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11.02.2014 /

Jennifer Rostock begeistert das Kölner Palladium mit ihrer Schlaflos-Tour 2014

Pünktlich zu ihrem vierten Studio Album Schlaflos melden sich Jennifer Rostock auf Deutschlands Bühnen zurück. Damit können alle Fans der fünf Wahl-Berliner, sowie Live Act-Begeisterte erleichtert aufatmen! Als Support für Ihre Schlaflos Tour 2014 haben Sie Marathonmann dabei. Die drei Münchener spielen seit circa drei Jahren zusammen und können jetzt schon auf einige Meilensteine zurückblicken. Als Support waren sie bis jetzt schon bei Casper oder sogar Comeback Kid dabei. Auf ihrem ersten Studioalbum Holzschwert, das 2013 erschienen ist, finden sich Gastsänger wie Richard Meyer von KMPFSPRT oder Guido Knollmann von den Donots. Dass sie es verdient haben, als Supportact aufzutreten beweisen sie ohne Probleme, musikalisch sicher und extrem sympathisch kommen sie gut beim Publikum an. Rein optisch könnte man sie allesamt sofort auf Viva laufen lassen. Dass die Jungs begeistert sind hier mit Jennifer Rostock auf der Bühne zu stehen, zeigen sie bei jeder Gelegenheit. Man hat das Gefühl nach jedem Song ein „Dankeschön“ der Band zu hören. Das kommt natürlich beim Publikum gut an, allerdings lässt es die Band weicher wirken, als sie selbst vielleicht sein will. Auf ihrer Fanpage bezeichnet sich die Band als Post-Hardcore, doch wirkt sie hier zu soft, um sich  dem echten Post-Hardcore Fan schmackhaft zu machen. Man hat als Zuschauer außerdem das Gefühl, dass sich noch viel mehr Potenzial hinter den Jungs verbirgt. Das Potenzial lauter zu werden und auszuflippen. Heute wirken sie sehr zurückhaltend. Das Highlight des Sets ist ihr wohl bekanntestes Lied Die Stadt gehört den Besten. Dieser ist der Titelsong ihrer ersten, 2012 veröffentlichten EP.  Es geht um Freundschaft wie Sänger Michi Lettner der Menge erklärt. Insgesamt acht Songs spielen die Jungs und wärmen damit das Publikum für den Hauptact des heutigen Abends auf.

Zu einem Elektrointro betritt Drummer Christopher Kohl genannt Baku die Bühne. Die großen Gitarren- und Bassamps sind durch Leuchtketten zu zwei großen Vierecken erleuchtet. Mit den ersten Schlägen auf den Drums erleuchtet nun auch das Schlagzeug. Ein einfacher Effekt mit einer großer Wirkung. Nacheinander betritt der Rest der Band zu dem Lied Phantombild die Bühne, bis bei einem großen Knall ein Vorhang in der Mitte der Bühne fällt, hinter dem Sängerin Jennifer Weist in Pose steht. Zwei große Konfettikanonenschüsse eröffnen ein jetzt schon vielversprechendes Set. Der Sound ist erstaunlich gut. Vor allem der starke Gesang fällt auf, wenn sich auch die Synthesizer ein wenig quietschig anhören. Es wären nicht Jennifer Rostock wenn sie nicht direkt nach ihrem ersten Lied einen kippen würden. Heute Abend ist es Mexikaner, der auf der Bühne unter den Musikern verteilt wird. Zum gewohnten Trinkkampfspruch Zicke zacke zicke zacke hoi hoi hoi kippen sie die erste und nicht letzte Runde des Abends. Nach ihrem Eröffnungslied vom neuen Album spielen sie einen Klassiker. Bekannt geworden ist Es tut wieder weh durch den Soundtrack zu Twilight 2: Biss zur Mittagsstunde auf dessen deutscher Version der Song veröffentlicht wurde. Das bedeutet nicht, dass es deshalb weniger gut bei den eingefleischten Jennifer Rostock Fans ankommt. Die Halle singt mit; auch zum Lied Nichts tät ich lieber von ihrem ersten Album Ins offene Messer von 2008.

