Seit zwanzig Jahren schon mischen Viva Voce aus Ansbach die deutsche A-cappella-Szene mächtig auf. Die Band wurde von Mitgliedern des Windsbacher Knabenchors gegründet. Zwei davon (Bastian Hupfer und David Lugert) sind bis heute mit dabei, ein drittes Gründungsmitglied (Thomas Schimm) kümmert sich ums Management. Jörg Schwartzmanns und Heiko Benjes stießen im Lauf der Jahre hinzu – und seit kurzem ist Matthias Hofmann neu dabei.
Begonnen haben Viva Voce mal als Coverband, die unter anderem Titel der seligen Wise Guys im Programm hatte. So sind auf ihrem ersten Album aus 2003 auch noch Titel der besagten Kölner Band zu finden. Inzwischen hat sich die Gruppe aus Franken aber beachtlich weiter entwickelt. Schon das Album „Singsucht“ (2006) war ein wichtiger Schritt und gehört immer noch zu meinen Favoriten. Nach einer Vielzahl fantastischer Studio- und Livealben darf es zum Jubiläum ein 46minütiger Mitschnitt aus dem Capitol Mannheim sein, der das Jubiläumsprogramm in Ausschnitten zu Gehör bringt.
Und das hat es in sich! Da bieten Viva Voce alle Facetten ihres Könnens. Doch zuerst gibt es den Klassiker „One Night Ständchen“ in abgewandelter Version, mit dem sich die Sänger selbst ein Geburtstagsständchen bringen bzw. vom Publikum singen lassen. Ein würdiger Auftakt für die Geburtstags-CD. Und danach geht es in die Vollen mit den Highlights der vergangenen Jahre.
Die selbst geschriebenen Songs haben es zum Teil bisher auf keine CD-Veröffentlichung geschafft und werden die Fans somit besonders erfreuen. Es sind aber auch einige Klassiker mit dabei. Textlich geht es dabei wahlweise lustig und besinnlich zu. Niveaulose Labertaschen bekommen beispielsweise in „Smalltalkchecker“ ihr Fett weg. „Smartphonemania“ besingt die Liebe zum Handy in Form eines klassischen Lovesongs und „Stau auf der Autobahn“ macht die Urlaubsfahrt zu einem Event frei nach dem Motto: Der Weg ist das Ziel.
Sehr melancholisch und äußerst gekonnt erklingt „Nur für dich“ voller Sinnlichkeit. Gefolgt von einer wundervollen Coverversion des Klassikers „Hallelujah“ (Leonard Cohen), der einzigartig gekonnt dargeboten wird. Gerade diese Vielseitigkeit macht Viva Voce schon seit Jahren aus. Sie können lustige Songs – ohne Frage, doch in Programmen wie ihren Weihnachts- und Kirchenkonzerten lassen sie die Zuhörer dahinschmelzen und bescheren großartige besinnliche Momente.
Das Jubiläumsprogramm samt zugehöriger CD legt einen Schwerpunkt auf lustige Texte, ohne aber die nachdenklichen zu vergessen. Zum Ende hin geht es jedenfalls wieder witzig zu, wenn Basti in komischer Verzweiflung die „Frühradaufrau“ besingt und Bass Heiko süffisant seinem Chef die Meinung sagt. Sozialkritisch wird es schließlich in „Sand im Getriebe“, das sich der aktuellen Fernsehlandschaft widmet.
Wenn jemand mich fragt, was Viva Voce denn so für Musik machen, werde ich ihm in Zukunft zwei CDs empfehlen: Zum einen „Ein Stück des Weges“ als Album zum besinnlichen Kirchenprogramm. Einfach wunderbar und berührend. Und auf jeden Fall die aktuelle live-CD „Es lebe die Stimme“, mit der Viva Voce definitiv beweisen, dass sie zu den besten a-cappella-Gruppen Deutschlands gehören. Gut produziert und mitreißend – ein Genuss für die Ohren. Wer im Laden nicht fündig wird, schaut einfach HIER.
2016 haben Marillion mit „F.E.A.R.“ ein herausragendes Album raus gehauen. Vielleicht das Beste in ihrer Karriere mit Sänger Steve Hogarth, der bereits 1988 das Zepter von Altmeister Fish übernahm. Seitdem haben sich Marillion stetig weiter entwickelt und sind einerseits Garant für ganz speziellen und zum größten Teil fantastischen Progressive Rock („Brave“, „Afraid Of Sunlight“, „Marbles“), andererseits gehören sie aber auch zu den am meisten unterschätzten Band im Rock- und Popbereich überhaupt, da man sie wahlweise gern vorurteilsmäßig als schottische Metalband oder als 80er-Genesis-Klone abhandelt. Beides ist absoluter Blödsinn. Vielmehr sind sie Vorreiter in vielen Bereichen: Ihr melodischer Artrock der 90er Jahre hat Generationen von Publikumslieblingen wie Gazpacho, Radiohead, Muse oder Coldplay beeinflusst. Sie haben quasi das Crowdfunding erfunden, als sie sich eine Nordamerika-Tour und ein Studioalbum von ihren Fans vorfinanzieren ließen. Und sie sind ein Paradebeispiel für Fan-Nähe, seit sie im Zweijahresrhythmus einen kompletten Centerpark anmieten, um ihren Anhängern exklusive Konzertabende vom Feinsten zu bieten.
„F.E.A.R.“ ist das neunzehnte (!) Studioalbum der Band. Dass es zugleich als eines ihrer Besten gilt, ist auch ein Phänomen – werden doch die sonstigen Heroen der 80er meist an ihren ersten Werken gemessen. Marillion haben es nicht einmal nötig, überhaupt einen Song zu spielen, der älter als dreißig Jahre ist. Stellen wir uns das doch mal bei Deep Purple, Manfred Mann’s Earth Band oder Saga vor. Die Fans wissen, was auf sie zukommt. Und Rufe nach „Kayleigh“ oder gar „Grendel“ gibt es schon lange nicht mehr. Im Gegenteil: Man bejubelt, dass Marillion ihr aktuelles Album seit Erscheinen auf den meisten Konzerten quasi komplett spielen. So überzeugt sind sie von ihrer Musik. Und so erfolgreich läuft die sogenannte „Theatre Tour“, die das Quintett momentan hauptsächlich in Locations mit sitzendem Publikum führt.
In diesem Zuge spielten Marillion am 13. Oktober 2017 zum allerersten Mal in der Royal Albert Hall in London. Das Konzert war innerhalb kürzester Zeit ausverkauft und das Publikum, welches aus verschiedenen Teilen der Welt angereist war, wurde mit einer herausragenden Marillion Show belohnt. In zwei Teilen präsentiert “All One Tonight – Live At The Royal Albert Hall” zunächst das komplette, von Fans und Kritikern gleichermaßen gefeierte Album „F.E.A.R.“ (die Abkürzung steht übrigens für „Fuck Everyone And Run“). In dem konzeptionell angelegten Album geht es um das Wegsehen und Davonlaufen. Auch darum, dass alles Übel der Welt aus Angst entsteht, während das Gute von der Liebe kommt. So enthält „F.E.A.R.“ fünf Songs, die sich in siebzehn Abschnitte gliedern. Steve Hogarth zieht alle Register seines stimmlichen Könnens. Er schwelgt, belehrt, jammert und wütet. Er windet sich durch alle Tonlagen – manchmal kurz vor der Hysterie. Ebenso stark agiert Gitarrengott Steve Rothery. Seine Soli sind das Salz in der Suppe, während Bass und Keyboards unentwegt Atmosphäre kreieren. „The New Kings“ behandelt die Macht der Banken, „El Dorado“ setzt sich mit der politischen Situation in Großbritannien auseinander, „The Leavers“ widmet sich mit melancholischen Pianoklängen den Menschen, die immer wieder Abschied nehmen.
