„Liebe ist das, was man tut“: Mit solchen Textzeilen und dem Song „Rettung“ starten Marcus Wiebusch und Kettcar ihr neues Livealbum „…und das geht so“. Es war das 2017er Werk „Ich vs. Wir“, das die Band zu den größten Konzerten ihrer Geschichte führte. Und weil man aufhören (oder zumindest Pause machen) soll, wenn es am schönsten ist, veröffentlichen die Hamburger einen Konzertmitschnitt, um die Pause von noch undefinierter Länge einzuläuten. Bleibt zu hoffen, dass es nur eine kurzes Verschnaufen sein wird, denn Kettcar waren in den vergangenen zwei Jahren nicht nur so gut wie immer – sie waren noch besser!
„Ich vs. Wir“ ist schnell zu einem meiner Lieblingsalben der letzten Jahre avanciert. Und (sozusagen als „Spätberufener“) wurde das erste Kettcar-Konzert, das ich erleben dürfte, zu einer Art Erweckungserlebnis. Wenn Wiebusch anfängt, seine in Songs gepackten Anekdoten und Geschichten auf der Bühne auszuleben, führt dies zu magischen Momenten. An „Sommer ’89“, „Benzin und Kartoffelchips“ sowie „Trostbrücke Süd“ kann ich mich gar nicht satt hören. Doch es sind nicht nur die neuen Stücke – die Band um Wiebusch und Reimer Bustorff gibt hier einen karriereumspannenden Überblick. 21 Titel, die sinnbildlich für die Emotionen, die Ideen, die Philosophie und die anklagende Attitüde der Band stehen.
„…und das geht so“ zeigt uns, wie’s geht. Der Mitschnitt wird zum unverwechselbaren Liveerlebnis. Mit knappen aber vielsagende Ansagen („Humansimus ist nicht verhandelbar“). Mit starken Arrangements, erweitert um ein kongeniales Bläsertrio, das den Songs neuen Drive verleiht. Die perfekte Setlist enthält auch Wiebuschs Solosong “Der Tag wird kommen” über einen homosexuellen Fußballstar. Der verursacht mir jedes Mal Gänsehaut. Gegen Ende folgt das umjubelte „Landungsbrücken raus“, das Marcus Wiebusch mit den Worten „In Städten mit Häfen haben die Menschen noch Hoffnung“ einläutet. Zu „Deiche“ und dem uralten Kracher „Mein Skateboard kriegt mein Zahnarzt“ kommt ein letztes Mal Feierstimmung auf.
Wie soll man das alles zusammenfassen? „…und das geht so“ ist für mich die perfekte Liveplatte zum Immer-wieder-hören. Sie weckt Erinnerungen an ein wundervolles Konzerterlebnis, kann aber auch für sich stehen. Wichtige Songs, keine Lückenfüller, eine Atmosphäre, wie sie nur Meister ihres Fachs schaffen können. Man kann Anfang 2020 die Band noch auf wenigen Konzerten live erleben. Bleibt zu hoffen, dass die angekündigte Pause nicht zu lange dauert.
Nachdem Wincent Weiss im Februar 2018 mit seiner Akustik-Tour noch in der kleineren Europahalle weilte und das Trierer Publikum mit einem Sitzkonzert verwöhnte (HIER unser Bericht zum Konzert in der Europahalle Trier 2018), musste jetzt die Arena dran glauben. Die fünffache Zuschauermenge mit Stehplätzen im Innenraum – ein fantastisches Liveerlebnis – eine gigantische Show. Das Publikum vereinte alle Generationen und viele Kinder freuten sich auf ihr erstes Konzerterlebnis, während die Mädelsfraktion in Windeseile die vorderen Reihen stürmte und sich dort mit Bannern und Pappschildern breit machte. Zum Glück gab es eine lange erste Reihe, denn die Produktion sah einen langen Laufsteg vor, der mitten ins Publikum führte.
Die Bühne war zu Beginn noch verhangen und kurz vor 20 Uhr startete Bengio, der Sänger/Songwriter aus Fulda. Er bot eine Mischung aus Pop und HipHop. Vor allem emotionale Songs, die er mit sanfter Stimme vortrug. Dazu durfte er ein großes Banner am Bühnenvorhang hissen, drei Instrumentalisten mitbringen und den Laufsteg für seine Performance nutzen. Das ist nicht selbstverständlich für einen Support und man sollte es Wincent hoch anrechnen, dass er Bengio diese Möglichkeit gibt. Vermutlich weiß er selbst, was eine solche Unterstützung bedeutet. Es ist gerade mal drei Jahre her, dass Max Giesinger den damals 23jährigen Wincent Weiss mit auf Tour nahm, der mit dem Radiohit „Musik sein“ erste Erfahrungen gesammelt hatte. Und damit begann das Märchen des Sängers aus Bad Oldesloe (HIER unser Bericht zum Konzert in der Garage Saarbrücken 2016).
Bengio beendete seinen 35minütigen Set mit dem Song „Irgendwas“, den er gemeinsam mit Yvonne Catterfeld aufgenommen hat und der dann doch vielen Zuschauern vage bekannt vorkam, und der aktuellen Single „Fan von dir“, die ordentlich abgefeiert wurde. Bengio war ein durchaus starker Support – und er wird bestimmt noch länger in Erinnerung bleiben.
Der Umbau dauerte bis um 21 Uhr und pünktlich ging es los mit Wincent Weiss, der sich allein mit Gitarre im vorderen Teil des Laufstegs einfand. Ein stiller, sehr heimeliger Beginn – und der perfekte Moment für erste Mitsing-Einlagen des Publikums. Doch dann ging es noch während des Songs in die Vollen und man konnte ahnen, was einen erwarten würde: Pyro mit Knalleffekt und ein Konfettiregen leiteten „Kaum erwarten“ ein. Wincent begrüßte das Publikum vom Bühnenrand, ein Hüpfer über unsere Fotografen Alexander Moell, um den ich dabei schon ein wenig Angst hatte (HIER die Konzertfotos aus Trier 2019), und wie der Blitz stand Wincent schon zum dritten Stück „Hier mit dir“ mitten in der Menge und räumte das Feld vom Mischpult her auf.
Was für eine Energie in dieser Show! Immer in Bewegung – hautnah zu den Zuschauern und voller Power beim Gesang. Dazu hatte er eine formidable Liveband mit dabei. Vor allem Gitarrist Benni Freibott ragt kongenial heraus und bietet seine eigene Instrumentalshow mit fulminanten Soli und perfekten Gesangseinlagen in den Höhen. Wer die Karriere von Wincent Weiss verfolgt hat, der sich in drei Jahren und zwei Alben vom One-Hit-Radiowunder zum Arenen füllenden Star gemausert hat, erkennt, dass dieser alles richtig macht und einen erfolgreichen Karriereplan verfolgt. Ob gewollt oder nicht – es gibt keine halben Sachen. Und diese Hammershow, die allen lange in Erinnerung bleiben wird, ist ebenso Teil dieser Erfolgsgeschichte wie ein solcher Gitarrenheld. Hinzu kommt Wincents frisches Auftreten, der hier sichtbar sein Ding macht.
Im ersten ruhigen Moment erzählte er vom lange zurückliegenden Trier-Erlebnis mit einem Freund im Südbad. Ein Raunen ob dieser Anekdote. Dann Europahalle und gleich beim dritten Besuch in der Arena. So schreibt man Trier-Geschichte. „Einmal im Leben“ tauchte die Arena wieder in Regenbogenfarben. Wincent scheint bunte Farben und Konfetti zu lieben. Bei „Unter meiner Haut“ war er schon wieder mitten unter den Fans und danke ihnen dafür, ihm schon nach zwei Alben solche Konzerte zu ermöglichen. Sehr authentisch und sympathisch.
„Weck mich nicht auf“ war dann eigentlich ein Weckruf für alle, die in emotionale Gefilde wegzudriften drohten. Rockige Power, ein Gitarrensolo, Flammenpyro bis hin zu dem Moment, in dem Wincent selbst an den Armen in Flammen stand. Das waren Show-Momente! Danach wurde es wieder ruhiger. Zunächst mit dem anklagenden „1993“ gerichtet an seinen Vater, den er nie kennen gelernt hat, dann „Herzschlag“ akustisch vorgetragen für die kleine Schwester, die er so oft vermisst, wenn er auf Tour ist. Im Glanz Tausender Handylichter waren das sehr romantische Momente. Der Akustikset auf dem Laufsteg wurde fortgeführt mit einem Medley bekannter Deutschpop-Titel wie „Chöre“, „80 Millionen“, „Holz“, „Vincent“, „Pocahontas“, „Tausend Tattoos“ und „Cordula Grün“. Spätestens bei letzterem sang die komplette Halle lautstark mit.
Im Anschluss wieder Publikum-Action: „365 Tage“ ließ alle in die Hocke gehen und auf Zuruf springend abfeiern. Zu „Was machst du nur mit mir“ konnte erst die Band auf dem Laufsteg Übungen im Synchrontanz vollziehen, bevor das Publikum zum ultimativen Stopptanz aufgefordert wurde. Es folgte Wincents erster große Hit „Musik sein“ und der Sänger kletterte (vermutlich zur Freude der Security) die eingefahrenen Tribünenwände hoch zum sitzenden Publikum. Agil und sportlich – schließlich sollte jede und jeder Anwesende ihn hautnah erleben dürfen.
Wer bis dahin noch keine Berührung ergattert hatte, durfte jetzt bei „Frische Luft“ sein Glück versuchen, als Wincent sich crowdsurfend durch die Menge bewegte. Kein Rock-Klischee, das er nicht gekonnt bediente, bis hin zu den riesigen Luftballons, die nun zum letzten Abfeiern vor dem Zugabenblock ins Publikum geschossen wurde.
Kann man diese Fete noch toppen? Als Zugabe lieferte Wincent ein Hardrock-Medley von Songs seines ersten Albums, bei dem die Instrumentalfraktion nochmal ihr ganzes Können zeigen durfte. Damit hatte er zum Schluss vermutlich sein komplettes Repertoire aus zwei Alben gespielt. Auch eine Leistung!
