Die Mitwirkung bei „Sing meinen Song“ ist definitiv beste Werbung für den Singer / Songwriter aus Belgien. Seit seinem Welthit vor zehn Jahren mit dem 50 Cent-Cover „Ayo Technology“ war er nicht mehr so stark in aller Munde. Er hat einfach ein Händchen dafür, Songs mit einer prägnanten Gitarrenmelodie zu versehen und daraus eingängige Ohrwürmer zu schaffen. So gewinnen auch bekannte Titel von Wincent Weiss, Johannes Oerding oder Michael Patrick Kelly an neuer Frische, wenn Milow den Straßenmusiker raushängen lässt.
Im Prinzip fährt er die gleiche Schiene wie Passenger, Ray Wilson oder gar Ed Sheeran: meine Gitarre, die Story und ich. Das neue Album „Lean Into Me“ führt diese Herangehensweise zur Perfektion. In den letzten Jahren hat Milow viel experimentiert und mit Songs wie „Howling At The Moon“ den Pop in den Vordergrund gestellt. Jetzt aber lässt er wieder den klassischen Folkrock ran. Das macht das Album zu einem äußerst gefühlvollen Werk. Einzelne Hits bleiben vielleicht aus – aber es ist der homogene Gesamtklang, der zählt. Ein klassisches Album also, das man einfach am Stück hören muss.
Dabei bietet Milow uns (wie der Titel schon sagt) eine Schulter zum Anlehnen. Wir sitzen mit ihm am Feuer, vielleicht am Strand, und er bietet Songs zum Mutmachen. Oft erzählt er aus dem eigenen Leben. Es sind die Worte eines guten Freundes. „Lay Your Worry Down“, das er gemeinsam mit Matt Simmons aufnahm, vertritt diese Devise: Du bist nicht allein mit deinen Sorgen. „Michael Jordan“ gibt intime Einblicke in Milows Jugend und das Verhältnis zu seinem früh verstorbenen Vater. „Houdini“ steht als Sinnbild für die Zeit der Suche und den jugendlichen Wunsch, aus dem Konventionellen auszubrechen.
Der langjährigen Freundin wird die Ballade „Laura’s Song“ gewidmet. Ein grandioses Lied voller Wehmut. Ebenso wie „She“, das die Liebe über alles stellt. Und „All The Lights“, das zugleich Intro wie Abschluss für das Album ist, spricht von Entschleunigung und Neuanfang. Was aber die Größe des Albums ausmacht: Während mir zu Beginn vor allem genannte Einzelgeschichten auffallen, wirkte schon beim zweiten Hören das Album als Ganzes. Egal ob ausgereifte Produktion, Fingerschnippen, zweistimmige Gesangspassagen oder voller Bandsound: Die Produktion ist dezent und durchdringend zugleich. Ich will mich anlehnen und zuhören – bis zum überschwänglichen Schlusspunkt, der sofort wieder ins Intro überführt.
Der momentanen Fernsehpräsenz ist es geschuldet, dass der geneigte Käufer (ohne dass dies auf dem Artwork groß beworben wird) zugleich ein Best-of-Album des Künstlers mitgeliefert bekommt. 12 Titel von „You Don’t Know“ über „Ayo Technology“ bis hin zu meinem All-time-Favourite „You Must Be Crazy“, die Milows Karriere bis in die Gegenwart perfekt zusammenfassen. Wer also den belgischen Songwriter jetzt erst entdeckt hat, kann sich hier ein feines Gesamtpaket mit Klassikern und den neuen Songs zulegen. Los geht’s!
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Jeden Tag Silvester waren von Beginn an eine Band, die mit ihrer Musik ein Lebensgefühl vermitteln will. Da passt natürlich der Bandname, der einen besonderen Tag im Jahr beschreibt – irgendwo zwischen gestern und morgen. Ebenso der Titel „Zwischen den Tagen“ vom ersten Album, das 2014 erschien. Und jetzt verortet der dritte Longplayer die Musiker „Zwischen den Meeren“, also zwischen der stürmischen Nordsee und der beschaulichen Ostsee.
Die Band aus Schleswig-Holstein ist von Beginn an in dieser Vierer-Besetzung zusammen. Am Anfang hatte man noch die Melancholie für sich gepachtet, doch die ist inzwischen einer stämmigen Pop-Rock-Attitüde gewichen. Das Album transportiert trotzdem Ruhe und Gelassenheit. Es bietet norddeutsche Ehrlichkeit und erzählt davon, wie es ist, Abstand zu nehmen, um wieder scharf zu sehen, vom Schweigen im Wind und Lagerfeuer am Meer, und vom Kleinstadthelden, der im Herzen immer bleibt, wer er ist.
Entschleunigung ist das Gebot der Stunde. „Ich schalt ’n Gang runter“, wie es im Titelsong heißt. Und: „Hier schweigt man gegen den Wind“. Dabei bieten Bertram Ulrich (Gesang, Klavier), Niclas Jawinsky (Gitarre, Gesang), Till Krohn (Bass, Gesang) und Tom Rieken (Schlagzeug, Gesang) hymnische Musik, die jedes Stadion begeistern kann. Das haben sie zwar noch nicht als Headliner in den Arenen bewiesen, aber als großartige Supportband. Eingängige Musik und philosophisch anmutende Lyrics müssen sich nicht widersprechen.
Wer einen Höreindruck braucht, um dieses Kleinod deutschsprachiger Popmusik zu entdecken, mag sich das Video zu „Kleinstadthelden“ ansehen. Mich haben sie schon vor Jahren überzeugt.
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Die 75minütige Dokumentation erschien ursprünglich bereits im Jahr 2006 und erfährt nun einen ReRelease. Es geht um die Entstehung und Entwicklung der Band The Police – und das sehr subjektiv aus den Augen von Schlagzeuger Stewart Copeland. Dabei ist es äußerst spannend, den Aufnahmen aus den Erfolgsjahren der Band von 1978 fast bis Mitte der 80er Jahre zu folgen. Es sind intime Einblicke aus dem Tourbus und dem Studio, von Radiosendungen und Fernsehstationen in Europa sowie den USA. Copeland dokumentierte mit einer Super-8-Kamera den weltweiten Aufstieg der Band ab deren US-Tour im Winter 1978.
Seine Erzählweise ist trocken und doch humorvoll. Teilweise wirkt alles recht chaotisch, doch Copeland liefert Aufnahmen von Konzerten und Studiosessions, die man sonst nicht zu sehen bekommt. Dabei wird er durchaus kritisch und sagt, wie schwierig es war, als Sting eine immer stärkere Position innerhalb der Band bekam.
Sehr genial finde ich den intimen Einblick in die Historie und die ganz neue Kameraperspektive. Auch die Liveaufnahmen erfolgen zum Teil aus dem Bühnengeschehen raus. Natürlich muss man die Qualität der Aufnahmen als „historisches Dokument“ sehen. Keiner darf hier ein perfektes Bild erwarten. Und auch der Sound ist eher mäßig. Schlussendlich ist es die Geschichte einer tiefen Freundschaft, außergewöhnlichen Talents, harter Arbeit und sich abzeichnendem weltweitem Erfolg – die Geschichte einer eigenwilligen Live-Band.
Das 20-minütige Bonus-Material vereint weiteres Footage und Kommentare von Andy Summers und Stewart Copeland, die nicht für den eigentlichen Film genutzt wurden. Hier bekommt ihr einen guten Eindruck:
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Diane Weigmann hat in musikalischer Hinsicht schon einiges hinter sich. Nachdem sie in den 90ern mit ihrer Girlband Lemonbabies erfolgreich unterwegs war, hat sie als deutsch singende Solokünstlerin nun ihr viertes Album am Start. Allerdings sind seit dem letzten Werk „Kein unbeschriebenes Blatt“ ganze sechs Jahre ins Land gezogen. Fur Schnellschüsse ist die Sängerin nicht gerade bekannt.
Diane ist eine Singer-Songwriterin im besten Sinne des Genres. Ihre Texte sind authentisch und voller Poesie, verpackt in wunderbare Melodien und vielseitige akustische Arrangements und vorgetragen mit einer unspektakulären, aber Gänsehaut erzeugenden Stimme. Stilistisch mischt sie den typischen Songwriter-Sound mit intelligentem Pop und Folk-Elementen. Dabei geht sie herrlich unverkrampft mit der deutschen Sprache um.
Der Titelsong handelt vom über sich Hinauswachsen – von Dingen, die man sich anfangs weniger zutraut und die oft, wenn es dann drauf ankommt, dann doch besser laufen als man denkt. Und darum, solchen Momenten mutiger und entspannter entgegenzutreten.
