Die Toten Hosen – Fotos aus Esch/Alzette, Luxemburg, vom 11.8.2015
Seht hier unsere Toten Hosen – Fotos aus Esch/Alzette, Luxemburg, vom 11.8.2015
Seht hier unsere Toten Hosen – Fotos aus Esch/Alzette, Luxemburg, vom 11.8.2015
Das war eine Überraschung als die Toten Hosen aus dem Nichts heraus ein Konzert in Luxemburg ankündigten – gut einen Monat vor dem Termin. Nach einer zweimonatigen Konzertpause ging es logischerweise darum, vor den großen Open Airs in der Schweiz und in Leipzig die Spielpraxis zurück zu gewinnen. Ein Testspiel also im kleinen Luxemburg – wie beim Fußball. Kein Problem, die Halle kurzfristig auszuverkaufen. Gut 6000 Tickets waren innerhalb von 24 Stunden weg. Also auf ging’s in die Rockhal nach Esch/Alzette.
Der große Bau in der Avenue du Rock’n’Roll wurde speziell für große Konzerte gebaut und ist demnach perfekt ausgestattet. Selbst an Parkplätzen unter und neben der Halle mangelt es nicht. Schweißtreibenden Temperaturen konnte man allerdings nur im Außenbereich entgehen. Das taten viele Fans den ganzen Abend über und bekamen vom Konzert wohl nur wenig mit. Schade drum. Momentan ist halt doch eher Open-Air-Saison.
Passend war auf jeden Fall der schwülstige, harte Bluesrock des Supports Triggerfinger. Die Band aus Belgien hatte ihren großen berühmten Moment 2012 mit dem Song “I Follow Rivers”, der in einer Coverversion von Lykke Li zum Charthit wurde. Diesen Titel spielte man im 30minütigen Set übrigens konsequent nicht! Auch eine Form von Stellungnahme. Stattdessen gab es starke Nach-vorne-Treiber vom elegant und lässig auftretenden Musiker-Trio. Verzerrte Gitarren, ein unglaublich tiefer und wuchtig gezerrter Bass, wirbelnde Drums und ein abwechslungsreicher Gesang – so stellt man sich Desert Rock vor und genau so klingt er auch, wenn man alles richtig macht.
Aber wir waren ja wegen der Hosen dort. Und die starteten pünktlich um 21 Uhr einen 150minütigen Trip durch ihre Geschichte. Wie Campino im Lauf des Konzerts mit Blick auf frühere Zeiten treffend bemerkt: “Nie hätten wir gedacht, dass uns jemand folgt.” Er war bestens gelaunt und in Topform. Die technischen Möglichkeiten machten das Konzert zum Erlebnis bis in die letzten Reihen und verdeutlichten anschaulich, dass das gegenwärtige Tour-Konzept für große Open Airs gedacht ist.
Es startete auf riesigen LCD-Wänden mit der Vorstellung der Band als Desperados. Dann hielten “Bonnie & Clyde”, “Liebeslied” und “Auswärtsspiel” her, um das Eis zu brechen. Wäre nicht nötig gewesen, denn das multikulturelle Publikum aus vor allem Deutschen und Luxemburgern hing von Beginn an gebannt an seinen Lippen, sang jeden Song textsicher mit und ließ sich auch von der schwitzenden Leibesmasse im Inneren der Rockhal nicht abschrecken: nicht jammern – mitmachen!
Um im “Ausland” zu glänzen, hatte Campino beschlossen, seine Ansagen teilweise auf “Sulu” zu halten. Schöne Idee, wenn man ein internationales Publikum vor sich hat. Das könnte auch in der Schweiz und in Leipzig gut funktionieren. Das aktuelle Album nahm einen geringeren Stellenwert ein als bei den Open Airs vor zwei Jahren. Stattdessen gab es Klassiker (Campino: “Lieder von früher, die wir nicht immer spielen”) wie “35 Jahre” und “Madelaine (aus Lüdenscheid)”, letzteres wie geschaffen für den frankophilen Sprachraum.
In Erinnerung an das Projekt “Entartete Musik” aus dem Jahr 2013 hatte man Musiker der Robert-Schumann-Hochschule Düsseldorf mit im Gepäck und brachte mit Streicher- und Piano-Begleitung unplugged Titel wie “Nur zu Besuch”, “Unsterblich” und “Europa” zu Gehör. Als Hommage an die europäische Idee und die Flüchtlingsproblematik gab es später im Konzert auch “Willkommen in Deutschland” zu hören. Ein Thema, dem sich die Hosen gerne widmen.