Begleitet von einer beeindruckenden Lichtshow und Projektionen spielen Marillion ihren prägnanten und prägenden Zeitgeist mit unvergleichbarer Leidenschaft und Energie. Es ist ein Fest, dieses Livekonzert in der Kulisse des altehrwürdigen Londoner Konzertsaals zu erleben – wenn auch nur am heimischen Fernseher.
Die zweite Hälfte stellt „In Praise Of Folly and Guests“ vor, ein Streicherquartett mit Flöte und Französischem Horn, das dem Rest der Show mit einigen der beliebtesten Marillion Livesongs zusätzliche Tiefe und Emotionen verleiht. Da erklingen „Afraid Of Sunlight“, „Man Of A Thousand Faces“ und das epische „Neverland“ in ganz neuer Pracht. Der Mitschnitt entstand unter der Regie von Tim Sidwell und wurde aufgenommen und gemixt von Michael Hunter. Die Blu-ray erscheint mit exklusivem Bonus-Material wie z.B. der 35-minütigen Dokumentation „We Will Make A Show“. Wer hören und erleben will, was Marillion im Jahr 2018 tun und wie sie klingen, liegt hier goldrichtig – egal ob er CD, DVD oder Blu-ray wählt.
Wer sich live überzeugen will, hat Möglichkeiten:
23.11.2018 Frankfurt, Germany – Jahrhunderthalle
25.11.2018 Essen, Germany – Colosseum (Sold Out)
26.11.2018 Essen, Germany – Colosseum
28.11.2018 Berlin, Germany – Admiralspalast
29.11.2018 Erfurt, Germany – Alte Oper
01.12.2018 Bremen, Germany – Musical Theater
02.12.2018 Hamburg, Germany – Mehr Theater
04.12.2018 Stuttgart, Germany – Hegel Saal
05.12.2018 Vienna, Austria – Gasometer
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Es war ein toller Ausklang für das diesjährige Festival im kultigen Amphitheater Trier, veranstaltet von Popp Concerts. Das Aushängeschild des deutschen Reggae himself, Tilmann Otto aka Gentleman, gab sich die Ehre.
Recht unterschiedliche Musikrichtungen gab es im Jahr 2018: Wir haben schon über Chris de Burgh und Amy Macdonald berichtet, außerdem über die „Nacht der Spielleute“ mit drei Mittelalter-Bands. Tag 4 aber sah den entspanntesten Abschluss vor, den man sich vorstellen kann.
Als Support war die Band Indianageflüster am Start, quasi Lokalmatadoren aus dem Hunsrück. Das Quintett spielte Indierock mit Rap-Einlagen. Allein das ist schon recht speziell, doch wirklich erstaunlich war der Einsatz eines Cellos, das dem bisweilen recht sphärischen Klangteppich eine ganz besondere Note verlieh. Bisher wurde eine 5-Track-EP mit dem Titel „Stille Post“ veröffentlicht. Ein Album ist noch für das laufende Jahr geplant. Der ungewöhnliche Sound ließ auf jeden Fall aufhorchen und Songs wie „Laut“ und das orientalisch angehauchte „Mariohbama“ kamen beim Publikum gut an. Nach einem 30minütigen Set und dem rap-lastigen Abschluss gab es ordentlichen Achtungsapplaus.
Der Umbau für Gentleman ging schnell vonstatten. Ungewöhnlich war aber, dass er nicht direkt selbst auf die Bühne kam, sondern das Feld zunächst für zwei soulige Songs seinen Backgroundsängerinnen überließ. Das zeigte, wie sehr sich der Künstler aus Köln-Sülz selbst zurücknehmen kann. Das zog sich durch den kompletten Abend, der immer wieder Raum für die Band und begleitende Künstler ließ: Gentleman ist ein Mann ohne Eitelkeiten.
Als international gefeierter Star der Reggae-Szene steht er auf dem Zenit seiner Karriere und ist durch seine zahlreichen Jamaikaaufenthalte und Kollaborationen mit unterschiedlichsten jamaikanischen Musikern tief verwurzelt in der Kultur der Karibikinsel. Gentleman hat in seiner über 20jährigen Bühnenkarriere schon in etlichen Ländern gespielt und manche Pionierarbeit für sein geliebtes Genre geleistet. Das wissen die Fans zu schätzen – und fast 3.000 davon feierten ihn in Trier ordentlich ab. Zu Beginn war es noch etwas träge bei den üblichen Mitmachübungen, doch die Songs von Revolution und Freiheitskämpfern zeigten Wirkung – ebenso wie der Gruß an den einsamen Ordner im Hang. Gentleman freute sich über die „unfassbar geile Location“ und vergaß auch nicht, Triers Status als älteste Stadt Deutschlands zu erwähnen: „Wann ist ne Stadt ne Stadt? Wenn die Musik anfängt!“
Die Musik von Gentleman war bisweilen schon poplastiger, als er ein „MTV unplugged“ ablieferte und bei „Sing meinen Song“ mitmischte. Die momentane Tour aber feiert die Rückkehr zu purem Reggae mit Stücken wie „Sin City“, „To The Top“, „Superior“ und „Runaway“ – immer auf die Vollen, nur ab und zu unterbrochen durch ein leises Piano oder eine Beatbox-Einlage.
Gentleman war nah am Publikum. Er suchte den Kontakt, nahm ein Bad in der Menge, lobte den Fan Sebastian aus der ersten Reihe, der auffiel, weil er auch die kompliziertesten Textzeilen mitsang. Und Gentleman war sich auch nicht für ein spontanes Duett zu schade, das dann viel besser ausfiel, als man erwartet hätte. Ganz sympathisch grüßte er seine Eltern, die an diesem Abend im Publikum waren. Und er machte fortwährend Werbung für die Organisation „Viva con Agua“, die mit mehreren Leuten vor Ort war, um leere Pfandbecher als Spenden einzusammeln und so den Bau von Trinkwasserbrunnen in armen Ländern zu ermöglichen.
Solche Gesten zeugen davon, dass Gentleman in seinem ganzen Auftreten sehr stimmig ist. Er nimmt die Menschen mit, feiert Party, hat aber auch Zeit für nachdenkliche Töne. Das Konzert in Trier war ein großartiges Ereignis und seine Musik passte perfekt zu dem Sommerabend, der von den Temperaturen nicht ganz so heiß war wie die Tage zuvor. Für das Schwitzen sorgte Gentleman mit einer energiegeladenen Performance, die alle mitriss. Ein schöner Abschluss für ein geniales Festival.
Ein neues Konzept von Popp Concerts, das sich sehr vielversprechend anlässt: Die „Trierer Nacht der Spielleute“ präsentierte gleich drei hochkarätige Szenebands, die sich hier zu einem ordentlichen Happening versammelt hatten. Die Vorzeichen konnten nicht besser sein! War doch die Vollmondnacht des Blutmondes angesagt, die viele Mittelalter-Bands so gern besingen. Zudem heißt das neue Album von Saltatio Mortis „Brot und Spiele“. Wo präsentiert man so etwas besser als im wundervollen Ambiente einer alten römischen Kampfarena?
