Nein – man kann wirklich nicht sagen, dass Daniel Ebel alias Dendemann seine Fans mit neuen Outputs verwöhnt. Acht ganze Jahre nach der letzten Platte „vom Vintage verweht“ veröffentlicht er sein neues Studioalbum „da nich für!“, auf dem der Rapper alle Stränge seiner Karriere konsequent zusammenführt. Er zeigt sich so politisch, wach und auf den Punkt, wie noch nie.
Schon einige Takte des Openers „Ich dende, also bin ich“ reichen aus, um das alte Feeling wiederherzustellen. Leichtfüßig schlendert der Wahl-Hamburger aus dem Sauerland durch seine Songs. Mit dem Flow seiner Lyrics und der guten Produktion ist er wieder ganz vorn dabei. Sein Wortwitz und die coolen Sprüche bringen große Freude.
Dass es bei Dendemann aber nicht nur entspannt zur Sache geht, zeigen Tracks wie „Keine Parolen“ und das wortgewandte „Zeitumstellung“. Dende ist mit seinen Lyrics am Puls der Zeit und kann durchaus Stellung beziehen.
Der einzige nervige Song ist in meinen Augen „Müde“. Damit kann ich so gar nichts anfangen. Aber keine Angst, für „Menschine“ wird der lyrische Rapper schnell wieder wach. Später liefern Dendemann und Trettmann mit „Littbarski“ einen extremst tanzbaren Rapsong im Sinne von Culcha Candela. Das macht mindestens soviel Spaß wie die Kollaborationen mit den Beginnern („BGSTRNG“) und das smarte „Alle Jubilare wieder“ featuring Casper.
Dendemann ist wieder da und in Topform. Nicht jeder Song hat direkt gefunkt, aber alles in allem ist sein neuer Sound mit intelligenten Texten sehr gefällig und beides verknüpft sich zu einem homogenen Album, das man gut am Stück hören kann. Mit der Hommage an Heinz Erhardt („Nochn Gedicht“) haut Dende dann zum Schluss ein absolutes Highlight raus. Top! Bitte nicht wieder neun Jahre ins Land gehen lassen…
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Als die schottische Sängerin und Songwriterin Nina Nesbitt 2012 ihre musikalische Karriere auf YouTube startete, war sie noch ein Teenager. Es folgten eine Begegnung mit Ed Sheeran, der sie als Support für seine Tour engagierte, mehrere EPs und 2014 ihr Debütalbum „Peroxide“, das sich weit vorne in den britischen Charts platzierte. Bei anderen Nachwuchs-Künstlern wäre es wahrscheinlich mit neuen Singles und Alben im Jahresrhythmus weitergegangen, aber Nina entschied sich dafür, erstmal Tempo rauszunehmen und in aller Ruhe an ihrem zweiten Longplayer zu arbeiten.
Das Ergebnis kann sich hören lassen: Auf „The Sun Will Come Up, The Seasons Will Change“ überzeugt Nina mit einem gereiften eigenen Sound zwischen Pop und R´n´B, Ohrwurmmelodien und vor allem mit authentischen Texten. So erzählt sie etwa in „The Moments I´m Missing“ von prägenden Momenten in ihrem Leben, die sie aber damals gar nicht wirklich genießen konnte. Und das atmosphärische „Sacred“ drückt ihre Sehnsucht aus nach etwas Ehrlichem und Anhaltenden in einer von Oberflächlichkeit geprägten Welt. Sehr berührend ist auch die emotionale Piano-Ballade „Is It Realy Me You´re Missing“, in der Ninas facettenreiche Stimme besonders gut zur Geltung kommt.
Neben solchen eher nachdenklichen Titeln gibt es auch schwungvollere Songs, die gute Laune machen und Optimismus versprühen, wie etwa „Somebody Special“ oder „Loyal To Me“, eine offensive Ansage an alle Frauen, sich nicht mit treulosen Lovern aufzuhalten. Insgesamt dominieren aber die ruhigeren Stücke, die oft hauptsächlich von Ninas ausdruckstarkem Gesang und einer sparsamen, aber perfekt arrangierten Begleitung getragen werden. So entfalten etwa das Liebeslied „Things I Say When You Sleep“ oder die „Ballade Last December“ einen ganz besonderen Zauber. Und der Titelsong „The Sun Will Come Up, The Seasons Will Change“, der das Album abschließt und wohl Ninas momentanes Lebensgefühl ausdrückt, klingt noch lange nach dem letzten Ton im Hörer nach.
Leider nicht optimal gelungen ist die Gestaltung des Booklets. Sehr kleine weiße Schrift vor rosa und hellblauem Hintergrund machen es schwer, die Liedtexte zu entziffern, ganz zu schweigen von Ninas seitenlanger Danksagung. Abgesehen von diesem kleinen Manko präsentiert Nina Nesbitt hier aber ein rundum empfehlenswertes Album, mit dem sie nicht nur einen Einblick in ihr Leben gewährt, sondern sich auch als Künstlerin etabliert.
Als Comedian hat Mario Barth schon eine ganze Reihe von Rekorden gebrochen, beispielsweise als „Live-Comedian mit den meisten Zuschauern“ in einer Show (70.000 im Jahr 2008) und an einem Wochenende (120.000 im Jahr 2014). Kein Wunder also, dass auch sein sechstes Bühnenprogramm deutschlandweit die Arenen füllt. In Trier war die aktuelle Show mit dem Titel „Männer sind faul, sagen die Frauen!“ zwar nicht komplett ausverkauft, doch die Anzahl der freien Plätze war überschaubar.