Die letzte emotionale Ansage ging an eine Freundin, die sich nach fünf Jahren Beziehung von ihm getrennt hatte und für die er den Song „Pläne“ geschrieben hat. Großaufnahmen zeigten ihn mit Tränen im Gesicht. Also auch an Wincent Weiss gehen die persönlichen Momente nicht spurlos vorüber. Und zum furiosen Ende der 2-Stunden-Show gab es „Feuerwerk“. Und – ja! – mit echtem Feuerwerk in der Arena. Das kontrollierte Abschießen von Feuerwerkskörpern in der Arena habe ich auch noch nicht erlebt. Ein explosives Ende einer beeindruckenden Show. Man mag sich nicht vorstellen, wie Wincent das noch steigern will. Beim nächsten Besuch in der Region wird die Arena vermutlich nicht mehr ausreichen.
Wincent Weiss – Setlist, Arena Trier, 28.11.2019
Irgendwie anders
Kaum erwarten
Hier mit dir
Einmal im Leben
Jemanden vermissen
Unter meiner Haut
Weck mich nicht auf
1993
Herzschlag
Medley (deutsche Songs)
365 Tage
Was machst du nur mit mir
Musik sein
Frische Luft
An Wunder
Ende der 90er Jahre schaffte das Electronica-Duo aus Manchester seinen internationalen Durchbruch mit dem dritten Album. Als „Surrender“ im Sommer 1999 in die Läden kam, hatten The Chemical Brothers bereits ihren eigenen Mythos kreiert. Vorausgegangen war die Single „Hey Boy Hey Girl“. Diese wurde in kürzester Zeit zur Hymne der Clubszene – und das weltweit!
„Surrender“ hatte allerdings weit mehr als nur gute Tracks zu bieten, wie „The Sunshine Underground“ – das Herzstück des Albums. Vokalisten wie Bernard Sumner, Hope Sandoval, Jonathan Donahue und Noel Gallagher wurden in die Songs der Band eingebaut, weniger in Form von Gastsängern, mehr als Bestandteile eines Soundsystems. The Chemical Brothers boten zudem ein volles, visuelles Spektrum – dazu hat Kate Gibbs halluzinatorisches Artwork einen großen Teil beigetragen.
„Surrender“ wurde 1999 bei den Q-Awards zum „Album of the Year“ gekürt, ein Jahr später gewann die Band den Award als „Best Dance Act“ bei den Brit Awards. Es folgte ein Auftritt als Headliner beim Glastonbury Festival, ein legendärer Gig (und zwar kurz bevor der Zaun um das Festivalgelände aufgrund des großen Andrangs förmlich explodiert ist).
Die Anniversary Version in der Deluxe-Ausgabe enthält elf Tracks mit zwei zusätzlichen CDs mit unveröffentlichten Titeln und einer DVD (u.a. Live-Footage enthält, gefilmt von der BBC beim Glastonbury Festival 2000, das seit der Live-Ausstrahlungen nicht mehr gezeigt wurde). Im Package enthalten ist außerdem ein exklusives Buch mit Liner Notes und Drucken des kultigen Artworks.
Mir liegt zur Review nur die Doppel-CD mit dem Originalalbum sowie einer Bonus-Disc voller B-Seiten und Remixe vor. Nicht das ultimative Fanpaket, aber allemal gut genug, um diesen Meilenstein gebührend zu feiern und sich in eine Zeit zurück zu denken, als die elektronische Musik den Sprung von trendy zu kultig schaffte.
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Der aus Uganda stammende Brite Michael Kiwanuka hat vor kurzem sein viertes Album mit dem schlichten Titel „Kiwanuka“ veröffentlicht und damit mühelos an die unter anderem von Danger Mouse produzierten großartigen Vorgängeralben angeknüpft. Seine gitarrenfokussierte und traditionsbewusste Retrosoulmusik hat weltweit sehr viele Fans, auch wenn die goldenen Jahre dieses Genres schon fast über 50 Jahre zurückliegen. Verstecken muss sich Michael Kiwanuka vor dem großen Helden wie Bill Withers aber keineswegs, seine Alben klingen sehr modern und live weiß der Shootingstar sowieso zu überzeugen.
So ist es auch kein Wunder, dass seine aktuelle Europatournee nahezu ausverkauft ist und man auch für sein Gastspiel in der Kölner Essigfabrik nach wenigen Tagen des Vorverkaufs kein Ticket mehr ergattern konnte. Seine Fans müssen in der restlos überfüllten Essigfabrik allerdings lange auf den leuchtenden Stern des Soulhimmels warten, angekündigt ist er für 20:00 Uhr, die Bretter besteigt er allerdings erst um 21:00 Uhr.
Dann gehen endlich die Lichter aus und die Band betritt die Bühne und beginnt sich mit „Piano Joint“ langsam einzugrooven. Wenige Momente später folgt Michael Kiwanuka unter großem Applaus, winkt kurz schüchtern ins Publikum und steigt mit in den Song ein. Auf „Piano Joint“ folgt mit „You Ain’t The Problem“ ein weiterer Song seines aktuellen Albums. Spätestens hier muss sich auch der letzte Konzertbesucher zwangsweise bewegen, was die tropischen Temperaturen in der Essigfabrik noch einmal ansteigen lässt.
Die Setliste ist eine bunte Mischung aus neuen und älteren Stücken. „Black Man In A White World“ von seinem Album „Love & Hate“ darf dabei ebenso wenig fehlen wie das im Zugabenblock gespielte „Home Again“ vom gleichnamigen Album. Die auf den Silberlingen vorhandenen Bläser- und Streicherarrangements fehlen live nur bedingt, die Band ist eine groovende Bestie die angeführt von ihrem Mastermind jederzeit zu überzeugen weiß. Michael Kiwanuka’s unverwechselbare Stimme sticht dabei besonders bei den ruhigeren Songs in der Mitte des Sets hervor. Fast zerbrechlich und überaus gefühlvoll intoniert er „Light“, ein absolutes Meisterwerk welches durch ausgefeilte Akkordharmonien und eine wunderbare Gesangsmelodie hervorsticht. Das Publikum dankt der Darbietung durch andächtiges Lauschen.
Die beiden erfolgreichsten Songs „Cold Little Heart“ und „Love & Hate“ stellen den Abschluss eines großartigen Konzertabends dar, auch wenn ein kleiner Wermutstropfen für den gitarrenbegeisterten Schreiberling dieses Artikels bleibt: Das gilmoureske Gitarrenintro zu „Cold Little Heart“ wird leider nicht gespielt, zählt es doch zu den Aushängeschildern seiner vorzüglichen Gitarrenarbeit.
Ende 2018 gab es ein spezielles Best of-Album der ultimativen Boyband: Take That hatten sich etwas Besonderes einfallen lassen, die bekannten Tracks neu eingespielt und in Form eines Konzeptalbums zusammengestellt. “Greatest Hits” hin und her – das war ganz nach meinem Geschmack!
Anlässlich ihres 30-jährigen Band-Jubiläums waren sie dann im Jahr 2019 auf großer Live-Tournee und präsentierten ihre Songs mit einer spektakulären Shows und einer absolut innovativen Bühnenproduktion.
Ja – Take That sind (auch in der Dreierbesetzung) eine der erfolgreichsten Live-Bands aller Zeiten. Darum lohnt sich der Konzertfilm „Odyssey – Greatest Hits Live“, der Mitschnitt aus dem Cardiff Principality Stadium, allemal.
Gary Barlow, Howard Donald und Mark Owen fahren eine unvergessliche Show auf – mit Tänzern und schillernder Kulisse, mit riesigen LCD Leinwänden, mit spektakulären Elementen und unvergessenen Songs. Da das Konzert in Kinosäle weltweit übertragen wurde, darf man sich auf ein perfektes Event freuen.
Als Bonus gibt es ein Interview mit Fan-Fragen, in dem das Trio unter anderem über die Besonderheiten der Cinema-Liveshow spricht.
Eigentlich wollte er Posaune und Schlagzeug studieren – doch abgeschlossen hat er schließlich im Jazzgesang. Seit Anfang des Jahrtausends hat er sich Zug um Zug einen Spitzenplatz in der deutschen Musikszene erarbeitet. 2007 änderte er seinen Namen von Tom Gäbel in Tom Gaebel, um auch international zu punkten.
Dr. Swing (wie ihn seine Fans nennen) hat inzwischen unzählige Alben veröffentlicht und zählt zu den Besten seines Faches – als Entertainer, Big-Band-Leader und Crooner. Am 24.11.2019 gastierte er mit seinem aktuellen Album „Perfect Day“ in der gut besetzten Stadthalle in Merzig.
Das Bühnenbild ließ ahnen, dass uns ein fulminanter Bigband-Sound erwartete. Elegant der strahlende Schriftzug seines Namens, im Hintergrund farbige Leuchtdioden. Zunächst enterten Blechbläser, Piano, Schlagzeug, Percussion, Gitarre und Kontrabass die Bühne – dann war der Meister mit einem motivierten Sprung in der Mitte und startete den Set überraschend mit dem Rocky-Titelthema „Eye Of The Tiger“ in einer eleganten Swingversion.
Das Konzert hatte schon um 19 Uhr angefangen, was Tom zur Bemerkung veranlasste: „Dann sind wir ja zum Tatort fertig“, was viel Gelächter auslöste. Nein – mehr als 75 Minuten sollten es schon werden. Für „Feels Like Home“ brachte er die Zuschauer zum Mitpfeifen. Die locker-spritzigen Ansagen und das charmante Auftreten taten neben der starken Musik ihr Übriges dazu, dass das Publikum von Beginn an gut mitging.
„The Best Things In Life Are Free“ hieß es weiter. Und Tom Gaebel machte deutlich, dass auch kostenpflichtige Events zu den guten Dingen des Lebens gehören. Das bewies er sogleich mit dem Evergreen „L-O-V-E“ von Bert Kaempfert. Diese Swinghits, die jeder mitsingen kann, waren das Salz in der Suppe. Aber es ging auch in andere Metiers, beispielsweise zum Western-Soundtrack „The Good, The Bad And The Ugly“ von Ennio Morricone. Hier machten nicht nur die Zuschauer sondern auch ein irgendwo im Publikum versteckter Hund lautstark mit.
Es gab Ausflüge zum Mambo, dann ging’s wieder zurück zu den großen Stimmgewalten: „Help Yourself“, im Original von Tom Jones, meisterte der Namensvetter mit Bravour. Der Klassiker „Teach Me Tonight“ wurde in den Sparten Soul, Swing und Jazz vorgetragen. Gaebel beherrscht viele Metiers und glänzte durchweg mit seiner Stimme.