Den Anfang machten aber Feuerschwanz aus Erlangen. Für mich die Überraschung des Abends. Inhaltlich wird das Konzept vor allem von zwei Themen beherrscht: Met und Miezen. Doch musikalisch geht es trotz dieser politischen Unkorrektheiten ordentlich zur Sache. Die Geigerin Stephanie Pracht muss sich jovial „Johanna von der Vögelweide“ nennen lassen. Nun ja. Ihren Qualitäten an der Violine tut das zumindest keinen Abbruch.
Das neue Album der süddeutschen Band wird den gehaltvollen Titel „Methämmer“ tragen und am 17.8. erscheinen. Vorher gibt es gar noch einen Auftritt in Wacken. Läuft also. Das Publikum spielte von Beginn an mit. Auf die Frage „Wo nach gelüstet euch heute Nach?“ kam von den vielen Insidern der Jubelruf „Blöde Frage, Saufgelage!“ und man feierte den gleichnamigen Song heftig mit.
Bald schon erschien auch ein leichtbekleidetes Mädel, „Mieze“ genannt, das zu einigen Songs mittanzte und das Publikum animierte. Beispielsweise wurde das Volk in eine rechte und linke Seite geteilt, die zu einem Hupen-Laut aufeinander zu rennen und sich umarmen sollten. Zunächst aber wurde zu „Schubsetanz ist Rittersport“ ein hübscher Pogo aufs Parkett gelegt. Doch auch die anschließende Umarmung klappte gut.
Durchaus harte Metalklänge wurden mit Folkrock durchmischt. Das wird auch auf dem nächsten Album so sein, wie die ersten neuen Songs bewiesen. „Unser Gott heißt Alkohol“, wurde das Motto von „Methämmer“ nochmal klargestellt. Dazu gab es Klassiker wie „Metnotstand im Märchenland“ und „Krieger des Mets“. Als Pendant zu Thors Hammer wurde eine Keule mit Bierfass geschwungen. Soll keiner sagen, dass der Band nichts zum Thema mehr einfällt.
Selbst kritische Songtexte wurden lustig verpackt, als „Mieze“ zum Song „Ketzerei“ am vorderen Bühnenrand angekettet wurde, um die schlimmen Finger des Christentums zu besingen. Sie tanzte aber fröhlich lasziv mit und alles wirkte halb so wild. Das ist dann auch das Motto von Feuerschwanz: Alles halb so wild, so lange genug Met am Start ist. Dem wurden sie voll gerecht. Musikalisch aber fand ich den Auftritt sehr überzeugend. Das hätte gerne über die 40 Minuten des Slots hinaus gehen dürfen.
Ein starker Auftakt für das Amphitheater Open Air 2018 in Trier: Am Mittwoch gab sich Chris de Burgh die Ehre und stand ganz allein mit seiner Gitarre auf der Bühne, um dem Publikum Hits aus allen Epochen seiner langen Karriere darzubieten. Und am Donnerstag verzauberte Amy Macdonald die Zuschauer mit ihrem schottischen Akzent und herzerfrischender Bodenständigkeit.
Am 15. Oktober wird Chris de Burgh schon 70 Jahre alt. Das sah man ihm nicht an, als er mit leger geöffnetem Hemd und Windjacke die Bühne betrat. Das Auftreten ist ebenso sportlich, wie man das von dem unwesentlich älteren Reinhard Mey kennt. Und dann ein Set – solo vorgetragen allein mit Gitarre oder wahlweise am Piano. Ähnliches durfte ich eine Woche zuvor bei Ed Sheeran erleben. Der beglückt damit 80.000 vor allem jüngere Leute. Chris de Burgh muss sich mit 1.900 Zuschauern gesetzteren Alters begnügen. Aber er hat Spaß daran und das Publikum dankte ihm am Ende für viele emotionale Momente.
Es war ein Sitzkonzert – zumindest zu Beginn. Chris de Burgh zeigte sich zunächst sichtlich überwältigt vom Ambiente des römischen Amphitheaters. Eine Kultstätte für Altertumsforscher aber auch für Konzertgänger. Denn wenn Popp Concerts alljährlich zum Amphitheater Open Air rufen, wird für viele Musikrichtungen das Richtige geboten. Folk und Pop begeisterten die Zuschauer aus dem Mund von Chris de Burgh. Mangels Schlagzeug ließ er schon früh den Rhythmus vom Publikum mitklatschen. Das gelang gut.
„The Moonfleet Overture“ wurde als Intro gespielt. „Road To Freedom“ war der erste Song. Schon an dritter Stelle gab es mit „Missing You“ einen Klassiker zum Mitsingen. Zu „Waiting For The Hurricane“ ließ der Barde erstmals die Gitarre an der Seite und setzt sich ans Piano. Chris hielt guten Kontakt zum Publikum und war zum Scherzen aufgelegt. Haben die deutschen Fußballer in Russland zuviel Wodka getrunken? So lautete die Ansage zu „Moonlight And Vodka“. Dann erzählte er von einem Traum, in dem ein Römer ihm im Amphitheater ein kühles Bier bringt. Bei den herrschenden Temperaturen war er mit diesem Traum nicht allein – aber seiner ging letztlich in Erfüllung.
„A Woman’s Heart“ besang Chris als das größte Geheimnis von allen. Dann wandte er sich der aktuellen Platte „A Better World“ zu, aber nicht ohne eine Seitenhieb auf die USA, wo die Welt anscheinend verrückt geworden ist. Ein folkiges „Shipboard Romance“ durften wir hören. Dann „The Hands Of Man“ und schließlich das autobiographische „Where Would I Be“. Der akustische Set brachte mehr Folk- als Rocksongs. Das passte gut zur abendlichen Atmosphäre in Trier. Ganz romantisch und abenteuerlich kamen dann auch Stücke vom „Moonfleet“ Album hinzu – Geschichten über Schätze und Piraten, die Chris de Burgh gekonnt erzählte.
Schließlich gab es für ein jubelndes Publikum „Borderline“ und der Sänger konnte schon nach einer Konzertstunde stehende Ovationen der Zuschauer empfangen. Ob er damit gerechnet hatte? Seine Interpretation am Piano war jedenfalls so berührend und auch pathetisch, dass es die meisten nicht auf den Sitzen hielt. Um die Situation danach etwas aufzulockern, gab es einige witzige Instrumental-Cover wie „Here Comes The Sun“, „Hotel California“ und „Pretty Woman“, bevor mit „Revolution“ der Song gespielt wurde, der eigentlich als „Borderline“-Fortsetzung gedacht ist.
Hier konnte auch ich mich zuhause fühlen, der ich doch vor allem in den 80ern zu Zeiten von „The Getaway“ und „Man On The Line“ einer großer Fan des Iren war. Damals gab es noch rockigere Klänge, die spätestens mit „The Lady In Red“ dem soften Chris de Burgh wichen. Dieser Titel wurde natürlich auch gespielt. Und das als einziger im Playback mit elektronischen Klängen. Warum? Natürlich damit der alte Haudegen und Herzensbrecher einen Ausflug zu den Damen im Publikum machen und ein paar Tänzchen aufs Parkett legen konnte. Spätestens jetzt war aus dem Sitz- ein Stehkonzert geworden. Und viel (vor allem weibliches) Volk stürmte den Platz direkt vor der Bühne.
