Dawes – Tour 2012 – Support: Robert Ellis, Hafen2 in Offenbach

Lange mussten deutsche Dawes-Fans auf einen Besuch des kalifornischen Quartetts warten. Bereits 2009 landete ihr Debüt “North Hills” auf Platz eins meiner Jahresbestenliste und seitdem wurde sehnlichst auf einen Abstecher des Vierers gewartet. Die Platte ist in Deutschland zwar bis heute – das soll sich im Lauf des Jahres übrigens ändern – nicht offiziell erschienen, aber dafür der Zweitling “Nothing Is Wrong”. Den betourt die Band Ende Februar und deswegen ist der kleine Offenbacher Club “Hafen2” für Rhein-Main-Gebiets-Verhältnisse auch ganz gut gefüllt.

Den Support Robert Ellis nimmt man dabei als zurückgelehnten Anheizer gerne mit. Der langhaarige US-Amerikaner steht solo auf der Bühne und hat allein dadurch weniger Country-Twang im Gepäck, als auf seinem LP-Debüt “Photographs”. Für den nötigen Nachdruck sorgen Stippvisiten von Taylor Goldsmith und, beim Randy-Newman-Cover “Rider In The Rain”, der kompletten Dawes-Bagage. Am Applaus kann man ablesen, dass nicht wenige mit viel Vorfreude auf ihr erstes Livekonzert des Quartetts warten.

Die Kalifornier fackeln nicht lange und erklimmen kurz nach Ellis‘ Set die Bühne. Gestartet wird mit “Fire Away” und “If I Wanted Someone”, zwei Tracks vom aktuellen Album. Die Band und das Publikum sind sofort auf Betriebstemperatur. Frontmann Taylor Goldsmith zeigt, warum Gitarrensoli kein Teufelswerk sind und wie man erstklassiges Songwriting mit einer herausragenden Bühnenpräsenz verbindet.

Im Verlauf des gesamten Auftritts wird deutlich, was einen Dawes-Gig ausmacht: das eingespielte Kollektiv. Nicht umsonst buchen Jackson Browne oder Robbie Robertson (The Band) die Formation schon mal als Backing-Band – hier greift ein Zahnrad genau ins nächste. Griffin Goldsmith gibt am Schlagzeug ein rhythmisch-pulsierendes “Groove-Tier”, Wylie Gelber untermalt alles mit treibend-unauffälligen Bass-Licks und Tay Strathairn verleiht den Songs durch seine Tastenarbeit die nötige Wärme. Dass Taylor Goldsmith mit seinen eindrucksvollen Vocals und seinem druckvoll-präzisen Gitarrenhandwerk dennoch über allem thront, spricht für den charismatischen Mitt-20er und nicht gegen seine auf den Punkt abgestimmten Mitstreiter.

Nach vier Songs vom Debüt beendet die Band ihr Main-Set mit fünf “Nothing Is Wrong”-Tracks. Bei “Coming Back To A Man” blinzelt Tom Petty um die Ecke, ”So Well” gerät zur großen Geste und ”Little Bit Of Everything” ist, wie auf der Langrille, mit das ausdrucksstärkste, was diese geniale Band zu bieten hat. “How Far We’ve Come” und Griffin Goldsmiths Vocals beenden dann die Zugaben und ein Konzert, das in sehr guter Erinnerung bleiben wird.

Nur einen Wermutstropfen hat das grandiose Dawes-Debüt im Rhein-Main-Gebiet. Wenn ein Konzert kürzer ist, als die nicht überlange Anfahrt, bleibt – zumindest bei mir – meistens ein leichter Beigeschmack. Klar, wer vier Stunden fährt, darf kein genauso langes Konzert erwarten. Aber bei einer Autofahrt von gut 80 Minuten sollten doch auch 80 Konzertminuten drin sein. Bei Dawes war nach 13 Songs und nur knapp 70 Minuten Feierabend. Das ändert nichts an der Tatsache, ein großartiges Konzert gesehen zu haben. Beim nächsten Mal – laut Sänger Taylor Goldsmith will die Band bereits in diesem Jahr noch mal nach Europa kommen – darf’s dann aber gerne länger sein. Genügend herausragende Songs und vor allem genug Klasse haben die Jungs!