Man soll aber auch die Band nicht vergessen, die mit „Someone Else“ die erste Konzerthälfte beschloss. Meister ihres Fachs, die sich immer wieder zu solistischen Einlagen hinreißen ließen oder den Sänger einzeln mit ihren Instrumenten begleiteten. Mit den Worten „Rasselt Oma mit dem Säbel, schenk ihr was von Tom Gaebel“, entließ man die Fans nach 50 Minuten in die Pause und an den Merchandise.
Danach ging es frisch und gekonnt weiter, beispielsweise mit einem Bossanova-Medley, das neben dem bekannten „Girl From Ipanema“ auch umgewandelte Jazz-Standards wie „Fly Me To The Moon“ und „Under My Skin“ beinhaltete. Dann wurde es futuristisch – zu meiner großen nostalgischen Freude spielte das Orchester tatsächlich die Titelmelodie von „Captain Future“.
Schließlich wurde die Hitdichte noch höher: „Strangers In The Night“ verursachte ein wohliges Schauern. „What About Love“ gab es in einer deftigen Rockabilly-Version und Sam Cookes „Wonderful World“ ließ einige Seufzer im Publikum hören. Ein Highlight war definitiv Toms emotionale Sinatra-Interpretation: Während „Old Man River“ (und auch einige Sekunden nach dem Schlussakkord) hätte man eine Stecknadel fallen hören können. Ein wirklich magischer Moment, den auch „Can’t Take My Eyes Of You“ nicht mehr toppen konnte.
Die Zugaben ab 20.50 Uhr bestritt Tom mit dem schelmischen „Just A Gigolo“ und einem fantastischen, 50 Jahre alten Song, den jeder mitsingen konnte: „My Way“. Wenn Tom den Frank gibt, kennt die Begeisterung keine Grenzen. Doch auch darüber hinaus zeigte er eine schöne Vielfalt und glänzte mit den Originalsongs vom Album „Perfect Day“ als Songwriter.
Das Publikum bejubelte alle Songs und durchlebte einen sichtbar schönen Abend. Jetzt geht es mit der „Swinging Christmas Show“ weiter und parallel kann man „Gaebel sings Sinatra“ als Showkonzept erleben. Lohnenswert ist jedes seiner Konzerte.
Nach zwei Jahrzehnten im Musik-Business können Dashboard Confessional auf mittlerweile sieben Alben zurückblicken, wobei zwischen „After The Ending“ und dem im vergangenen Jahr veröffentlichten „Crooked Shadows“ eine Lücke von neun Jahren klafft, die mit zwei EPs aber zumindest notdürftig gestopft wurde. Am Zuspruch der Fans dürfte dies kaum gelegen haben. Immerhin waren sie es, die Dashboard Confessional 2002 dazu verhalfen, als erste Band ohne Millionenverkäufe für eine MTV-Unplugged-Show eingeladen zu werden. Seitdem besteht zwischen Fans und Band eine ganz besondere Beziehung, was auch an diesem Abend im ausverkauften Kölner Luxor zu beobachten ist.
Vorher bemüht sich Cory Wells eine halbe Stunde lang darum die etwa 400 Kölner, die den Weg in den legendären Club an der Luxemburger Straße gefunden haben, alleine mit seiner Akustikgitarre zu unterhalten. Er erntet freundlichen Applaus, obwohl spätestens nach dem dritten Song jedes Stück gleich klingt. Vielleicht sollte man sich mal sein vor einer Woche erschienenes Debütalbum „The Way We Are“ anhören, um einen besseren Eindruck zu gewinnen. Ich schreibe es auf meine imaginäre To-Do-Liste.
Stilistisch passt Wells jedenfalls wie die Faust aufs Auge zum weiteren Verlauf des Abends. Dashboard Confessional entstanden 1999 ja bekanntlich als Solo-Projekt von Chris Carrabba und als solches ist er aktuell auf Tour. Auf der Bühne wechselt sich also ein Mann mit Akustikgitarre mit einem anderen Mann mit Akustikgitarre ab. Die „Umbaupause“ dauert nur 10 Minuten. „The Best Deceptions“ heißt der Opener, mit dem Carrabba sein Ein-Mann-Konzert beginnt. Optisch erinnert der 44-Jährige mit Bart, langen Haaren und grauem Hut an ein Mitglied der Amish-Sekte. Dass er heute ähnlich einem Prediger zu seinen Jüngern spricht möchte ich zwar nicht behaupten, aber die starke Verbindung zu seinen Fans macht Chris Carrabba einmal mehr dadurch deutlich, indem er sie per Zuruf die Setliste des Abends bestimmen lässt. So entsteht im Luxor ein fast zweistündiges Best Of aus dem Backkatalog von Dashboard Confessional. Am Ende gewinnt „Dusk And Summer“ von 2006 mit fünf Songs.
Chris Carrabba wirkt dabei fast schüchtern und zurückhaltend und seine Ansagen zwischen den Stücken sind manchmal so leise, dass sie am anderen Ende des wahrlich nicht großen Luxor kaum zu verstehen sind. Das alles und natürlich die Textsicherheit der Fans trägt dazu bei, dass man sich wie auf einem Familientreffen fühlt. Auf der Bühne flüstert und schreit sich Carrabba als menschgewordene Jukebox durch die ihm zugerufenen Songtitel und überlässt den schon traditionell sangesfreudigen Kölnern ein ums andere Mal das Feld. Die Stimmung im Publikum pendelt zwischen lautstarker Begeisterung und stiller Bewunderung. Dass es offensichtlich auch eingefleischte Fans aus Holland und Großbritannien nach Köln verschlagen hat, wird deutlich, als meine Begleiterinnen und ich von einem genervten Jüngling auf Englisch dazu aufgefordert werden leiser zu sein. Ich möchte ihm ein freundliches „Alaaf“ zurufen, entscheide mich im Sinne der Völkerverständigung aber dagegen und unterhalte mich weiter.
Das muss auch deshalb erlaubt sein, weil Chris Carrabba es trotz seiner unbestrittenen musikalischen Fertigkeiten nicht schafft über die gesamte Konzertlänge zu fesseln. Spannend wird es immer dann, wenn er zu gesanglichen Emotionsausbrüchen ansetzt, aber die überwiegende Zeit steht da einfach ein Mann mit Akustikgitarre und spielt schöne Lieder. Als er um 22 Uhr die Bühne verlässt hat man das Gefühl einen netten Abend mit netten Leuten verbracht zu haben, der aber genauso gut in der Kneipe nebenan bei Musik aus der Konserve hätte stattfinden können. Chris Carrabba zieht laut Tourplan weiter nach Holland und es bleibt zu hoffen, dass er bald wiederkommt – dann aber gerne in voller Bandbesetzung.
Das man das noch erleben durfte! Zwei 100minütige formidable Progressive Rock-Konzerte in der renommierten Trierer Tuchfabrik. Dort, wo sich sonst Kleinkunst, Musical, Theater, Kabarett und „Just Sing“ die Klinke in die Hand geben. Zugegeben – es fanden und finden auch starke Rockkonzerte dort statt. Doch haben diese eher Seltenheitswert und widmen sich meist regionalen Gruppierungen wie das „Tefftival“ zur Weihnachtszeit.
Jetzt also zwei Progbands, die in der Artrock-Szene einen sehr hohen Bekanntheitsgrad haben. t aus Hannover und Crystal Palace aus Berlin. Schuld daran hat definitiv t alias Thomas Thielen, der aus der Eifel stammt, in Trier studiert hat, inzwischen aber im halbwegs hohen Norden lebt. Es war ihm ein Anliegen, seinen Tourabschluss in Trier zu feiern (lest HIER unser Interview vom März 2019). Und so trat er in Kontakt zur Tufa Trier und stieß dort als aus der Region stammender Künstler auf offene Ohren.
Eigentlich müsste man sagen, das Experiment sei missglückt. Nur 80 Zuschauer verloren sich im großen Saal der städtischen Einrichtung – und während des Gigs von Crystal Palace dezimierte sich die Menge noch um diejenigen, die entweder nur wegen der lokalen Bekanntheit von t gekommen waren oder denen die zweite volle Konzertlänge einfach zu lang war. Außerdem war es ziemlich kalt in der Tufa – irgendwo muss die Stadt ja sparen.
t hatte gut Werbung gemacht, ein Interview beim Volksfreund (der hiesigen Tageszeitung) gegeben, alte Studienfreunde alarmiert und überhaupt ist er vor allem in Marillion-Kreisen hoch angesehen, von deren Fanclub sich ebenfalls eine Reihe Mitglieder einfand. Außerdem fuhr er groß auf – mit Merchandise beider Bands, mit einem eigens zum Konzert etikettierten Likör. Es wurde ein rauschendes musikalisches Fest mit zwei fantastisch aufgelegten Bands, die ihr Bestes gaben. Das „missglückt“ von oben will ich damit auch direkt revidieren: Es bezieht sich ausschließlich auf die Zuschauerzahl. Jeder, der nicht da war und einigermaßen auf handgemachte Musik steht, sollte sich in den Allerwertesten beißen. Der Sound war überwältigend und man konnte Instrumentalisten und Sänger bei der Arbeit beobachten und hören, die ihr Handwerk wirklich verstehen und zur Elite in Deutschland zählen.
t begann seinen Set fast pünktlich um 20.10 Uhr mit (will soll es anders sein) einem Longtrack: „The Aftermath Of Silence“ vom 2013er Album „Psychoanorexia“ inklusive sphärischer Geräusch- und Soundkulisse aus dem Keyboard und den Samplern von Sounddesigner Dominik Hüttermann, der ebenso wie Thielen in Trier studiert hat und schon damals mit ihm auf einer musikalischen Wellenlänge war. Wie t betonte: „Viel von dem, was ihr hier hört, ist in einer kleinen Studentenbude im Trimmelter Hof entstanden. Keine Ahnung, wie wir den Sound damals so gut hinbekommen haben.“ Vermutlich eine Verkettung glücklicher Umstände.
Weiter ging es mit „Shades Of Silver“ von „Fragmentropy“. Klar machte sich Thomas einen Spaß daraus, auf seinen unaussprechlichen Albumtiteln rumzureiten: „Fragt einfach nach dem Album mit F“. Das aktuelle Album „Solipsystemology“ (HIER unsre Review) wurde übrigens gar nicht im Set berücksichtigt. Das hat aber keinesfalls mit einer vielleicht fehlenden Qualität zu tun – höchstens mit dem ausgetüfftelten Sounddesign. Und natürlich mit der Tatsache, dass t das Trierer Konzert bewusst aus den Songs zusammengeschustert hat, die einen Bezug zu Deutschlands ältester Stadt und seiner Studentenzeit dort haben.