Dass eine bühnenerfahrende Band wie der Hauptact Angst vor einer Tour haben könnte, glaubt man nicht. Aber genau das sagen die Musiker. Der Grund ist, dass der Release ihres neuen Albums so kurz vor der Tour war, dass die Fans die Texte vielleicht noch nicht kennen. Doch beim Lied Kein Bock aber Gästeliste von eben diesem Album können alle mitsingen und beweisen somit, dass die Bedenken unbegründet waren. Kein Bock aber Gästeliste ist auch einer der Songs, von dem es schon ein Video gibt. Dieses zeichnet sich vor allem durch die niedrigen Produktionskosten aus. Es wirkt wie ein Zusammenschnitt von Handyvideos und damit treffen sie genau den Ton des Songs an sich. Rotzig und textlich provokant. Hier erwartet man allerdings bei der Textstelle Und wo kriegen wir ein Feature her, das keinen interessiert?, dass es auch wie angekündigt ein Feature gibt. Jeder der die Band kennt weiß nämlich, dass es auf ihren Konzerten immer Überraschungen gibt. Ob es Sido oder Nico Webers von der im letzten Jahr aufgelösten Band War from a Harlots Mouth ist. Doch der Abend ist noch jung und die Fans können noch einiges erwarten.

Der zweite Kurze des Abends wird zur Begrüßung des neuen Rowdys Matt getrunken und das zu einem weiteren Zicke zacke zicke zacke hoi hoi hoi. Nach diesem Kampftrinkspruch kündigt sich jedoch ein ruhigeres Lied an. Bei Ich kann nicht mehr beweist Jennifer Weist, dass sie nicht nur wegen ihrem Unterhaltungsfaktor Sängerin ist. Sie ist stimmgewaltig, sicher und verspielt. Beim Lied Echolot teilt sie die Menge in Jungs und Mädels auf, um durch abwechselndes Mitsingen herauszuhören, wer mehr anwesend ist.  Ganz klar gewinnen die Frauenstimmen! Das Ende des Liedes nutzt sie, um für Applaus für die Vorband Marathonmann zu bitten und zu erklären, dass ihre Vorbands immer mitspielen dürfen!  Dafür kommt Sänger Michi von Marathonmann auf die Bühne. Zusammen performen sie Der Kapitän, was die Menge schon vorher an den aufgezogenen Kapitänsmützen erraten kann. Die zweite Strophe darf Michi singen. An Jennifer kommt er allerdings nicht ran, aber auch weil sein Mikrophon so leise ist, dass er gegen ihre Lautstärke anbrüllen muss.

Die erste Unterwäsche fliegt auf die Bühne. Um genau zu sein, ein Riesenschlüpfer im Oma-Stil. Darauf trinkt die Band ihren dritten Kurzen zu ihrem dritten Zicke zacke zicke zacke hoi hoi hoi. Auf den Trinkspaß folgt eine ernste Ansprache dazu, dass es egal ist, ob man dünn oder dick, homo oder hetero ist. Denn genau davon handelt ihre erste Singelauskopplung des neuen Albums Schlaflos. Zum Höhepunkt des Liedes Ein Schmerz und eine Kehle springt Sängerin Jennifer Weist in die Menge und lässt sich von Händen bis in die Mitte des Konzertsaals tragen. Wieder auf der Bühne schwingt sie die Regenbogenflagge, während die Band sich solidarisch im Takt aufs Herz klopft. Der Beobachter merkt, dass für die Band Toleranz ein wichtiges Thema ist.

Nach Tauben aus Porzellan begrüßt die Band einen Neuling auf der Bühne. Rowdys die Tabletts mit Shots auf die Bühne bringen, sind für die Band nämlich elementar wichtig und so klatscht das Publikum begeistert für Neuzugang Matt der eine Konfettikanone abfeuert. Die Partylaune nimmt eine kleine Auszeit als in der ersten Reihe ein Streit zwischen Security und Fans entsteht. Alamiert spricht Sängerin Jennifer Weist den Security an „Was machen die denn so schlimmes?“; ein lautes Nichts ertönt aus der ersten Reihe. „Dann geh doch mal aus deren Sicht, du Arsch“. Anscheinend sind die Mädels am Rauchen, was im Palladium verboten ist. Trotzdem sagt Jennifer Weist „Dann lass sie doch rauchen. Wir rauchen einfach alle! Dann können die nichts machen“. Tosender Applaus bis zum nächsten Programmpunkt. Traditionell holt die Band zum Lied Feuer zwei Fans auf die Bühne. Heute sind es Rebbeka und Mona die nach einem kurzem Bühnen-Crashkurs „Mikrofon an den Mund, sonst hört man euch nicht!“  aufgeteilt jeweils eine Strophe und einen Refrain singen dürfen. Mona beginnt, doch vergisst vor Nervosität den kompletten Text. Bei Rebbeka läuft es besser, sie kennt den Text, nur singen kann man ihr Sprechbrüllen nicht nennen. Jetzt liegt es am Publikum zu entscheiden wer gewonnen hat. Gewonnen hat laut dem Klatschen und Jubeln des Publikums Rebbeka. Sie bekommt als Preis einen Merchandise-Gutschein.