Trotz vieler ernster Töne hatte man ausreichend mit “Wünsch dir was”, “Alles aus Liebe” und “Verschwende deine Zeit” zu feiern. Zum Ende des ersten Zugabenblocks gab es ein erlösendes “Tage wie diese”, mitgesungen aus 6000 Kehlen. Kleine Kinder auf den Schultern ihrer Väter, während beide ganz in die Lyrics versinken. So geht großes Konzert-Kino. Da die Band nicht zu stoppen war, gab es insgesamt drei Zugabenblöcke und die Hosen entließen erst um 23.30 Uhr das Publikum mit “Zehn kleine Jägermeister” und “You’ll Never Walk Alone” in den wohlverdienten Feierabend. Die laue Sommernacht auf dem industrie-romantischen Campus verschaffte genug Abkühlung und die meisten traten wohl den Weg Richtung Deutschland an. Die Toten Hosen? Immer gern gesehen. Auch in Luxemburg. Wir folgen.
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Hier unsere Fotos von den Toten Hosen inkl. Special Guest Marek Lieberberg – Rock am Ring 2015
Da haben die Toten Hosen also eine offizielle Biographie schreiben lassen. Ist das der letzte Schritt ins Establishment? Irgendwie schon – obwohl Campino & Co. alles tun, um sich in einem guten Licht darzustellen. Will heißen: ihre inneren Kämpfe darzustellen, die sie ausfechten mussten, weil sie plötzlich in jedem Milieu Gehör fanden. Nicht mehr nur Punk, nicht mehr nur Jugend, nicht mehr nur das linke Spektrum. Plötzlich spielte die böse CDU “An Tagen wie diesen” sogar auf ihrer euphorischen Siegesfeier. Böse zersungen von Volker Kauder.
Ist das wirklich so dramatisch? Ist das nicht ganz normal in einer Zeit, da Veranstalter X halt eine Gebühr an die Gema bezahlt und damit das Liedgut verbreiten darf, wie es ihm gefällt? Zumindest kann man die Aktion zum Aushängeschild für die innere Zerrissenheit einer Band machen, die eben nie das konservative Herdenvieh bedienen wollte, es mit einer einfachen Hymne nun aber doch tut. Außerdem bringt es doch interessante Pressemeldung, wenn man im Vorfeld einer Buchveröffentlichung lanciert, dass Frau Bundeskanzlerin höchstpersönlich sich nach dem Wahlsieg bei Herrn Campino für die Verunglimpfung des Songs entschuldigt habe. Eigentlich ist auch diese Darstellung eine Anbiederung an die konservative Klientel, aber wir wollen mal nicht kleinlich sein.
Germanist Philipp Oehmke, Kulturredakteur beim Spiegel, gibt seinem Buch den Untertitel “Am Anfang war der Lärm”. Das stimmt nicht ganz. Er beginnt nämlich mit der Merkel-Episode. Vielleicht auch, um dem zufälligen Reinleser gleich anzudeuten, dass es nicht um eine chronologische Abfolge der Hosen-Geschichte geht, sondern dass durchaus philosophisches und politisches Gedankengut in die Texte fließt. Das ist fair.
Der 380seitige Wälzer ist spannend und flüssig geschrieben. Wir erleben aus unterschiedlichen Perspektiven nochmal mit, wie die Toten Hosen von der Spaß-Punk-Band spätestens mit “Hier kommt Alex” und dem Konzeptalbum “Ein kleines bisschen Horrorshow” (das die Bühnenmusik zum Theaterstück “A Clockwork Orange” enthält) zum ernsthaften Deutschrock überging. Wir verfolgen den Weg vom Ratinger Hof in Düsseldorf zu den größten Stadien der Republik. Am Wichtigsten aber finde ich das Hintergründige – die tiefen Einblicke in die Seele der Band. Oehmke hat in Gesprächen und hautnah eine Menge erfahren und darf dies auch schreiben: von Drogen und Alkoholexzessen, von Kabbeleien und ernsthaften Zerwürfnissen in der Band (am Ende entscheidet immer Campino), von endlosen Diskussionen über das Tun und Lassen.
Den historischen Abriss und Lebenslauf des Bandgeschehens gab es schon öfters. Da brauchen wir keine Wiederholung. Doch dieses Buch bietet mehr. Ich war nie der Die-hard-Hosen-Fan, habe die Musik hier und da oberflächlich gehört. Doch mit dem Wälzer von Philipp Oehmke wächst einem die Truppe mehr ans Herz. Und sogar Frau Merkel wird irgendwie sympathisch geschildert. Da darf am Ende jeder zufrieden sein. Gut gemacht.
