vorne standen und ein wahres Riffgewitter auf den Hörer einprasselte, schleicht sich im zweiten Teil auch mal die ein oder andere Schein-Ballade ein. Nach den vollmundigen Statements der ersten sechs Tracks wird es hier bisweilen nachdenklicher.
Für mich ist „Genau in diesem Ton“ das perfekte Deutschrock-Album. Jennifer hat viel zu sagen und hält damit nicht hinterm Berg. „Uns gehört die Nacht“ wendet sich gegen Schickimicki und High Society, „Irgendwas ist immer“ gegen ewig maulende Zeitgenossen und „Neider machen Leute“ gegen vermeintliche No-Gos.
Zumeist herrschen rockige Elemente und eine stilistische Annäherung an die Neue Deutsche Welle vor. Manchmal überschlägt sich Jennifers Stimme fast in ihrer Wortgewandheit, doch das macht die Aussagen umso kraftvoller. In der zweiten Hälfte wird das Album zum Plädoyer für den Mut, in sich hinein zu hören, sich auszuprobieren, sich so zu lieben wie man ist, um es dann umso lauter herauszuschreien („Baukräne“, „I love you, but I’ve chosen Dispo“). Gerade der letzte Song des Albums zieht den Härtegrad nochmal ordentlich an.
Man kann die Band und ihre Frontfrau nur dafür bewundern, dass sie sich nicht verbiegen lassen und geradeheraus handeln – nicht nur was die Musik, sondern auch die persönlichen Statements in den sozialen Medien angeht. Der Anti-AFD-Song war ein hervorragendes Beispiel dafür, dass hier alles stimmig ist. „Genau in diesem Ton“ passt hervorragend in unsere Zeit. Maul halten? Auf keinen Fall!
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Das Label Four Music wurde vor zwanzig Jahren von den Fanta 4 gegründet. Zunächst lief nur der Vertrieb über Sony BMG, später wurde Four Music eine Tochtergesellschaft des Majorlabels. Ziel war es, Bands zu fördern, die sich von den etablierten Popgrößen abheben.
Das brachte Werke unter anderem von Afrob, Freundeskreis, Gentleman und Blumentopf. Im neuen Jahrtausend kamen Clueso, Jupiter Jones und Hurts hinzu, Marsimoto, Marteria und Casper. Ganz aktuell sind Joris und Mark Forster als Dauerbrenner zu nennen.
So viel schöne Musik – da gibt es auch viele Geschichten zu erzählen. Zum Jubiläum hat man sich etwas ganz Besonderes einfallen lassen: Ein Hardcoverbuch im LP-Format, das die Geschichte des Labels Revue passieren lässt. Auf knapp 150 Seiten findet man darin Gespräche zwischen Max Herre und Marteria, Joy Denalane und Balbina, den Fantastischen Vier oder den vier Four Music-Chefs Fitz Braum, Mark Löscher, Volker Mietke und Michael Stockum.
Die Aufmachung ist wirklich toll. Großformatige Fotos, die eine sympathische Stimmung rüber kommen lassen. Aus jedem Jahr wird ein Album näher beleuchtet. So entsteht eine schöne Chronik. Die Texte stammen aus der Feder des Journalisten Jan Wehn.
Und das ist noch nicht alles: Begleitend gibt es die Liedsammlung „Four Elements – 20 Jahre Four Music“ mit 20 Songs auf 2 LPs. Wieder ein Titel pro Labeljahr, beginnend mit „A-N-N-A“ von Freundeskreis bis hin zu Mark Forsters „Wir sind groß“.
In dieser Jubiläums-Veröffentlichung steckt viel Herzblut und sie ist rundum gelungen. Schön, wenn man zwanzig Jahre Arbeit so glanzvoll feiern und auf jede Menge Erfolge zurück blicken kann.
Mark Forster ist zurück? Diese Aussage wäre übertrieben. Er war ja gar nicht weg. Was hat der junge Mann aus dem pfälzischen Winnweiler nicht alles vollbracht in den letzten Jahren. Das Debüt mit dem Smashhit „Auf dem Weg“ war im Jahr 2012 nur der Anfang. Ein sehr eingängiger – wohlgemerkt.
