Vermutlich hatten die meisten von uns in ihrer Kindheit Hörspielkassetten, deren Inhalt sie nach monatelangem Immer-wieder-hören nahezu auswendig mitsprechen konnten. Bei mir waren es „Pippi Langstrumpf“, „Räuber Hotzenplotz“ und „Paddington“. Irgendwann kamen natürlich auch „Die drei ???“ dazu und nahmen breite Räume des Regals ein, allerdings im Buchformat. Ein Audio-Freund war ich in dieser Phase nicht mehr. Schade eigentlich, wie ich während der Aufführung des Vollplaybacktheaters (kurz: VPT) in der Trierer Europahalle feststellen durfte.
Gegründet wurde die Truppe 1997 in Wuppertal und es ist ihr Markenzeichen, die Hörspiele lippensynchron als Theaterstück nachzuspielen. Hört sich im ersten Moment ziemlich langweilig an. Doch das ist es keineswegs. Man muss die Show einfach mal gesehen haben, um mitreden zu können. Gelegenheit gab es vergangenen Sonntag mit „Die drei ??? und der grüne Geist“, einem Klassiker unter den Hörspielen der ersten Stunde. Vielerorts sind die Shows ausverkauft. In der Europahalle Trier waren noch einige Plätze frei, aber sie war gut gefüllt mit erwartungsvollen Gesichtern unterschiedlichster Generationen.
Dass es mehr zu hören und zu sehen gab als die genannte Geschichte, zeigte schon die erste Szene. Drei Jungs werden auf der Bühne von einem Cowboy gestellt, ein Schuss fällt, die Pistolenkugel bewegt sich von einer Schnur gezogen in Zeitlupe über die Bühne. Musik: „Killing In The Name Of“. Plötzlich Szenen wie aus den Matrix-Filmen, als man versucht, den Einschlag zu verhindern. Schon diese Hommage ruft erste Begeisterungsstürme im Publikum hervor. Doch zum Schluss trifft die Kugel. Drei Tote in einer ???-Story. Skandal! Und der Sprecher aus dem Off versetzte uns 26 Stunden in die Vergangenheit. Die Geschichte konnte beginnen.
Der Klang des Playbacks war zunächst noch etwas dumpf und für die Ohren unverständlich, doch man gewöhnte sich schnell dran und konnte dem Hörspiel parallel zum Bühnengeschehen gut folgen. Mit Schauspielern, die altersmäßig kaum zu Justus Jonas, Bob und Peter passen, aber deren jugendliches Gehabe perfekt nachspielen. Die ersten Gags gelingen über Mimik und das Auftauchen von Figuren aus der Muppet-Show, Pan-Tau, Speedy Gonzales – selbst Bibi und Tina bekommen ihren Auftritt.
Die Story um den verstorbenen Mister Green und seinen Geist dürften die meisten Fans der Serie kennen. Eine Nachfahrin des Toten bittet die drei ??? um Hilfe und lädt sie auf ihr Weingut ein, doch auch hier erscheint der „grüne Geist“ – auf der Suche nach einer Kette mit Geisterperlen.
Mit der Zeit wird die Story immer skurriler. Logisch – wo doch die Kassettenlänge hier auf zwei Stunden Theaterdauer aufgepeppt wird. Die Szenen, die nicht vom Band kommen und dazu geschnitten werden, stammen aus anderen Hörspielen wie „John Sinclair“. Eben dieser Geisterjäger spielt im Stück eine gewichtige Rolle und unterstützt die drei ??? bei ihren Ermittlungen.
Einer der Höhepunkt ist allerdings eine lange Einspielszene, in der Marty McFly und Doc Brown auf einer ihrer Zeitreisen auftauchen und den Todesschuss der Eingangsszene verhindern. Und es sind nicht nur diese Helden einer unbeschwerten Kindheit, die unvermittelt auftauchen. Auch Yoda, Chewbacca, Batman, die 7 Zwerge und die Ghostbusters haben ihre Auftritte. Besonders stark fand ich Szenen aus „Das Schweigen der Lämmer“ mit einem grandiosen Hannibal Lecter. Für die anwesenden Kinder vielleicht etwas zu gruselig, darüber hinaus aber extrem kultig.
Alles in allem ist die Live-Umsetzung ein perfekter Spaß – und das Geschehen wird im Verlauf des Stücks immer schillernder. Trotzdem findet die Handlung ihren regulären Abschluss. Die Schauspieltruppe wird mit jubelndem Applaus gefeiert und gibt als Zugabe noch mal den Ghostbusters-Song zum Besten. Bleibt zu hoffen, dass diese coole Mannschaft auch in Zukunft auf der Bühne aktiv bleibt und die Europahalle Trier in Kürze mit einer neuen Idee rockt. Man darf gespannt sein.