Im Oktober 2013 beendeten Die Toten Hosen ihre „Krach der Republik”-Tournee mit zwei ausverkauften Stadionkonzerten in Düsseldorf. 90.000 Zuschauer feierten zusammen mit der Band das Tourfinale.
Da diese Tournee die größte und aufwändigste ihrer Karriere war und auch von den Fans so euphorisch wie nie abgefeiert wurde, gab es von vielen Seiten den Wunsch, zumindest einen Teil des Erlebten als Andenken und Erinnerung festzuhalten. Zu unserem Glück konnten wir Paul Dugdale mit seinem Team für den Regie-Job gewinnen. So wurden die letzten beiden Abende in Düsseldorf aufgezeichnet, um dem besonderen Anlass gerecht zu werden. Der Engländer Dugdale ist momentan der wohl gefragteste Musikfilmer der Welt, hat in den letzten Jahren Konzerte u.a. für die Rolling Stones („Sweet Summer Sun: Hyde Park Live “) und Adele („Live at the Royal Albert Hall”) gedreht und war für seine Arbeit an der letzten Coldplay Live-DVD für einen Grammy nominiert.
„Abgesehen davon, dass Paul ein genialer Regisseur ist, ist er ein verdammt netter Typ, der sofort mit uns allen gut klargekommen ist. Wir sind wahnsinnig glücklich über das Ergebnis, weil wir glauben, dass er den typischen Spirit einer Hosen-Show zu hundert Prozent eingefangen hat. Wer noch mehr Hosen in seinem Wohnzimmer haben will, muss uns schon persönlich in die gute Stube bitten”, so Campino über die Zusammenarbeit.
Im Augenblick wird in London letzte Hand an die finale Schnittfassung gelegt, „Die Toten Hosen Live: Der Krach der Republik – Das Tourfinale” erscheint am 4.4.2014 als DVD, BluRay und in einer limitierten CD/BluRay-Edition mit einem großformatigen, ca. 250-seitigem Fotobuch.
Es ist schon einige Jahrzehnte her, dass das saarländische Städtchen St. Wendel große Rockkonzerte erlebt hat. Ich kann mich aber noch gut an die Open Airs im Bosenbachstadion erinnern, beispielsweise 1989 mit Joe Cocker und Bap. Nun sollte der Bostalsee zur neuen Pilgerstätte für Musikfans werden. Gleich drei Konzerte standen auf dem Programm: Freitags gab sich Xavier Naidoo die Ehre und samstags feierte Campino von den Toten Hosen mit 25000 Fans seinen 51. Geburtstag. Am Sonntag schließlich waren nochmal die Toten Hosen dran – wieder vor ausverkaufter Kulisse, allerdings mit anderen Supportbands.
Die Sommerkonzerte “Der Krach der Republik” führen die Düsseldorfer Band durch ganz Deutschland und angrenzende Nachbarländer. Wer hingeht, darf eine der größten Show-Produktionen erwarten, die man hierzulande in den letzten Jahren erleben konnte. Vor der beschaulichen Kulisse des Sees war eine riesige Bühne aufgebaut, das beschauliche Örtchen Bosen befand sich im Ausnahmezustand. Trotzdem klappte alles relativ reibungslos. Eine gut durchdachte Verkehrsführung, perfekte Infrastruktur auf dem Gelände. Es hieß, freitags sei alles noch etwas chaotisch gewesen, doch am Sonntag war davon nichts zu spüren – mal abgesehen von der unvermeidlichen Stauzeit, wenn Tausende auf einmal von der Autobahn kommen. Sogar Petrus spielte mit, schickte zwei kleine Schauer am Nachmittag und ansonsten viel Sonne. Der aufgehende Regenbogen genau über der Bühne sollte ein gutes Omen für den Konzertabend sein.
Es begann mit Wölli, dem ehemaligen Schlagzeuger der Hosen (bis 1999), und seiner “Band des Jahres”, von Campino höchstpersönlich angesagt. Nun ja, es hätte den Zuschauern wohl besser gefallen, wenn der Hosen-Frontmann auch ein Liedchen mit geträllert hätte. Die stimmlichen Fähigkeiten von Wölli alias Wolfgang Rohde ließen doch sehr zu wünschen übrig. Aber so ist das nun mal im Punk – Hauptsache Spaß, laute Töne und Texte mit wenig Inhalt. Das hat Wölli bestens drauf und unterhielt das Publikum für einige kurzweilige Minuten. Als Frontmann scheinen ihn die Rückenprobleme auch nicht mehr zu plagen, die das Ende seiner Schlagzeugkarriere verursachten.