Chris de Burgh hat ein treues Publikum. Und das weiß, was es bekommt: Eine gesunde Mischung aus alten und neuen Songs. Bei den älteren Titeln wie „Sailing Away“ gibt es ein paar Schwierigkeiten in den Höhen. Das bringt Chris aber nicht davon ab, munter zwischen Brust- und Kopfstimme zu wechseln. Und er kann es sich erlauben. Die Highlights „Don’t Pay The Ferryman“ und „High On Emotion“ folgten erst kurz vor dem Zugabenblock. Und auch die Rocksongs kommen gut zur alleinigen Gitarrenbegleitung. Chapeau!
Nach 100 Minuten Konzertlänge beendeten atmosphärische Zugaben wie „Where Peaceful Waters Flow“ ein eindrucksvolles Konzert. Es waren selige Gesichter, in die man blicken konnte. Und viele sollten ja am nächsten Abend direkt wieder kommen.
Amy Macdonald zog gut 3.000 Leute, die im Schnitt auch jünger waren als am Vorabend. Zudem war es ein Stehkonzert und es gab einen Support: Die 26jährige Antje Schomaker hatte ihr Debüt „Von Helden und Halunken“ mitgebracht. Die junge Frau vom Niederrhein hörte sich mit ihren selbst geschriebenen Songs unaufgeregt und doch emotional an. Ihre bisweilen lapidar wirkende Stimme klang wie das weibliche Gegenstück zu AnnenMayKantereit. „Bis mich jemand findet“ drückte enorme Lebensfreude aus. Und der Song „Gotham“ ist einfach genial, wenn Antje zwischen tiefer Stimme und hohen Tönen switcht. „Irgendwohin“ erklang als neuer Song für die beste Freundin und „Auf und davon“ rührte zu Tränen als Stück für eine Freundin mit Depressionen. Am 17. Oktober wird Antje Schomaker mit ihrer Band im ExHaus Trier spielen. Und dafür rührte sie ordentlich die Werbetrommel. Wer ihren Gig im Amphitheater gesehen hat, ist sicher auf den Geschmack gekommen.
Als Amy Macdonald die Bühne betrat, war vom ersten Ton an Stimmung angesagt. Die Haare plötzlich blond – das war schon sehr überraschend – dazu blaue Boots. Die Schottin ist eine traumhafte Erscheinung und dabei so bodenständig, wie man als weltweit erfolgreiche Sängerin nur sein kann. Ihre in manchmal schwer verständlichem Schottisch vorgetragenen Ansagen hörten sich an, als sei man zu später Stunde an der Theke in einem schottischen Pub. Verdammt – hat das Spaß gemacht!
Und hinzu kam natürlich wundervolle Musik zu einer lauten Rockband. Dabei hatte Amy meist ebenfalls eine Gitarre in Händen. Sie begann mit dem Titelsong des aktuellen Albums „Under Stars“. Es folgten die stimmungsvollen Titel „Spark“ und „Youth Of Today“, bevor es schon an vierter Stelle den Hit „Mr. Rock And Roll“ gab. Jetzt war der Damm gebrochen und alles sang lauthals mit. Amy erklärte, es sei schon sehr heiß für jemanden aus Schottland. Bei ihnen begänne man ab 15 Grad zu schwitzen. Und jetzt weit mehr als das Doppelte. Dann amüsierte sie sich über die zahlreichen Zaungäste in den Weinbergen: „Man will dabei sein, aber nichts zahlen.“ Das kenne sie auch aus Schottland.
Zu „Slow It Down“ wollte Amy einen Zuschauerchor formieren. Doch Totenstille im Publikum. Sie machte sich ernsthaft Sorgen, ob man ihren Akzent in Trier nicht versteht. Doch dann interpretierte sie das Schweigen zugunsten des Publikums als höfliches Zuhören. Wer weiß? Zumindest klappte der Mitsing-Refrain bei „Slow It Down“ letztendlich hervorragend. Danach kam mit „4th Of July“ eine Liebeserklärung an New York.
Das Amphitheater schien auch Amy zu imponieren. „Ihr habt noch nicht gekämpft. Gut so!“ Sie freute sich über unzählige schottische Flaggen („mehr als bei mir zuhause“) und verwies auf die Fußballtrikots, die sie extra im schottischen und deutschen Design hat anfertigen lassen. „We are Scheiße together“, so hob sie die beiden Mannschaften spielerisch auf ein Level und hatte das Gelächter auf ihrer Seite. Beeindruckend und unterhaltsam.
Musikalisch bot die 30jährige Schottin einen Rundumschlag aus vier hervorragenden Alben. Und den Song „Woman Of The Word“ aus dem Soundtrack der Disney-Komödie „Patrick“, an dem sie mitgewirkt hat. Überhaupt singt Amy mit starker Stimme und großer Überzeugungskraft. Die Band ist glanzvolles Beiwerk, aber sie braucht das nicht, wie die Ballade „It’s Never Too Late“ zu Pianobegleitung eindrucksvoll bewies. Und endlich kam auch „This Is The Life“, der Über-Hit, bei dem ordentlicher Jubel ausbrach.
Nach 95 Minuten war das Konzert zu Ende und alle lauschten beseelt den hymnischen Klängen von „Let’s Start A Band“, das man gut mit „This Is The Life“ verwechseln kann. Die Schottin hat es allein gezeigt. Die Liebe zwischen Deutschland und Schottland ist ungebrochen. Daran wird auch der Brexit nichts ändern können.
Seht hier unsere Konzertfotos von Chris de Burgh beim Amphitheater Open Air in Trier am 25.7.2018! Weiter geht es am 26.7. mit Amy Macdonald. Am 27.7. folgt die „1. Trierer Nacht der Spielleute“ gestaltet von Versengold, Feuerschwanz und Saltatio Mortis. Und Gentleman sorgt am 28.7. für den entspannten Ausklang.
Anfang der Neunziger Jahre spielten Die Fantastischen Vier noch als Vorgruppe von Run-D.M.C. in der legendären Bonner Biskuithalle. Die liebevoll „Keksdose“ genannte Halle ist seit 1998 Geschichte und auch Run-D.M.C. haben sich inzwischen aufgelöst. Die Fantastischen Vier gibt es immer noch. Unglaublich wenn man bedenkt, dass sie in nach wie vor unveränderter Besetzung erstmals zusammen am 7. Juli 1989 auf einer selbstgezimmerten Bühne aus Europaletten in einem ehemaligen Kindergarten in Stuttgart-Wangen aufgetreten sind. Im nächsten Jahr feiern Thomas D, Michi Beck, And. Ypsilon und Smudo also schon ihren 30. Geburtstag. Gerade haben sie ihr zehntes Studioalbum „Captain Fantastic“ veröffentlicht, das mehr gesellschaftskritische Texte enthält als alle seine Vorgänger und sich gegen den weltweit zunehmenden Populismus richtet. Die Fantas sind längst mehr als nur die Spass-Hip-Hopper aus Stuttgart. Das beweist nicht zuletzt die Tatsache, dass all diejenigen, die in Bonn den Vorzug eines Gästelistenplatzes erhalten haben, um eine 5 Euro-Spende für den Verein „Laut gegen Nazis“ gebeten werden. Wir zahlen mehr als erfreut.