Was ist es nun, das die Fangemeinde so an dem Stand-up-Künstler mit Berliner Schnauze fasziniert? Auch sein sechstes Bühnenprogramm seit 2003 bietet nichts wirklich Neues. In schöner Regelmäßigkeit gibt es alle drei Jahre einen neuen Titel, der Vorurteile gegenüber Männern thematisiert. Barths fiktive Freundin und die Gefährtinnen aus dem Bekanntenkreis spielen dabei immer eine tragende Rolle. Und los geht es mit Geschichten, die aus dem Leben gegriffen scheinen.
Das Publikum in Trier durfte sich erst an einem wirklich gelungenen Vergleich der Trierer Basilika mit dem Berliner Flughafen erfreuen. Schließlich ist die Konstantinbasilika der größte erhaltene Saalbau der römischen Antike und seine freitragende Dachkonstruktion ein architektonisches Wunder. In Berlin hingegen habe man die Wasserleitung für die Sprinkleranlage „einfach vergessen“. Tja.
Handwerker im Allgemeinen und anstehende Arbeiten im heimischen Haushalt waren dann auch ein erstes Thema, das Mario breit auswalzte. Danach erfuhren wir von einem Junggesellenabschied, vom Smartphone der Mutter, dem Totalschaden am Auto der Freundin, der Sprachsteuerung des Navigationsgeräts und dem Gewicht einer Handtasche auf dem Beifahrersitz. Mario Barth erzählte im Verlauf der ersten Stunde nicht viele Anekdoten, doch es ist sein großes Talent, diese einfach breit auszuwalzen und die Zuschauer auch dann noch zum Lachen zu bringen, wenn sie die Pointe schon längst erkannt haben oder zumindest erahnen. Dabei ist der Komiker ständig in Bewegung, verzieht das Gesicht in wirrer Mimik und setzt auch alle Pausen gekonnt ein.
Das insgesamt zweistündige Programm in zwei Teilen spielte sich auf einer Bühne ab, die den Berliner Zoo mit einigen seltsamen Tier-Konstruktionen als Kulisse hatte. Im zweiten Teil erfuhren wir dann auch, was es mit dem Mausefant und dem Ziger (einer Mischung aus Zebra und Tiger) auf sich hatte. Ganz Promoter seiner eigenen Stories bot Mario Barth Kuscheltiere solch eigentümlicher Konstruktion zum Kauf an. Geschäft ist Geschäft.
Die Anekdoten waren durchaus reizvoll und aus dem Leben gegriffen: Die Freundin erklärt sich bereit, mit ins Kino zu gehen und einen Film mit dem schwer atmenden schwarzen Mann anzuschauen (ihr ahnt es schon: Darth Vader). Wir hörten Geschichten von Mädchen in der Pubertät und eine sehr weit gefasste Erzählung über den ersten Freund der Nichte (Kevin), der mittels Farbtabletten im Hotelpool in eine peinliche Situation gebracht wurde. Auf jeden Fall verging die Zeit so wie im Flug.
Nach zwei Stunden reiner Showlänge gab es zwei schlüpfrige Zugaben und ein Bühnenfeuerwerk. Mario Barth wird nur in Ansätzen gesellschaftskritisch und macht um alle politischen Themen einen großen Bogen. Vielmehr spielt er damit, dass er mehrfach gefragt wurde, ob er sich nicht auch zu schwierigen Zeitfragen äußern möchte. Was er dann tat, war ein Seitenhieb in Richtung der größten Geißel unserer Zeit: Bei ihm nicht etwa die AFD, sondern die Parship-Werbung.
Das Publikum spendete ihm kurz vor 23 Uhr stehende Ovationen. Zumindest diejenigen, die nicht direkt verzweifelt Richtung Parkplatz liefen. Das Mann-Frau-Thema zumindest scheint unerschöpflich und wird Mario Barth vermutlich bis zur Rente begleiten. Warum auch nicht? Schließlich kann jeder hier irgendwie mitreden.
Vor über zwei Jahren begeisterten Neal Morse und seine formidable Band die Prog-Gemeinde mit einem Konzeptwerk namens „The Similitude of a Dream“. Es basierte auf dem Buch „The Pilgrim’s Process (deutsch: Pilgerreise zur seligen Ewigkeit)“ von John Bunyan aus dem Jahr 1678, das die spirituelle Reise eines Mannes beschreibt, die in der Stadt der Zerstörung beginnt und an einen Ort der Erlösung führt. Wenn man Morse‘ Werdegang und seine spirituelle Erweckung kennt, die ihn von seiner Stammband Spock’s Beard weg und auf Solopfade führte, verwundert es nicht, dass diese Thematik Neal inspiriert. Zudem gelingt es ihm so, sein zweites kulturelles Standbein (christliche Lobpreis-Abende) mit den Ambitionen des Progressive Rock zu verknüpfen. Diese Linie zieht sich ohnehin durch die Veröffentlichungen, die er als Neal Morse tätigt. Dass auch noch erfolgreiche Bandprojekte wie Transatlantic und Flying Colors hinzu kommen, sei mal nur der Vollständigkeit halber erwähnt.
„The Great Adventure“ erzählt die Geschichte eines Pilgersohns nun in Form einer großen Suite weiter. Es ist fast schon unheimlich, womit Neal Morse hier aufwartet: Progressive Rock im Stil von Spock’s Beard und Transatlantic, ausufernde orchestrale Parts, vertrackte Rhythmus-Passagen, dann aber auch filigrane akustische Elemente. Neal Morse zeigt sein stimmliches Können – und glänzt vor allem im Erzählton. Mal sanft, mal charismatisch und laut. Und wenn dann mehrstimmige Passagen für kurze Momente in den Vordergrund rücken, dann freut sich auch mein dem Chorgesang frönendes Herz.