Zweiter Supportact waren die Donots aus dem Münsterland. Die Band aus Ibbenbüren kann schon ihr 20jähriges Bestehen feiern. Wer hätte das gedacht bei dem Quartett, das das Nichts-Tun von Beginn an zum Motto auserkoren hat? Die mittlerweile neun Studioalben sprechen allerdings eine andere Sprache und die Anzahl der hymnischen Alternative-Punk-Pop-Songs ist schon lange Legion. Wer zudem die hyperaktiven Burschen mal live erlebt hat, weiß um die Begeisterung, die sie auslösen können. Und das klappte auch am Bostalsee ausgezeichnet und sorgte für erste Circle Pits.
Weiter ging es mit Kraftklub und damit blieb der ganze Tag fest in deutscher Hand. Das Quintett stammt aus Chemnitz und macht intelligenten Indiepop mit deutschen Texten und sehr, sehr viel Spaß. “Scheissindiedisco” singen sie oder lassen an anderer Stelle auch gerne mal den Rapper raushängen. Das Publikum ging super mit. Vor allem die Hymne “Ich will nicht nach Berlin”, die es mal beim Bundesvision Song Contest zu hören gab, erschallte auch hier aus allen Kehlen. In Kraftklub steckt ein enormes Livepotential.
Pünktlich um 20.45 Uhr enterten die Toten Hosen die Bühne. Jetzt waren alle LCD-Wände und Scheinwerfer aktiv, das Geschehen wurde von sechs Verfolgern angestrahlt – die wirklich große Show konnte beginnen. Die Vorzeichen für ihre erfolgreichste Tour standen ja auch fantastisch. Nummer-1-Alben ist man zwar seit den 90ern gewohnt, aber einen Über-Hit (“Tage wie diese”), den selbst Karnevalsbands und Blaskapellen im Repertoire haben, gab es bisher nicht. Das verdankt man auch Campino mit seinem unermüdlichen Einsatz und der Medienpräsenz, die zum 50. Geburtstag noch zugenommen hatte.
Er ist einfach eine Bank auf der Bühne. Der starke Fronter, der sich ständig in Pose wirft, um die Wirkung seiner Person weiß und das Publikum fest im Griff hat. Ein Hosenkonzert der aktuellen Tour bietet ein Festmahl für alle Fans. Es gibt (bevorzugt zu Beginn) die neuen Chartbreaker wie “Ballast der Republik” und “Altes Fieber”. Dann aber auch die Klassiker, die jeder mitsingen kann wie “Bonnie & Clyde”, “Hier kommt Alex” (aus dem Horrorshow-Konzeptalbum), “Alles aus Liebe” und “Wünsch dir was”. Da sitzt jede Textzeile bei eingefleischten Fans. Für die Bonus-CD des aktuellen Albums hatte man rockige Coverversionen aus mehreren Jahrzehnten aufgenommen. Davon gab es am Bostalsee “Heute hier, morgen dort” (Hannes Wader), “Far Far Away” und den Song einer dreiköpfigen Newcomerband aus Berlin, die man gerne unterstützen wollte: “Schrei nach Liebe” (richtig – von den Ärzten, die schon lange keine Konkurrenten sondern höchstens gern gesehene Mitbewerber sind).
Richtig genial wurde es, als man ganz weit zurück ging. Mit Kraftklub zusammen sangen die Hosen “Opel-Gang”, später gab es auch “Eisgekühlter Bommerlunder”. Und im Zugabenblock durften selbst die “Zehn kleinen Jägermeister” nicht fehlen. Was sollte man da noch vermissen? Natürlich “Tage wie diese”, das als Wohlfühl-Hymne vor den Zugaben erklang. Und vielleicht das Lied über die verhassten “Bayern”, das es noch kurz vor 23 Uhr gab, bevor mit “You’ll Never Walk Alone” der Abend ausklang.