Mit uns sind 9.500 Fans auf den Kunstrasen am Rande der Rheinaue gepilgert. Das Konzert ist seit Monaten ausverkauft und somit das erfolgreichste seit dem Start der Open Air-Reihe im Jahr 2011. Ausgerechnet heute legt der Vorzeigesommer eine kurze Verschnaufpause ein und lässt es vor Konzertbeginn ein wenig regnen. Der guten Stimmung tut das keinen Abbruch. Dafür sorgt auch DJ Thomilla, der 45 Minuten lang Hits der letzten drei Jahrzehnte gekonnt zu einer Endlosschleife zusammen mixt. Pünktlich um 20 Uhr fällt dann der Vorhang und Die Fantastischen Vier starten mit „Tunnel“ in ihr Set. Unterstützt werden sie von einer fünfköpfigen Begleitband, in der Schlagzeuger Flo Dauner seine Felle diesmal unter erschwerten Bedingungen bearbeitet. Laut Michi Beck trommelt er gegen 39 Grad Fieber an. Zwei große Leinwände rechts und links der Bühne sorgen für gute Sicht bis in die hinterste Reihe. Die Lightshow entfaltet erst im letzten Drittel des Konzertes ihre volle Wirkung, als über Bonn langsam die Sonne untergeht. Der Sound ist klar und ausgewogen, leider wie immer auf dem Kunstrasen wegen möglicher Anwohnerbeschwerden vergleichsweise leise.
Wer auch immer die Beschwerdeführer sein mögen, sie kommen in den kostenlosen Genuss einer Best Of-Fanta 4-Setlist. Neben Stücken des neuen Albums wie „Hitisn“ oder „Endzeitstimmung“ liegt deren Gewicht vor allem auf den älteren Songs. Zu Gunsten von Klassikern wie „Sie ist weg“, „MfG“ oder „Was geht“ und angesichts des frühen Curfews um 22 Uhr (da sind sie wieder die schlafbedürftigen Anwohner) verzichten Die Fantastischen Vier sogar auf den eigentlich geplanten aktuellen Titelsong „Captain Fantastic“. Aber auch so gibt es genug zu tanzen und am Ende ist jedes Studioalbum mit mindestens einem Stück vertreten, wobei die WM-Single „Zusammen“ (mit Clueso per Videobegleitung) natürlich nicht fehlen darf. Der einzige besinnliche Moment des Abends, soweit das bei Fanta 4 überhaupt möglich ist, besteht aus „Tag am Meer“. Ansonsten stehen die Protagonisten auch mal abwechselnd im Rampenlicht. Michi Beck als Gitarrist bei „Ichisichisichisich“, Smudo als unbeholfener Tanzbär zu „Smudo in Zukunft“ oder Thomas D als „Krieger“ solo und zum Entzücken der weiblichen Fans mit nacktem Oberkörper. Während „Pipis und Popos“ hat Smudo dann wieder die Lacher auf seiner Seite, als er einen tiefen Zug Helium nimmt und wie Micky Maus auf Speed klingt. Das vorläufige Ende der Party markiert schließlich „Populär“ und beim obligatorischen Bandfoto holt Thomas D die kleine Smilla auf die Bühne, die sich im Kreis der Musiker sichtlich wohl fühlt und stolz zu ihren Eltern in die erste Reihe zurückgereicht wird.
Der Zugabenblock hält dann noch zwei weitere Meilensteine bereit. Zunächst „Die da?!“ und als krönenden Schlussakkord „Troy“, den Michi Beck zu einer emotionalen Dankesrede an die Fans nutzt. Die antworten mit langanhaltendem Jubel und „Vier“-Sprechchören. Fast erwartet man zum Abschluss noch ein Feuerwerk über dem Kunstrasen. Das eigentliche Feuerwerk aber haben Die Fantastischen Vier abgebrannt und einmal mehr bewiesen, dass sie auch nach (fast) dreißig Jahren noch eine Institution in der deutschen Hip Hop-Landschaft darstellen. Dass man dabei Spass durchaus auch mit Niveau verbinden kann, davon sollten sich solche Genre-Proleten wie Kollegah oder Farid Bang eine dicke Scheibe abschneiden.
Vor zwei Jahren überraschte Rick Astley mich sehr mit seinem Album „50“, das so gar nicht nach den Dancefloor-Krachern klang, die ich von dem Briten aus den 80er Jahren kannte. „Never Gonna Give You Up“ ist doch immer noch in aller Ohren – gebt es zu! Und die ersten vorsichtigen Tanzschritte bleiben den Menschen, die sich jetzt in ihren 40ern befinden, ganz sicher in Erinnerung.
„50“ war ein sehr souliges Album mit leichten Gospel-Einlagen. Das Comeback bescherte Astley immerhin die zweite Nummer 1 in den britischen Charts – und die war wohlverdient.
Ob das mit „Beautiful Life“ auch gelingt? Die Jodler zu beginn des Titelsongs und der Uhuhuh-Chor bei „Chance To Dance“ irritieren mich zunächst, doch die Songs die dahinter stecken bieten zumindest modernen Pop. Und später folgen Stücke wie „She Makes Me“ und „Empty Heart“, die durchaus zu begeistern wissen. Es ist ein Album, auf dem Rick jeden einzelnen Song selbst komponiert, jedes Instrument selbst eingespielt und jede Note selbst eingesungen hat. Ein Album, das beeindruckend seine Musikleidenschaft, die Liebe für seine Frau und seine Familie sowie seinen unstillbaren Lebensdurst widerspiegelt. „Bis hierher war es ein sehr schönes Leben“, sagt Rick. „Obwohl es absolut nicht so angefangen hat. Ich musste harte Zeiten durchmachen. Doch heute gibt es so viel, für das ich tief dankbar bin. Wie viele Menschen bekommen die Chance, ihre Träume zu leben? Und das nicht nur einmal, sondern gleich zweimal?“
Auf „Beautiful Life“ ist Rick Astley an den Drums (echten und programmierten), den Gitarren (akustischen und elektrischen) sowie an den Keyboards (Synthesizers und Klavieren) zu hören. „Ich spielte mit der Idee, Co-Autoren und einen Produzenten mit ins Boot zu holen, um einen Gang hochzuschalten. Doch andererseits wollte ich mir beweisen, dass ich es immer noch auf eigene Faust hinbekomme. Mir ist klar, dass tolle Musiker den Songs sicher noch etwas hinzufügen könnten. Doch andererseits ist es gerade eine gewisse Einfachheit, die die Stücke so gut macht. Die Platte besteht aus der Summe ihrer Einzelteile. Und diese Einzelteile gehen alle in dieselbe Richtung. Die Songs erfüllen genau ihren Zweck. Sie funktionieren, wie sie funktionieren sollen und sie sagen genau das aus, was sie aussagen sollen.“
Die Texte sind sehr persönlich und seiner Frau Lene gewidmet, die viele der Stücke inspiriert hat. Zu den emotionalen Momenten von Songs wie „Better Together“ finden sich andere, die Astleys Leidenschaft für die Musik feiern: mit nach vorne gehenden Dancetracks und eindringlichen Balladen, mit souligen Tunes und waschechten Pophits. Mit dem letzten Stück „The Good Old Days“ verneigt sich Rick abschließend vor all den prägenden Alben, mit denen er schon als kleiner Junge aufgewachsen ist und die ihn treu selbst durch dunkelste Zeiten begleitet haben: Angefangen bei Künstlern wie Rick Wakeman über Supertramp, Elton John, The Beatles, The Rolling Stones bis hin zu Joni Mitchell und Queen. Und dann wäre da noch sein Hofknicks vor den ausgeflippten Prog-Rockbands, die ihn von klein auf begeisterten. „Seien wir mal ehrlich: Jedes gute Album sollte mit einem verdammten Gongschlag enden“, so Rick grinsend. „Ich bin das jüngste von vier Geschwistern und wuchs mit ihren Plattensammlungen auf. Meine älteren Brüder und meine Schwester haben mir durch schwere Zeiten geholfen. Ebenso wie die Musik. Ich weiß, dass es sich wahnsinnig kitschig anhören muss. Es klingt wie ein verfluchtes Hollywood-Drehbuch, aber es ist alles wahr. Ehrenwort!“
„Beautiful Life“ nimmt mich nicht ganz so mit wie das Comeback-Album „50“, das Rick durch die Midlife Crisis brachte. Vielleicht, weil es stilistisch nicht mehr so überraschend ist wie der Vorgänger. Doch es ist ein weiteres wundervolles Album des Briten. Man höre sich nur die entspannte Gitarrenballade „Last Night On Earth“ an – oder das Pianointro von „I Need The Light“. Wenn dann in „The Good Old Days“ meine Lieblingsmusik der letzten Jahrzehnte abgefeiert wird, kann nichts mehr schied gehen. Der Mann kann auch Prog, wenn er will.