Es folgte „Irrelevant Lovesong“, einer der bekanntesten Songs der deutschen ArtRock-Szene, der gerne mal als „perfekter Popsong“ bezeichnet wird, wobei die drei lauten Gitarren doch eher in den Rockbereich weisen. Thielen hat sich für die Tour eine beeindruckende Band zusammengestellt. Mit Dominik Hüttermann, Produzent und Virtuose am Klavier, verbindet ihn eine jahrzehntelange Freundschaft. An der Gitarre sagte Jan Steiger, Gitarrist der besten deutschen Pink-Floyd-Tribute-Band, ebenso begeistert zu wie Yenz Strutz, eigentlich Frontman der Progrock-Veteranen „Crystal Palace“, für den Bass. Thomas Nußbaum, bekannt aus 101 Projekten für seinen ureigenen Drumstil, besorgt das Rhythmusfundament besorgen.
Nur mit einer solch elitären Band kann man Songs wie „Curtain Call“ interpretieren – ein Stück, das beschreibt, wie t als verliebter Student seiner Freundin nachtrauert, mit der er nur zwei Wochen zusammen war, bevor sie beruflich nach Vietnam gehen musste. Man konnte sich bildlich vorstellen, wie er verzweifelt hadernd durch die Saarstraße spazierte, die Luftlinie nur 200 Meter von der Tufa entfernt verläuft. Zur Auflockerung nach dieser Tristesse gab es den The Cure-Klassiker „A Forest“ in einer phänomenalen Wave-Version, die einige Anwesende zum spontanen Freudentanz veranlasste.
Es folgten „About Us“ und „Forget Me Now“. Dann verabschiedete sich die Band erstmals von der Bühne, kehrte aber zur Freude aller Anwesende Marillion-Fans mit dem Coversong „Neverland“ zurück – einem Longtrack der britischen Band, der deutlich machte, warum Thielens Stimme so oft mit Steve Hogarth verglichen wird: Er meisterte die Höhen ebenso gekonnt und ließ sich im Anschluss gehörig feiern, bevor das Konzert nach „She Said“ (dem ersten Titel, den er jemals aufgenommen hatte) nach über 100 Konzertminuten zu Ende ging.
Jetzt hätte man zufrieden nach Haus gehen können, was manche leider auch taten, aber sie haben etwas verpasst! 20 Minuten Umbau waren nötig, in denen man sich mit t und seiner Band unterhalten konnte und reichlich Merchandise über die Theke ging. Dann waren Crystal Palace angesagt. Die Berliner arbeiten wie t hart am neuen Album. Sie haben sich in 25 Jahren ihres Bestehens den Ruf einer Live-Urgewalt erspielt.
„Trulla“, Maskottchen des Marillion-Fanclubs „The Web Germany“
Leadsänger Yenz stand zunächst allein auf der Bühne. Auch eine Leistung, nachdem er sich gerade zwei Stunden genial durch den t-Set gekämpft und ihn dabei stimmlich stark unterstützt hatte. Davon ließ sich der Ost-Berliner aber nichts anmerken. Seine Stimme kam ebenso gewaltig und glasklar aus den Boxen wie der Hammersound, den die Produktion in der Tufa zu bieten hatte.
Es gab zunächst drei Titel vom aktuellen Album „Scattered Shards“. Was für eine musikalische Urgewalt! Ich muss gestehen, dass ich die Musik von Crystal Palace bisher nicht auf dem Schirm hatte. Das wird sich aber definitiv ändern! Yenz sang sich gekonnt durch die philosophischen Textpassagen und bezog sich beispielsweise bei der Ansage zu „The Logic Of Fear“ auf den in Trier geborenen Karl Marx. Das sind Statements, die ein Konzert erst so richtig rund machen und zur Vollendung führen.
Und er schlug damit den Bogen zum 2013er Werk „The System Of Events“, das gleich mit drei Titeln bedacht wurde und das auf mich noch eine Spur stärker wirkte als das aktuelle Album. Es geht um die Gräueltaten, die Menschen begehen, und Strutz erwähnte den Kampusch-Fall und die Klimakatastrophen in einem Atemzug. Es ist kein echtes Konzeptalbum, aber folgt einer thematischen Linie.
Musikalisch war das Konzert eine echte Offenbarung. Yenz ist als Sänger noch ein Stück versierter und erfahrener als t. Das konnte man deutlich spüren. Und die Instrumentalisten von Crystal Palace waren mit filigranen Soli und handwerklich perfekter Arbeit eine Wucht. Dass man ein solches Konzert hier erleben durfte… die Band hat es verdient, endlich vom Geheimtipp zu renommierten Rockern in Deutschland zu werden. In Holland werden sie ja ohnehin schon viel stärker abgefeiert als in heimischen Gefilden.
Der Set endete mit dem elegischen „Sky Without Stars“ und dem Longtrack „Beautiful Nightmares“ (ebenfalls vom System-Album) als Zugabe. Dann kam kurz vor Mitternacht nochmal die t-Band auf die Bühne und es gab einen genialen gemeinsamen Abschluss mit „Heroes“ von David Bowie. Ein wundervoller Konzertabend nahm sein Ende und viele, die eine durchaus weite Anreise von 180 oder mehr Kilometern hatten, bereuten dies vermutlich nicht. Da waren zwei Acts der Extraklasse im beschaulichen Trier – und es hat unendlich Spaß gemacht. Für t war es etwas sichtlich Besonderes, in der alten Heimat zu spielen. Hoffentlich gibt es eine Wiederholung!
Wer Kinder hat, der kommt in der Adventszeit an „In der Weihnachtsbäckerei“ kaum vorbei. Längst hat sich Rolf Zuckowskis beliebtes Kinderlied zu einem richtigen Klassiker entwickelt und nun ist daraus sogar ein ganzes Musical geworden. „Die Weihnachtsbäckerei“, von den Autoren Martin Lingau und Hannah Kohl als vorweihnachtliche Familiengeschichte um die Lieder von Rolf Zuckowski herumgedichtet, ist derzeit im Schmitz Tivoli und auf Deutschlandtour zu sehen und auch in der Musical-Hörspielfassung auf CD erhältlich.
Die Handlung ist schnell zusammengefasst: Die Geschwister Emily, Paul und Jonas wollen mit ihren Eltern Weihnachtsplätzchen backen, aber die Eltern müssen für letzte Einkäufe noch in die Stadt, wo sie dann allerdings im Schnee festsitzen. Also sind die Kinder beim Backen auf sich alleine gestellt und müssen dafür auch noch auf dem Weihnachtsmarkt die Zutaten besorgen. Das alles ist schwieriger als gedacht, aber sie bekommen zum Glück Hilfe vom Familienhund Muffin und einigen freundlichen Mitmenschen.
Eingeläutet wird das Musical mit dem stimmungsvollen „Zeit der Wunder“, bevor es mit „Höchste Zeit“ mitten in den vorweihnachtlichen Familientrubel geht. Die Eltern verkleiden sich als Nikolaus und Weihnachtsmann, natürlich zu den passenden Zuckowski-Liedern, und die Kinder sehnen sich mit „Winterkinder“ nach dem ersten Schnee. Auch ein paar von Zuckowski bearbeitete traditionelle Lieder haben es ins Musical geschafft: Mit „Schneeflöckchen, Weißröckchen“ singt der Hund den ersehnten Schnee herbei, auf dem Weihnachtsmarkt erklingt „Fröhliche Weihnacht überall“ und mit einer Darbietung von „Kling Glöckchen“ wollen sich die drei Kinder das Geld für die Backzutaten verdienen. Am Ende, wenn es endlich ans Plätzchenbacken geht, wird dann natürlich auch „In der Weihnachtsbäckerei“ gesungen. Die Lieder sind alle mit Orchester- oder Bandbegleitung neu arrangiert und als Bonus gibt es zum Schluss noch „Die Weihnachtsbäckerei-Orchester-Suite“.
Die Idee, ein Musical aus bekannten Liedern einer Band oder eines Künstlers zu machen, ist ja nicht neu, im Bereich Kinderlieder allerdings so bisher noch nicht umgesetzt worden. Bei Zuckowskis umfangreichen Weihnachtrepertoire bot sich die Thematik natürlich an – und so kommen sein Lieder mal wieder hübsch neu verpackt auf den Markt. Das Hörspiel bietet für Familien mit Kindern im Kindergarten- und Grundschulalter schöne vorweihnachtliche Unterhaltung, und die im Digipack enthaltenen Bilder lassen darauf schließen, dass das Musical auch auf der Bühne bunt und ansprechend umgesetzt wird.
Schauspieler, die plötzlich zu Sängern mutieren. Das kann gut gehen, muss aber nicht. Luke Evans, bekannt aus „The Fast & The Furious“, „The Girl On The Train“, „Der Hobbit“ und „Die drei Musketiere“, hatte schon immer eine starke Stimme. Mit 16 Jahren brach er die Schule ab und ging nach Cardiff, um dort bei einer der bekanntesten Gesangslehrerinnen der walisischen Hauptstadt Unterricht zu nehmen. Nachdem er bei der London Studio Centre Theatre School ein Stipendium erhalten und sein Studium im Jahr 2000 abgeschlossen hatte, widmete er sich seiner Schauspielkarriere. Er trat in zahlreichen Londoner East-End-Produktionen wie „Rent“, „Miss Saigon“ und „Piaf“ auf, bevor er seinen Kino-Durchbruch im Remake von „Kampf der Titanen“ (2010) feierte.
Für sein Debütalbum geht er auf Nummer sicher. Das Album beinhaltet eine vielseitige Mischung zwölf klassischer und moderner Songs, die seine einzigartige Stimme eindrucksvoll hervorheben. Die erste Single ist eine orchestrale Interpretation des Pat Benatar-Rockklassikers „Love Is A Battlefield“. Dabei ist es nicht einfach, ein Stück neu zu interpretieren, das jeder schon im Schlaf mitträllern kann. Luke schafft es, dem Song mit seiner sanften und doch kraftvollen Stimme ein Stück Eigenständigkeit mitzugeben.
Für „With Or Without You“ von U2 fährt er einen orchestralen Sound auf. Das klingt zu Beginn schmalzig, führt aber zu einer schlussendlich sehr energischen Interpretation, die viel besser ist, als ich befürchtet hatte. Songs wie Maria McKees 90er-Jahre-Powerballade „Show Me Heaven“, Chers „If I Could Turn Back Time“, Etta James Jazzstandard „At Last“ sowie Roberta Flacks „First Time I Ever Saw Your Face“ ergänzen die Tracklist.
