Frank Turner – “Positive Songs For Negative People”
Zugegeben, als selbsternannter Frank Turner-Fanboy fällt es nicht immer leicht, objektive Rezensionen über den 33-jährigen zu schreiben. Zu oft verfällt man in Lobeshymnen und Floskeln, die im Nachhinein eher einem Heiratsantrag als einer CD-Review ähneln. Glücklicherweise ist bei Turners sechstem Album “Positive Songs for Negative People” keinerlei Gefühlsduselei notwendig. Zu viele Lieder über Verflossene? Zu wenig E-Gitarre? Zu viele Balladen oder sentimentale Experimente à la Broken Piano, wie beim letzten Album? Fehlanzeige!
Der Brite setzt auf Gradlinigkeit, sodass man – vorweg gesagt – das Album ohne Probleme durchhören kann, ohne einmal zu einen Song zu skippen zu müssen. Nach dem eher monotonen Opener The Angel Islington, zeigt Get Better, was bei dem Album, neben der Motivation sich stetig selber zu verbessern, im Mittelpunkt stehen soll – die verdammte E-Gitarre! The Next Storm steht dem in Nichts nach: Das schwungvolle Piano-Intro und simple E-Riffs schreien einem in bester Folk-Punk Manier entgegen: Verbessere dich, stell dich deinen Herausforderungen und zieh bei ein bisschen Gegenwind nicht deinen imaginären Schwanz ein! Beim druckvollen Glorious You ist man sich der Ernsthaftigkeit des Songs nicht sicher. Zum Midtempo und einem herrlichen Faustindieluftstreck-Refrain singt Turner:
I can see you hurting beneath your new red dress
Beneath your sharp new shoes and your new tattoos you are directionless
Kritik am momentanen Blankzieh-Lifestyl, wie es Jennifer Rostock vorleben oder aufrichtiges Mitleid gegenüber denjenigen, die im Alltag verloren wirken und sich versuchen anzupassen? Das wird im nächsten Interview herauszufinden sein.
Ab der zweiten Hälfte fängt das Album ein wenig an zu plätschern. Songs wie Out of Breath oder Love Forty Down sind sicherlich solide Songs, aber kein Muss für eine Top 20 Wunschsetlist. Track Nummer zwölf, die einzige richtige Ballade lässt einen dann doch Pipi in die Augen steigen: Song For Josh ist ein Live-Tribut an Josh Burdett, ein beliebter Security des “9:30 Club” in Washington, D.C., der sich am 1. September 2013 das Leben nahm. Für viele Musiker war Josh ein sehr guter Freund und Bekannter, umso heftiger traf sie es, als sie die Nachricht von seinem Ableben erfuhren.
Abgesehen von dieser einen Ausnahme ist “Positive Songs for Negative People” so geradlinig, wie ein Horizont zu dem man schaut, wenn die Melancholie einen überkommt und man sich fragt: Was will ich noch in meinem Leben erreichen? Was hätte ich im Nachhinein besser machen können? Soll ich es nochmal mit der verflossenen Liebschaft probieren oder nicht? Auf diese Fragen bedarf es keiner Antwort, sondern nur drei Anweisungen: Mund abwischen! Weitermachen! Besser werden!
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