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Sehr cool und entspannt, was Kiddo Kat auf ihrem Debütalbum abliefert. Die Berliner Sängerin, die mittlerweile in Hamburg wohnt, klingt sehr frisch und vor allem sehr international. Anna Guder – so heißt die Künstlerin mit bürgerlichem Namen – machte ihre musikalischen Anfänge mit dem Spielen in S- und U-Bahnen. Dabei baute sie sich über entsprechende YouTube-Videos eine ordentliche Fangemeinde auf. Das Video, in dem sie mit einer Freundin Prince‘ „Kiss“ coverte, ging viral – ihr findet es unter diesem Text. Eine erste EP mit dem Titel „Why I Am So Funky“ erschien 2016. „Piece Of Cake“ ist nun das Debütalbum mit einem Dutzend Songs.
Das Album ist die Frucht dieser fast märchenhaften Geschichte, durch die Kiddo die Erfahrungen eines kometenhaften Karriereaufstieges im Zeitraffer verarbeitet: So thematisiert die 27-jährige in „Growing Under Pressure“ den eigenen persönlichen Wachstum unter enormem Druck („Diamonds in rough shine bright when they’re cut“) oder nimmt mit dem lässigen Dance-Track „Just Kidding“ den Perfektionismus-Wahn in Social Media Zeiten auf die Schippe („Forget about the duckfaces and the fake chicks“). Dabei macht sie sich immer mit einer gehörigen Portion Augenzwinkern ans Eingemachte und präsentiert in typisch optimistischem Ton sogar Themen wie die eigene Vergänglichkeit („Drunk On Life“) in einer tief unter die Haut gehenden Hymne aufs Leben.
Die vor Lebensfreude sprudelnde Kiddo entdeckt man in Songs wie der sommerlich anmutenden ersten Single „Million Miles“ zwischen dicken Beats, pulsierenden Basslines und Single-Line-Gitarren. Das dazugehörige Musikvideo, in dem Kiddo Kat durch die Straßen Kapstadts zieht und mit entwaffnender Offenheit jeden der Ihr begegnet mit in eine Street-Party verwickelt, macht richtig gute Laune und vor allem Lust auf Sonne. Ähnlich geht es einem mit der zweiten Single „In The Air“, einer upbeat Dance-Pop Nummer, die die kleinen Erfolge im Alltag feiern lässt und ohne Umwege auf die Tanzfläche zieht („Get on the floor, if you made it though the traffic jam on time“). Wer tiefer in Ihre Lyrics eintaucht, trifft auf eine selbstbewusste Frau mit viel Selbstironie.
Kiddo Kat schafft auf „Pice Of Cake“ einen sehr urbanen Sound. Sie klingt poppig, rappt zwischendurch und bringt dazu eine gehörige Portion Funk und Soul mit. Obwohl es ein Erstlingswerk ist, klingt die junge Sängerin sehr reif und erwachsen. Der perfekte Sound zum entspannten Abtanzen.
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Das Album „Venom“ ließ im Jahr 2015 Bullet For My Valentine wieder in alter Härte erstrahlen – und mit „Gravity“ setzen sie ihren Triumphzug fort. Die alten Fans sind längst zurück gewonnen. Da darf das Metalcore-Brett auch mal wieder mit einigen Balladen aufwarten. Für die vier Musiker geht die neue Labelheimat mit einer kreativen Öffnung zusammen. Ohne ihren Trademark-Sound zu verwässern kommen auf „Gravity“ auch vermehrt Synthies und Score-Electronica zum Einsatz.
Hardcore-Puristen schreien vermutlich an manchen Stellen entrüstet auf, doch mir gefällt es ganz gut, dass die Songs bisweilen etwas ruhiger ausfallen, dass die Wutausbrüche weniger werden und es auch mal Ausflüge in eine Welt gibt, die man blasphemisch als „Pop“ bezeichnen könnte. Aber ehrlich: Das sind so kurze Schlaglichter in Form von Synthesizer-Sequenzen, dass diese deutlich als künstlerische Freiheit durchgehen.
Die starke Performance von Sänger Matt Tuck, die bissigen Riffs von Michael „Padge“ Paget und das Drumming-Sperrfeuer des Neulings Jason Bowld sorgen für alte Metaller-Tugenden. „Don’t need you“, „Piece of me“ und „Letting you go“ fahren den Härtegrad jedenfalls ordentlich nach oben. Auf Solo-Eskapaden einzelner Instrumentalisten muss man diesmal allerdings verzichten.
„Leap Of Faith“ hingegen lehnt sich stilistisch an Linkin Park an, was nun auch kein Verbrechen ist. Der Stilwechsel, den zurzeit einige Stammbands des Metalcore anstreben, ist Bullet For My Valentine in meinen Augen gut gelungen. Das wird nicht jedem Fan gefallen, aber live werden sie sicherlich die Alten bleiben. Lassen wir uns auf der Tour im Herbst überzeugen.
Radio Teddy sendet seit 2005 aus Potsdam-Babelsberg und bietet Unterhaltung und Information für die ganze Familie. Regelmäßig werden auch die neusten „Radio Teddy Hits“ auf CD veröffentlicht – eine familientaugliche Mischung aus aktuellen Songs aus den Charts und anspruchsvollen Kinderliedern. Etwas Besonderes ist nun allerdings das Album „RABATZ Die Erste“, das anlässlich des RABATZ-Familienfestivals 2018 erscheint.
Zu hören sind auf dem Album natürlich die Künstler Ulk van Bulk, Ich & Herr Meyer und Ulf der Spielmann, die auch auf dem Festival vertreten sind. Außerdem gibt es Sommer- und Partyhits von bekannten Kinderliedermachern wie Deine Freunde, Mirkos Liederbande, Volker Rosin oder Rolf Zuckowski. Dazu kommen drei extra für diese CD produzierte RABATZ-Megamixe mit den beliebtesten Hits von herrH, Meine große Freundin Nadja und 3Berlin.
Die Mischung ist größtenteils durchaus familienpartytauglich, aber stellenweise auch gewöhnungsbedürftig. Nenas titelgebender Opener „Rabatz“ macht noch richtig gute Laune, Frank und seine Freunde haben mit Endlich Sommer recht erfolgreich einen alten Disco-Hit umgetextet und auch Lina Larissa Strahls „Bester Sommer“ vermittelt tolle Urlaubsgefühle. Auf Spongebob und Die Schlümpfe hätte ich aber gut verzichten können und auch einige andere Titel können mich nicht überzeugen. Und wo andere Kinderlieder-Alben tatsächlich den Spagat schaffen, verschiedenste Altersgruppen zu unterhalten, sind hier doch eher jüngere Kinder angesprochen – die Reaktion meines 13jährigen Sohnes nach den ersten drei Stücken war jedenfalls ein verzweifeltes „Mach das aus, Mama!“
„RABATZ die Erste“ ist für viel Familien sicher ein tolles Sommer-Album – ein genauer Blick vorab auf die Trackliste kann aber nicht schaden.