Die musikalischen Mitstreiter sind in der Progwelt keine Unbekannten: Mike Portnoy (Drums, Gesang), Randy George (Bass), Bill Hubauer (Keyboard, Gesang) und Eric Gillette (Gitarren, Gesang) bilden gemeinsam mit Neal das furiose Quintett. Und gerade Portnoy als Songwriting-Partner ist schon lange der künstlerische Seelenverwandte von Neal Morse und hat bei ihm spätestens nach seinem Ausstieg bei Dream Theater eine neue Heimat gefunden.
„The Great Adventure“ setzt Morse‘ Meisterstück in über 100 anspruchsvollen Minuten fort. Eine Ouvertüre gibt die musikalischen Themen vor, die im Lauf der beiden Silberscheiben immer wieder kehren. Langeweile kommt da aber nirgends auf – und es sind keine Schwachstellen auszumachen. Die Inspiration eines 350 Jahre alten Romans hat gewirkt und die Erzählung in ein Konglomerat aus Prog, Rock, Metal, Jazz und Klassik geführt. Bassist Randy George vergleicht das Album mit dem Vorgänger, stellt aber fest, dass die Perspektive des Pilgersohns es noch um einiges wütender und härter gemacht hat.
Wer „The Similitude of a Dream“ mochte, wird „The Great Adventure“ lieben. Freuen wir uns schon auf die Live-Umsetzung im März/April 2019. Es wird ein Fest!
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Vor zwei Jahren ging die Erfolgsgeschichte der „Bibi und Tina“ Reihe mit einem Musical weiter. Bereits beim ersten Musical „Die große Show“ wurden die bekannten Songs aus den Realverfilmungen in eine musikalische Handlung gepackt und von neuen Darstellern vorgetragen. „Neu“ erwähne ich deshalb, weil es sich nicht um die Schauspieler aus den Filmen handelt. Das sollte aber auch jedem klar sein – allein schon anhand des Entstehungsdatums der Filme. Lina Larissa-Strahl ist zur jungen Frau heran gereift und macht inzwischen ganz andere Musik.
Die Handlung ist ziemlich an den Haaren herbei gezogen – da will ich nichts beschönigen: Bibi hat es per Hexerei in die Saarlandhalle Saarbrücken verschlagen. Parallel soll auf Falkenstein ein wichtiges Konzert stattfinden, aber der erwartete Chor hat leider abgesagt. Statt nun dem Grafen vor Ort unter die Arme zu greifen, zaubert Bibi lieber ihre Freunde alle nach Saarbrücken, um mit ihnen ein Konzert einzustudieren, das dann auf Falkenstein aufgeführt werden soll. Sie hat also die bekannten Figuren Holger, Alex und Tina um sich – und irgendwie schaffen es auch die unbeliebte Sophia und Pseudo-Bösewicht Kakmann ins Saarland. Damit ist dann die Truppe fast komplett. Aus den Zuschauern rekrutiert Bibi zwei männliche Tänzer, aber es wird schnell klar, dass diese zum Show-Ensemble gehören.
In der Folge werden die bekannten Hits auf die Bühne gebracht. Im Gegensatz zu „Die große Show“ hat das Bühnenbild allerdings stark nachgelassen. Es gibt eine LCD Leinwand im Hintergrund, auf der Telefonate mit den verzweifelten Falkensteinern abgebildet werden. Hinzu kommen einige bewegliche Bühnenelemente – das war’s dann aber schon. Die Musik kommt vom Band, wenigstens wird live gesungen. Und es sind die bekannten Lieder, die gut funktionieren. Das junge Publikum mit seinen Eltern singt begeistert mit, wenn „No risk, no fun“, „Mädchen gegen Jungs“ oder der Titelsong „Bibi und Tina auf Amadeus und Sabrina“ erklingen. Da war in der Saarlandhalle ordentlich Stimmung in der Bude.
Ich hatte meine elfjährige Tochter dabei, die ich um ihre Expertise gebeten habe. Das Ergebnis klingt so: „Ich als Bibi und Tina Fan bin im Großen und Ganzen zufrieden mit der Show. Die Geschichte war toll und einfallsreich. Aber da ich die Lieder aus den Filmen zum Teil auswendig kann, habe ich gemerkt, dass sie nicht alle sauber gesungen wurden. Mein Highlight war am Ende der Teil, als alle Lieder nacheinander gesungen wurden.“ Genau. Es gab nämlich zum Abschluss ein umfangreiches Medley, das alle bekannten Titel als Ensemble-Stück auf die Bühne brachte. Die Begeisterung im jungen Publikum war hier klar auf dem Höhepunkt.
Alles in allem dauerte die Show 150 Minuten. Der erste Teil verbuchte 50 Minuten und endete mit besagtem Titelsong der Filme, der aus tausend Kehlen geschmettert wurde. Die Pause zog sich dann 40 Minuten hin – vermutlich der Tatsache geschuldet, dass Fans mit Extraticket einen Ausflug ins backstage machen durften. Der zweite Teil fiel mit 60 Minuten länger aus und mündete in die Zugabe „Bester Sommer“.