Inzwischen kann der 32jährige auf den Deutschen Musikautorenpreis für „Au Revoir“ zurück blicken. Er war als Sidekick für Sido mit auf Tour, hat den Bundesvision Song Contest gewonnen, die 1Live Krone wurde ihm aufgesetzt… Dann hat er seinen Charme bei „The Voice Kids“ spielen lassen. Meine Minis lieben ihn und seine Musik. Zum Glück! So finden wir immer einen gemeinsamen Nenner.
Nach einer solchen Erfolgswelle haben sich Künstler wie Poisel und Bourani erst einmal musikalisch zur Ruhe gesetzt. Mark Forster aber hat für solche Mätzchen keinen Sinn. Er veröffentlicht im fünften Karrierejahr bereits sein drittes Album – und die Qualität steigert sich von Mal zu Mal.
„Tape“ ist ein sehr nostalgisches Album. Das sagt uns schon der Titel. Wer erinnert sich nicht an die Zeit, als es für jede Station in der persönlichen Biographie ein Tape gab, das man der Freundin oder der Peergroup vermachte. Heute wäre es wohl eine Spotify-Playlist. Hört sich öde an. Früher war Vieles besser.
Der Song „Spul zurück“ widmet sich diesem Tape und erzählt Lebensgeschichten – kleine Anekdoten, die mit Tapes verbunden sind. Ein schönes Konzept. Und das ist erst der Anfang! Mark Forster führt uns in seine Welt, erzählt, was um ihn herum passiert, schwelgt auch gerne in Melancholie. „Schöner Scherbenhaufen“ ist die logische Fortführung von „Bauch und Kopf“. Der Engel auf der Schulter ist weg, nur noch ein Teufel übrig.
Das Album gefällt im Gesamten. Ein Meisterwerk voll schöner Melodien! Optimistisch erklingt „Wir sind groß“. Aufrüttelnd ermuntert „Da fährt ein Bus“ dazu, einfach einzusteigen und seine Ziele anzugehen. „Chöre“ ist ein fantastischer Song zum Frauen-Betören, „Natalie“ eine kleine Reise in die Vergangenheit. Die Single „Selfie“ dürfte der Social-Media-Gemeinde aus der Seele sprechen. Alle Themen haben ihren Platz, nichts wird stiefmütterlich behandelt.
Mark Forster hat nicht gekleckert. Er lud sich eine zwölfköpfige Brassband ein, dazu die berühmten Harlem Gospelsingers und Jason Yarde, der die Arrangements von Soul-Ikone Plan B geschrieben hat. Das alles passt perfekt zusammen und gibt Forster den Spielplatz, um sich stimmlich auszutoben. Und natürlich kommt die Rock-und-Pop-Seite nicht zu kurz.
Er sieht nicht wie ein Superstar aus. Eher wie der Traum aller Schwiegermütter von nebenan. Doch ist es bei den gängigen Superhelden nicht genauso? Erst auf der Bühne zeigt er seine wahre Stärke. Als die Sommerkonzerte angekündigt wurden, hätte ich nicht gedacht, dass Mark auch gleich ein neues Album im Gepäck hat. Das wird uns die lauen Nächte verschönern, garantiert. Und ich freue mich umso mehr auf das ausverkaufte Konzert vor der Porta Nigra in Trier. Es wird ein Fest!
Adesse erlebte ich erstmals auf der Sido-Tour 2015. Er war zuständig für die melodischen Passagen, die an anderen Stellen Mark Forster oder Andreas Bourani übernehmen. Klappte sehr gut und machte Lust auf mehr. Sido hat es sich wohl ohnehin auf die Fahne geschrieben, aktuell als Mentor und Förderer von Adesse aufzutreten. Beim Song „Männer weinen nicht“ ist er als Feature vertreten. Der Song steht den beiden sehr gut.