Ein rundum überzeugendes Album also und eine dringende Empfehlung für alle Fans von handgemachter und ehrlicher deutschsprachiger Musik!
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Duff McKagan sollte man nicht mehr grossartig vorstellen müssen. Von 1985 bis 1997 war er Bassist bei Guns N’Roses, als diese mit „Appetite For Destruction“ und „Use Your Illusion I & II“ das Rockestablishment kräftig in den Hintern traten. Am 1. April 2016 kehrte Duff McKagan als fester Bestandteil wieder zur Band zurück. Seit diesem Tag läuft in der teils wiedervereinigten Besetzung die „Not In This Lifetime“-World Tour von Guns N‘Roses. Der Name ist übrigens eine Anspielung auf ein Interview mit Leadsänger Axl Rose aus dem Jahr 2012, in dem er auf die Frage, ob es eine Chance auf eine zukünftige Wiedervereinigung (insbesondere mit Slash) gebe, mit „Not In This Lifetime“ geantwortet hatte.
Nebenbei blieb Duff McKagan offenbar noch Zeit um eigene Songs zu schreiben. Laut seiner Aussage half ihm dieser kreative Prozess dabei die Erlebnisse der letzten zweieinhalb Jahre rund um die „Not In This Lifetime“-Tour zu verarbeiten. Das Ergebnis heißt „Tenderness“ und nach „Believe In Me“ von 1993 ist es das zweite Soloalbum des 55-Jährigen aus Seattle. Elf Songs, die von Verzweiflung, Angst, Verwirrung und den sich auftuenden Gräben innerhalb der Band handeln. Wer nun aber ein wütendes und lautes Album ganz in der Tradition von Guns N’Roses erwartet hatte, der sieht sich getäuscht. Das ließ bereits das Titelstück und gleichzeitig die erste Single erahnen, die den Reigen als ruhige Klavierballade eröffnet. Und es bleibt… nun ja, zärtlich.
Da wird mal verträumt der Vorliebe für Country gefröhnt („It’s Not Too Late“ und „Cold Outside“) oder ein wenig Psychedelic versprüht („Falling Down“). Schon nach den ersten vier Songs von „Tenderness“ denkt man „Wow“ und der Mund bleibt bis zum Ende der insgesamt 47 Minuten und 55 Sekunden offen. Das Album reiht tatsächlich eine mit viel Liebe und Hingabe polierte Perle an die nächste. Beispiele gefällig? „Wasted Heart“ ist ein Trauermarsch, der jedem Jim Jarmusch-Film zur Ehre gereicht. „Chip Away“ besetzt den Platz der schnellen Bluesnummer und „Breaking Rocks“ geht schon fast in Richtung Irish Folk mit der einzigen elektrisch verstärkten Gitarrenpassage des gesamten Albums. Am Ende steht „Don’t Look Behind You“, ein abwechslungsreiches Potpourri aus Jazz, Rock und Blues mit einem hymnischen Saxophon, das von The Suicide Horn Section beigesteuert wird (bei denen Duff McKagan’s Bruder Matt Posaune spielt).
Bleiben die drei heimlichen Höhepunkte auf „Tenderness“. Da ist zum einen „Last September“, ein Song, der exemplarisch für das Album steht. Über sechs Minuten Herzschmerz pur aus Akustikgitarre, Piano, Geige, Banjo und einem dezenten Schlagzeug. Am Ende ruft Duff McKagan „Hey Motherfucker, you’re lying“ und nur er weiß, wer damit gemeint ist. Auch „Feel“ hat etwas Exemplarisches, nicht nur aufgrund seines Titels. Da sitzen die Beatles mit den Black Crowes zusammen auf einer sonnenüberfluteten Blumenwiese und rauchen einen Joint. Der eindringlichste Song auf „Tenderness“ ist jedoch zweifellos „Parkland“, der von dem Amoklauf an der Marjory Stoneman Douglas Highschool in Parkland (Florida) handelt, bei dem am 14. Februar 2018 der 19-jährige Nikolas Cruz 14 seiner ehemaligen Mitschüler und drei Erwachsene erschoss. Die Tat hatte zahlreiche Proteste gegen die Waffengesetze in den USA zur Folge. Dem schöngeföhnten Schwachkopf im Weißen Haus fiel dazu nur ein, man müsse die Lehrer besser bewaffnen.
Mit „Tenderness“ liefert Duff McKagan ein überraschend stimmungsvolles Album ab, auf dem er die Hau Drauf-Mentalität seiner Stammkapelle gegen eine Menge Gefühl und filigrane Handwerkskunst eintauscht. Selbst der Kollege Slash dürfte davor seinen Hut ziehen. Sogar gesanglich ist das, von einigen Wacklern abgesehen, durchgängig überzeugend. „Tenderness“ erscheint als CD, LP und Deluxe-Book-Edition, die nur im offiziellen Duff McKagan-Shop erhältlich und auf 1.000 Exemplare weltweit limitiert ist. „Wir entfernen uns voneinander in einer Zeit, in der wir uns gegenseitig am meisten brauchen. Das ist nicht gut. Als Ehemann und Vater muss ich jetzt etwas sagen und tun, denn ich liebe meine Töchter und meine Frau und ich liebe mein Land. Ich fühle, dass ich stark sein und jetzt meine Stimme erheben muss, weil ich dazu in der Lage bin und die Chance vielleicht nie wiederkommt“, schreibt Duff McKagan im „Beipackzettel“ der Plattenfirma. Im August erhebt er gemeinsam mit dem Grammy-Gewinner Shooter Jennings, gleichzeitig auch Produzent von „Tenderness“, und dessen Band auf drei Konzerten seine Stimme in Deutschland:
Bekannt wurde der ungarische Musiker Leslie Mandoki im Jahr 1979 durch seine Mitwirkung bei der Gruppe Dschingis Khan, mit der er den vierten Platz beim ESC belegte. Geschrieben wurde die Musik natürlich von Ralph Siegel, der damals über viele Jahre Alleinherrscher für das Songwriting der deutschen Beiträge war. Dass sich alles ziemlich gleich anhörte – geschenkt. Dass aber Leslie Mandoki hier fernsehwirksam den Mongolen geben musste, anstatt sein großes musikalisches Talent auszuleben, ist eine Schande. Später besann er sich auf seine Jazzwurzeln und begründete viele Jahre später sein Soulmates-Projekt, an dem viele nationale und internationale Künstler mitwirken.
Es sind großartige Momente, wenn sich Musikgrößen wie Startrompeter Till Brönner mit seinem großen Vorbild, dem legendären und weltbesten Trompeter Randy Brecker duelliert, oder Improvisationsgenie Bill Evans mit seinem Sopransaxophon und John Helliwell (Supertramp) mit der Klarinette ihre Klangbilder malen. Jazz- und Fusion-Gitarrenlegende Mike Stern und Soulmates-Youngster und dreifacher Grammy-Gewinner Cory Henry an der Hammond, sowie Bassisten-Offenbarung Richard Bona begeistern mit unbändiger Spielfreude und mitreißenden Soli. Einfach atemberaubend. Generationen von Großmeistern des Rock und Jazz stehen hier gemeinsam auf einer Bühne. Wer es nicht live erleben durfte, der kann nun die umfangreiche Blu-Ray-Veröffentlichung erleben.
Die Soulmates stehen mit ihrer Musik nicht nur für Virtuosität, sondern vor allem für handgemachte Musikkunst, oder – wie Leslie Mandoki es beschreibt: „Auch in Zeiten einer, von Influencern und Social Media dominierten Welt, in der Kurznachrichten auf dem Smartphone fast die gesamte Kommunikation ersetzen, ist Musik für uns immer noch wie ein mit Tinte auf Papier handgeschriebener Liebesbrief.“
Zuletzt führte die Konzertreihe „Wings of Freedom“ die Mandoki Soulmates von Paris über London, Berlin und Budapest bis New York. Das Konzert im Konzerthaus Berlin war für Mandoki ein ganz spezielles Konzert, bei dem er die deutschen Soulmates, Trompeter Till Brönner und „Jazzpapst“ und Saxophonikone Klaus Doldinger, mit den legendären amerikanischen Soulmates-Kollegen auf der Bühne zusammenbrachte. Diese einzigartigen Momente begeisterten das Konzert-Publikum, darunter hohe Prominenz aus allen Bereichen der Gesellschaft von Politik, Medien und Wirtschaft bis zu Musik, Kunst und Film. Für die „Wings of Freedom“ Konzertreihe wurde Mandoki und seinen Soulmates auch die Ehre nationaler wie internationaler Auszeichnungen zuteil.