„Das Album ist eine Neuauflage bekannter Songs“, erklärt Evans. „Wir suchten nach solchen, die wir auf das Wesentliche reduzieren und dann neue Arrangements hinzufügen konnten. Wir wollten eine Pop-Hymne oder Powerballade aus den 80er Jahren in etwas Akustisches und Intimes verwandeln, aber dennoch die Essenz des Originals bewahren.“
Der letzte Song ist „Bring Him Home“ aus dem Musical „Les Miserables“. Und hier wird nochmal deutlich, dass das Album auch hätte ganz anders klingen können. Luke Evans hat eine fantastische Musical-Stimme, doch er lässt dies über die CD-Länge keineswegs raushängen. Stattdessen zeigt er Vielfalt und Ideenreichtum. Selbst Titel, die man nur aus weiblichem Mund kennt, veredelt er gekonnt. Bleibt abzuwarten, ob dies auch mit eigenen Stücken gelingt, falls er dieses Wagnis eingehen mag.
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Mit über 80 Millionen verkaufter Alben und 16 Top 30 Hits, sind Foreigner ohne Zweifel eine der berühmtesten Rockbands der Welt. Auf „Double Vision: Then And Now“ steht nun erstmals in ihrer über 40-jährigen Bandgeschichte die Originalbesetzung rund um die Gründungsmitglieder Lou Gramm und Mick Jones gemeinsam mit dem aktuellen Foreigner Line-Up auf einer Bühne. Das Ergebnis ist eine der heiß ersehntesten Wiedervereinigungen der Musikgeschichte.
Das Livealbum auf CD/DVD ist ein wahrer Rock’n’Roll-Meilenstein, sowohl für Fans der ersten Stunde als auch für Fans der neuen Generation. Aufgenommen im Zuge des 40. Jubiläum ihres mehrfach mit Platin ausgezeichneten Albums „Double Vision”, präsentieren Foreigner ihre großen Hits einmal mehr in Top-Form und auf ganz besondere Art und Weise: Es gibt die Klassiker des besagten Albums („Hot Blooded“, „Blue Morning, Blue Days“) und weitere Hits in formifablen Rockversionen, die einfach nicht fehlen dürfen: „Cold As Ice“, „Juke Box Hero“. Hinzu kommen die unvermeidlichen Balladen: „Waiting For A Girl Like You“ und „I Want To Know What Love Is“.
Der Rundumschlag durch die lange Karriere ist also gelungen, wenn auch Alben wie das aktuelle Werk „Can’t Slow Down“ (2009) fast komplett verschwiegen werden. Was aber gut kommt, ist die Zusammenstellung formidabler Rockgrößen, die hier gemeinsam musiziert: Die Originalbesetzung mit Lou Gramm, Al Greenwood, Dennis Elliott, Ian McDonald und Rick Wills rockt die Bühne mit Bandleader Mick Jones und Foreigner – Kelly Hansen, Tom Gimbel, Jeff Pilson, Michael Bluestein, Bruce Watson und Chris Frazier. Am Anfang steht noch die aktuelle Besetzung auf der Bühne, ab „Feels Like The First Time“ rocken die alten Recken – und für die letzten beiden Titel gibt es den kompletten Zwölferpack.
Das entsprechende visuelle Material weiß ebenso zu gefallen: Gefilmt aus über 24 Kamerapositionen in 4K Ultra HD bietet „Double Vision: Then And Now“ ein beeindruckendes Multimedia-Set-Design mit maßgeschneiderten CGI-Animationen, Lasern, Nebel und aufwendigen Effekten, die diese überwältigende Performance auf ein neues Niveau heben.
ALBUM TRACK LIST
Cold As Ice
Head Games
Waiting For A Girl Like You
Headknocker
The Flame Still Burns
Urgent
Juke Box Hero
Feels Like The First Time
Double Vision
Blue Morning, Blue Day
Long, Long Way From Home
Dirty White Boy
I Want To Know What Love Is
Hot Blooded
DVD & BLU-RAY TRACK LIST
Cold As Ice
Head Games
Waiting For A Girl Like You
Headknocker
Say You Will
Urgent
Starrider
Juke Box Hero
Feels Like The First Time
Double Vision
Blue Morning, Blue Day
Long, Long Way From Home
Dirty White Boy
I Want To Know What Love Is
Hot Blooded
+ Bonus:
The Flame Still Burns
Fool For You Anyway
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“Kein Schwein ruft mich an” – so klagte Max Raabe bereits 1992 vor Beginn des Handy-Booms und berührte mit diesem Schlager im Stil der Comedian Harmonists das deutsche Publikum. Gemeinsam mit seinem Palast Orchester bringt er seither erfolgreich die goldenen 20er und 30er Jahre weltweit in die Konzertsäle zurück.
Seine Konzerte sind eine willkommene Zeitreise in die Gepflogenheiten jener Zeit. Er tritt elegant gekleidet auf, lässt sich von seinem vorwiegend männlichen Orchester zuzüglich Quotenfrau gekonnt begleiten und besticht vor allem durch seine überaus höflichen Ansagen. Wo erlebt man es heute noch, dass ein Künstler sein Publikum siezt?
Vom musikalischen Auftreten unterscheidet sich das MTV unplugged gar nicht so sehr von den „normalen“ Konzerten des Künstlers. Man musste also andere andere Akzente setzen: An zwei Nachmittagen im Mai versammelten sich an die 40 ein wenig aufgeregte, auffallend gut gekleidete Menschen, ein paar davon stilecht im Look der 20er Jahre, im Shabby Chic des Gartens von Clärchens Ballhaus in Berlin Mitte. Sie waren das handverlesene Publikum für die Aufzeichnung, die nun auf CD und DVD erscheint. Mit liegt zur Review die Audioversion vor – und der Eindruck ist durchweg positiv.
Spannend ist vor allem die Auswahl der Duettgäste, die durchaus bemerkenswert ist. „Guten Tag, liebes Glück“ mit Lea klingt noch logisch, doch wie Samy Deluxe mit seinem schnellen Rap die verschlafene Attitüde von „Der perfekte Moment… wird heute verpennt“ quasi aufweckt – das hat was. Und es zeigt, dass die 1920er Jahre und Rapmusik gar nicht so unvereinbar sind, wie man meinen sollte.
Fein gewählt sind Klassiker wie die „Moritat von Mackie Messer“ (mit Lars Eidinger) „Wochenend und Sonnenschein“ sowie „Mein kleiner grüner Kaktus“. Namika verfeinert „Küssen kann man nicht alleine“ zum souligen Popsong mit Nostalgie-Flair. Und Pawel Popolski macht besagtes „Kein Schwein ruft mich an“ zur äußerst tanzbaren Polka, die durch die Decke geht.
Auf CD 2 trägt Herbert Grönemeyer himself seinen „Mambo“ bei, zu dem das Palastorchester einen wirbelnden Sound bietet. Und ganz ungewöhnlich wird es durch den Metaller Mr. Lordi aus Finnland. Sein „Just a Gigolo“ trieft vor morbider Eleganz.
Über 20 MTV unplugged Konzerte wurden inzwischen in Deutschland aufgezeichnet – und Max Raabe passt perfekt in diese Reihe. Die CD erscheint als Digipack im leichten Überformat. Das hübsch aufgewartete Booklet wartet gar (für ein Livekonzert recht ungewöhnlich) mit einigen gedruckten Songtexten auf.
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Das war schon eine unrühmliche Geschichte, als Sängerin Ann Sophie im Jahr 2015 als Ersatz für Andreas Kümmert beim ESC antrat und null Punkte für Deutschland einfuhr. Dafür musste sie viel Häme einstecken – doch eigentlich hätte man ihr Respekt zollen müssen. Es war wirklich keine einfache Situation. Und dennoch ist sie ihren Weg unbeirrt weiter gegangen und kommt jetzt mit einer EP und fünf neuen Songs um die Ecke.
Die fünf in Leipzig aufgenommenen Popsongs schrieb Ann Sophie in den letzten Jahren und führte diese zum Teil bereits live auf. Musikalisch eröffnen Synthesizerklänge und Piano eine Gefühlswelt, in der die Texte ungestört ihre Wirkung entfalten können. Sympathisch besingt die 29-Jährige persönliche Themen: Fehlschläge, Irrwege, den Verlust ihres geliebten Vaters.
Doch keineswegs ist die Stimmung von „VOID!“ eine negative, auch wenn der Albumtitel eine innere Leere ausdrückt. Ernste Themen haben hier eine positive Energie die, zusammen mit Ann Sophies einzigartigem starken Willen, das Wiederaufstehen, das Kämpfens für die eigenen Träume ganz einfach erscheinen lässt.
Zusammen mit der Produzentin Bibi Vongehr und dem Hamburger Pianisten Florian Jakob erschuf sie eine Klangwelt, die heilsam und energetisch ist, zum Spüren einlädt und sich für die Hamburgerin hundertprozentig richtig anfühlt. Auch Beats und Bass durften für die Musicaldarstellerin, die zur Zeit bei „Paramour“, dem Cirque Du Soleil Musical in Hamburg, die Hauptrolle der Indigo spielt, nicht fehlen. Denn sie liebt bewegungsvolle Musik und das Tanzen – wie ihr neues Video zur ersten Single „Tornado“ zeigt.
Es sind fünf kraftvolle Lieder in englischer Sprache. Nicht so vielfältig, wie ihre ersten Alben, aber getragen von ausdrucksstarkem Gesang und schönen Melodien.
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Bereits 2016 hatte der Komponist und Arrangeur Christoph Israel mit „Ein Wintermärchen“ einen unterhaltsamen Soundtrack aus deutschen Weihnachtsliedern für die Festtage und darüber hinaus geliefert. Nun legt er nach und präsentiert uns auf „Ein Wintermärchen 2“ erneut traditionelle und moderne Weihnachtsklassiker, diesmal auch in englischer und französischer Sprache.
Die Stücke sind teils als abwechslungsreich arrangierte instrumentale Orchesterversionen zu hören, teils werden sie von internationalen Stars neu interpretiert. Der Bogen wird dabei gespannt vom Welthit „All I Want For Christmas Is You“ in einer sehr souligen Interpretation der amerikanischen Sängerin Kandace Springs über den verspielten instrumentalen „Sleigh Ride“ bis zum weihnachtlichen Wiegenlied „Still, still, still“, stimmungsvoll dargeboten von Max Raabe.