Daneben haben es mir Titel wie „Ich bleibe“ angetan. Ein Beziehungssong der etwas anderen Art, der eigentlich eine bisherige Beziehungsunfähigkeit beschreibt, die sich an einem Punkt in eine dauerhafte Zweisamkeit gedreht hat. Stimmige Story, Ohrwurm-Refrain, eingängige Melodie. Da stimmt einfach alles.
Adesse wurde 1987 in Berlin-Zehlendorf geboren. Er stand vor dem Punkt, Profifußballer zu werden, entschied sich aber für die Musik. Das Debütalbum trägt den Titel „Fechnerstraße“. „Das ist die Straße, in der ich aufgewachsen bin und in der meine Mutter heute noch wohnt“, erklärt Adesse. „Der Kiez und die Straße waren in der Kindheit und Jugend meine Welt: der Bolzplatz, der Kiosk, an dem ich meine Fußballsticker und Süßes gekauft habe, die Schule und die Nachbarschaft, in der einige meiner Jungs, mit denen ich noch heute sehr eng befreundet bin, gewohnt haben. Die Straße hat mich zusammen mit ganz West-Berlin zu dem gemacht, der ich heute bin.“
Wie bei einem guten Konzeptalbum rahmt Adesse sein Album mit zwei Stücken ein, wobei sich das „Intro“ der Fechnerstraße und das „Outro“ seiner Mutter widmet. Dazwischen liegen viele biographisch angehauchte Songs. „Anruf 333“, „Chaos“, „Sekundenkleber“ – eine Menge Songs, die sich mit dem täglichen Beziehungsgeflecht und seinem Scheitern beschäftigen. Die Lyrics sind intim und eindringlich.
Adesse singt mit souliger Stimme. Ohne echte HipHop-Einlagen, aber von einem stetigen Beat unterlegt, der die balladesken Melodien aus der Masse heraus hebt. Songs wie „Luft holen“, „Sorry“ und „Wasserfarben“ sind sehr behutsam arrangiert und gehen auf Anhieb ins Ohr. So funktioniert deutscher R&B. Bleibt zu hoffen, dass man noch viel von Adesse hören wird.
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Es war nicht einfach für die Band aus der Eifel, ohne ihren Frontmann und ihr (sagen wir es ruhig) „Aushängeschild“ Nicholas Müller weiter zu machen. Doch aufgeben kam für beide Seiten nicht in Frage. Der Aussteiger musste mit seiner Krankheit fertig werden, die Übriggebliebenen die Band neu formieren – immerhin galt es das damals gerade erschienene Album zu promoten. Und Sven Lauer als neuer Vokalist war echt ein Glücksgriff. Das konnte man bei den ersten Konzerten in dieser Besetzung beobachten – beispielsweise in der Markthalle Prüm.
Dabei ist es ein Unterschied wie Tag und Nacht. Sven ist da extrovertiert, wo Nicholas eher introvertiert war. Er sprintet über die Bühne, klettert diverse Gerätschaften hoch, gleitet mit Surfbrett über die Köpfe der Zuschauer und steht überhaupt in ständigem Kontakt zum Publikum. Sven war ein alter Bekannter der Band und hing schon seit Kindertagen mit ihnen ab. Vom Kumpel zum Fan zum Sänger – so irgendwie. Der Sound wurde schon live um einiges lauter und rockiger. Auch ein Stück weit straighter. Nicholas‘ markige Stimme fehlt, aber das macht Sven durch seine Agilität wett.
Jetzt also die Bewährungsprobe im Studio. Das Album trägt den Titel „Brüllende Fahnen“ und der Titelsong und Opener ist kein einfaches Stück. „Wir können mit vollgerotzten Taschentüchern untergehen / um dann mit brüllenden Fahnen wieder aufzustehen.“ Dann los. Nichts ist eingängig an diesem Song. Alles ist erdiger und klingt mehr nach alternativem Deutschrock als nach Punk.
