Black Stone Cherry sind auf europaweiter Promo-Tour – mit neuer Plattenfirma und gut sechs Wochen vor Erscheinen ihres fünften Albums „Kentucky“ spielen die vier Rocker vor knapp 1000 Fans im Dortmunder FZW. MHQ hatte backstage vor der Show die Gelegenheit zum Interview mit Bassist Jon und Drummer John Fred und Zeit für einen Rückblick auf vier Alben und für einen Ausblick auf was noch kommen mag.

Zunächst „Herzlichen Glückwunsch“! Eure Platte ist noch nicht raus und Ihr seid bereits erfolgreich europaweit in größeren Hallen unterwegs! Ich bin wirklich überrascht!
Jon: Ja, das sind Promo-Shows für unser neues Album.
John Fred: Wir sind auch überrascht – in Amsterdam, wo wir gestern gespielt haben, haben wir sonst im Melkweg die kleinere Halle gefüllt. Gestern waren wir in der Haupthalle mit fast 800 Fans. Mit den Pariser Geschehnissen im Bataclan letztes Jahr wussten wir nicht mal, ob wir überhaupt noch auf Tour gehen können. Im Cabaret Sauvage konnten wir letztlich vor 600 Fans auftreten. In Frankreich und Holland werden wir stetig größer. Und Deutschland war immer großartig für uns.
Jon: Genau, in Deutschland sind wir stetig gewachsen, seit wir das erste Mal hier gespielt haben. Nicht schnell aber konstant. Wir können nicht klagen!
Was ist der Grund, dass die Kanadier von Theory of a Deadman diese Tour nicht wie geplant Eure Vorband sind?
John Fred: Der Wechselkurs ist gestiegen, die Tour wäre finanziell ein großer Nachteil für die Band gewesen. So haben wir Toseland aus England mit ins Boot geholt. Theory of a Deadman werden dafür zumindest im März nach England kommen.
Habt Ihr eine Erklärung dafür, dass Black Stone Cherry in England so erfolgreich sind? Was ist der Unterschied zum Publikum aus den Staaten oder zu den europäischen Fans?
Jon: Der größte Unterschied ist, dass Fans in England und auch überwiegend in Europa Stammpublikum sind. Die Fans sehen ein Plakat und kaufen das Ticket für das Konzert. In den Staaten muss ein Song immer und immer wieder im Radio gespielt werden, damit das Publikum sich vielleicht mal eine Show anschaut und die Show muss dann auch stimmen. Wir haben nie Probleme gehabt gute Shows zu liefern, aber im Radio in bestimmten Gebieten gespielt zu werden ist schwierig, weil es gut 3-4 Typen gibt, die die Radioszene beherrschen und die machen ihr eigenes Ding. Was England und Europa betrifft, so ist es vielleicht die Sprachhürde.
John Fred: Deutschland ist unser zweitgrößter Markt außerhalb der Staaten. Unser Manager hat erst jüngst eine Erhebung gemacht: An erster Stelle stehen zwar die USA, jedoch wegen der Größe des Landes, an Platz zwei folgt England, dann Deutschland, Italien und Südamerika, obwohl wir noch nie in Südamerika gespielt haben.
Wie sieht es mit Asien aus?
John Fred: Wir haben einmal in Tokyo gespielt und wir versuchen zu unserer Show in Australien im Juni dieses Jahres noch weitere Shows in China, Japan und Neuseeland zu bekommen. Der 24stündige Flug muss sich lohnen!
Habt Ihr das neue Album bereits während der letzten Shows gespielt?
Jon: Einige Songs davon! Die Single heißt „In Our Dreams“ und wir haben den letzten Song des Albums, „The Rambler“ schon gespielt.
Wie sind die Reaktionen?
Jon: „The Rambler“ ist ja noch nicht veröffentlicht und je öfter wir es spielen, desto mehr erkennen es die Fans wieder, auch von Youtube. Es ist ein unplugged-Stück – Chris und Ben spielen es alleine. Das erlaubt dem Publikum den Song und auch den Text besser wahrzunehmen. Für den Moment wär´s dies. Wir kommen ja nochmal Ende des Jahres wieder, dann gibt es mehr neues Live-Material.
John Fred: Wir kommen Mitte November nach England, fliegen dann über die Weihnachtstage nach Hause und kommen Ende 2016 oder Anfang 2017 nach Europa zurück. Die Fans wollen uns ja auch mit dem neuen Album nochmal auf Tour haben.
Vielleicht werdet Ihr auch von Eurer neuen Plattenfirma Mascot so gut gepusht!