Zeitweise nerven die ausschweifenden Ansagen von Leslie Mandoki etwas. Man kann leider auch nicht skippen, da sie in der Regel am Beginn des Tracks liegen. Aber zumindest ist es kein Larifari. Der Künstler hat tatsächlich etwas zu erzählen, wenn er beispielsweise von der Zeit hinter dem eisernen Vorhang erzählt und mit einer bewegenden Hommage an seinen Vater den Song „A Dreamer’s Not A Fool“ einleitet.
Darüber hinaus dürfen wir Klassiker wie „Blinded By The Light“, „You’re The Voice“ und „Mighty Quinn“ interpretiert von Chris Thompson genießen. Bobby Kimball liefert „Rosanna“ und „Hold The Line“. Es gibt Hitwunder wie „(I Just) Died In Your Arms“ und „Smoke On The Water“. Da ist für jeden was dabei.
Auf der Doppel-Blu-Ray “Wings Of Freedom” können die besten Momente der Konzerte mit den Soulmates Ian Anderson (Jethro Tull), Jack Bruce (Cream), Bobby Kimball (Toto), David Clayton-Thomas (Blood, Sweat & Tears), Al Di Meola, Chaka Khan, Greg Lake (Emerson, Lake & Palmer), Randy Brecker, Bill Evans, Till Brönner, Klaus Doldinger (Doldinger’s Passport), Cory Henry, Mike Stern, Nick van Eede (Cutting Crew), Chris Thompson (Manfred Mann´s Earth Band), John Helliwell (Supertramp), Nik Kershaw, Tony Carey (Rainbow), Mark Hart (Crowded House), Peter Maffay, Midge Ure (Ultravox), Piero Mazzocchetti, Aura Dione, Anthony Jackson und Julia Mandoki noch einmal in bester Qualität erlebt werden.
Neben der kompletten Show aus dem Konzerthaus Berlin (aufgenommen mit 16 Kameras) enthält die Doppel Blu-ray Ausschnitte aus den Konzerten in Paris, London, Budapest, New York und weiteres Bonusmaterial – insgesamt über 7 Stunden Musikgenuss. Sollte man sich geben!
Etwas piepsig hört sich die süßliche Stimme von Carly Rae Jepsen ja schon an – das aber auf eine äußerst charmante Art und Weise. Die Gute-Laune-Queen erreichte 2007 den dritten Platz bei „Canadian Idol“ und überzeugte fünf Jahre später mit ihrem Single-Hit „Call Me Maybe“ weltweit. Zudem wurde das Duett „Good Time“ mit Owl City zu einem Sommerhit. Gute Vorzeichen also für einen Major-Deal, der uns vier Jahre nach „E*MO*TION“ das neue Album „Dedicated“ beschert.
Das Album wurde rund um den Globus aufgenommen und entstand unter anderem in Schweden, New York und Nicaragua. Die 33jährige arbeitete dabei mit ihrem alten Freund Jack Antonoff (u.a. Taylor Swift, Lorde und Lana Del Rey) und dem Produzenten-Trio Captain Cuts (u.a. Walk The Moon) zusammen. Mit ihnen schrieb sie beispielsweise den Ohrwurm „Now That I Found You“.
Beeinflusst wurde „Dedicated“ von dem Ende ihrer damaligen Beziehung und einer anschließenden spontanen Solo-Reise nach Italien, wie die Sängerin berichtet. Der Albumtitel wurde wiederum von ihrer neuen Liebe zu einem britischen Musiker inspiriert, den sie beim Songschreiben in Nicaragua kennengelernt hat.
Die Songs bieten eingängigen, stimmungsvollen Synthiepop, der an die Disco-Zeit der 70er und 80er Jahre erinnert. Die elektronischen Rhythmen passen zu dieser Grundstimmung. An manchen Stellen – wie beim Opener „Julien“ – tritt für meinen Geschmack eine zu starke Verfremdung ein. Insgesamt aber sind es meist fröhliche und eingämngig verspielte Melodien, die Carly Rae uns bietet. Zudem gibt es bisweilen eine leichte Melancholie wie bei der Ballade „No drugs“.
Nach „Call Me Maybe“ beklagte sich die Künstlerin, dass sie zwar einen Welthit, aber kein erfolgreiches Album hat. Jetzt scheint sie den umgekehrten Weg zu gehen. Ein wirkliches Potential zum Dauer-Ohrwurm hat keiner der Songs, doch im Gesamten ist das Album sehr stimmig.
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Wieder mal hat Christof Kramp von Station K in Saarburg ein gutes Händchen bewiesen und ein perfektes Doppel für einen wundervollen Abend zusammengestellt. Mit Toby Beard und Wallis Bird kamen zwei weibliche Acts in den Boemundhof, die musikalisch sehr verschieden waren und doch perfekt zusammenpassten. Einige Hundert Zuschauer waren an dem zunächst milden, dann jedoch zunehmend kühlen Abend erschienen, um den beiden Singer / Songwriterinnen zu lauschen. Und sie wurden mit einem Abend der Extraklasse belohnt. Es gab zwei vollwertige Konzerte, quasi zum Preis von einem, denn Toby Beard war viel mehr als nur ein Support. Sie lieferte 90 Minuten Konzertgenuss voll Power und brachte die Zuschauer zum warmtanzen.
Die Künstlerin aus West Australien startete ihren Set fast pünktlich um 20 Uhr. Sie ist sehr viel mehr als man von einer durchschnittlichen Singer-Songwriterin erwarten würde. Ihre Auftritte leben von ihrem Talent, Emotionen in ihren Texten rüberzubringen und von ihrer gewaltigen und kraftvollen Stimme. Verstärkt wurde diese durch die Instrumentalisten, die gemeinsam mit Toby einen perfekten Harmoniegesang an den Tag legten. Das Saarburger Publikum war von Anfang an begeistert und ließ sich in den Bann der Band ziehen. Zunächst hielt man noch zögerlich etwas Abstand, doch bereits beim zweiten Song war die Kluft zwischen Bühne und abwartender Menschenmenge überwunden.
Es wurde ein solides und doch vielseitiges Konzert einer Sängerin geboten, deren Seele eindeutig der Straßenmusik gehört. Sie konnte allein an der Gitarre ebenso gut bestehen wie in der klassischen Rockbesetzung mit zwei Gitarren und Schlagzeug. Es gab Duette und mehrstimmige Stücke, ein Cover von Paolo Nutini. Dazu erzählte Toby Geschichten vom Tourleben und der Entstehung ihrer Songs. „She Came To You“ beispielsweise hatte Toby für einen Freund geschrieben, dessen Frau mit 42 Jahren an Krebs gestorben ist. Mit Tränen in den Augen erzählte sie von den letzten Tagen ihres Lebens und dem gemeinsamen Musizieren. Das verlieh dem bewegenden Titel hohe Authentizität.
Ruhige Momente waren aber die Ausnahme. Toby agierte voll Power mit glasklarer und lauter Stimme. Ein Energiebündel, das ständig in Bewegung war und selbst beim erforderlichen Saitenwechsel unentwegt erzählte. Zum Abschluss nach 80 Minuten gab es den einzigen französischsprachigen Titel im Programm: „C’est L’amour“ als Chanson voller Hingabe, der sich immer weiter steigerte. Kein Wunder, dass die Australierin nicht ohne eine Zugabe gehen durfte, die sie allein an der Gitarre darbot.
Für den Auftritt von Wallis Bird wurde die Bühne komplett umgebaut. Zeit genug, um sich über Anekdoten aus früheren Tagen mit der irischen Sängerin auszutauschen. Beispielsweise über das 2014er „Castle of Joy“ Festival im benachbarten Freudenburg. Und natürlich über den zwei Jahre zurückliegenden Auftritt, der eigentlich an gleicher Stelle im Boemundhof stattfinden sollte, aber einer wahren Sintflut an Regenmassen zum Opfer fiel. Allen, die damals nicht schon längst geflüchtet waren, bot Wallis ein Konzertereignis, das diese wohl nie vergessen werden. Sie nahm die Zuschauer mit in einen nahe gelegenen Gewölbekeller und gab dort ein ganz besonderes Hautnah-Konzert, das alle nasse Kleidung vergessen ließ.
Eine solche Intimität gab es nun zwei Jahre später zwar nicht, doch auch diesmal schaffte sie eine wundervolle Atmosphäre für ein zweistündiges Konzertereignis. Die Bühne wurde durch vier Regenschirm-Scheinwerfer in ein schönes Licht getaucht. Schlagzeug war Fehlanzeige. Die rhythmischen Elemente wurden entweder per Hand oder mit kleiner Percussion erzeugt. Es war ein ganz anderes Konzert als das von Toby Beard – viel getragener und mystischer, aber ebenso schön.
