Wacken Open Air W:O:A 2012, Harder, louder – Wacken! Feat. Scorpions, Machine Head, Volbeat, Saxon, In Flames, Sanctuary, Overkill uvm.

Harder, louder – Wacken! Das war dieses Jahr nicht nur das Motto in Bezug auf die Musik, sondern vor allem für das Durchhaltevermögen der Festivalbesucher. Der ohnehin schon miserable Sommer zeigte sich an dem Wochenende des 23. Wacken Festivals von seiner schlimmsten Seite nach dem Wettertiefpunkt am With Full Force. Doch nichts konnte die rund 75.000 Metalfans davon abhalten unzählige Liter Dosenbier zu packen und das kleine Dörfchen Wacken im Norden heimzusuchen. Aufgrund der schlechten Wettersituation wurde dieses mal um eine Anreise ab Dienstag gebeten. Auch die Park- und Zeltregelungen sollten anders gestaltet werden. Vorab erreichte uns die Meldung, dass die PKWs diesmal nicht neben den Zelten abgestellt werden könnten. Leider schien das nicht bis zu allen Ordnern durchgedrungen zu sein und so kam es, dass ein kleines Durcheinander entstand mit dem Resultat, dass nur eine kleine Anzahl der Festivalbesucher die Ar…karte gezogen hatten und ihre Sachen schleppen mussten. Wäre prinzipiell nicht so schlimm gewesen, doch das Matschchaos, das folgen sollte erschwerte natürlich den Gang zum Auto und ließ den Mißmut auf die Unorganisiertheit wachsen.

Grundsätzlich fing alles hoffnungsvoll trocken an. Die Zeltplätze füllten sich und der erste abend (Mittwoch) konnte vor der Wet Stage, der Headbangers Stage und anderen kleineren Belustigungen gefeiert werden. Mambo Kurt hielt die Laune aufrecht wie jedes Jahr, doch diesmal gleich zweimal am Tag und Danko Jones sorgte schonmal für stimmungsvolle Gitarrenriffe.
Als am Donnerstag die Eröffnung der Main Stages nahte bestand noch Hoffnung. Doch schon zogen dunkle Wolken auf und die ersten Tropfen des Festivalwochenendes zerstörten die Träume von sonnigen vier Tagen voller Konzerte.  Gnädigerweise blieb es an diesem Tag bei ein paar Tropfen und der Andrang bei Saxon und Volbeat war dementsprechend groß. Wem hier zuviel los war, der konnte sich am Trash Of The Titans Field die gewaltige Feuershow mit Endzeit-Kunst ansehen – zwar spalteten sich hier die Meinungen ob es eine gute oder schlechte Show sei, doch unterhaltsam war es allemal… und vor allem warm, was in den folgenden Tagen ganz angenehm war.

Freitags war es an der Zeit einmal mehr die Gastfreundschaft des Dorfes zu genießen. Die kleine Fressmeile auf und ab mit geselligen Bierständen und Unterhaltungsmusik hatte so einiges zu bieten. Die Ortsansässigen, stets freundlich und in Wacken-Fan-Shirts unterwegs, mischten sich unters Volk und führten anregende Gespräche mit dem ein oder anderen Besucher. Doch wer die ersten Bands nicht verpassen wollte, musste früh aufstehen um sich zuvor noch ein Frühstück im Örtchen zu genehmigen. Denn schon um 11 Uhr lockten Endstille auf der Blackstage. Keine Frage, dass man als Metalfan diese Band einer wirklich absolut fehl am Platze wirkenden Wannabe-Punk-Gröhl-Band vorziehen musste. Mit einem passend düsteren Bühnenbild bretterten Endstille los und bewiesen Qualität und Energie – genau die Energie, die man nach einer durchzechten Nacht brauchte, um wieder voll auf Touren zu kommen! Bands wie Sanctuary und Overkill hielten die Meßlatte oben. Doch zwischen den rund 130 Bands des Wochenendes befanden sich nicht nur die Elite des Metals. Auch Bands wie Boss Hoss oder Betontod regten zum Denken an, denn meiner Meinung nach ist mit diesen Bands eine Grenze überschritten, die das Wacken eigentlich ausmacht. Es ist ein Festival für ein gewisses Genre, doch der ständige Wachstum und steigende Bekanntheitsgrad des Festivals machen den Metalfans langsam aber sicher das Leben schwer. Immer mehr Reporter von Sendern und Magazinen, die nur hingehen, um auch einmal vor Ort ein lächerliches “Wackäääään” rauszuschreien und Fotos von so vielen Freaks wie möglich zu machen stürmen das Gelände und stören die Atmosphäre. Manch eine Band verdirbt die Vorfreude, wenn man sie nur schon auf der Running Order erblickt und immer mehr Proleten strömen her, einfach um einmal dabei gewesen zu sein. Im nächsten Jahr spielen dann sicher Die Toten Hosen und das ganze Event nennt sich “Rock in Wacken”. (Nicht falsch verstehen ich mag die Hosen, aber auf keinen Fall an Wacken!).
Auch beim Einlass steigen die Sicherheitsvorkehrungen. Früher wäre so etwas nicht notwendig gewesen, doch die wachsende Menge bringt auch mehr Rowdies und Stress-Macher mit sich. Dass Killernieten verboten sind ist nichts neues, doch die Klausel für aufblasbare Schneemänner feht noch. Wahrscheinlich hat das Securitypersonal, das in dem Schneemann eine Gefahr sah, schnell selbst eine gedichtet so dass der Schneemann den ersten Eingang nicht passieren konnte. Weshalb er so ein großes Risiko darstellen sollte, ist selbst mir ein unlösbares Rätsel. Doch zum Glück gibt es für solche Fälle immer noch eine Hintertür und die hieß Eingang Nummer zwei! Somit konnte der Mann in Weiß wenigstens die grandiose Show von Hammerfall und im Nachgang Dimmu Borgir & Orchester ansehen – ein unglaubliches und sagenhaftes Spektakel, das jeglichen Ärger vergessen ließ! Auch In Flames rockten die True Metal Stage, auch wenn ein paar sich da schon vor aufkommenden der Kälte zurückzogen. Nach der sengenden Sonne am Vormittag hatte ein starker, wenn nicht zu sagen extremer, Regenschauer am späten Nachmittag das Gelände durchweicht und die Temperaturen stark gesenkt.