Mick Ronson hat als Produzent und Gitarrist mit Künstlern wie Lou Reed, Morrissey, Ian Hunter und Mott The Hoople, Bob Dylan, John Mellencamp und vielen anderen gearbeitet, aber dieser Film beschäftigt sich hauptsächlich mit seinem unverzichtbaren Beitrag zu der bunten Karriere von David Bowie und einer kompletten musikalischen Ära.
Als Mitglied von Bowies Begleitband 1970 bis 1973 hatte Mick Ronson eine Schlüsselrolle bei der Entstehung von Alben wie „The Man Who Sold The World“ und „The Rise And Fall Of Ziggy Stardust And The Spiders From Mars“. David Bowie würdigte seinen Sidekick später mit den Worten: „Als Rockduo waren wir genau so gut wie Mick und Keith, oder Axl und Slash. Ziggy und Mick waren die Personifizierung dieses Konzepts eines sich perfekt ergänzenden Duos im Rock ‘n’ Roll.“
Der fast 100minütige dokumentarische Film – leider nur in englischer Sprache erhältlich, aber ganz gut zu verstehen – würdigt die Rolle des Gitarristen und zeigt auf, wie wichtig dieser mit seinen Ideen als Songwriter und Ideengeber war.
“Beside Bowie: The Mick Ronson Story” enthält exklusive Kommentare von David Bowie und exklusive Beiträge von Rick Wakeman, Joe Elliott, Roger Taylor, Ian Hunter, Angie Bowie und vielen weiteren Künstlern. Die Doku feiert einen unkomplizierten Mann der den Gipfel des Erfolgs im Musikbusiness erklommen und sich gleichzeitig mit seinen Produktionen und seiner Virtuosität den Respekt seiner Zeitgenossen verdient hat.
Leider verstarb Ronson schon 1993, bevor er die Anerkennung erfuhr, die er so sehr verdient hätte. Er arbeitete gerade an einem Soloalbum, welches nach seinem Tod von einigen Kollegen fertig gestellt wurde. Mit dieser Dokumentation hat Emperor Media außergewöhnliche Authentizität und einen tiefen Einblick in das Leben eines fantastischen Künstlers erreicht, der eine tragende Säule der Rockmusik war und während eines großen Teils von Bowies glanzvollster Zeit an dessen Seite („Beside Bowie“) stand.
Nach dem Tod von Keith Emerson und Greg Lake, die beide im Jahr 2016 das Zeitliche segneten, ist das letzte verbliebene Gründungsmitglied von ELP der Verwalter des Erbes. Eine große Aufgabe für Carl Palmer, der immer noch zu den besten Schlagzeugern der Welt zählt.
Die neu veröffentlichte CD/DVD „Carl Palmer´s ELP Legacy Live“ bietet zwei spektakuläre Live Shows aus New York und Miami mit Gastauftritten von Steve Hackett (Genesis) und Mark Stein (Vanilla Fudge) beim Tribute-Konzert für Keith Emerson in Miami.
Der CD-Mitschnitt stammt aus dem Jahr 2014. Das am 25. November 2014 aufgenommene Konzert in der ausverkauften New Yorker „Tralf Music Hall“ präsentiert das „Tarkus“-Album von ELP und dazu unter anderem Highlights wie „Mars, Toccata and Fugue in D Minor“, „The God Of War / 21st Century Schizoid Man“, „Knife-Edge“ sowie „Trilogy“. Ein fulminantes Konzert eines bestens aufgelegten Trios.
Die DVD „Pictures At An Exhibition – A Tribute To Keith Emerson“ bietet ein knapp zweistündiges Konzert vom 24. Juni 2016 im “Olympia Theater” in Miami. Der Release offeriert eine spektakuläre Tribute-Show mit Gastauftritten von Steve Hackett (Genesis), Mark Stein (Vanilla Fudge) and David Frangioni. An diesem Abend spielten die Musiker ELP-Klassiker wie ”Bitches Crystal“, „Hoedown“, „Karn Evil 9“ (Welcome Back My Friends), „Romeo & Juliet“, „Fanfare For The Common Man”, ”Jerusalem” oder ”The Barbarian”. Die Dokumentation ”Behind The Scenes At The Tribute For Keith Emerson” ergänzt die DVD als Bonusmaterial.
Carl Palmer´s ELP Legacy wurde im Jahr 2001 von Carl Palmer gemeinsam mit dem Gitarristen Simon Fitzpatrick und Paul Bielatowicz (Bass) gegründet. Das Power-Trio rekonstruierte die Keyboard-lastigen klassischen ELP-Songs speziell für Gitarre, Bass und Schlagzeug. ”Es ist Metal Prog Rock, der Emerson Lake & Palmer spielt”, erklärt Carl Palmer. ”Es ist originell und einzigartig und das ist wichtig für mich. ”
Die dynamischen Liveshows von Carl Palmer´s ELP Legacy hatten international einen triumphalen Erfolg mit ausverkauften Tourneen und Festivalauftritten. ”Meine Philosophie ist sehr einfach”, erzählt der Schlagzeuger: ”Wenn ich mich weiter verbessern kann, oder auch nicht verbessern, aber den Standard beibehalten kann, dann werde ich weiter machen. Sobald ich das nicht mehr kann, bin ich weg.”
Hoffen wir, dass er noch lange durchhält. 68 Jahre ist ja kein Alter, um diese zeitlose Musik am Leben zu erhalten.
Man kann von Casting-Shows halten, was man will – aber manchmal bieten sie tatsächlich auch echten Künstlern eine Plattform und helfen dabei, nachhaltig ins Musikgeschäft einzusteigen. So hat es Eva Croissant vor sechs Jahren zwar nicht ins Finale von The Voice of Germany geschafft, aber immerhin mit ihren selbstgeschriebenen deutschsprachigen Songs erstmals ein breites Publikum erreicht und ihr Debüt „Du bist nicht irgendwer“ sogar in die Charts gebracht. Zwischendurch machte Eva gemeinsam mit Felix Räuber als Duo „Zwei von Millionen“ einen Ausflug in die Welt des Elektro-Pop, mit ihrem zweiten Solo-Album „Einfach du sein“ kehrt sie nun aber zu ihrem ursprünglichen Songwriter-Sound zurück.
Allerdings ist dieser Sound jetzt dichter geworden, denn Eva hat sich diesmal eine ganze Reihe Musiker ins Studio geholt und ihre Songs deutlich vielfältiger arrangiert als noch beim Debüt. Klavier, Streicher, Harfe oder Posaune sind nur einige der Instrumente, die Atmosphäre schaffen und Glanzpunkte setzen. Das fängt mit dem rhythmischen Cello im mitreißenden Titel „Einfach du sein“ an, und setzt sich mit dem zarten Glockenspiel in „Immer gelebt“ oder dem wunderbaren Zusammenspiel von gezupfter Gitarre und Harfe in „Gib auf dich Acht“ fort.