Nach dem neuen Lied Der blinde Passagier wird zur Tittensuppe aufgerufen. Oberteile werden ausgezogen und durch die Luft gewirbelt während die Band Du willst mir an die Wäsche anstimmt. Nach Himalaya stimmt die Band etwas romantischere Töne an. Zu Das Schiff versinkt wird das Licht rötlich und gedämmt. Statt der sonst gewohnten Feuerzeuge leuchten Handys und Kameras bis das Lied mit einem Cover von Miley CyrusWrecking Ball endet. Und es klingt gewaltiger als das Original! Jennifer Weists Kommentar zu Miley Cyrus: „Die Frau ist kacke, der Song geil!“. Um bei der romantischen Stimmung zu bleiben, erklärt Keyboarder Johannes Walter, Joe genannt, wie er Du nimmst mir die Angst geschrieben hat. Als er während der letzten Tour auf der Bühne seinem Freund einen Heiratsantrag gemacht hat, setzte er sich abends an dieses Lied. Das einzige Liebeslied, das es auf einer Jennifer Rostock Platte gibt. Die Menge ist berührt und stimmt beim Refrain ein. Um nach diesen seichten Liedern die Stimmung wieder zum Kochen zu bringen, bewegt Jennifer Weist das Publikum dazu, einen leeren Kreis in der Mitte des Palladiums zu bilden. In diesem sollen sich alle ausziehwilligen Jungs versammeln.

Beim Start ihres vermeintlich letzten Songs des Abends Es war nicht alles schlecht sollen eben diese nackten Jungs aufeinander zulaufen wie bei einer Wall of Death. Ein starkes Stück zu dem letztendlich doch Nico Webers von War from a Harlots Mouth für seinen Feature-Part auf die Bühne kommt. Leider ist sein Mikrofon zu leise, was dem Song etwas an Energie raubt. Riesenapplaus, aber man spürt, es ist noch nicht vorbei. Da müssen noch Lieder kommen. Auf die verlangte Zugabe müssen die Fans nicht lange warten. Quasi nahtlos spielen sie Zeitspiel, bei dem der Group-Shout des Liedes leider etwas mickrig wirkt. Der Stimmung tut das nichts an, vor allem nicht als Jennifer Rostock das Lied Kopf oder Zahl anstimmen. Nach einem letzten Mexikaner gibt es das von den Fans nicht ersehnte letzte Lied. Zum letzten Refrain von Mein Mikrofon holen sie Marathonmann und Nico Webers nochmal auf die Bühne und singen mit der gesamten Menge die Textstellen „Ich geh da hoch und streich den Himmel neu. Ich geh da hoch und mach die Sterne scheu“. Zu einem letzten großen Instrumentenwirbel beendet die Band ihren Gig mit der Anti-Rechts-Parole „Nazis raus, Schwanz rein“. Das bunte Publikum kann auf einen gelungenen Abend zurückblicken! Mit einer der unterhaltsamsten Bands des deutschen Musikhimmels.

Doch wer jetzt schon gegangen ist, ist selbst schuld. Bei ihrer zweiten Zugabe performen sie Schlaflos, den Titelsong ihres neuen Albums. Das Lied steigert sich von einem reinen Klavierintro hin zu einem epischen Ende mit allen Instrumenten und einer letzten Ladung der Konfettikanonen.

Setlist:

  • Phantombild
  • Es tut wieder weh
  • Nichts tät ich lieber
  • Kein Bock aber Gästeliste
  • Ich kann nicht mehr
  • Echolot
  • Der Kapitän
  • Ein Schmerz und eine Kehle
  • Tauben aus Porzellan
  • Feuer
  • Der blinde Passagier
  • Du willst mir an die Wäsche
  • Himalaya
  • Das Schiff versinkt
  • Du nimmst mir die Angst
  • Es war nicht alles schlecht feat Nico
  • ———-
  • Zeitspiel
  • Kopf oder Zahl
  • Mein Mikrofon
  • ———–
  • Schlaflos