An Instrumenten gab es Piano, Violine und Klarinette. Bisweilen auch eine Ukulele, die Wallis mit Hingabe spielte. Auch sie erzeugte mit den Bandmitgliedern eine polyphone Mehrstimmigkeit, wenn sie diese nicht gerade zum Üben auf die Backstage-Seite geschickt hatte. Manches wirkte improvisiert (die Band ist wohl noch nicht lange in dieser Besetzung zusammen), aber das tat der guten Stimmung keinen Abbruch. Wallis‘ Ansagen erfolgten in einer lustigen Mischung aus Deutsch und Englisch. Und die Geschichten, die dabei zutage traten, waren sehr anschaulich, beispielsweise eine Anekdote von einer gemeinsamen Hotelnacht mit ihren Eltern – inklusive ausufernder Schnarchgeräusche.
Das Publikum sang mit, lachte, klatschte, tanzte – die ausgelassene Stimmung wurde bisweilen mit sphärischen Einsprengseln und Songs wie dem mystischen „Past the Darkness“ durchbrochen, doch alle hatten sichtlich Spaß. Besonders spannend fand ich zwei a cappella gesungene Stücke. Da wurde die Band intensiv mit eingebunden und es gab gar Beatbox-Einlagen. Außerdem arbeitete Wallis Bird mit einer Loop-Station und schuf sich zeitweise ihre Soundkulisse komplett selbst.
Was aber immer der Höhepunkt war: Wallis allein an der Gitarre. Sie spielte ihr Instrument mit einer unbändigen Energie, dass die Gebrauchsspuren mehr als deutlich wurden. Gerissene Saiten (und es waren viele) ignorierte sie einfach. Dann spielte sie halt auf zweien weiter und schleuderte die anderen vergnügt durch die Luft. Nicht zuletzt war es ihr ausdrucksstarker Gesang, der jedem Song Glaubwürdigkeit verlieh und die Hörer berührte. „As the River flows so do we“ widmete Wallis allen Migranten und Asylsuchenden. Eine bewegende Hymne für mehr Menschlichkeit.
Das Saarburger Publikum hing mal wieder an ihren Lippen. Kein Wunder, dass einige Zugaben fällig waren. Und es kann nicht lange dauern, bis die Irin wieder in die Region kommt. Immerhin gibt es inzwischen eine ganz tiefe Verbindung.
Mir bleibt nur, für weitere Veranstaltungen von Station K zu werben. Da gibt es ganz unterschiedliche Künstler und ganz neue Open Air Stätten, die man allesamt uneingeschränkt empfehlen kann.
Im Freilichtmuseum Roscheider Hof in Konz (nahe Trier):
14.6.2019 Hazmat Modine
15.6.2019 Tingvall Trio
Open Air in den Saarburger Saarauen:
02.08.2019 Quadro Nuevo
03.08.2019 „Nacht der Stimmen“ mit IRMA & TIWAYO
Open Air in der Kaserne Saarburg:
09.08.2019 Angelo Kelly & Family
10.08.2019 „Station K Pop Festival“ mit Sophie Hunger, Gisbert zu Knyphausen, PeterLicht, Pauls Jets und Jeremias
Jetzt schreibe ich schon zum sechsten Mal über die begleitende CD zum Tauschkonzert „Sing meinen Song“. Ich will aber nicht müde werden zu betonen, wie gelungen dieses Format ist und wie herausragend die dazugehörige CD. Auch im sechsten Jahr der Show stimmt mal wieder alles. Und es ist vor allem eine Sache, die mir einmal mehr klar wird: In einer Zeit, da das Album kaum noch etwas zählt und nur einzelne Songs von Künstlern gehypt werden, die man dann schnell wieder vergisst, ist es um so wichtiger, einzelne Interpreten näher kennen zu lernen und sich mit ihnen zu beschäftigen. Dazu lädt „Sing meinen Song“ zum wiederholten Male ein. Gastgeber ist inzwischen Michael Patrick Kelly. Und er macht seine Sache hervorragend. Jede Sendung widmet sich einem der Beteiligten, man bekommt Einspieler der Originalsongs, erfährt viel zur Biografie und darf schließlich die Coverversionen genießen. Dieses Konzept kommt im CD-Format natürlich nur bedingt rüber, aber die Doppel-CD („Deluxe“ Version) bietet immerhin alle Songs in der Show-Reihenfolge. Sie ist damit der Einzelversion, die eher eine „Best of“ darstellt, um Längen voraus.
Mit sechs neuen hochkarätigen Musikern im Gepäck kehrt Michael Patrick Kelly nach seiner Tauschkonzert-Teilnahme 2017 als neuer Gastgeber von „Sing meinen Song“ nach Südafrika zurück: Milow, Wincent Weiss, Johannes Oerding, Alvaro Soler, Jeanette Biedermann und Jennifer Haben sind seiner Einladung gefolgt und haben ihre größten Hits mitgebracht, um sie der Reihe nach zum Tausch anzubieten.
Highlights gibt es viele. Auch einige Titel, die mehr wie Lückenfüller wirken, mit der Zeit aber ihre Bedeutung im Gesamtwerk der Künstler entfalten. Und es sind ja gerade die besonderen, zum Teil ausgefallenen Versionen, die zeigen, wie der Song im Mittelpunkt des Geschehens steht.
Es fängt schon an mit dem Überhit „Musik sein“ von Wincent Weiss, dem Milow als „Springsteen Story“ stellenweise einen eigenen englischen Text mit emotionalen Bezügen mitgibt. Das ist ebenso groß wie der Paddy-Titel „Hope“, dem Johannes Oerding in „Hoffnung“ einige Gänsehaut-Momente beschert. Selbst Alvaro Soler, dem ich musikalisch so gar nichts abgewinnen kann, besticht durch eine solide und stimmlich hervorragende Leistung. Hut ab!
Man entdeckt so einiges Neues, wenn man die CD komplett hört. Vor allem die Songs von Jeanette Biedermann und ihrer Band Ewig sind bisher weitestgehend an mir vorbei gegangen. Und was Beyond The Black mit Jennifer Haben normalerweise liefern, ist vor allem ein durchdringender Sound. Hier aber werden die Titel mit musikalischen Finessen versehen und man hört viel stärker auf den Text.
Ganz zum Abschluss gibt es noch eine kleine Überraschung: Das Duett „Ich will noch nicht nach Hause“ von Johannes Oerding und Michael Patrick Kelly beschreibt die besondere Chemie unter den Künstlern. Ein gelungenes Fazit, das die insgesamt 43 Songs gekonnt zusammenfasst.
Der Schweizer Superstar DJ Bobo war am 23. Mai 2019 in der Arena Trier und gut 3.000 Zuschauer durften eine Show der Extraklasse verfolgen. Das Alter der Anwesenden war bunt gemischt, aber mit deutlichem Schwerpunkt auf den Ü40ern. Kein Wunder, hatte der inzwischen 51jährige Star des „Eurodance“ seine Glanzzeiten doch zu Beginn der 90er Jahre. Seitdem allerdings hat er sich hervorragend in der Szene gehalten und vor allem mit seinen grandiosen Shows immer wieder für Aufsehen gesorgt. Eine solche Fantasy-Show der Extraklasse wurde auch in Trier geboten und die Zuschauer hielt es nicht lange auf den Sitzplätzen: Mitklatschen und Mittanzen war ein Muss!
Im Vorfeld wurde ich von Freunden nach den Hits gefragt, die der tanzende DJ wohl aus alten Zeiten spielen wird. Ehrlich? Mir fiel (außer „Chihuahua“) auf Anhieb kein einziger ein. Aber vielleicht ist das auch ein gutes Zeichen – werden viele Weltstars doch allein an einzelnen Titeln festgemacht. Bei DJ Bobo war es dann vor allem der Gesamtklang zwischen Discofox und Dancebeats. Das merkte man von Beginn der Show an. Und natürlich kamen die bekannten Klänge im Lauf des Abends. Von „Somebody Dance With Me“ über „Freedom“ bis hin zu „What A Feeling“ waren alle Charthits dabei, die ihm Jahrzehnte lang feste Top 10-Plätze in der Schweiz, Deutschland und Österreich bescherten.
Dass DJ Bobo nicht der beste aller Sänger ist, konnte man von Beginn an merken. Aber es war und ist egal. Die Leadvocals übernahmen ohnehin diverse Gesangs-Profis, die perfekte Jobs ablieferten. Bobo himself war ebenfalls sängerisch tätig – wobei nicht jeder Ton auf korrekter Linie lag – und dazu rappte er überaus passabel die bekannten Textzeilen mit charakteristischem Sprechgesang. Viel stärker als die Gesangsparts waren aber seine Fähigkeiten als Entertainer. Er brachte die Leute zum Aufstehen und Mitklatschen. Er holte alle von ihren Sitzen. Und wenn die Stimme und der Drang zu ausufernden Bewegungen im Alter etwas nachlassen, machte er dies mit starken Sympathiewerten wett.
