Wer hätte gedacht, dass die „eiserne Lady” Margaret Thatcher mal einen positiven Einfluss im popkulturellen Kontext ausgeübt hat? Nach eigener Aussage sei sie aber der Grund gewesen, weshalb sich der junge Billy Bragg mittels Musik gegen die neoliberale Politik der britischen Regierung der 80er Jahre Gehör verschaffen wollte.
Dies tut der Punk auf der Straße und bei jeder sich bietenden Gelegenheit. Irgendwann kommt der Plattenvertrag und die wutentbrannten Lieder des Protests und der Arbeit werden für die Nachwelt auf Tonträgern konserviert. Nur ein Mann, sein Verstärker und seine Gitarre.
So direkt ist der Barde aus Barking nicht mehr auf dem aktuellen Album „Tooth& Nail” zu hören, dem neuesten Werk seit fünf Jahren.Das hat er in Kalifornien im Studio von Joe Henry eingespielt und unterstützt wurde er dabei von diversen Studiomusikern.
Vorbei sind die Zeiten der Protestsongs nicht – zumindest nicht in der Arbeiterseele eines Billy Bragg – wenn er zum 50. Thronjubiläum der Queen 2002 einen Titel mit Namen „Take Down The Union Jack” veröffentlicht. Heute singt er den „Handyman Blues” und einen Song namens „Chasing Rainbows”, der davon handelt dass die sonnigen Tage einer Beziehung nur genießbar sind, wenn man die bewölkten aushält. Dieser Mann istdoch kein politischer Songwriter, sondern ein wütender und die Essenz seiner Songs ist meist Frustration und der Ärger über bestehende Situationen.Nach wie vor eignen sich seine Songs generell schon für Streiks und Gewerkschaftsveranstaltungen, obgleich doch derzeit die Texte persönlicher sind, die Musik leiser ist, aber dennoch von nicht minderer Dringlichkeit.
Wenn man mag kann man in den neuen Liedern die Fortsetzung des Storytelling der beiden „Mermaid Avenue” Alben sehen (1998/2000), auf denen Billy Bragg in Zusammenarbeit mit Wilco die Texte des verstorbenen Woody Guthrie vertonte.Die musikalische Ausrichtung auf „Tooth & Nail” changiert irgendwo zwischen Gospel, folkloristischen Anleihen amerikanischen Liedguts und lässt wohldosiert auch dem Soul genügend Platz, der die Melancholie und urbane Zärtlichkeit der neusten Kompositionen dieses alten Haudegens zu Geltung bringt.
Bragg befasst sich auf der aktuellen Platte eben auch mit Beziehungen und der Schwierigkeit die Beziehung zu denen aufrecht zu erhalten, die man am meisten liebt. Er ist nicht nur der Mann der politischen Hymne – er ist auch der Sherpa der gebrochenen Herzen.