Götz Alsman sorgt mit „Lass es schnein“, einer humorvollen deutschen Fassung des Klassiker „Let it Snow“, für gute Laune, und Michael Schulte präsentiert eine zeitlos beschwingte Version von „It´s Beginning to Look a Lot Like Christmas“. Etwas zu übertrieben gerät mir persönlich das „O du Fröhliche“ von der amerikanischen Opernsängerin Nadine Sierra, deren ausgeprägt klassischer Sopran leider gar nicht meinen Geschmack trifft. Da gefällt mir Carolin Niemczyks herzerwärmende Interpretation des beliebten amerikanischen „Oldies Have Yourself a Merry Little Christmas“ schon wesentlich besser, und auch Jazzsänger Theo Beckmann kann mit „Santa Claus Is Coming to Town“ überzeugen. Zuletzt verzaubert dann noch Ute Lemper die Hörer mit dem sehr getragenen und festlichen französischen Weihnachtslied „Jolis Sapins“
Die instrumentalen Versionen und auch die Begleitung zu allen gesungenen Titeln wurde vom eigens für dieses Album zusammengestellten Swonderful Orchestra unter der Leitung von Catherine Larsen-Maguire in Berlin eingespielt. Die Arrangements von Christoph Israel sind dabei passend zu den einzelnen Titeln mal schwungvoll und modern, mal feierlich und gefühlvoll. Wer genau hinhört, kann auch immer wieder überraschende Akzente oder Zitate aus weiteren Weihnachtliedern entdecken. Insgesamt verbreitet „Ein Wintermärchen 2“ schöne weihnachtliche Stimmung und taugt als Soundtrack zum Schlittschuhfahren ebenso wie vor dem gemütlichen Kaminfeuer.
Der 14.07.2019 war ein denkwürdiger Sommer-Sonntag! Interessierte Hörer konnten an diesem Tag beim Sender radioeins die Top 100 der größten Ost-Songs hören – ausgewählt von einer Branchen-Jury aus Ost und West. Am 15.11.2019 sind diese „100 Besten Ostsongs“ in einer Box mit sechs CDs erschienen. Im 64-seitigen Booklet der CD-Edition sind persönliche Geschichten der Juroren zum jeweils auserwählten Song festgehalten.
Die Box ist sehr schön aufgemacht im DVD-Format. Für mich hat sie viel Neues zu bieten, da die Musikszene der DDR doch in weiten Teilen ein Buch mit sieben Siegeln für viele BRD-Sozialisierte ist. Okay – City mit „Am Fenster“ auf Platz 1. Das dürfte unangefochten sein. Ein Song, der auch in meiner Lieblingsdisco jeden Abend (und damit meine ich JEDEN Abend) gelaufen ist. Auch Nina Hagen, Silly und Karat haben ihre starken Platzierungen sicher – doch darüber hinaus wird es schon (tja, wie soll ich sagen?) exotisch.
radioeins in Berlin ist seit Jahren einer der Top-Sender in Berlin und Brandenburg. Die „Top 100“-Motto-Sonntage sind eins der Highlights im radioeins-Programm. Im Juli wurde einer dieser Sonntage den Top 100 Songs des Ostens gewidmet – von Position 100 bis zur Nummer 1 wurden alle Songs vorgestellt. Die 10-Stunden-Show von 9 Uhr morgens bis 19 Uhr am Abend war ein riesiger Erfolg. Danach gab es zahlreiche Anfragen, ob es die Top 100 zu kaufen gäbe. Das Label AMIGA ermöglichte diesen Wunsch jetzt in Kooperation mit radioeins und präsentierte am 15.11. ein großartiges Set.
Die Auswahl der Jury war prominent besetzt mit insgesamt 115 Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens aus Musik, Funk und Presse. Darunter Anja Caspary (Musikchefin radioeins), Christoph Dieckmann (DIE ZEIT), Jens Uthoff (taz), Maik Brüggemeyer & Max Gösche (Rolling Stone Magazin), Christian Hentschel (SCHALL Magazin), Runa Liebe, Willy Ehmann & Jörg Stempel (Musik Label) weitere Musik-Journalisten, Autoren, Podcaster, Tourveranstalter, Plattenladen- Betreiber und natürlich viele Musiker wie etwa André Herzberg (Pankow), Angelika Mann, Arnim Teutobug Weiß (Beatsteaks), Christian „Flake“ Lorenz (Rammstein), Dieter „Maschine“ Birr (Puhdys), Dirk Zöllner, Gero “Stumpen“ Ivers (Knorkator), Inga Humpe & Tommi Eckart (2raumwohnung), Lutz Kerschowski, Manuel Schmid (Stern Combo Meißen), Ralf Blümner (Goldkind), Ritchie Barton (Silly), Tino Eisbrenner und Toni Krahl (City), um nur einige zu nennen, die natürlich alles, nur nicht sich selbst wählten, dafür aber viel Expertise einbrachten.
Das Ergebnis ist von erwartet bis überraschend ausgefallen. Auf alle Fälle eine tolle und sehr unterhaltende Mischung aus vielen unterschiedlichen Musikstilen, einer Vielzahl von Künstlern, wunderbaren, unvergesslichen Hymnen und zugleich gespickt mit so manchem hörenswerten Außenseiter. Einige davon sogar seit langem oder gar nie auf CD oder online verfügbar.
Die Punk-Hymne “Born in GDR“ von Sandow stürmte Platz 4, den Underground-Helden Herbst in Peking gelang der Sprung in die Top 10 und die Rammstein Vorläufer Feeling B erreichten mit “Artig“ Platz 13. Ohne alles vorwegnehmen zu wollen, solche Preziosen und weitere „Quereinsteiger“ bieten zusammen mit den Legenden des Ostrocks aus Puhdys, Karat, City, Silly und etablierten Könnern wie Pankow, Renft, Manfred Krug, Gerhard Gundermann, Veronika Fischer, Holger Biege, Rockhaus oder electra eine sensationelle Mischung.
Die Box wird von einem umfangreichen Booklet im Heftformat begleitet. Originalzitate und kleine Geschichten der Jury zu deren Songauswahl erweitern das Hörerlebnis der Box über 64 Seiten zu einer spannenden Lesereise. Nachfolgend als Beispiel die Würdigung von Prof. Dr. Hartmut Fladt von der Universität der Künste Berlin zum Nr. 1 Hit „Am Fenster“ von City: „Melancholie im Text, der in den erlebten Farben ein Spiegel des Inneren ist. Dann ein instrumentales Zwischenspiel, das überraschend in eine Scat-Strophe mündet: Die leicht angeraute, verdoppelte Stimme improvisiert lautmalerische Scat-Silben aus dem Jazz, begleitet von den ebenfalls improvisierten Violin-Figurationen.“
Eine Top 100, wie es sie noch nicht gegeben hat, und wenn es einen Soundtrack zum Fall der Mauer gibt, dann ist es dieser hier. 30 Jahre nach dem Fall der Berliner Mauer eine längst überfällige, dafür aber auch eine ganz besondere Würdigung der Musik der ehemaligen DDR.
Madison Violet, das kanadische Folk-Pop Duo bestehend aus Brenley MacEachern und Lisa MacIsaac, war am Sonntag im fantastischen Ambiente der Synagoge Wawern zuhause und bot einen Querschnitt seines Könnens. Die beiden gehören, was Konzerte und Tourneen anbelangt, mit Sicherheit zu den fleißigsten Künstlerinnen weltweit, da sie fast ununterbrochen on the road sind und circa 200 Konzerte pro Jahr spielen.
Den Anfang aber machte Songwriter Patrick Krief, ebenso in Kanada (nämlich in Montreal) beheimatet. Zusammen mit einem Begleitmusiker, der auch das Duo Madison Violet zum Trio erweiterte, bot er eine starke Singer/Songwriter-Show von 25 Minuten Länge. Es war sehr kalt in der Synagoge und jedes Öffnen der Tür erzeugte einen eisigen Luftzug, doch Patricks Musik ließ dies vergessen und erwärmte die Herzen. Bis hin zur abschließenden aktuellen Single „Idols“ bot er einen bemerkenswerten Set.
Dann kamen Madison Violet um 20 Uhr auf die Bühne. Das neue Studioalbum „Everything’s Shifting“ bietet exzellent produzierten Folk-Pop mit beeindruckenden Gesangsharmonien, gediegenen Gitarrenklängen, betörenden Melodien und authentisch-aufwühlenden Songtexten. Live überzeugten Brenley und Lisa besonders mit ihren unverwechselbaren Stimmen, Gitarre und Violine. So gewannen sie auch die ausverkaufte Synagoge schnell für sich.
Musikalisch folgen sie großen männlichen Vorbildern wie Simon & Garfunkel, den Everly Brothers oder auch den Fleet Foxes. Schöne Melodielinien, akustisch und in der Regel zweistimmig vorgetragen. Solche Harmonien betörten Folkfreunde weltweit. Und ein leichter Country-Einschlag gehört bei den Musikerinnen aus Toronto zum guten Ton.
Lisa bot starke Einlagen an der Violine. Sie kam auch bei den Ansagen zu Wort, überließ die längeren Anekdoten aber Brenley. Diese erzählte vom 100. Geburtstag der Großmutter, von den riesigen Familien beider Sängerinnen, die sich gegenseitig an Onkels und Tanten übertrumpfen können, vom Coming Out des Bruders und vom Waschsalon in Bamberg, der zum wichtigen Tourstützpunkt geworden ist.
Musikalisch gab es viele Stücke vom neuen Album, aber auch den großen Rundumschlag, bis hin zu einer folkigen Coverversion von „Wild Horses“. Das Publikum animierte Madison Violet zum Singen in deutscher Sprache – ausgerechnet mit dem Elvis-Hit „Muss I denn zum Städtele hinaus“. Das erzeugte erst Irritationen und danach viel Gelächter. Im Gegenzug begannen Lisa und Brenley ihre Interpretation von Nenas „99 red balloons“ mit einer deutschen Strophe.
Gemeinsam mit Patrick Krief – und somit als Quartett – beendeten sie das Konzert nach 110 wohligen Minuten. Es hat den beiden sichtlich gefallen in der zwar kleinen aber dafür voll besetzten Synagoge. Und das Publikum ging konsequent und motiviert mit.
Es ist Christof Kramp und seiner Station K hoch anzurechnen, dass er immer wieder international anerkannte Acts in das doch recht provinzielle Dreiländereck um Trier holt. Ich nenne nur Künstler(innen) wie Wallis Bird, Toby Beard, Angelo Kelly und Lilly Among Clouds, für die man sonst weite Wege zu Clubkonzerten in Großstädten auf sich nehmen müsste. Dieses Engagement ist absolut unterstützenswert.