Überbordend großartig war jedenfalls die Show. Beginnend mit einem virtuellen Countdown auf riesigen LCD Leinwänden begaben wir uns mit dem Astronauten Bobo in den Weltraum und steuerten zielsicher die Arena Trier an. Erstes großes Bühnenbild war ein Sternengleiter, der sich über die komplette Bühne entfaltete. Das Bühnenbild bestand aus riesigen in sich drehbaren LCD-Wänden, die einen überdimensionalen Raum in mehreren Etagen schufen. Zeitweise standen Sänger und Tänzer an einer Reling knapp unter der Hallendecke. Die Hälse der Zuschauer mussten sich oft nach ganz oben recken.
DJ Bobo hat eine sehr menschliche, zum Teil auch autobiografische Show entworfen. Er erzählte von den Träumen, die er selbst als kleines Kind hatte, und hielt Queens „Live Killers“ LP in die Kameras. Damit hat bei ihm nach eigener Aussage der Traum angefangen, ein Rockstar zu werden. Um auch anderen diesen Traum zu erfüllen, bat er den 11jährigen Yannick auf die Bühne und ließ ihn an einem virtuellen Schlagzeug „We Will Rock You“ intonieren. Das war ein besonderer Moment – nicht nur für den kleinen Protagonisten.
Die Show bot weitere Gimmicks auf. Tänzer im Schwarzlicht-Anzug, was besondere Effekte erzeugte. Leucht-Drohnen, die sich fliegend einer Tänzergruppe anschlossen. Konfetti und Lametta – dazu überraschend viel Pyrotechnik. Auf den großen LCDs wurde ein Haus abgebildet, das sich ständig veränderte und dessen Bilder Atmosphäre erzeugte. In ruhigen Momente tanzte DJ Bobo in einer gezeichneten Landschaft und interagierte mit Strichmännchen. Gemeinsam mit dem Publikum erarbeitete er eine Choreo zu Handy-Taschenlampen. Und zu „Colours Of The World“ gab es einen bewegenden Film, der das multikulturelle Miteinander in den Vordergrund stellte. DJ Bobo hat tausende von Ideen und es gelingt ihm, diese authentisch umzusetzen.
Höhepunkt der Show war eine bewegliche Bühnenfläche, die sich bis zur 45-Grad-Neigung nach oben bewegen ließ. Die Illusion zeigte Tänzer und Sänger, die der Schwerkraft trotzten. In Wirklichkeit wurden sie von Stahlseilen gehalten und boten ein aufregendes „Believe in Freedom“. Knapp 80 unterschiedliche Kostüme, viele Fantasy-Welten, eine kurzweilige Show mit überraschenden Effekten: „KaleidoLuna“ bietet ein Fest für die Sinne. DJ Bobo hat es immer noch drauf. Ruhestand nach 27 Jahren? Fehlanzeige. Gut so!
Am vergangenen Samstag fand das neunte Cardinal Sessions Festival in einer neuen Location in Köln statt. Und neue Location heißt in diesem Fall mehr Künstler*innen und mehr Bühnen! Während die Veranstaltung im Oktober 2018 noch in der wunderschönen Kulturkirche in Köln-Nippes stattfand, zog das Festival dieses Jahr in das Köln-Mülheimer Carlswerk Victoria um. Zwei Indoor-, eine Outdoor-Bühne, alles barrierefrei, zwölf Musiker*innen, Essen, Trinken und Merch, dazu ein überraschend gemischtes Publikum und gutes Wetter – ideale Bedingungen für einen schönen Abend voll schöner Musik.
Die Veranstalter*innen schreiben auf ihrer Homepage „Mehr Bands, mehr Geheimnisse, mehr Kulinarisches, mehr Lichter, mehr Menschen: Und trotzdem wollen wir das persönliche, intime Festival bleiben.“ – und das ist ihnen gelungen. Während die Zuschauer*innen auf dem Boden oder auf den bereitgestellten Stühlen sitzen, tanzen, an ihren Bio-Limos schlürfen und immer wieder von goldenem Lametta, das an alte Fahrradräder gebunden von der Decke hängt, gekitzelt werden, kommt im Außenbereich schon fast eine Gartenpartyatmosphäre auf. Ab 16 Uhr haben die Besucher*innen die Möglichkeit durch die geöffneten Tore der Location zu strömen. Gestartet wird die Veranstaltung von Jeannel, Fabrizio Cammarata und Maní Orrason.
Unser Besuch startet mit Tomberlin. Die US-amerikanische Singer/Songwriterin hat im August 2018 ihr Debütalbum „At Weddings“ veröffentlicht und kann uns direkt begeistert. Gemeinsam mit einem männlichen Kollegen steht Sarah Beth Tomberlin mit ihrer Akustikgitarre auf der Bühne, eigentlich geht es aber nur um sie. Ihr Outfit erinnert an einen langen Spaziergang über Wiesen und Felder und ihre Stimme an einen tiefen ruhigen See. Ihre sehr emotionalen Texte haben bei mir auf jeden Fall für einige Gänsehautmomente gesorgt – und das ist wunderschön. Tomberlin erzählt uns, dass es ihr erstes Mal in Europa sei und wann immer sie nicht singt, scheint sie wirklich aufgeregt zu sein. Sehr sympathisch! Kaum ist aber der erste Akkord von ihrer Gitarre erklungen, ist sie die Ruhe selbst. Meine Begleitung hat es ganz treffend beschrieben, als er sagt, dass sie sich wirklich in ihren Songs wohlfühlt. Sie ist noch bis Ende Juni auf Tour durch Europa und kommt dabei auch noch einige Male in Deutschland vorbei, zum Beispiel am 03.06.2019 in Münster oder am 15.06.2019 in Mannheim. Ich kann es nur wärmstens empfehlen hinzugehen! Für mich hat sich das Festival also schon zu diesem Zeitpunkt gelohnt, denn mit Tomberlin haben die Veranstalter*innen vermutlich eine meiner neuen Lieblingskünstlerinnen eingeladen. „Seventeen“ läuft bei mir rauf und runter.
Als zweiten Act schauen wir uns Moritz Krämer und Band an. Vielen ist er sicherlich von Die Höchste Eisenbahn bekannt. Auf jeden Fall ist es ein krasser Kontrast zwischen Tomberlin im Club Volta zu Moritz Krämer auf der Mainstage. Das spricht finde ich sehr für das Festival: Es ist abwechslungsreich und überraschend, sodass die Zuschauer*innen immer wieder begeistert werden können. Ich kannte Moritz Krämer vorher nicht und bin etwas skeptisch, als ich seine Stimme zum ersten Mal höre. Bei „Wir können nix dafür“ hat er mich dann aber abgeholt, ein sehr schönes Lied mit einer tollen Stimmung. Toll finden wir es auch, den Keyboarder zu beobachten, denn er fühlt die Musik wirklich und scheint riesigen Spaß daran zu haben, auf der Bühne zu stehen. Bei Moritz Krämer habe ich eher den Eindruck, dass das Publikum nichts an seinem Enthusiasmus ändern kann. Gerade im Vergleich zu Tomberlin, die mit ihrer Aufregung direkt sympathisch war, wirkt Moritz Krämer eher glatt – was aber auch nicht weiter verwunderlich ist, schließlich erschien sein erstes Album vor mittlerweile acht Jahren. „Hinterher“ ist mein Highlight des Konzerts von Moritz Krämer, denn es kommt Bewegung ins Publikum; es wird getanzt, gehopst und geschunkelt, einfach herrlich!
Als dritter Programmpunkt steht Tom Klose auf unserer Liste. Ihn schauen wir uns auf der Outdoor-Stage an. Und auch hier gibt es wieder eine völlig neue Atmosphäre mit einer ganz eigenen Stimmung. Tom Klose sitzt bereits mit Loop Station und Gitarre auf der Bühne, als wir hinauskommen. Der Kommentar meiner Begleitung zu ihm: „Ich finde, er sieht so normal aus.“ Und das stimmt, sobald er aber den Mund aufmacht, ist nichts mehr normal, denn so eine starke Stimme hätte man wohl nicht von ihm erwartet, wenn man ihn das erste Mal sieht. Witzigerweise schließt Tom Klose eine Anekdote, die er mit dem Publikum teilt, mit den Worten „Tja, ich bin halt nicht so fame.“ Und da habe ich mich gefragt: Was sagt das jetzt über mich und meinen Musikgeschmack aus, dass er der einzige Künstler ist, den ich auf dem ganzen Festival kenne? Wir sitzen sehr nah am Eingang zum Club Volta, weswegen wir parallel zu Tom Klose auch immer ein bisschen was von International Music hören, was uns aber nicht allzu sehr stört. Wen es aber vielleicht von Tom Klose abgelenkt hat, die*der hat am 19.11.2019 die Möglichkeit ihn noch einmal in Köln, diesmal im Blue Shell, bei seiner ersten Tour seit drei Jahren mit Band anzuschauen.