Doch schon „Ein bisschen Paranoia“ lässt aufhorchen und geht ins Ohr wie ein Gegen-Hit aus den 80ern. So kann es gerne weitergehn. „Jede Viertel Sekunde“ regt zum Nachdenken übers Zeitgeschehen an, „70 Siegel“ und „Herzen schlagen sich“ sind recht ungewöhnliche Beziehungssongs. Auch politische Momente werden nicht ausgespart: „Alle Türken heißen Ali“ bezieht gekonnt Stellung. Und dann knallen Titel wie „Intrigen, Intrigen“ und „Lauf, Forrest, lauf“ als künftige Festivalhymnen ordentlich rein.
Lasst uns ehrlich sein: Jupiter Jones klingen wie eine neue Band. Aber ist das schlimm? Ich finde nicht, denn es ist eine gute neue Band. Mit Deutschrock- und NDW-Attitüde, einem hervorragenden Sänger und eingespielter Instrumentalfraktion. Was hinzu kommt: Das JJ-Erbe wird aufrecht erhalten. Denn Nicholas wird mit Von Brücken nach eigener Aussage sicher keine Songs der Stammband spielen. Also Daumen hoch – Jupiter Jones leben weiter.
Nach 17 erfolgreichen Jahren kam das Ende von Blumfeld im Jahr 2007. Die Popband, welche die Hamburger Schule maßgeblich beeinflusste, stand ganz vorne in der Riege deutscher Indie-Vertreter. Schmerzlich also, dass Jochen Distelmeyer die Auflösung voran trieb. Aber seine kreative Ader war zumindest noch nicht gebrochen, denn bereits zwei Jahre später erschien das deutschsprachige Soloalbum „Heavy“. Ein neuer Start als Singer/ Songwriter – ganz im gewohnten Stil der Band Blumfeld.
Doch dann wurde es ruhig um Jochen Distelmeyer. Sehr ruhig. Sechs Jahre hörten wir nichts. Und dann die Ankündigung, dass es ein Coveralbum mit englischsprachigen Titeln geben wird. Ist das Pulver verschossen? Eine Schreibblockade vielleicht? Das Jahr 2015 zeigte zumindest, dass Distelmeyer seinen künstlerischen Schwerpunkt verlagert hatte und brachte uns im Februar einen Roman mit dem Titel „Otis“.
Jetzt – ein Jahr später – also das Album „Songs From The Bottom“. Der Zusatz „Vol. 1“ lässt zudem vermuten, dass das musikalische Schaffen wie auch immer weiter gehen wird. Doch was soll man nun von dem Werk halten? Das Cover mit der lässig-lasziv qualmenden Dame lässt im ersten Moment auf eine Scheißegal-Mentalität schließen. Und die Tracklist, die mit „Toxic“ gar einen Britney Spears-Song enthält, reißt auch nicht unbedingt vom Hocker.
Doch was die Titel zusammen hält, ist Distelmeyers gewohnt eindringliche Stimme. Man wähnt sich in einer Bar, der Meister an der Klampfe oder dem Piano in der Ecke, dann ein Streifzug durch die Musikgeschichte. Wie geil bitteschön klingt The Verves „Bitter Sweet Symphony“ aus seinem Mund? An der Stelle, wo Coldplay ihr Streicher-Stakkato aufriefen, füllt Distelmeyer die Lücke mit lautem Pfeifen. Das nenne ich mal genial.
„Just Like This Train“ von Joni Mitchell und Lana Del Reys „Video Games“. Der Sänger reduziert die Titel auf ihr Skelett und baut sie in akustischer Ausrichtung wieder ganz neu zusammen. Das Ergebnis macht aus dem Sammelsurium zwischen Nick Lowe und Al Green ein in sich geschlossenes Album, das zu Herzen geht. Man wähnt sich in besagter Bar, vergisst die ganzen Katastrophen rundherum und konzentriert sich auf das Wesentliche: die Musik.
Hilde Knef, die Grande Dame des Deutschsprachigen Chansons, hätte am 28.12.2015 ihren 90. Geburtstag gefeiert. Leider erlebt sie ihn nicht mehr, aber ein Geschenk gibt es dennoch: 20 verschiedene deutsche Bands und Musiker nehmen sich ihrer Lieder und Texte an und interpretieren sie für das einzigartige Tribute-Album „für Hilde“ ganz neu und zeitgemäß.