Fazit: Das Konzept funktioniert auch noch im zweiten Anlauf. Die Saarlandhalle war zwar nicht ausverkauft, aber sehr gut gefüllt. Die Songs von Peter Plate und Ulf Leo Sommer sind kindgerecht und zeitlos schön. Als Darsteller fand ich Eve Rades, die schon im ersten Teil die Bibi darstellte, sehr quirlig und immer auf Augenhöhe mit den Zuschauern. Gesanglich sehr stark fielen Vera Weichel als Tina und ganz besonders Katharina Beatrice Hierl als Sophia mit dem Titel „Ordinary Girl“ auf. Es war ein kurzweiliges Vergnügen und die Zielgruppe wurde erreicht. Eltern, die sich von einem hochpreisigen Musical vielleicht mehr erwartet haben, durften sich von den strahlenden Augen ihrer Kinder eines Besseren belehren lassen: Wir haben Bibi und Tina live gesehen. Toll!
Mehr als zwei Jahre ist es schon her, dass Alice Merton mit dem Song „Roots“ aus dem Stand heraus die Popwelt beeindruckte. Platz 2 in Deutschland, Platz 3 in Österreich – 1,4 Millionen verkaufte Einheiten. Weitere Singles wie „Hit The Ground Running“ und „Lash Out“ waren Achtungserfolge, jedoch keine Chartbreaker. Vielleicht ist das der Grund dafür, dass sich Alice Merton mit dem ersten Studioalbum Zeit ließ? In dieser Spanne gründete sie mit ihrem Produzenten das eigene Label Paper Plane Records und hat nun Sony Music als Vertriebspartner. Alice Merton zeigt Stärke. Im Geschäft wie in der Musik.
Die 25jährige Tochter einer Deutschen und eines Iren ist in Frankfurt geboren worden, in Kanada aufgewachsen und hat viele Jahre in England verbracht. Der Titel „No Roots“ über das Gefühl, als Weltbürgerin nirgendwo wirklich zuhause zu sein, hat also durchaus autobiographischen Charakter. Die Ich-Perspektive, die die Songwriterin dabei einnimmt, setzt sich in „Lash Out“ fort. Hier geht es um Leute und Situationen, die einem Menschen Regeln aufdrücken. Solch starke Aussagen werden stets mit treibenden Beats unterlegt und sind charakteristisch für Alice‘ Musik.
„Mint“ (benannt nach den Pfefferminzblättern, die ihr gegen Lampenfieber helfen) enthält hauptsächlich starke, bisweilen fast aggressive und wütend vorgetragene Popsongs. Der energische Sound hält die Spannung bis zum rhythmischen Abschluss „Why So Serious“. Auf „2 Kids“ hören wir die Geschichte, die sie mit ihrem Freund und Produzenten Paul Grauwinkel verbindet. „Homesick“ und die Ballade „Honeymoon Heartbreak“ zeigen ihre verletzliche Seite.
„Funny Business“ spielt mit Elektronik und verzerrter Stimme. Das lockert das Album auf, wäre aber nicht nötig gewesen. „Mint“ lebt von Alice Mertons Stimme und ihrer Fähigkeit zwischen den Stimmlagen zu wechseln und ihre ganze Persönlichkeit in die Songs zu legen. Nicht jeder Titel avanciert zum Radiohit, doch die Künstlerin legt ein vielseitiges und sehr durchdachtes Debüt vor, dessen Produktion ganz auf ihre starke Stimme zugeschnitten ist.
Stellt euch vor, ihr schippert mit einem Floß über die Sümpfe von Alabama. An Bord eine Cajon und ein Banjo. Krokodile begleiten lautlos eure Fahrt, die durch dichtbewaldete Gegenden führt. Plötzlich reißt der Himmel auf und im gleißenden Sonnenlicht erkennt ihr, dass ihr direkt auf einen schäumenden Wasserfall zusteuert. Mit ausgebreiteten Armen stürzt ihr euch in die Fluten, spürt wie das Wasser euch in die Tiefe reißt und taucht am Ende des Wasserfalls schreiend vor Glück wieder auf. Genau so klingt das neue Album der Rival Sons.
Als sich das Quartett vor nunmehr elf Jahren in Los Angeles gründete, war von alledem noch wenig zu spüren. Inzwischen gelten die Rival Sons als die moderne Bluesrock-Entdeckung schlechthin und sind mit ihren bisherigen fünf Studioalben zu absoluten Kritikerlieblingen aufgestiegen. Ich selbst habe sie erst letztes Jahr beim Joggen entdeckt. Per Zufall tauchten sie in einer Spotify-Playlist auf. Anschließend hörte ich mich bei meinen regelmäßigen Laufeinheiten quer durch ihr gesamtes Repertoire und stieß dabei auf keinen einzigen schlechten Song. Auch ich hatte mich rettungslos in ihren erdigen Sound verliebt. Entsprechend gespannt erwartete ich die Veröffentlichung ihres sechsten Albums „Feral Roots“.
Standesgemäß aufgenommen wurden die elf neuen Stücke im legendären RCA Studio in Nashville und dem nicht minder geschichtsträchtigen Muscle Shoals Sound Studio in Alabama. Als Produzent fungierte der langjährige Wegbegleiter der Band, Grammy-Gewinner Dave Cobb. Das farbenfrohe Artwork des Albums wurde von dem bekannten zeitgenössischen Künstler Martin Wittfooth gestaltet. Aber so wild und animalisch wie uns der Titel glauben machen will, ist „Feral Roots“ nicht geworden. Im Vergleich zu seinen Vorgängern fällt das Album sogar leicht ab. Doch das ist Jammern auf hohem Niveau, denn natürlich sind die Rival Sons nach wie vor weit davon entfernt einen schlechten Song abzuliefern.