Schön finde ich auch, dass sich die Künstler*innen, die bereits gespielt haben, unter das Publikum mischen. Moritz Krämer steht quatschend mit ein paar Leuten vor dem „Hunger“-Stand, Tomberlin sitzt an einem Tisch direkt vor uns. Und das ist möglich, ohne dass direkt 100 Leute auf sie zustürmen – dank der intimen Atmosphäre, die die Veranstalter*innen hier für uns geschaffen haben. Wer nach Dillon – Piano Solo, Tristan Brusch, Findlay und The Slow Show immernoch nicht genug Cardinal Sessions hat, kann ab 23:15 Uhr noch mit DJ Schmusewelt (über den Namen lässt sich sicherlich streiten) durch die Nacht tanzen, um dann verschwitzt und glücklich nach Hause zu wandeln.
Für das Festival nächstes Jahr sollten die Veranstalter*innen vielleicht darüber nachdenken noch mehr Wegweise-Schilder anzubringen, denn wer schonmal auf einem Konzert in der Location war weiß, wie verwirrend es dort ist. Auch innerhalb des kuscheligen Festivalgeländes hätte es mir als Orientierungslegasthenikerin geholfen, wenn über dem Club Volta und dem Victoria mit der Mainstage Schilder gehangen hätten. Doch auch trotz ein paar Minuten Orientierungslosigkeit zu Beginn, haben wir uns sehr wohl gefühlt und würden definitiv empfehlen, nächstes Jahr zum 10-jährigen Jubiläum vorbeizuschauen!
Es gibt wohl kaum eine Geschichte aus dem Leben von Kurt Cobain, die nicht bereits in irgendwelchen Büchern, Filmen, You Tube-Clips oder Artikeln erzählt ist. Im Internet, das zu seinen Lebzeiten kaum eine Rolle spielte, findet man Setlisten von fast allen Konzerten, die Nirvana jemals gespielt haben. Leider nicht die vom Konzert in der Kölner Sporthalle am 14. März 1994. Der Auftritt wurde damals wegen angeblicher Stimmprobleme des Nirvana-Frontmannes in den Herbst desselben Jahres verschoben. Bekanntlich kam es nicht mehr dazu. Am 5. April 1994 erschoss sich Kurt Cobain in seinem Haus in Seattle. Ich hatte eine Karte für das Konzert in Köln, die ich noch heute wie einen Schatz aufbewahre.
Als die Veröffentlichung von „Erinnerungen an Kurt Cobain“ bekanntgegeben wurde, habe ich automatisch gezuckt, mir aber gleichzeitig die Frage gestellt, was denn nun an einem weiteren Buch über Kurt Cobain so spannend sein soll. Nach der Lektüre der 295 Seiten weiß ich es. Danny Goldberg, der Nirvana ab Anfang 1991 managte und so intensiv die Zeit miterlebte, in der die Bandmitglieder zu Ikonen einer ganzen Generation aufstiegen, zeichnet ein anderes Bild als das des depressiven und verstörten Künstlers aus den üblichen Cobain-Legenden. Goldberg erlebte ihn als Musiker voller Leidenschaft und Ehrgeiz und vor allem als überwiegend netten Kerl: „Wenn er echte Fans traf, war er sehr grosszügig und ihnen zugewandt; er war sich stets bewusst, wie nervös sie waren, und versuchte dafür zu sorgen, dass sie sich entspannten. Er vergaß nie, dass er bei allem Erfolg der Band nichts anderes war als sie: ein Indie- und Underground-Fan“. Danny Goldberg war es auch, der die letzte Trauerrede bei der privaten Beerdigungsfeier hielt, die Courtney Love für ihren Mann organisiert hatte.
In seinem Buch setzt er die Entwicklung von Nirvana zu internationalen Superstars in den musikalischen (Punk), politischen (Präsidentschaft von Ronald Reagan) und kulturellen (Grunge, MTV) Kontext jener Zeit. Goldberg beschreibt die ersten Konzerte, Nirvana’s Zeit beim lokalen Sub Pop-Label, die Aufnahmen zu „Nevermind“ und wie das Album nach seiner Veröffentlichung im September 1991 durch die Decke schoss und sich die Welt für Dave Grohl, Krist Novoselic und besonders für Kurt Cobain komplett veränderte. Er war hautnah dabei, als sich die drei Bandmitglieder in dieser für sie völlig neuen Welt zurechtfinden mussten und sich Kurt Cobain und Dave Grohl bei einem Konzert gleichzeitig nicht trauten backstage ihr grosses Idol Ozzy Osbourne anzusprechen. Goldberg schildert die gesundheitlichen Probleme von Kurt Cobain, die ihn schließlich in die Heroinsucht treiben, ebenso lebendig wie dessen väterliche Fürsorge für seine Tochter Frances Bean. Er nimmt uns mit zu den Aufnahmen von „MTV Unplugged“ im November 1993, die erst posthum veröffentlicht wurden und analysiert die damaligen verbalen Scharmützel mit Axl Rose sowie die oftmals überinterpretierten Auseinandersetzungen zwischen Nirvana und Pearl Jam. In der Zeit bis zu Cobain’s Tod wird Danny Goldberg von dessen Business-Berater zu einem engen Freund und Vertrauten. Sein Selbstmord, für alle Nirvana-Fans weltweit ein großer Schock, traf auch ihn persönlich hart.
Rein biographisch betrachtet hat „Erinnerungen an Kurt Cobain“ nicht viel Neues zu bieten. Das Neue ist, dass Danny Goldberg darin nicht so sehr Cobain’s innere Konflikte in den Blickpunkt stellt, sondern ihn als den genialen Schöpfer eines Kulturphänomens darstellt, das eine ganze Generation prägte und bis heute prägt: „Auch 25 Jahre nach Kurts Tod ist es sein poetisches, ungefiltertes Verständnis für den Schmerz der Jugend, das junge Menschen dazu bringt, Nirvana-T-Shirts zu tragen, weil für sie damit ein gewisses Statement verbunden ist“. Dabei verließ sich Goldberg nicht allein auf seine eigenen Erinnerungen und Aufzeichnungen, sondern führte zahlreiche Gespräche mit Musikerkollegen, Familienmitgliedern und Medienvertretern. Für ihn war Kurt Cobain der hochsensible Image-Schöpfer der ultimativen Anti-Image-Band. „Erinnerungen an Kurt Cobain“ ist das facettenreiche und tiefgründige Porträt einer vielschichtigen Persönlichkeit, die sich mit den Worten “It’s better to burn out than to fade away” viel zu früh von dieser Welt verabschiedet hat.
Die Seiten, die Sting in den vergangenen 42 Jahren in der Musikgeschichte gefüllt hat, muss man an dieser Stelle nicht mehr eigens vorlesen. Sein Solowerk blieb mir persönlich bis auf seine Frühwerke „The Dream Of The Blue Turtles“ und „Nothing Like The Sun“ weitestgehend verschlossen und als Schauspieler ist Sting für den schlechtesten Film verantwortlich, den ich jemals im Kino gesehen habe („Dune“ von 1984). Mit The Police hat er dagegen unzählige Songs für die Ewigkeit aufgenommen und sein Engagement für Umweltschutz und Menschenrechte ist ebenfalls aller Ehren wert. Irgendwie ist der inzwischen 67-Jährige ehemalige Lehrer schon mein ganzes musikalisches Leben präsent. Da darf man sich auf die neue Werkschau, die jetzt unter dem etwas phantasielosen Titel „My Songs“ erscheint, auf der einen Seite freuen und sich auf der anderen Seite schon fragen, welchen Sinn und Zweck diese laut Wikipedia bereits zehnte Compilation in der Karriere von Sting wohl hat. Der Künstler selbst begründet das kurz und knapp so: „‘My Songs‘ is my life in songs. Some of them reconstructed, some of them refitted, some of them reframed, but all of them with a contemporary focus“.
