Alabama Shakes Tour 2012 Support: The Fog Joggers, 12.07.2012 Live Music Hall / Köln
Seit der Veröffentlichung ihres Debütalbums “Boys & Girls” vor rund drei Monaten sind die Alabama Shakes auch hierzulande mächtig angesagt. So verwundert es kaum, dass ihr heutiges Konzert in Köln aufgrund der großen Nachfrage bereits nach kurzer Zeit vom Gebäude 9 in die Live Music Hall verlegt wurde. Dabei hat das Quartett weder eine opulente Bühnenshow noch eine musikalische Revolution zu bieten. Im Gegenteil. Der Bewegungsradius von Bassist Zac Cockrell erinnert live eher an einen Baum bei völliger Windstille und die Mischung aus Southern Rock, Blues und Soul ist ungefähr so innovativ wie ein frisch gestrichener Lattenzaun. Was zum Henker ist also das Besondere an den Alabama Shakes? Die Antwort: Sie machen nicht einfach nur einen auf retro. Nein, sie schaffen es, die Musik von Gestern mit einer solchen Intensität, handwerklichen Leichtigkeit und unbändigen Spielfreude ins Hier und Jetzt zu transportieren, als wäre sie gerade erst erfunden worden. Noch dazu haben sie in Brittany Howard eine Frontfrau, die stimmlich mühelos alle Nuancen zwischen Janis Joplin und Caleb Followill von den Kings Of Leon abdeckt.
Trotzdem ist die Live Music Hall nicht ganz ausverkauft. Das hat allerdings den Vorteil, dass man sich nicht wie sonst oft bereits nach fünf Minuten dafür verflucht, keine Sauerstoffmaske eingepackt zu haben. Der Abend wird von The Fog Joggers aus Krefeld eröffnet, die eine halbe Stunde lang durchaus vorhandene Qualität nachweisen. Früher gab es für derlei Nachwuchsbands ja beispielsweise noch die leider untergegangene Rheinkultur in der Bonner Rheinaue als wunderbare Plattform, um sich in grösserem Stil zu präsentieren, heute ist es für die vier Jungs “eine ganz grosse Sache hier spielen zu dürfen”. Der Applaus gibt ihnen Recht.
Um Punkt 22 Uhr legen dann die Alabama Shakes mit “Goin’ To The Party” los, was durchaus als Motto für die folgenden 75 Minuten verstanden werden darf. Lediglich Zac Cockrell, der ein wenig aussieht wie Zach Galifianakis in “Hangover”, scheint schon wieder eingeschlafen zu sein. Die Halle dagegen ist sofort auf Betriebstemperatur, besonders bei den beiden bekanntesten Knallern “Hold On” und “Hang Loose”. Der Sound ist perfekt. Brittany Howard röhrt sich durch das 17 Songs lange Set und versprüht dabei mehr Energie als ihre drei männlichen Mitstreiter zusammen. Würde Zac Cockrell nicht zumindest seine Finger bewegen, wüsste man nicht, ob er zwischendurch überhaupt mal wach ist. Das mag langweilig klingen, ist in Wirklichkeit aber nur herrlich unprätentiös. Die Live Music Hall swingt und groovt, erhebt sich zum Chor, schwelgt in melancholischem Schmerz (“I Ain’t The Same”) oder lässt gepflegt die Rocksau raus (“Making Me Itch”). Die Alabama Shakes werden dem Hype, der gerade um sie herrscht, vollauf gerecht und spätestens als das Konzert (viel zu früh) mit dem Stampfer “Heat Lightning” und einem Schwall künstlichen Nebels endet, fühlt man sich nicht mehr in Köln, sondern in irgendeiner verrauchten Holzhütte irgendwo in den amerikanischen Südstaaten am Rande der Sümpfe.
Genau hier könnte jedoch zukünftig das Problem der Alabama Shakes liegen. Ihre Musik funktioniert nämlich nur dann so gut, wenn der Rahmen entsprechend intim ist. Die Live Music Hall war dafür gerade noch akzeptabel, aber es wird spannend sein zu beobachten, ob der emotionale Funke auch überspringt, wenn die Hallen langsam grösser werden.