Der Opener „Do Your Worst“ ist ein dunkel stampfendes Stück Bluesrock, wie man es von den Rival Sons gewohnt ist. Ein solider Auftakt mit einem stadiontauglichen Mitklatschrefrain. Ähnlich verhält es sich mit den vollfetten „Sugar On The Bone“ und „Too Bad“. Bei der ersten Singleauskopplung „Back In The Woods“ vergaloppiert sich die Band nach einem gelungenen Schlagzeuggewitter zu Beginn etwas zwischen Bremse, Gaspedal und Gitarrengegniedel. „End Of Forever“ ist nicht mehr und nicht weniger als traditioneller Rock, über den andere Bands aber wahrscheinlich glücklich wären, wenn sie ihn nur annähernd so gut hinkriegen würden. Wie gesagt, wir jammern hier auf hohem Niveau.
Wirklich herausragend ist „Feral Roots“ an anderen Stellen. Etwa in „Look Away“, das dieser Rezension die Idee zu ihrer Einleitung gab. Oder in dem hymnischen Titelsong, der mit fast sechs Minuten auch der längste des gesamten Albums ist. „Stood By Me“ groovt entspannt vor sich hin und lässt garantiert auf jeder Party die Tanzmuskeln zucken. Auch „Imperial Joy“ sorgt für permanentes Kopfnicken in Kombination mit einem Dauergrinsen. „All Directions“ beginnt sphärisch und einlullend, bevor es zum Ende hin nach einem Urschrei von Sänger Jay Buchanan so richtig schön abgeht. Überhaupt ist dessen Stimme immer wieder aufs Neue der Knaller. Last but not least beginnt der Closer „Shooting Stars“ als reinrassiger Gospel, der von einer Akustikklampfe umschmeichelt wird. Der Chor wird mächtiger und mächtiger und erhebt sich schließlich zusammen mit Schlagzeug und E-Gitarre in den Himmel. Auf den anstehenden Konzerten wird „Shooting Stars“ mit Sicherheit ein enormes Mitgröhlpotential entfalten. Zwischen dem 17. Februar und dem 1. März kommt die Band nach München, Frankfurt, Berlin, Köln und Hamburg.
Ob nun live oder aus der Konserve, die Rival Sons sind der definitive Schlechte-Laune-Killer. Klar ist das was sie machen retro, aber sowas von frisch und energiegeladen, dass man fast glaubt, sie hätten den Bluesrock erfunden. Ich weiß nicht was ihr vorhabt, aber ich klopfe mir jetzt den Staub von den Stiefeln, ziehe noch einmal an meiner Zigarette und reite dem Sonnenuntergang entgegen.
Viele große Themen packt Johna auf die fünf Tracks ihrer EP „Mountains“. Die Songwriterin aus Köln – mit bürgerlichem Namen Nadine Krämer – bietet feinen Akustikpop gepaart mit Folk. Ihr Debüt „The Long Way Home“ erschien 2016. Drei Jahre später gibt es eine EP, die als kleine Überraschung auch mit einem deutschsprachigen Song aufwartet.
Ich kann sagen, dass die Songs mich von Anfang an gefangen nahmen. Der Titeltrack „Mountains“ beschreibt wundervoll die Sehnsuchtsorte in der Natur, holt dabei aber zugleich auf den Boden der Tatsachen zurück, wenn klar wird, dass die Protagonisten sich wieder der Wirklichkeit stellen muss. Trotz dieses inhaltlichen Bruchs sind die Gitarrenklänge sehr verträumt und nehmen uns mit auf die Auszeit in den Bergen.
Mutig finde ich den Titel „Christmas“ für den zweiten Song. Wer will schon einen Weihnachtshit landen, der jeden Januar gemeinsam mit dem Tannenbaum entsorgt wird? Aber die Idee dahinter ist stark und verletzlich zugleich: Johna nutzt das Weihnachtsfest als Anknüpfungspunkt für den Verlust eines geliebten Menschen. Wenn jemand fehlt, werden Feier und alte Traditionen nicht mehr dieselben sein. Sehr anrührend.
Spannend finde ich die ruhige, entspannte Erzählweise mit sanften Klängen. Für die filigranen rhythmischen Aspekte sorgt Multi-Instrumentalist Kolja Pfeiffer. Und er versteht es, Atmosphäre zu schaffen. Dazu kommt Johnas gefühlvolle weiche Stimme, die zudem auch aufrütteln kann. Ein sehr schönes Zusammenspiel.
Der Walzer-Rhythmus von „Little Boat“ ist nicht so ganz mein Ding, führt aber das Thema der Naturverbundenheit fort. Dadurch bleibt das Album in sich geschlossen, wozu auch der Titel „Sommertag“ beiträgt, der sich wie „Christmas“ nostalgischen Gefühlen und der Idee von Verlust widmet.
Gar nicht satt hören kann ich mich aber an „Letters From Dora“, das zwei Brieffreundinnen beschreibt, deren Lebenswirklichkeiten an entfernten Orten und den unerfüllten Wunsch, einmal zusammen zu kommen. Hier mischen sich Melancholie und Freude mit einem herzzerreißenden Text. Ein zweistimmiger Satz trägt gekonnt dazu bei, die unterschiedlichen Welten hörbar zu machen.
Das Album ist in sich sehr getragen und leise. Nichts für die Party am Abend – eher für den Ausklang am frühen Morgen. In der Tradition der Singer/Songwriter setzt Johna dabei auf handgemachte Musik, persönliche Erfahrungen und Emotionen und kreiert so eine ganz besondere Nähe zu ihren Zuhörern. Ich freue mich schon sehr auf das nächste große Album. Die EP macht definitiv Lust auf mehr!
Kunst in ihren verschiedensten Formen prägte ihr Leben schon von klein auf. Und relativ früh machte Clara Louise ihre Leidenschaft zur Berufung, schrieb mit 13 die ersten Gedichte und begann mit 16 ihre Laufbahn als Songwriterin. Mit gerade mal 25 Jahren veröffentlicht die in Deutschland aufgewachsene und heute in Österreich lebende Song-Poetin nun bereits ihr drittes Album „Wenn man nichts mehr vermisst“.