Campino und seine Truppe haben in 130 Minuten Konzertlänge bewiesen, dass sie momentan Deutschlands stärkste Liveband sind. Obwohl das letzte Album viel mit Nostalgie, Wehmut und Abschied spielt, sind doch keine Ermüdungserscheinungen spürbar. Das begeisterte Publikum sah eine große Show auf der Bühne, geniale Video-Einspieler, eine bunte Show, die jeden Anwesenden erreichte. Und es gab auch intimere Momente, die auf einem Steg im Zuschauerraum stattfanden. In drei umfangreichen Zugabenblocks wurde die Band abgefeiert. Ein positives Fazit kann man auch für das Veranstaltungsgelände treffen. Das Open-Air-Gelände am See hat seine Feuertaufe bestanden und man darf schon gespannt sein, welche weiteren Konzerte in dieser Größenordnung es geben wird.
Setlist Toten Hosen – 23. Juni 2013, Bostalsee
Keine Jahres-Charts, in denen “Ballast der Republik” und vor allem der Song “Tage wie diese” nicht auftauchen. Das Album ist das meistverkaufte des Jahres und hat damit überraschend Unheilig geschlagen. Wer hätte das vor 30 Jahren gedacht, als die Punkrocker ihre Karriere begannen und von vielen belächelt wurden?
Das Bandjubiläum ist auf jeden Fall Grund genug für ein “Rock Classics Sonderheft”. Auf fast 100 Seiten durchleuchten die Autoren die Karriere der Band, befragen Vorbilder, Wegbegleiter, Kollegen und selbstverständlich auch die Fans. Wir erfahren viel über den Punk in Düsseldorf, Campino berichtet von seiner Liebe für die Ramones und natürlich wird die Hosen-Geschichte chronologisch aufgearbeitet. Von den Anfängen, über den “Aufstieg in die Oberliga” bis hin zu den jetzigen, den “fetten Jahren”. Dazu gehört natürlich eine umfangreiche Diskographie und selbst ein Bericht über 5 kleine Jägermeister, die bekannteste Hosen-Coverband.
Als Extra gibt es vier Poster und die Reihe “Deutsche Punk und New Wave Klassiker”, die es schon im Ärzte-Sonderheft auf CD gab, wird fortgesetzt. Diesmal mit Band wie Rotzkotz, Mythen in Tüten und The Flying Klassenfeind. Grund genug für eine weitere Zeitreise. Mit diesem Band ist man top informiert in Sachen Hosen. Mal wieder ein essentielles Teil der ROCK CLASSICS-Reihe.
Parallel erscheint zudem eine Neuauflage des Songbooks “Bis zum bitteren Ende” – jetzt ergänzt um die Lieder aus “Ballast der Republik”. Jedes Lied bekommt eine neue Seite, alles in alphabetischer Reihenfolge. Dort finden sich Infos zur Herkunft, der Text und Gitarrenakkorde. Besonderer Service: Das Buchende beherbergt eine ausklappbare Grifftabelle. Ein schöner, kompakter Sammelband zum 30.!
Nikolausabend 2012 in Trier – der ältesten Stadt Deutschlands. Die alten Gemäuer sind in Eiseskälte erstarrt, die von dem bevorstehenden Wintereinbruch kündet. Doch halt: da gibt es ein Gebäude, aus dem laute Klänge und Hitzewellen ausströmen. Das Exzellenzhaus in Trier. Von Land und Leuten liebevoll als ExHaus abgekürzt.
Royales Flair weht am 6. Dezember durch das ExHaus. Schließlich entern Royal Republic die Bühne und zeigen, was gute Rockmusik aus Schweden ist. Momentan absolviert das Quartett gleich zwei Tourneen. Denn neben seiner eigenen “Save The Nation” Tour 2012 sind sie auch noch als Support der Toten Hosen in Deutschland unterwegs. Allerorten ausverkaufte Häuser und ein begeistertes Publikum. Nur bis nach Trier hat sich die Klasse dieser Alternative-Rock-Band noch nicht ganz herum gesprochen. Das Konzert sollte ursprünglich in der Europahalle stattfinden, wurde dann aber in die kleinere Location verlegt.
Für die Stimmung kann das nur gut sein. Die Halle hätte vielleicht dem königlichen Ambiente des Bandnamens Rechnung getragen, doch die Atmosphäre im eng gefüllten Gewölbekeller passte eher dazu, was die Vorzeigerocker zu bieten hatten. Eine Wahnsinnsshow, die keinen Besucher kalt ließ. Die Haare mit Pomade nach hinten geklatscht, Lederjacke über dem Feinripp-Unterhemd und die Kippe in den Mundwinkel geklemmt. Nach diesem Klischee sah es am Anfang noch aus. Doch gar nicht lange, dann hat man sich seiner Coolness und seiner Oberbekleidung entledigt und bietet eine der heißesten Rockshows des Planeten.