Im Laufe der Nacht verwandelten sich Campingplatzwege und Festivalgelände in Schlammseen. Es gab kaum eine schlammfreie Fläche mehr, der Weg zum Festivaleingang wurde zur Tortur. Knöcheltiefe Riesenpfützen und 5 cm tiefe Schlammschichten drohten Schuhsolen aufzufressen. Wer hier ohne Gummistiefel unterwegs war hatte verloren. Viele nutzten deswegen die einzigen Alternativen: im Dorf Gummistiefel beim OBI-Stand kaufen (für nur 10eur!), Barfuß gehen oder die Schuhe opfern. Besonders “bewundernswert” waren eine Handvoll Leute, die sich immer wieder im Schlamm suhlten. Ich glaube hier wurde das Thema “Schlammpackungen” missverstanden. Doch wie man daran erkennen konnte: der Laune der Metaller konnte nichts etwas anhaben. Und so pilgerten sie unbeirrt zu Cradle Of Filth, Testament oder Amon Amarth. An diesem Tag sollte ein Höhepunkt den anderen jagen, doch die Scorpions waren sicher als DAS Highlight des Tages geplant. Allerdings war der Sound für ein Konzert dieser Größenordnung etwas leise eingestellt und transportierte nicht ganz so viel Atmosphäre wie erwartet. Zudem zogen bereits nach wenigen Minuten Spielzeit dunkle Wolken auf, die eine Hiobsbotschaft loswerden wollten. Und bald war es auch soweit. Starker Gewitter-Wind zog auf und die ersten dicken Tropfen scheuchten die VIPs durch ihren Bullhead-Eingang und unter das sichere VIP-Zelt, um ja nicht nass zu werden. Doch die “regulären” Festivalbesucher schlugen sich tapfer durch das heftige Gewitter und rockten mit den Scorpions (auch wenn die Konzertlautstärke nicht lauter wurde). Der Untergrund des Moshpits zu Machinehead wurde in diesen Minuten des Starkregens noch einmal stark durchweicht, um ihn auf das kommende vorzubereiten. Apropos: den Bands war es dieses Jahr strikt untersagt, Walls of Death oder ähnliches anzustacheln, woran sie sich auch hielten. Noch eines der heiligen Gebote des Wackens, die immer mehr und immer absurder werden. Natürlich nicht in Hinsicht auf der Gewährung der Sicherheit der Besucher, es ist vollkommen einleuchtend Maßnahmen zu ergreifen, die Risiken ausschließen. Doch dass es erst dazu kommen muss, dass solche Regeln eingeführt werden, die mehr und mehr die Stimmung dämmen ist traurig. Doch die Stimmung zu Machinehead blieb ungetrübt und auch die Lautstärke hatte erfreudlicherweise wieder zugenommen. Danach waren die Fans so erschöpft, dass nur wenige die Metal-Helden Ministry ansahen… oder sie waren mittlerweile einfach zu jung um diese Band noch zu kennen. Nichts desto trotz lieferten Ministry eine sehr sehenswürdige Show mit weniger sehenswürdigen, eher ekelerregenden, Videoprojektionen. Und zu guter Letzt folgte auf der  ein Überraschungsgast auf der True Metal Stage – Edguy gaben sich die Ehre und unterhielten die wackeren Leute, die der Kälte trotzten. Sie verabschiedeten das Wacken Open Air bis zum nächsten Jahr.

Somit neigte sich das Festival langsam aber sicher seinem Ende zu. Ein gutes hatte die durchweg enorme Organisiertheit des Festivals: für den Abreisetag waren ein paar Trecker angeleiert worden, die im Schlamm steckenden Autos Starthilfe geben konnten. Dies gewährleistete eine problemlose Abreise. Auch wenn es nicht geklappt hat mit der Leerung der Dixi-Toiletten (verständlich bei der Schlammschlacht), so verlief immerhin der Schleppdienst einwandfrei. Wenn das Festival auch wettertechnisch gesehen ins Wasser fiel, für die Festivalbesucher war es sicher wieder das Highlight des Jahres und ich bin mir sicher, dass auch das kommende Mal die Karten für das 24. WOA schnell ausverkauft sein werden.