Darauf finden sich 10 wunderbare Songperlen voller Poesie, die berühren und bewegen. Mal erzählt Clara Louise Geschichten voll Hoffnung und Glück, wie in „Bekommen wir das hin“ oder dem Titelsong „Wenn man nichts mehr vermisst“. Dann gibt es Lieder voll Trauer und Sehnsucht wie das melancholische „Halt mich noch einmal“, oder die Sängerin verliert sich „In deinen blauen Augen“ oder in wehmütigen Erinnerungen mit „Was wir waren“. Und mit „Nicht mehr zu retten“ formuliert Clara auch schwungvolle und klare Kritik an den Protagonisten der Konsumgesellschaft.
Die Arrangements basieren auf akustischer Gitarre und werden durch verschiedenste Instrumente wie Piano, Banjo, Trompete, Bass oder Percussion ergänzt. Dabei entsteht für jeden Song die passende Stimmung und eine unglaublich intime Atmosphäre – man meint beinah, mit der Sängerin und ihren Musikern im Wohnzimmer zu sitzen, wo jeder rund um Claras einfachen, aber eindringlichen Gesang seine Fäden in diesen wohltuenden Klangteppich webt. So untermalt ein warmes Cello das sehnsüchtige „Ruf meinen Namen“, die „Dezembernacht“ wird von den Tönen einer irischen Flöte erhellt, und „Home“, das einzige englischsprachige Stück des Albums, wird von einem ganz einfachen Rhythmus und kaum wahrnehmbaren Streichern im Hintergrund getragen.
Clara Louise schreibt allerdings nicht nur Songtexte. Wer noch tiefer in die poetische Gedankenwelt der Wahl-Salzburgerin eintauchen möchte, kann dies mit ihrem ersten Gedichtband „Von verlassenen Träumen & einem leichteren Morgen“ tun, der bereits im Dezember des vergangenen Jahres erschienen ist. Das Buch enthält über 70 kleine Gedichte und fantasievolle Gedanken über das Leben, die Liebe und andere Gefühle, größtenteils liebevoll von der Künstlerin selbst illustriert.
Wer Poesie und deutschsprachige Songs liebt und zudem auch die einfachen und leisen Töne schätzt, dem seien Clara Louises Lieder und Texte wärmsten ans Herz gelegt!
Gerade erst fliegen die Tannenbäume aus dem Fenster, schon geht die Partysaison wieder los. Ob Après-Ski oder Karneval: DJ Ötzi ist seit zwanzig Jahren stets vorn mit dabei. Zur Feier des Jubiläums gibt es ein Doppel-CD-Album mit seinen größten Hits und vielen neuen Titeln.
Gerhard Friedle, so heißt der Tiroler ursprünglich, hat es geschafft, die Mischung aus Pop und Schlager, aus Volksmusik und Dancefloor, zu eine unverwechselbaren Merkmal seiner Musik zu machen. Das mag viele nerven – doch im Ambiente von Alkohol und Feierwütigen funktioniert es ausgesprochen gut.
So hat DJ Ötzi quasi über Nacht die Charts erobert und in der Folge mit seinen Songs sogar von Ohio bis Tennessee, von Texas bis Arizona in den US-Country-Sendern Gehör gefunden. Das haben noch nicht viele Österreicher geschafft. Apropos Amerika: Der glühende Elvis-Fan kollaboriert 2012 mit den legendären Bellamy Brothers für ein ganzes Album mit 15 englischsprachigen Songs und hat Hits wie „Sweet Caroline“ stets als feste Bestandteile seiner Tracklist auf Tour und bei Konzerten.
Aus Anlass des runden Jubiläums hat der dreifache ECHO-Gewinner jetzt diese Hits und weitere musikalische Schätze für ein Doppelalbum zusammengestellt, neu eingesungen und remastered. 40 Songs, darunter fünf neue Lieder, in deutscher und englischer Sprache: „20 Jahre DJ Ötzi – Party ohne Ende“. Ein Kompendium neuerer Musikhistorie, von den legendären Feten-Hits bis zu nachdenklich stimmenden Balladen, vom Raketenstart „Anton aus Tirol“ bis zur aktuellen Single „Bella Ciao“, deren deutschen Text der große Peter Plate DJ Ötzi auf den Leib schneiderte. Somit ist „Geboren um dich zu lieben“ genauso dabei, wie „Der DJ aus den Bergen“, „7 Sünden“ und „A Mann für Amore“.
Ein Song jedoch sticht, will man von der Karriere des Gerry Friedle erzählen, immer wieder heraus: „Ein Stern (…der deinen Namen trägt)“. Es gibt im deutschsprachigen Raum kaum eine andere Single, die an diesen Erfolg herankommen könnte. 108 Wochen in den Charts, elf Wochen in Deutschland, 13 Wochen in Österreich auf #1, Doppel-Platin und erfolgreichstes Lied des Jahres 2007 in Deutschland, Schweiz und Österreich. Auch das dazu gehörige Album „Sternstunden“ wurde eines der meistverkauften des ganzen Jahres.
Wer dieses Best-of-Album sein eigen nennt, ist auf die Saison in der Almhütte und auf dem Karnevalswagen gut vorbereitet. CD 1 mit den deutschsprachigen Titeln funktioniert als Schlageralbum. CD 2 enthält dann die international angehauchten Songs. Gassenhauer wie „Hey Baby“ sowie Cover im Stil von „Summer of ’69“ und vor allem „Live Is Life“ streifen aber schnell die Grenze des Erträglichen.