Die Mischung aus Funk, Britpop, Punk und einer Menge Rock’n’Roll kommt an. “We want to make people happy, ready to party and perhaps a little bit horny”, heißt das Motto. Nicht mehr, nicht weniger. Und es gelingt. “Royal Republic”-Sprechchöre nach jedem Song, ein textsicheres Publikum, das vor allem aus Teens und Twens besteht. Auf dem aktuellen Album “Save The Nation” sind die meisten Songs ungewohnt tanzbar und die elektronischen Elemente nehmen viel Raum ein. Aber live gibt es zum Glück die gewohnte Powermischung und ausschließlich knallharte Rockversionen der Songs beider Alben. Mit einer Ausnahme: Da man ja weiß, dass die Mainstreamsender stets auf Radiotauglichkeit bedacht sind, erklingt “Addictive” als reduzierte Schmalzlocken-Gitarren-Version mit Schmacht-Charakter.
Die war dann aber auch nötig, denn bis dahin hatte man mächtig eingeheizt. Beispielsweise mit “Save The Nation”, “You Ain’t Nobody Til Somebody Hates You”, “Molotov” und “Punch Drunk Love”. 60 Minuten Konzertzeit vergehen wie im Flug, die vorderen Reihen tanzen ausgelassen und Fronter Adam Grahn lässt keinen Trick aus, um auch die hinteren Reihen des schlauchförmigen Kellers mitzureißen. Da schwingen die Hartgesottenen ihre Shirts durch die Luft oder es dreht sich auch mal die komplette vordere Hälfte um und buht, wenn hinten nicht getanzt wird.
Vor der Zugabe zählt Adam nach: 15 Songs gespielt – man könnte eigentlich aufhören. Nach erneute “Royal Republic”-Rufen gibt es zunächst das ersehnte und abgefeierte “Everybody Wants To Be An Astronaut”, dann zwei weitere Songs. 18 Titel und knapp 80 Minuten Konzertlänge sind nicht die Welt für einen Headliner – doch nach dieser energiegeladenen Performance geht vermutlich jeder zufrieden nach Hause. In der Hoffnung, dass sich das Ereignis herum spricht und Royal Republic bei ihrem nächsten Gig in Trier den Publikumszuspruch bekommen, den sie verdienen.
Das Quartett gründete sich vor fünf Jahren im schwedischen Malmö und brachte drei Jahre später das Debüt “We Are The Royal” auf den Markt. Erster Eindruck: Coole Truppe, die da mit Pomade und Lederjacke den Rock’n’Roll neu erfand. Stark war besonders diese fulminante Mischung aus Funk, Punk und Britpop, gewürzt mit einer Prise Hardrock, die es auf dem Album und vor allem live zu hören gab.
“We want to make people happy, ready to party and perhaps a little bit horny …” Dieses Motto verfolgen die Skandinavier auch auf ihrem zweiten Longplayer. Und “Save The Nation” ist noch ein gutes Stück gereifter als der Erstling. Der Albumtitel ist nicht nur ein nettes Wortspiel zum Bandnamen, sondern durchaus auch gesellschaftliches Statement. Es geht um das Festhalten an Träumen und Ambitionen auf der einen Seite, setzt sich aber auch mit denen zusammen, die die Bodenhaftung verlieren. “You Ain’t Nobody (`Til Somebody Hates You)” ist somit Lebensphilosophie, aber auch ein kritischer Seitenhieb auf Selbstdarsteller wie Lady Gaga. Und der vorwärts treibende Ohrwurm “Everybody Wants To Be An Astronaut” verbreitet gleichzeitig gute Laune, erinnert aber auch an die Unerreichbarkeit mancher Ziele.
Für Alternative Rocker sind die meisten Songs diesmal ungewohnt tanzbar. Die elektronischen Elemente nehmen viel Raum ein, zerstören aber nicht das Gesamtbild. Hier gibt es schon noch handgemachte Musik und ein kräftiges Augenzwinkern, auch bei ernsten Themen: “Make Love Not War (If You Have To Make War – Make Sure To Make Time To Make Love In Between)”. Wer sich darauf einlassen kann, dass auch knallharte Rocker mal ein Ohr ein Richtung Discosound riskieren, liegt hier goldrichtig.
Die eigene Tour startet im Oktober, danach geht’s als Support für die Toten Hosen weiter:
“SAVE THE NATION” TOUR 2012
ROYAL REPUBLIC supporting DIE TOTEN HOSEN