Konzertbesuche bei STATION K lohnen sich übrigens immer! Hier die nächsten Termine:
24.11.2019 – Quadro Nuevo – Synagoge Wittlich
29.11.2019 – Feuerengel – Cusanus Gymnasium Wittlich
7.12.2019 – Frank Rohles & Friends – Stadthalle Saarburg
14.12.2019 – Vera Klima – Synagoge Wawern
11.1.2020 – Still Collins – Stadthalle Saarburg
30.1.2020 – Lilly Among Clouds – Bürgerhaus Wiltingen
1.3.2020 – SÜDEN II – Stadthalle Saarburg
28.3.2020 – Michael Fitz – Synagoge Wawern
25.4.2020 – Toby Beard – Pflanzgarten Steffens Saarburg
Wer meinen letzten Artikel zum Herrenmagazin-Konzert von diesem Wochenende gelesen hat (ja, er ist lesenswert), weiß, dass dieses Wochenende vom Buchstaben H dominiert ist (Hannah bei Herrenmagazin und Half Moon Run) – deswegen geht es heute weiter mit Teil 2: H wie Half Moon Run. Entspannt und gemütlich wollen wir vom Bonner Hauptbahnhof zur Live Music Hall anreisen. Doch aufgrund einer Neonazi-Demo im nahegelegenen Remagen kommt es zu Turbulenzen: Wir betreten Gleis 1 und werden von einem umfangreichen Polizeiaufgebot begrüßt, weil es eine Massenprügelei zwischen 100 Linken und 20 Rechten gibt. (Die Nazi-Demo findet jedes Jahr statt, falls ihr nächstes Jahr nichts vorhabt, schaut doch mal beim Gegenprotest vorbei.) Ich finde es wirklich wunderschön, dass die Linken in der Überzahl sind und sich den Nazis entgegen stellen, doch Gewalt muss ja nun nicht sein. Und sie passt auch so gar nicht zu unserem weiteren Abendprogramm, denn Half Moon Run spielen alles andere als aggressive Musik. Aufgrund dieser Verzögerungen haben wir Leif Vollebekk als „Warm Up“ leider fast komplett verpasst. Doch die letzten beiden Songs konnten wir noch hören und anhand dieser kleinen Kostprobe kann ich schon sagen, dass seine Musik ideal zu Half Moon Run und daher auch überhaupt nicht zu einer politischen Prügelei passt: ruhig, warm und friedlich. Eine ideale Musik für einen Kaminabend mit einem Kakao.
Als wir nach unserem Zuspätkommen ein Plätzchen nahe der Bar gefunden haben, betrachte ich mir mal das Publikum, das nicht nur älter ist als erwartet, sondern auch zu 95% aus Paaren zu bestehen scheint. Es wird getanzt, es wird gesungen, aber es wird mindestens genauso viel gekuschelt. Ich bin alleine da, doch schlimm ist das nicht, denn meine Begleitungen und ich können auch zu dritt nah zusammenrücken. Half Moon Run lädt einfach dazu ein, sich nah an seine Liebsten anschmiegen zu wollen, die Augen zu schließen und die besondere Stimmung zu genießen.
Als Half Moon Run 40 Minuten nach Vollebekk die Bühne betreten, machen sie es ganz schön spannend: Die Bühne ist erleuchtet, der Rest der Halle dunkel und elektronische Brummgeräusche erfüllen die Live Music Hall bevor Half Moon Run endlich unter tosendem Applaus der nicht-ausverkauften Location die Bühne betreten. Direkt der erste Song begeistert uns: „21 Gun Salute“ vom ersten Album „Dark Eyes“ begrüßt uns in den Abend. Weiter geht es mit „I Can‘t Figure Out What‘s Going On“ des zweiten Albums „Sun Leads Me On“ und die vier Kanadier singen wunderschön gemeinsam im Chor. Langsam kommt mehr Bewegung ins Publikum. Über „Unofferable“ und „Favorite Boy“, als erster Song des kürzlich erschienenen Albums „A Blemish In The Great Light“, geht es mit „Sun Leads Me On“ und „Need It“ weiter. Passend zum Titel erstrahlt die Bühne bei „Sun Leads Me On“ in einem sonnigen Orange. Das erinnert mich an mein „Kennenlernen“ von Half Moon Run, damals (2015) als ich mit zwei Freundinnen in Indonesien war. Urlaubsstimmung pur.
Immer wieder tauschen die Musiker die Instrumente, sodass teilweise während eines Songs zwischen Gitarre, Keyboard und Mundharmonika gewechselt wird. Bei „Call Me In The Afternoon“ spielt Sänger Devon Portielje parallel Schlagzeug, was ihn kein bisschen aus dem Takt bringt und der Qualität seines Gesangs keinen Abbruch tut. Immer wieder experimentiert er mit seiner besonderen Stimme, sodass die Songs zwar klingen wie auf den Alben, aber doch irgendwie besser, weil mehr passiert, weil es spannender ist und man sich auch als eingefleischter Fan doch noch überraschen lassen kann. Nach einer kurzen Pause spielen Half Moon Run als Zugabe „Jello On My Mind“ vom neuen Album, wobei die Lichtshow den Song ideal inszeniert: Die Bühne leuchtet in rosa, passend zur Stimmung des Songs, durch den man sich wie in einem Süßigkeiten-Museum fühlt. „Fire Escape“ und „Full Circle“ schließen das Set ab, nicht ohne noch einmal einen maximal schönen Gänsehaut-Moment bei „Fire Escape“ zu kreieren. Die Musik scheint aus allen Ecken zu kommen. „Full Circle“ schickt uns mit einem Grinsen in die Nacht, allerdings auch mit einem weinenden Auge, denn die Zeit verging viel zu schnell! Nach einer Stunde habe ich das Gefühl, gerade richtig angekommen zu sein, doch nach einer Stunde und zwanzig Minuten ist der Abend mit Half Moon Run auch schon wieder vorbei. Das ist wirklich schade, denn selten findet man auf einem Konzert eine so besondere Stimmung aus Tanzen, Gitarren, Frieden, Lächeln, Augen schließen und Treiben lassen. Davon gerne mehr!
Half Moon Run sind einfach ganz besondere Musiker. Sie scheinen alle unglaublich begabt zu sein, spielen alle mindestens drei Instrumente, jammen gemeinsam auf der Bühne und singen so herrlich im Chor, als würden sie das seit Kindertagen tun. Gegründet wurde die Band aber erst 2010, da kommt das mit dem Kindergarten alterstechnisch nicht so ganz hin… Besonders schön fand ich heute, dass sie nicht einfach ihr neues Album „runtergespielt“ haben, sondern aus allen drei Alben Songs ausgewählt haben, schön durchmischt und dadurch sowohl für Fans der ersten Stunde als auch für neue Half Moon Run-Anhänger*innen ein wirklich schöner Abend. Bei der nächsten Tour wünsche ich mir das auch, nur vielleicht in doppelter Länge!
Dieses Konzertwochenende, das ganz und gar vom Buchstaben H dominiert wird (Hannah bei Herrenmagazin und Half Moon Run), beginnt mit dem heutigen Herrenmagazin-Konzert im Gebäude 9. Allein der Weg zur Location ist schon ein kleines Abenteuer. Obwohl es noch gar nicht so lange her ist, dass ich zum letzten Mal im Gebäude 9 war, sieht alles gefühlt komplett anders aus – und das hat nicht nur etwas mit meinem schlechten Ortsgedächtnis zu tun. Aufgrund der vielen Baustellen drumherum hat das Gebäude 9 nochmal einen ganz eigenen Charme bekommen: Wir stehen drinnen und hören gemeinsam schunkelnd Diskurspop (ein Begriff, den ich gerade von meinem Freund gelernt habe und hier einmal verwende, weil er klug klingt) und draußen steht eine Gruppe junger Männer in einer Nische im Kreis um ein Smartphone und hört Gangster-Rap. Konträrer könnte es kaum sein.
Beim Betreten der Location leeren wir wie gewünscht unsere Fremdgetränke genau hinter der betreffenden Absperrung und ernten dafür schon das ein oder andere Grinsen. Fröhlichen Mitmenschen begegnen wir auch im Konzertraum, in dem wir uns die Vorgruppe (sagt man das eigentlich auch, wenn die Vor“gruppe“ nur aus einer Person besteht?) Albrecht Schrader anhören. Schrader war bereits bei der letzten Tour 2016 Vorgruppe. (Ich bleibe jetzt einfach dabei.) Dass er uns auch heute in den Abend begrüßt gefällt mir daher sehr; ein Kreis scheint sich zu schließen. Von Queen-ähnlichen Klängen bei „Leben in der Großstadt“ bis zu einem Beat, der an Michael Jackson gemischt mit Sprechgesang erinnert, ist alles dabei. Ein Weinchen darf auch nicht fehlen, ebenso wenig wie eine soziologisch wahrscheinlich nicht 100% fundierte Theorie darüber, dass das Publikum klar in die vier Gruppen Nichtwähler*innen, sozial isolierte Gamer*innen, male overperformer und Finanzbanker*innen einzuteilen sei. Auf die Frage „Ist Beat für euch ein Thema?“ reagiert das Publikum eher verhalten, doch als Schrader mit „Der Übergang“ erst einmal loslegt, sieht man überall im Saal vor- und zurückzuckende Köpfe, so ähnlich wie bei Hühnern, wenn sie gehen. Also ja, Beat ist eben doch ein Thema.
Mit dieser Bewegung entlässt Schrader uns in eine halbstündige Pause bevor Herrenmagazin anfangen zu spielen. Dies gibt mir die Gelegenheit, mich einmal im Publikum umzuschauen. Wollen wir doch mal sehen, ob ich die Nichtwähler*innen erkennen und zur Rede stellen kann! T-Shirt-Musikgeschmack-mäßig sind viele der Menschen im Publikum und ich auf einer Wellenlänge: Ich erspähe einen Frank Turner-Pulli, sowie T-Shirts von Kettcar, Muff Potter und Matula und natürlich – was in Köln nicht fehlen darf – den obligatorischen lokalpatriotistischen „Paris, London, Tokyo, Ehrenfeld“-Hoodie. Dem Träger sei verziehen, dass wir nicht in Ehrenfeld sind, denn das klingt einfach hipper als „Paris, London, Tokyo, Deutz oder Mülheim, bin mir nicht sicher“.