Das Ergebnis ist so eigen, wie Hilde Knef selbst es gewesen ist, und so vielseitig wie die Künstler, die zu diesem Album beigetragen haben. Die Fantastischen Vier machen aus „Im 80. Stockwerk“ einen perfekten Rap, bei Mark Forster wird „Halt mich fest“ zur eindringlichen Pop-Ballade und das Quartett Salut Salon kleidet das ruhige „Lass mich bei dir sein“ in ein wunderschönes kammermusikalisches Gewand. Beinahe zeitlos wirkt Cosma Shiva Hagens atmosphärische Interpretation von „Der Mond hatte frei“. Cluesos „Ich bin zu müde um schlafen zu gehen“ bleibt anfangs nah am ursprünglichen Chanson, bevor es mit Groove in die Strophe geht, und Selig rockt mit „Ich hab noch einen Koffer in Berlin“ dann so richtig ab.
Vor allem aber zeigt sich durch das ganze Album hindurch, wie relevant Hildes Gedanken heute noch sind. Beeindruckend authentisch wirkt etwa Sammy Deluxe mit „Von nun an ging´s bergab“, bei dem die Knef selbst immer wieder mit der Titelzeile eingespielt wird. Und das von Miss Platnum kraftvoll interpretierte „Meine Lieder sind anders“ ist ein heutzutage wieder bitter nötiges Statement gegen erzwungene Konformität. Ebenso zeitlose Weisheit findet sich in den drei bisher unveröffentlichten Texte, die eigens für dieses Album vertont wurden – ob im philosophisch von Nisse besungenen „Doch du drehst dich um“, den von Jupiter Jones artikulierten „Intrigen, Intrigen“ oder dem nachdenklichen Duett „Wohin ich blicke“ von Bela B. und Bonaparte.
Mit dem beinahe unvermeidlichen „Für mich soll´s rote Rosen regnen“ beschließt Sängerin Alina schließlich dieses musikalische Geburtstagsgeschenk, an dem Hilde Knef sicher ihre helle Freude gehabt hätte. So ist es nun eine Freude für alle Hörer und ein einzigartiges Andenken an eine großartige Künstlerin.
Da musste ich doch mit Schrecken feststellen, dass das Joris-Debütalbum „Hoffnungslos hoffnungsvoll“ noch gar nicht bei uns reviewt wurde. Dabei hat er sich doch mit „Herz über Kopf“ schon längst ins kollektive Radio-Gedächtnis eingeprägt. Ein wundervoller Song, der den Sieg des Herzens über den Verstand beschreibt.
Der 26jährige, poetische Songwriter aus Bremen ist ein Meister der ruhigen Klänge. Seit Philipp Poisel, Tim Bendzko und Andreas Bourani hat die Melancholie dauerhaft in den Deutschpop Einzug gehalten. Joris gehört inzwischen definitiv in diese Aufzählung. Er singt mit tiefsinnigen Lyrics über Liebe und Verlust, schnörkellos – und mit manchmal charmant rauer Stimme. Das muss man einfach mögen.
Für die Deluxe Version, die am 20.11. erschien, wurde eine Live-CD mit drauf gepackt. Sie enthält sieben Tracks, aufgenommen beim ZDF Bauhaus diesen Herbst in Dessau – die Hits seines Albums in außergewöhnlichen Arrangements und akustischer Umsetzung.
Joris‘ Stücke funktionieren in jeder Besetzung. Ob er allein an der Gitarre sitzt, eine große Band am Start hat oder wie hier ein beschauliches unplugged-Konzert mit rhythmisch versierter Instrumentierung liefert. Besonders überrascht hat mich „Er“, das nicht auf dem Album enthalten ist. Ein nachdenklicher Song über einen Menschen, dem wirklich alles schief geht, der aber trotzdem glücklich ist. Joris hat noch Potential für weitere gute Alben.