Zum Dreikönigstag gastiert „Der kleine Prinz“ in der Europahalle Trier. Das sollte doch passen. Viele Künstler haben sich schon an einer Adaption des Werks von Antoine de Saint-Exupéry versucht: Die norwegische Artrock-Band Gazpacho widmete ihr Album „Tick Tock“ der autobiographischen Erzählung „Wind, Sand und Sterne“ und fing dessen Atmosphäre mit starken rhythmischen Elementen ein. Der italienische Keyboarder Riccardo Romano vertonte mit seinem Soloalbum „B612“ die Geschichte des kleinen Prinzen als Progressive Rock-Konzeptwerk.
Ob man die berühmte philosophische Erzählung aus dem Jahr 1943 aber auch als Musical auf die Bühne bringen kann? Das zumindest fragten sich vor drei Jahren zwei renommierte Experten. Jochen Sautter hat die Geschichte in ein Libretto gefasst und von Deborah Sasson wurde sie in Musik übersetzt. Zum 75jährigen Jubiläum des berühmten Buches befindet sich die Show momentan auf Deutschland-Tournee.
Die Europahalle in Trier war bei weitem nicht ausverkauft, aber gut gefüllt. Vor der Bühne fand ein zehnköpfiges Orchester Platz. Das Bühnengeschehen wurde auf einer vorderen (durchscheinenden) und einer hinteren Leinwand illustriert. Als ständige Requisiten fanden sich das abgestürzte Flugzeug des Autors und der Heimatplanet des kleinen Prinzen mit seinen drei Vulkanen.
Die Geschichte dürfte den meisten – zumindest in Auszügen – bekannt sein, gehören doch die Sinnsprüche und philosophischen Ideen seit langem zum europäischen Kulturgut. Ich war von Beginn an erstaunt, welchen Wert die Macher auf eine werkgetreue Umsetzung des Textes gesetzt haben. Die Geschichte des Buches wurde linear nacherzählt, was nicht immer einfach ist, da es im Text unterschiedliche Erzählebenen gibt.
Aber es war schon ein Genuss (und eine Reise in mein erstes Lesen des Werkes), als der Pilot als Ich-Erzähler mit seiner eigenen Geschichte begann und selbst seine skurrilen Zeichenkünste mittels Leinwand-Trick gezeigt wurden. Es waren diese kleinen Details, die die Umsetzung so liebenswert machten.
Guido Weber brillierte als Pilot. Der junge Darsteller Moritz Bierbaum stellte den kleinen Prinzen sehr kindlich und mit extravagant hoher Stimme dar. Das Zusammenspiel der beiden machte große Freude. Und es war ein Genuss, in der ersten Hälfte der Show die Reise des Prinzen von Planet zu Planet mitzuerleben, wobei er jeweils eigenartige Gestalten in ihrer jeweiligen Ich-Welt kennenlernte. Natürlich war das die berühmte Rose, aber auch der Geograf, der Eitle, der Geschäftsmann, der Laternenanzünder und der Pillenhändler. Vor allem die Darstellungen des Säufers und des Königs gefielen mir sehr gut.
Die zwölf Schauspieler und Tänzer des Ensembles wechselten durch unterschiedliche Rollen, während das Orchesters die Stimmung der Szenen musikalisch einfing. Die erste Hälfte endete mit einem tänzerischen Ensemblestück.
Es waren viele Kinder im Publikum – und man muss sagen, dass die werkgetreue Umsetzung nicht immer einfach zu verstehen war. Dass aber ein kleiner Schreihals laut „langweilig“ durch die Halle trötete und auch später bei seinen marktschreierischen Eskapaden nicht von (hoffentlich) anwesenden Erwachsenen gestoppt wurde, war dann doch recht unverständlich. Dass Erziehung durch die eigenständige Entdeckung unterschiedlicher Lebenswirklichkeiten erfolgen kann, war vielleicht Saint-Exupérys Intention. Dass dabei aber jede helfende Hand von Erwachsenen fehlen soll, doch eher nicht.
Sei’s drum. Nach einer Pause startete auch die zweite Hälfte mit einem Ensemblestück: Der kleine Prinz befand sich jetzt auf der Erde. Die Schlange trat als verführerische und akrobatische Tänzerin in Erscheinung und wurde dabei von den weiblichen Kollegen unterstützt. Schließlich erschien der Fuchs, ließ sich vom kleinen Prinzen zähmen und brachte die Weisheit „Man sieht nur mit dem Herzen gut“ mit sich. Der traurige Tod des kleinen Prinzen war dann ein ehrlicher, aber dennoch sehr trauriger Abschluss des Stücks nach gut 100 Minuten.
Während im vorderen Hallendrittel der Applaus verhalten war, gab es von hinten einen tosenden Beifallssturm. Meine elfjährige Tochter war mit dabei und würde das Stück „am liebsten sofort nochmal anschauen“. Man kann also auch (ältere) Kinder gut damit erreichen. Mich beeindruckten die erzählerische Umsetzung und die musikalische Erzählweise. Okay – die Instrumentalisten wirkten bisweilen etwas gelangweilt und die hintere Bühnenleinwand hätte etwas größer sein können. Doch das sind nur Details der Inszenierung. Alles in allem ist es hervorragend gelungen, eines der wichtigsten philosophischen Bücher der Neuzeit als Musical umzusetzen. Jung und Alt waren begeistert.
