Ein nostalgischer Kindergeburtstag – blink-182 am 19.08.2014 in Dortmund
Erinnert ihr euch noch an die Musik der späten 1990er-Jahre? Es war die Zeit der Boybands, Vengaboys’, allgemein war es mit die Zeit der grottigsten Musik, die man überhaupt über sich ergehen lassen musste und heute immer noch auf „Trashpop“ – Partys in unregelmäßigen Abständen antrifft. Ein paar Lichtblicke gab es zu dieser Zeit dennoch, wenn auch ziemlich wenige. Eine dieser wenigen Erleuchtungen war die nicht enden wollende Welle neuer Skatepunk-Bands (böse Zungen nannten es den „Kiddie Punk“) à la Sum 41 und blink-182. Durch „Enema of the State“ gelang Tom Delone, Mark Hoppus und Travis Barker 1998 der große Durchbruch mit über 15 Millionen verkauften Tonträgern. Heute, 16 Jahre später haben sie Teile ihres Starkults eingebüßt. Dies liegt nicht nur zuletzt daran, dass es immer interne Probleme unter den drei Bandmitgliedern gab, nein auch Drogen, lange Albumpausen und abgesagte Tourneen waren weitere Hürden, die die Band aus Kalifornien im Laufe der letzten Dekade überwinden musste. Nichtsdestotrotz ist die Westfalenhalle sehr gut gefüllt. Viele erwartungsvolle Mit-30er blicken gespannt Richtung Bühne, als zum ersten Mal das Licht ausgeht und Zebrahead als Support die Bühne betritt.
Eine bessere Vorband hätte man sich nicht wünschen können. Es ist ja allgemein bekannt, dass Auftritte von blink eher etwas für die Gehörgänge sind, als etwas fürs Auge. Viel Interaktion darf einfach nicht erwartet werden. Zebrahead gehen dabei einen ganz anderen Weg. Innerhalb kürzester Zeit wird die Menge mit Songs wie „Hell Yeah!“ und „Call Your Friends“ erobert. Wo eben noch eine Standparade war, sind mehrere Circle Pits zu sehen. Vor allem für die Sicherheitskräfte stellt das Konzert eine große Herausforderung dar, als Sänger Ali den gut 9.000 Besuchern entgegen brüllt „Let’s see how many people can do a crowdsurf at the same time.“ Gesagt, getan! 9.000 Leute werden es dann nicht, trotzdem schlägt eine Welle von Crowdsurfern nach der anderen am Graben ein. Die Sicherheitsleute reagieren doch gelassen und meistern souverän ihre Aufgabe. Verdammt, war das ein guter Anheizer. Erste Zweifel kommen auf, ob Blink überhaupt der wahre Headliner des Abends ist oder ob die Leute nur für Zebrahead gekommen sind.
Die Zweifel verfliegen schnell, als die ersten Töne von „Feeling This“ zu hören sind. Strahlende Gesichter, teilweise mit Tränen in den Augen singen „Fate fell short this time“. So wortkarg blink zu Beginn sind, umso mehr erfreut ist das Publikum bei jedem angespielten Song. Für wirkliche Gänsehautmomente sorgt das großartige „I Miss You“. Mark Hoppus ist während des gesamten Songs überhaupt nicht zu hören, so lautstark singen die Fans Wort für Wort diese wunderbare Ballade. Ein wenig Fäkalhumor darf natürlich auch bei einem blink-182 Konzert nicht fehlen. So amüsiert sich der unter einer Kappe versteckte Tom Delonge darüber, dass auf der Autobahn „Ausfahrt“ wie „Assfart“ klingt. Wiehernde und gackernde Menschen sind die Quittung. Auffällig ist die hohe Anzahl an Songs von ihrem 2004 erschienenen self-titled Album, welches unter Kritikern als die beste Platte der Band gewertet wird. Schlaue Köpfe sind in der Lage zehn Jahre weiter zu rechnen und kommen so darauf, dass wohl das zehnjährige Jubiläum des Albums heute gefeiert werden soll. „Happy Holidays, You Bastards“ lässt die gesamte Halle verdunkeln. Kein Wunder, dass Menschen weniger Berührungsängste bei fehlendem Licht entwickeln. Es bilden sich riesige Pogopits, denen man sich nicht entziehen kann. Man wird förmlich hineingesogen. Ein weiteres Highlight bildet ein brennendes „FUCK“ auf der Bühne, welches bei der Zugabe erleuchtet. Ein letztes Mal werden lauthals die Texte von „Violence“, „Dammit“ und „Family Reunion“ mitgesungen und fertig ist das gut 100-minütige Konzert.
Anfangs hatte man wirklich seine berechtigten Zweifel, ob das Konzert die ohnehin niedrigen Ansprüche, die man an diese Band hat, gerecht werden kann. Zur Info, blink-182 sind normalerweise eine ziemlich langweilige Liveband, sowohl bei Festivalauftritten, als auch bei normalen Konzertshows wie bspw. vor zwei Jahren in Essen. Dort versagten sie auf ganzer Linie, nicht zuletzt wegen dem auf Pulver sieben schwebenden Tom DeLonge. Doch heute hat man ein vollends solides Konzert einer Band gesehen, die es geschafft hat nach Bandeskapaden, abgesagten Tourneen und Flugzeugabstürzen wieder ein wenig Normalität in ihr Leben zu bekommen.