Bei aller Verspieltheit dienen die Arrangements aber immer dazu, die Lieder perfekt zur Geltung zu bringen und vor allem auch die sehr persönlichen und aussagekräftigen Texte zu unterstreichen. Von entspannter Mandoline und etwas sehnsüchtigen Streichern untermalt singt Eva in „Solange wie glücklich“ von den Erinnerungen an eine Reisebekanntschaft. Die philosophische Ballade „360 Grad“ über einen Außenseiter wird dagegen von fast bedrohlichem Piano und Percussion dominiert. Ganz anders dann die Rolle des Pianos in „Eine Tasse Kaffee“, wo es mit melodischen Läufen und kraftvollen Akkorden im Refrain die Erleichterung der Sängerin über das Ende einer schwierigen Beziehung illustriert.
Musikalisch besonders eindrücklich ist das bittere und deutliche Abschiedslied „Es wird nie mehr so sein“, das von einem wundervollem, von Cello und Harfe gewobenen Klangteppich getragen wird. Eindruck hinterlassen auch „In seiner Welt“ und das schwermütige „Wann wacht es wieder auf“, die inhaltlich zum Nachdenken anregen. „Zuhause“ lässt den Hörer dann aber wieder entspannen und genießen. Zum Abschluss gibt es als Hidden Track noch einen einfachen kleinen Song mit einer großartigen Aussage: Es ist nicht dein Land, es ist nicht mein Land, es ist unser Planet!
Eva Croissant präsentiert mit „Einfach du sein“ ein authentisches, anspruchsvolles und ausgereiftes Songwriter-Album. Mit den vielen deutschsprachigen Künstlern, die derzeit so erfolgreich unterwegs sind, kann sie meiner Meinung nach mühelos mithalten – und ich wünsche ihr einfach auch die entsprechend Anerkennung.
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HipHop Klassiker im Jazz und Swing Format – kann das funktionieren? Eher nicht. Doch Phil Ohleyer und Chris Dunker machen mit ihrem neuen Projekt Goldmeister deutlich, was in der Musik alles möglich ist. Die beiden großen Einflüsse und Inspirationen ihrer Musik, nämlich die Goldenen Zwanziger und Grandmaster Flash, haben Goldmeister schon im Bandnamen zusammengefasst. Und diese Idee zieht sich durch das ganze Album, das geprägt ist von Dixieland, Oldtime Jazz, Swing und Lounge-Musik.
Mit ihrer Band Phoenix West machen die beiden Protagonisten als „Stimme des Ruhrgebiets“ schon länger zusammen Musik. Doch hier wagen sie etwas völlig Neues. Es gibt Titel von den Fanta 4, Fettes Brot, Culcha Candela, Peter Fox, Xavier Naidoo, Udo Lindenberg und Jan Delay in ganz neuem Stil – mit entspannten Rhythmen und Bläser-Arrangements. Damit liefern sie uns eine Zeitreise der ganz besonderen Art.
Schon Ende 2016 gab es erste Ausflüge in die Swing-Ecke. In diversen Sessions in Chris‘ Herrenzimmer entstand zunächst als Jux die Idee, Swing oder alte Dixie-Titel mit deutschen Texten zu mischen – und sie phrasierten diese in Rap-Manier. Dazu stießen dann aus der Hamburger Musikszene die Ragtime Bandits und der Pianisten Lutz Krajenski. Das neue Projekt nahm schneller als gedacht Gestalt an. Bereits der Name Goldmeister deutet auf die zwei Hauptkomponenten hin, die in ihrem hochgradig tanzbodenkompatiblen Mix stecken. Die Goldenen Zwanziger Jahre und der HipHop, der in den USA unter anderem von Grandmaster Flash aus der Taufe gehoben wurde. Was lag also näher, als verschiedene Zustände von Oldtime Jazz der Goldenen Zwanziger mit dem Rap deutscher Prägung von heute zu verkuppeln?
Das Ergebnis fühlt sich an, als hätten Goldmeister ein Elixier gefunden, das seit mindestens zwanzig Jahren auf der Hand liegt, aber niemand zu greifen wagte. Denn wie von Zauberhand verbinden sich die Songs aus der Feder bekannter Rap- und HipHop-Künstler nebst einer Eigenschöpfung „Ihr Tattoo“ mit fröhlichen Breitseiten von Brass, Banjo und Klavier zu einem ebenso organischen wie virulenten Future-Mix der gehobenen Art. Kurz vor der Schwelle der Zwanziger Jahre des 21. Jahrhunderts gilt es, aus dem Füllhorn verschiedener Traditionen progressiver Tanzmusik den Partysound der Zukunft zu formulieren. Goldmeister hat diesen Sound gefunden.
Freut euch auf ein plötzlich sehr gleichgültiges „Sie ist weg“, auf ein entspanntes „Hamma!“, ein absolut beschwingtes „Jein!“ und die basslastige Bläserversion von Udo Lindenbergs „Cello“, die auch im Original nichts mit HipHop zu tun hat. Sehr gehaltvoll – ein durch und durch überraschendes Album.
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Ben Rector lebt in Nashville – das hört man seiner Musik nicht an, wenn man die gängigen Country-Klischees anlegt. Stattdessen hören wir mit „Magic“ ein wunderschönes Singer-/Songwriter-Album, das stark piano-basiert ist. Der Multi-Instrumentalist schafft hier 13 musikalische Perlen, die alle mit einer ganz eigenen Atmosphäre aufwarten, die gerne auch mal sehr hymnische und elektronische Klänge beinhaltet. Meist aber begrenzt er sich auf seine smarte Stimme und einige melodische Mitbringsel, die oft so begrenzt sind, dass man ihn sich auch ganz a cappella vorstellen könnte.
Rector ist ein hervorragender Geschichtenerzähler, in dessen Stories man sich gut hinein versetzen kann. In den Lyrics schaut er gleichsam voller Zuneigung auf die Vergangenheit und stellt sich gespannt einer weit offenen Zukunft voller erstaunlicher Möglichkeit, wie sie seine Tochter repräsentiert, die im vergangenen Juli auf die Welt kam. „Es hat etwas Magisches in alten Erinnerungen zu schwelgen, da in unserer Erinnerung wohl alles etwas besser ist als es eigentlich war,“ sagt der in Oklahoma geborene und in Nashville lebende Musiker. „Als meine Frau mit Jane unser erstes Kind auf die Welt brachte, war das etwas buchstäblich Magisches.“
Rector hält das überwältigende Gefühl dieses Erlebnisses im Album-Opener „Extraordinary Magic“ sowie im Abschluss-Track „Love Like This“ fest. „Old Friends“ ist eine Ode an seine Kindheitsfreunde. „Sometimes“, den Rector gemeinsam mit dem Grammy-Award-Gewinner Dan Wilson schrieb, handelt davon, was mit einer verflossenen Liebe hätte sein können. Diese Songs geben die emotionale Richtung des Albums vor: Es ist ein Mix aus Nostalgie und Erwartung, der ebenfalls auf Songs wie „Kids“ und „Drive“ durchkommt. „I Will Always Be Yours“ ist ein stilistischer Gruß in Richtung Huey Lewis and the News, einer von Rectors Lieblings-Bands. Darauf zu hören ist ein Gitarren-Solo von Steve Stevens, der für seine Arbeit mit Billy Idol, Michael Jackson und dem Titelsong für „Top Gun“ bekannt ist.
„Magic“ ist der Nachfolger von Rectors Durchbruch-Album „Brand News“, das es gleich in die Top 10 der Billboard 200 schaffte. Es sollte mit dem Teufel zugehen, wenn er diesen Erfolg nicht toppen könnte. Das neue Werk ist ein magisches Album zwischen Indie und Folk – mit viel Persönlichkeit.
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