Tatsächlich sind die insgesamt 19 Songs auf der uns vorliegenden Deluxe Edition sehr schön ausgewählt. Die Neuinterpretationen der alten Klassiker orientieren sich dabei an den originalen Arrangements der Songs und größtenteils gewinnen die Stücke dadurch an Frische und Ausdruckskraft. Einzige Ausnahmen sind „If You Love Somebody Set Them Free“ (mit einem unpassenden Dance Beat), das neu eingesungene und damit glattgebügelte „Every Breath You Take“ und „Can’t Stand Losing You“, dem man anhört, dass Sting’s Stimme seit der Erstveröffentlichung ebenfalls 40 Jahre älter geworden ist. Ansonsten aber feiert man ein freudiges Wiederhören mit vielen alten Bekannten, die klingen als wären sie mal gründlich durchgepustet worden. Hinzu kommen im Booklet persönliche Liner-Notes von Sting, welche die Geschichte hinter dem jeweiligen Song erzählen.
So wird aus „Demolition Man“ auf „My Songs“ ein amtlicher Rocker. Bei anderen Stücken ist die ursprüngliche Schönheit in reduzierten und zum Teil fast akustischen Versionen nochmals betont worden („Fields Of Gold“, „Shape Of My Heart“, „Fragile“), während im Gegensatz dazu Sting’s Punk-Wurzeln in „So Lonely“ oder „Walking On The Moon“ freigelegt werden. Abgesehen vom überflüssigen Backgroundgesang klingt das bei „Message In A Bottle“ so herrlich roh und ungeschliffen, dass damit sogar fast das legendäre Original übertroffen wird. Abgerundet wird „My Songs“ durch fünf Liveaufnahmen, deren Auswahl sich bis auf das unvermeidliche „Roxanne“ und zum zweiten Mal „Fragile“ erfreulicherweise nicht am Mainstreamgeschmack orientiert. So hört man „Synchronicity II“ eher selten. Für mich einer der am meisten unterschätztesten Songs von The Police, der auf der anstehenden Tour hoffentlich noch öfter in der Setlist auftauchen wird. Daneben gibt es mit „Next To You“ noch einen uralten Punkeinschlag vom ersten Police-Album „Outlandos D’Amour“ von 1978 und „Spirits In The Material World“ von 1981.
Alles in allem darf das Facelifting am Ende von „My Songs“ als gelungen betrachtet werden. Die Idee, die alten Songs einmal durch den Jungbrunnen zu ziehen, mündet nicht etwa in einem durchkommerzialisierten Best Of, das allenfalls als musikalische Untermalung für den nächsten Hotelaufzug taugt, sondern in einer Zusammenstellung, die sowohl vom reinen Inhalt als auch von ihrem hörbaren Ergebnis eine Menge Spass macht. Und wenn das alles nun live noch genauso nach Frischzellenkur klingt wie in der Konserve, dann darf man sich auf die bevorstehenden Deutschland-Konzerte von Sting wirklich freuen:
Kürzlich wurde sarajane von Ina Müller geadelt und durfte in deren Latenight-Show aus dem Hamburger Schellfischposten auftreten. Da Ina es sich herausnimmt, nur Acts einzuladen, die ihr persönlich gefallen, darf man schon stolz auf diese Ehre sein. Und es passt, wenn die beiden Powerfrauen sich begegnen.
sarajane hat eine deutsche Mutter und einen schottischen Vater. Ihr Debüt veröffentlichte sie vor vier Jahren und es war ein Genuss. Ihr zweites Album „Fuel“ liefert den Soundtrack ab, der uns über eine Trennung und Kündigung gleichermaßen hinweghilft, sämtliche Gemeinheiten des Alltags vergessen lässt und dazu bringt, uns sofort im Fitnessstudio anmelden zu wollen oder einen Roadtrip zu machen. Eine Sammlung von Ohrwürmern, Powersongs und Mantras, die auf einem Teppich von ausgetüftelten Beats daherkommen und motivieren.
Da sind das kraftvolle „Diamonds & Pearls“ mit mystischen Beats und der rhythmische Pianosong „Bullets Out of Love“. sarajane kann gefühlvoll und kräftig. Sie liefert gut produzierten Pop mit viel Power, Soul und einigen Finessen. Wer ihr zuhört, kann nicht lange still sitzen.
„Fuel“ wurde in den bekannten Hamburger Studios Boogie Park und Hafenklang aufgenommen, darauf wechselt sarajane zwischen der Tanzbarkeit einer Beyoncé, der Power von Rihanna und der Femininität einer Adele. Sie liefert eine Gesangsdarbietung ab, die klar macht, welche großen Vorbilder sie gehört hat. Dabei ist der Gesang so erfrischend facettenreich, dass jeder Song bei höchster Qualität eine neue Seite der Vokalistin zum Vorschein bringt. Spätestens beim intimen „Guess who’s back in town“ zeigt sich, dass wir mit sarajane eine ebenso selbstbewusste wie bisweilen tiefsinnig-nachdenkliche Künstlerin vor uns haben.
Das zweite Album ist definitiv eine positive Überraschung. Wir prophezeien: Da kommt noch mehr!
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Wer echte, unverstellte Rockmusik liebt, darf sich auf die Releases von The Heavy im Mai und von den Hollywood Vampires im Juni freuen. Hier wird die perfekte Zeitreise in die goldenen 70er Jahre geboten – mit Rock und Soul vom Allerfeinsten.
Dafür steht bei The Heavy nicht nur die Tatsache, dass man einen der Songs „A Whole Lot Of Love“ betitelt. Denn es handelt sich nicht um ein Led Zeppelin-Cover. Vielmehr nimmt das Quartett aus Bath die unbändige Energie der 50 Jahre alten Musik zum Vorbild. Ihr Longplayer funktioniert völlig eigenständig und bietet ein 35minütiges Party-Feuerwerk ohne Verschnaufpause.
Die Band wurde 2007 im britischen West Country gegründet und hat bisher vier erfolgreiche Alben über das angesagte britische Indie-Label Ninja Tune veröffentlicht. Das Rock- und Soul-Quartett hat bereits über 200 Millionen Streams generiert und lässt nun ihren fünften Longplayer „Sons“ via BMG aus dem Käfig.
Der Opener „Heavy For You“ liefert eine Gitarrensolomelodie, einen abwärts laufenden Bläsersatz, dann setzt Kelvin Swabys charismatische Stimme ein und auf einen Schlag ist diese Stimmung wieder da, die die Briten seit einer guten Dekade auszeichnet. Während andere Bands nach dieser Zeit langsam nachlassen, nimmt die Intensität bei The Heavy noch zu. Das gilt für das ganze neue Album. Die elf Songs sind eine trotzige Kombination aus britischem Indie-Rock, Soul und Funk.
Dabei wird mit allen Elementen gespielt: Auch die Disco-Zeiten und deren Fortführung im Glamrock spielen eine Rolle. Die durchgängige Power ist Methode: „Ich will Musik für Leute machen, die mit hoher Geschwindigkeit unterwegs sind.“ Selbst frech-erzählende Stücke wie „The Thief“ und das mit starken Bläsern versehene „Fighting For The Same Thing“ schaffen eine epische Atmosphäre, die man aus Zeiten von James Brown und den „Blues Brothers“ gut kennt. Kein Wunder, dass The Heavy schon für einige Filmmusiken hinzugezogen wurden.
Bleibt also, eine Empfehlung auszusprechen für ein hervorragendes Rockalbum, das die besten Elemente von Blues, Soul und Funk in sich vereint. Nicht nur das im Retro-Design gehaltene Cover lässt vergessen, dass diese Band gerade erst seit einem Dutzend Jahre aktiv ist.
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Das alte Klischee: Wenn man von Autismus hört, denken viele Menschen an den Film „Rainman“. Er hat es zumindest geschafft, diese Entwicklungsstörung ins Blickfeld der Menschen zu holen. Doch wer Autisten kennenlernt, wird erfahren, wie vielfältig die Ausprägungen dieser Behinderung sind und welche unterschiedlichen Formen es gibt. Die Psychologin und Verhaltenstherapeutin Birgit Saalfrank hat beispielsweise erst sehr spät in ihrem Leben erfahren, dass sie das Asperger-Syndrom hat, das Schwächen in der sozialen Interaktion mit sich bringt. Was diese Diagnose mit ihr gemacht hat und wie sie ihren Weg im Leben weiter ging, beschreibt diese Autobiographie.
Anhand von Erinnerungen und Tagebuchaufzeichnungen zeichnet die Autorin ein umfassendes und chronologisches Bild ihrer Lebensgeschichte. Wir erfahren viel von ihrer Kindheit und Jugend, den Schwierigkeiten, Freunde zu finden, den Problemen in der Schule, der Unfähigkeit, sich Gesichter zu merken, die man nicht ständig sieht. Als Leser kann man sehr gut in die fremden Erfahrungswelten eintauchen und ein Verständnis entwickeln.