Volbeat wurden 2001 in Kopenhagen gegründet. Seitdem haben sie sich mit endlosen Tourneen und sechs gefeierten Studioalben unermüdlich ihren Weg in die obersten Ränge des Hard Rock geebnet. Ihr letztes Studioalbum „Seal The Deal & Let’s Boogie“ chartete in Deutschland, Dänemark, Schweden, Finnland, Belgien, Österreich und der Schweiz auf Platz 1. In Kanada und Norwegen erreichte es Platz 2, in den USA Platz 4 und in Großbritannien Platz 16.
Am 26. August 2017 verkauften Volbeat das Telia Parken Stadion in Kopenhagen aus. Mit 48.250 verkauften Tickets halten sie dort seitdem den Rekord für die größte Show eines einheimischen Künstlers. Um diesen Höhepunkt ihrer Karriere zu feiern und zu verewigen, wurden das neue Livealbum und der dazugehörige Konzertfilm „Let’s Boogie! Live From Telia Parken“ veröffentlicht.
Leadsänger Michael Poulsen sagt über die Show: „Als Headliner im Telia Parken zu spielen ist ein Traum, der endlich wahr geworden ist. Wir fühlen uns sehr geehrt, dass so viele Mitglieder der Volbeat-Familie von so weit her angereist sind, um mit uns zu feiern. Wir freuen uns, dass wir diesen Meilenstein nun mit allen teilen können.“ Die 26 Tracks enthalten Liveversionen von Chartbreakern wie „Still Counting“, „For Evigt“, „The Devil’s Bleeding Crown“ und „A Warrior’s Call“. Außerdem gibt es eine Liveperformance des neuen Songs „The Everlasting“.
Was Volbeat gemeinsam mit dem enthusiastischen Publikum schaffen: eine dichte Atmosphäre und einen energiegeladenen Gig! Die Show ist einfach gigantisch und der Sound weiß zu gefallen. Die CD werde ich mich sicher noch oft reinziehen – was die DVD angeht bleibe ich aber skeptisch. Wie im Trailer schon angedeutet sind die Bildwechsel und Schnitte sehr abrupt. Man kann dem Bühnengeschehen kaum folgen. Dafür gibt es leider Punktabzug.
Musikalisch liefern Volbeat ein sensationelles Konzert und man kann nur staunen, wie massenkompatibel hier die doch sehr spezielle Mischung aus Rock’n’Roll und Heavy Metal rüberkommt. Die Zahl der anwesenden Gäste spricht Bände: Als Special Guests sind unter anderem Mille Petrozza, Johan Olsen, Mark „Barney” Greenway, Lars Ulrich, Boxer Mikkel Kessler und Danko Jones zu sehen und zu hören. Wenn Lars bei „Enter Sandman“ die Felle bearbeitet, bleibt kein Auge trocken.
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Auf den Release eines kompletten Konzertmitschnittes von Coldplay haben Fans schon lange gewartet. Im Dezember war es endlich soweit: Der November-Abend 2017, an dem das Live-Album aufgenommen wurde, ist der Abschlussabend der „A Head Full Of Dreams Tour“ und damit ein ganz besonderes Konzert. 5,5 Millionen Zuschauer haben die Tour besucht und sie damit zur dritterfolgreichsten aller Zeiten gemacht.
Der Set beginnt mit den Worten: „I’m sorry, but I don’t want to be an emperor. That’s not my business. I don’t want to rule or conquer anyone. I should like to help everyone – if possible – Jew, Gentile – black man – white. We all want to help one another. Human beings are like that. We want to live by each other’s happiness – not by each other’s misery. We don’t want to hate and despise one another. In this world there is room for everyone. And the good earth is rich and can provide for everyone. The way of life can be free and beautiful, but we have lost the way.“
Das ist der Beginn der Rede, die Charlie Chaplin am Ende der Polit-Satire The Great Dictator (1940) hielt und die heute nicht minder aktueller ist. Bevor Chris Martin bei dem Opening Track auf die Bühne stürmt, endet die Rede aus dem Off mit den Worten: „In the 17th Chapter of St Luke it is written: the Kingdom of God is within man – not one man nor a group of men, but in all men! In you! You, the people have the power – the power to create machines. The power to create happiness! You, the people, have the power to make this life free and beautiful, to make this life a wonderful adventure.“ So starten legendäre Konzerte und Gänsehaut-Auftritte.
Songs wie „A head full of dreams“ bieten Livemomente, die ich mal etwas lapidar als U2-Momente bezeichnen möchte. Die Ähnlichkeit zu den U2 Auftritten Ende der 80er und Anfang der 90er Jahre ist schon frappierend. Man verzichtet (bewusst?) auf einen klaren Livesound, um der Interaktion mit dem Publikum viel Raum zu geben. Für mich macht dies den Mitschnitt zu etwas Besonderem. Ich kann aber auch verstehen, wenn manche Fans lieber einen besseren Sound hätten.
Chris Martin ist ein Meister seines Fachs und hat die Menge fest im Griff. Das wird vor allem deutlich, wenn er seine spanischsprachigen Ansagen unters Volk bringt und argentinische Klassiker wie „De Musica Ligera“ sowie „Amor Argentina“ raushaut. Das Publikum spielt chorisch und enthusiastisch mit. Die Setlist von CD 1 mit „Every Teardrop Is A Waterfall“ und „Paradise“ ist fantastisch. CD 2 startet dann mit „Hymn For The Weekend“, „Fix You“ und „Viva la Vida“ in epischer Breite voll durch. So werden geniale Livealben durchkomponiert.
Ein Fazit? Mir persönlich gefallen das laute Publikum und die Energie des Mitschnitts. Wer die Songs ohne störenden Mitsing-Chor hören möchte, kann ja auf die Studioalben zurückgreifen.