Doch nun zu dem Teil, der euch Leser*innen wahrscheinlich eigentlich am meisten interessiert: Um 21.00 Uhr legen Herrenmagazin los! Die vier Musiker betreten die Bühne, schlagen die ersten Klänge auf ihren Gitarrensaiten an und als Sänger Deniz Jaspersen die ersten Töne des Openers singt, geht das Publikum nahtlos vom Quatschen-mit-der-Begleitung in den perfekten Sing-along-Modus über. Der Bass bei diesem Song, „Früher war ich meistens traurig“, lässt den Brustkorb vibrieren – nicht zum letzten Mal an diesem Abend, an dem es zwischendurch so scheint, als würde die Location in ihren Grundmauern erschüttert, so sehr dröhnt der Bass durch Menschen und Wände. Direkt weiter geht es mit „Tausend Städte“, welches ich noch vor ein paar Tagen beim Kochen tanzend in der Küche gehört habe. Der Song gibt mir ein Stück Zuhause in dieser Masse fremder Menschen. Die Band lächelt, es geht weiter. Die wahren Herrenmagazin-Fans haben an dieser Stelle schon bemerkt, dass die Hamburger Musiker ihr komplettes, vor elf Jahren erschienenes, erstes Album „Atzelgift“ von vorne bis hinten durchspielen. Bisher haben die Fans gut mitgesungen, doch nun folgt der ultimative Test: Bevor sie den fünften Song anstimmen, fragt Jaspersen ins Publikum „Was kommt jetzt?“ und prompt die Antwort! Die Zuschauer*innen hier kennen sich wirklich aus.
Um mich herum freuen sich die Menschen: Sei es Jaspersen, der immer wieder grinsend dasteht und seine Bandkollegen anschaut oder die Frau, die vor mir steht und bei jedem einzelnen Song eine unglaubliche Freude darüber ausstrahlt, beim Konzert dabei sein zu können. Ich glaube solche Leute wie sie machen Konzerte so besonders; Menschen, die im Moment sind und sich treiben lassen. Und von ihrer Sorte Mensch gibt es heute Abend vor und auf der Bühne so einige. Jaspersen bedankt sich bei uns, dass wir sie auch in ihren fast auf den Tag genau drei Jahren Tour-Abstinenz nicht vergessen haben. Doch wie könnten wir, schließlich hat man mehr das Gefühl, in einem Raum voller Freund*innen zu sein. Besonders schön ist dabei zu sehen, wie die Band mit dem Publikum interagiert und mit ihm spricht, sie nicht nur anfeuert, sondern Fragen stellt und kritische Bemerkungen (wie Verbesserungen, dass ihr erstes Album vor elf und nicht vor zehn Jahren erschien) mit Witz hinnimmt.
Der bereits erwähnte Kreis schließt sich allerdings nicht nur durch die Anwesenheit von Schrader, sondern auch durch die Tatsache, dass die Band um 21.45 Uhr kurz die Bühne verlässt, um sie mit einem Song, der es als Hidden Track auf „Atzelgift“ geschafft hat, wieder zu betreten. So lange wie auf dem Album selbst muss das Publikum allerdings nicht warten. 14:20 Minuten wären auch wirklich lange gewesen, bieten für Jaspersen aber den Anlass aufgrund des 420-Bezugs die Rückfrage „Kiffst du eigentlich noch, Rasmus?“ an Schlagzeuger Rasmus Engler zu stellen – first things first. Weil der Titel ja nirgendwo steht, ist sich Jaspersen diesbezüglich auch gar nicht mal so sicher, wie er allein auf der Bühne stehend zugibt. Ein Bandkollege aus dem Off hilft aus: „Ein Wind“. Was für ein herrliches Lied! In meinen Notizen zum Konzert steht dazu „VOLL SCHÖN!“, na wenn das nicht eindeutig ist.
Danach sind sie dann fertig damit, das erste Album Revue passieren zu lassen. Weiter geht es mit einem Song, der „aus vielen Gründen nirgendwo zu finden ist“, außer auf der ersten Demo-EP der Band. So schlecht war der Song aber gar nicht… Die restliche Band kommt wieder auf die Bühne und es geht nahtlos weiter mit „In den dunkelsten Stunden“, wobei wir nochmal schön das Tanzbein schwingen können. „Alle sind so“ singt das Publikum fast allein und als Herrenmagazin direkt danach die ersten Töne zu „Frösche“ anstimmen, kann ich es kaum glauben: „Frösche“ ist mein persönlicher erster Herrenmagazin-Song und wann immer es passiert, dass eine Band meinen persönlichen ersten Song spielt, dann ist es fast zu schön, um wahr zu sein!
Um 22.10 Uhr gehen die vier Musiker von der Bühne, kehren allerdings noch für eine Zugabe zurück. „Keine Angst“ wäre für mich der perfekte Schluss-Song gewesen, weil er sich so anfühlt, als würde man in eine Kuscheldecke eingehüllt bei Kerzenschein in einem Sessel sitzen. Die warme, orangefarbene Bühnenbeleuchtung verstärkt dieses Bild nur noch. Doch vielleicht war es gar nicht so schlecht, dass Herrenmagazin nicht mit „Keine Angst“ (das sofort in meine Lieblingsplaylist integriert wird), sondern mit „Pelikan“ und „Krieg“ enden, denn so werden wir nochmal wach für den Heimweg hinaus in die kalte Winterluft, hinaus auf den Weg zwischen Fabrikgebäude und Baustellen, irgendwo in Deutz oder Mülheim, bin mir nicht sicher.
Der Singer/Songwriter Julian le Play heißt bürgerlich Julian Heidrich und ist der Sohn des Wiener Galeristen Gerald Hartinger. Seit 2012 hat er bereits drei Studioalben veröffentlicht, die zumindest in Österreich sehr erfolgreich waren. Kein Wunder, denn Julian hat eine betörende Stimme, die zwischen sonorer Tiefe und entspannten Klängen in der Höhe abwechselt.
Die EP „Sonne Mond Sterne“ soll die Wartezeit auf das neue Album verkürzen und enthält ein Duett mit der wundervollen Madeline Juno. Die neuen Songs sind sehr sphärisch gehalten und bieten entspannte elektronische Klänge im Hintergrund. Schon bei „Hurricane“ steht Julians Stimme ganz im Mittelpunkt und lädt trotz des wilden Titels zum verträumten Zurücklehnen ein. Auch „Ocean Highway“ erklingt in deutscher Sprache. Ein rhythmisches Stück wie ein musikalischer Roadtrip – sehr berührend und authentisch.
Drei Titel funktionieren als Trilogie: „Sonne & Mond“, ein gefühlvolles Duett mit der deutschen Musikerin Madeline Juno, handelt vom Auseinanderdriften einer Beziehung, von Ungleichgewichten, denen die Liebe nicht dauerhaft standhalten kann. In „Hurricane“ scheint der Befreiungsschlag gelungen, das Ego lebt auf – doch was, wenn das alles doch nur ein Traum war? „Ocean Highway“ setzt ganz entspannt zur Auflösung an, verrät dann aber doch nichts, denn wenn die Liebe eines beherrscht, dann sind es offene Enden.
Mit „Sterne“ wiederum ist auch eines der persönlichsten Stücke Julian le Plays auf der neuen EP zu Hause. Darin singt der 28-Jährige vom Heimkommen und Erinnern, vom Besuchen der Vergangenheit und ihrer Schauplätze – und vom Vermissen. Denn was, wenn mal die Eltern nicht mehr sind? Julian hat seine Antwort gefunden und in ein magisches Lied verwandelt.
Die vier angehängten Stücke der „Songpoeten Session“ zeigen, wie wundervoll diese Musik auch in akustischer Form funktioniert. „Hurricane“ mit Akustikgitarre, „Ocean Highway“ und „Sterne“ zu Pianobegleitung. Das eröffnet ganz neue Möglichkeiten und macht die Stücke für mich auf andere Weise intensiv.
Das neue Album wird am 13. März 2020 erscheinen. Die Vorfreude steigt mit dieser EP ungemein!
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Im Prinzip ist „Sunsets & Full Moon“ genau das Album, auf das viele Fans der ersten Stunde gewartet haben. Die Alternative-Popper aus Irland kehren nämlich nach Ausflügen in die Elektronik und die Rap-Welt wieder zu ihren Ursprüngen zurück: hymnische Musik und ein Sinn für Romantik. Das (zugegebenermaßen äußerst kitschige) Cover könnte kaum besser gewählt sein.
Nachdem dem Trio im September 2017 mit „Freedom Child“ das vierte UK-Nummer-Eins-Album ihrer Karriere gelungen war, brach die Band zu einer Script-typischen, intensiven Welt-Tour auf, in deren Verlauf sie 56 Arena-Konzerte in 26 Ländern gaben. Danach erfolgte ein wichtiger Einschnitt: Sie entschieden sich, das neue Material selbst zu produzieren und begannen Ende 2018 mit den Arbeiten. Das Ergebnis verspricht, die Qualitäten zu beinhalten, die The Spript von Anfang an so einzigartig machten.
Schon mit der ersten Single „The Last Time“ zeigte die Band eindrucksvoll, was sie für ihre Fans so besonders macht – der Song ist eine euphorisierende Pophymne, die interessante Einblicke in das Seelenleben der Band gibt und einmal mehr ihr großartiges Talent für unwiderstehliche Melodien offenbart. „Das Lied handelt von den intensiven Gefühlen, die man erlebt, wenn einem klar wird, dass man jemanden, den man liebt, zum letzten Mal sieht“, erklärt Sänger Danny O’Donoghue.
Im Gegensatz zu den beiden Vorgängern ist das Album wieder sehr homogen gehalten und verzichtet fast gänzlich auf Ausflüge in andere Genres. Wir bekommen in neun Songs den typischen „Celtic Soul“, der die Band so groß gemacht hat. Ruhig und eingängig sind alle Songs – nur in Nuancen wird es mal dynamischer mit Dancefloor-Anleihen („Something Unreal“) oder balladesk zu sanften Pianoklängen („The Hurt Game“).
Es ist das sechste Album der Iren und hat in UK und Irland wieder aus dem Stand den Spitzenplatz der Charts geentert. Warum das auf dem europäischen Festland nicht so ganz funktioniert, ist kaum zu verstehen. Die Songs sind klasse produziert und durch und durch radiokompatibel. Wer auf die Musik von Stanfour oder Keane steht, wird auch an The Script seine Freude haben.
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