Offen und ehrlich schildert Birgit Saalfrank ihr Leben, berichtet von Beziehungsproblemen und der ständigen Überforderung im Beruf. Krankheitsbilder und Therapieformen – der Sinn und Unsinn einer Suche nach Ursachen. Das alles wird lebendig durch ihre Erzählung. Bis hin zum Wendepunkt: der Autismus-Diagnose. Es ist nicht einfach, sich in die Welt einer Autistin rein zu denken. Birgit Saalfrank vermittelt uns mit ihren Worten einen hervorragenden Eindruck. Das Buch liest sich wie ein spannender Roman – auch wenn man die Ecpunkte schon kennt uns es keine überraschende Wendung gibt. Die Autorin hat gelernt, sich so zu akzeptieren, wie sie ist, und dabei ein glückliches Leben zu führen. Das Buch ist vermutlich ein nächster wichtiger Schritt auf diesem Weg.
Im Anhang gibt es einen kritischen Blick auf die psychoanalytische Behandlung, die Birgit Saalfrank (vor der Asperger-Diagnose) erfuhr. Ein weiterer fachlicher Teil stellt die autistischen Auffälligkeiten dar, die die Autorin betreffen. Sie bietet eine gute Zusammenfassung um die Gefühlswelt von Autisten zu beschreiben. Und der abschließende Epilog nimmt uns auf wenigen Seiten mit in die Gegenwart. Es ist Birgit Saalfrank ein Anliegen, den Lesern zu berichten, wie es ihr nach Abschluss des Buches (im Januar 2018) geht. Ich finde die Autobiografie sehr lesenswert und nützlich, um einen Blick über den eigenen Tellerrand hinaus zu wagen.
Junge chinesische Hunde – das hört sich erst einmal sehr süß an. Und mädchenhaft leicht kommt auch der Opening Track des Albums daher. Mit „Hey There“ stellt sich Schauspielerin Birte Hanusrichter, die die Hauptrolle in der RTL-Serie „Jenny, echt gerecht“ spielt, musikalisch vor. Ihre Stimme weiß durchaus zu gefallen. Immerhin ist es bereits das dritte Album der Young Chinese Dogs, das wir hier zu hören bekommen.
Die Wurzeln der Band liegen im Lagerfeuer-Rock. In gitarrenlastigen Balladen, die zu Herzen gehen und in die man sich schnell reinhört. „The Quiet & The Storm“ bietet mehrstimmigen Gesang, akustische Gitarren und Ohrwurm-Melodien. Das Album handelt von Abschied und Verlust, den richtigen Freunden und Türen, die sich öffnen, wenn man den Mut hat, andere zu schließen. Birte Hanusrichter und Oliver Anders Hendriksson haben alle Songs geschrieben und produziert.
Young Chinese Dogs sind eine sympathische und erstaunlich frische Band. Man kann sich gut festhören an den Songs. Vor allem die polyphonen Passagen gefallen mir sehr gut. Die Musiker haben sich inzwischen auch mit Filmmusik einen Namen gemacht, für „Platzhirsche“ und „Der kleine Drache Kokosnuss“. Wie man in solch turbulenten Zeiten durchhält, erklärt der Song „As Long As I Can Sing“.
Wer auf optimistischen, leidenschaftlichen Indiefolk steht, liegt hier jedenfalls goldrichtig.
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Bands, die einen soliden Progmetal abliefern, gibt es inzwischen zuhauf. Auch die Tunesier von Myrath beweisen mit ihrem fünften Album, dass sie alles andere als Eintagsfliegen sind. Die orientalischen Elemente stellen so etwas wie ihr Alleinstellungsmerkmal dar – allerdings haben sie den Härtegrad ein Stück weiter heruntergefahren, um auch die Fraktion des eingängigen Hardrock zufriedenzustellen.
Der eröffnende Track „Asl“ ist nicht mehr als ein Teaser. Doch dann geht es los mit aufreibenden Gitarrenriffs und spannenden Schlagzeugpassagen. Das Album schafft Kontraste zwischen starken Melodien und durchdachten, herzzerreißenden Texten. „Dance“ beispielsweise handelt von einer Tänzerin im Syrien-Krieg. Sänger Zaher Zorgati erläutert dazu: „Der Titel ist von der Geschichte einer Bauchtänzerin inmitten des Syrien-Krieges inspiriert, die unter Todesdrohungen aufgefordert wurde, nicht mehr zu tanzen und sich der ISIS-Community anzuschließen. Sie trotze der ISIS, tanzte weiter und ließ sich ‚Dance or die‘ auf den Hals tätowieren.“
Songs wie „No Holding Back“ und „Darkness Arise“ lassen es nach den metallischen Krachern etwas ruhiger angehen. „Stardust“ kommt fast schon als romantische Ballade rüber. Das ändert aber nichts an der Komplexität des Albums, die uns sehr vielfältige Eindrücke eines Albums zwischen europäischem Rock und nordafrikanischer Weltmusik mitgibt. „Shehili“ ist eine Scheibe, die das Genre bereichert und an vielen Stellen aufhorchen lässt.
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Während sich die altbekannten Liedermacher wie Rolf Zuckowski und Detlev Jöcker langsam aber sicher aufs Altenteil zurückziehen, gibt es eine Reihe junger Leute, die unsere Kids zum Singen und Tanzen bringen. Aber kann man Klassiker wie „Vogelhochzeit“, „Schulweg-Hitparade“ und „Jahresuhr“ überhaupt ersetzen? Durchaus, wenn man sich auf die neuen Klänge einlässt. Allein Ende April und Anfang Mai erreichten mich drei sehr unterschiedliche Releases, die alle ihren ganz besonderen Reiz haben.
Cosmo und Azura: Das dunkle Geheimnis der Sonne
Fangen wir mal mit „Cosmo und Azura“ an, denn hier hat Altmeister Rolf Zuckowski dann doch noch seinen Platz als Erzähler. „Das dunkle Geheimnis der Sonne“ ist ein atmosphärisches Musikhörspiel. Die Hauptrollen werden gesungen von Nadine Sieben und Dieter Faber. Unterstützt werden die Profis vom Chor der Alsterfrösche Hamburg. Das zunächst sehr fröhlich anmutende Singspiel vermittelt eine dramatische Botschaft und erzählt von den Gefahren der ultravioletten Strahlung. Es schadet durchaus nicht, spielerisch zu lernen, wie man sich in der Sonne schützt. Die Prävention von Hautkrebs ist ein wichtiges Thema, das hier pädagogisch wertvoll vermittelt wird. Und natürlich geht alles gut aus, wenn Rolf Zuckowski am Ende vom „Abendgold“ singt.
Simon sagt: Popcorn für alle!
Die Musik des Hamburger Songschreibers Simon Bergholz erscheint auf Zuckowskis Label für Nachwuchsmusiker „noch mal!!!“. Er hat ein ausnehmend gutes Gespür für die angesagten Themen größerer Kinder. Seine Popsongs sind voll Groove und bieten einen zeitgemäßen Sound, der durchaus jugendgerecht ist. Die rotzfrechen Stücke über Schwestern, Computer-Nerds, die erste große Liebe und das Kaugummi-Kauen gehen ins Ohr und bieten neben einer Achterbahnfahrt durch Musikstille wie Rap und Discosound zudem eine gehörige Portion Blödsinn. Also genau das Richtige für Kids, Teens und Junggebliebene.
Muckemacher: Biri Bababai
Auch die Muckemacher feuern die jugendliche Tanzwut an und es wird noch etwas weltmusikalisch kurioser mit Musikstilen wie Cumbia, Ska, Rocksteady, HipHop, Mambo und Dub. In den Songs von Verena Roth und Florian Erlbeck aus Berlin geht es um starke Mädchen (“Rude Girls”), Ausgrenzung (“Käsebrot”) und die leidige Wegwerfgesellschaft (“S.O.S.”). Es ist bereits die dritte CD des Duos und sie erscheint auf ihrem eigenen Label. Verena und Florian bieten schöne, handgemachte Musik, die locker aus dem Schema F heraus fällt. Der lautmalerische Albumtitel spricht Bände.
Es sind drei sehr unterschiedliche Konzepte, die alle ihren Reiz haben und die ich uneingeschränkt empfehlen kann. Das frische Musikhörspiel mit Botschaft, die jugendgemäßen Themen von Simon und die musikalische Vielfalt der Muckemacher. Jede dieser CDs hat ihren Reiz und kann Schwung ins Haus bringen.