Jon: Oh ja!! Sie pushen uns definitiv!
Wie ist es nach Warner, eines der größten Lables der Welt, nun bei Mascot unterschrieben zu haben?
John Fred: Wir haben in diesem Interview nicht genug Zeit um über all die positiven Dinge darüber zu sprechen! (lacht) Es ist wunderbar! Roadrunner, unsere vorige Plattenfirma, wurde von Warner aufgekauft und es war nicht mehr dieses familiäre Gefühl da. Wir sind dann im Januar 2015 gekündigt worden. Warner hat alles abgestoßen, was nicht das große US-Geschäft war und hat etliche Leute entlassen. Mit einigen von ihnen arbeiten wir auf selbstständiger Basis immer noch zusammen, weil sie hier in Europa einen klasse Job für uns gemacht haben. Als wir dann das erste Mal den Chef von Mascot getroffen haben, waren wir überwältigt, dass es überhaupt einen Eigentümer gibt, der weiß, was eine Gitarre ist und in einer Band gespielt hat. All die Bands und Musiker, die unter Vertrag sind: Volbeat, Joe Bonamassa, Beth Hart – Mascot nimmt pro Jahr nur ein oder zwei neue Bands unter Vertrag, sie nehmen nicht jeden auf.
Jon: Er hat es drauf, echte Talente rauszupicken und großartige Solokünstler und Bands unter Vertrag zu haben. Es geht ihm nicht danach, was gerade gut im Radio läuft und viel Geld macht.
John Fred: Und das ist der Unterschied zu den amerikanischen Grundsteinen. Verstehe mich nicht falsch: wir haben wunderbare Fans in den Staaten. Aber wenn du nicht Anteile an einer Radiostation wie Clearchannel hast oder Band XYZ bist, hast du im Radio keine Chance. Zuletzt wurde versucht uns in bestimmte Musikrichtungen zu pushen und wie bestimmte Bands auf Platte zu klingen. So sind wir aber nicht – wir sind eine Live-Band und keine Radio-Band. Mascot hat uns erlaubt völlige Kontrolle über die Entstehung der aktuellen Scheibe zu haben. Wir sind also nach Hause, haben unseren guten Freund David Barrick, der bereits die erste Platte produziert hat, angeheuert. Wir wollten auch das Budget der Platte niedrig halten und keinen Produzenten für 2-300.000 Dollar verpflichten, der nur Kaffee trinkt und einen Akkord für die Platte ändert. Es war eine tolle Zeit mit David, wir hatten das Album in 28 Tagen fertig!
Jon: Wir haben insgesamt 22 Songs aufgenommen. 13 Songs sind auf dem Album und es wird ein paar Sonderveröffentlichungen mit den restlichen Songs geben. Außerdem wird es auch eine von uns gedrehte Videodokumentation auf einer Version geben. Unser Team hilft unheimlich beim Bearbeiten der Videos und Josh, mein Bass-Techniker, hat viele von den Videos gedreht.
John Fred: Heutzutage müssen die Bands weitaus mehr Arbeiten für die Produktion übernehmen. Es hat sich so viel im Musikbusiness verändert. Jon hat z.B. das Cover zum aktuellen Album beigetragen.
Das Foto finde ich klasse!
Jon: Danke! Wenn wir jemand verpflichtet hätten für das Artwork des Covers, wären wir gut 5000 Dollar losgeworden. Für ein komplettes Booklet würden wir gut 12-16000 Dollar hinblättern oder ich übernehme die Arbeit. Das Geld müssten wir andernfalls erstmal mit Albumverkäufen wieder reinholen.
Ist es eigentlich ein Zufall, dass Euer Album am 1. April veröffentlicht wird?
Jon (lacht): Absolut! Ich habe schon gefragt, ob wir nicht ein Spaßalbum mit fünf richtig kitschigen Coversongs an dem Tag rausbringen können!
Wenn Ihr zurückblickt: habt Ihr wirklich Spaß an den Aufnahmen zu „Magic Mountain“ gehabt? Für mich ist es Euer schwächstes Album und ich hoffe sehr, dass es Euch mit der aktuellen Scheibe gelingt wieder ein Stück zu Euren Wurzeln zurückzufinden.
Jon: Das aktuelle Album ist auf jeden Fall näher an unserem ersten Album, weil wir alles wieder selbst in der Hand hatten. David Barrick war nur unterstützend dabei. Wir haben einen Song auf dem Album namens „Soul Machine“ – wenn du die souligen Seite von uns magst, dann wir dir diese funkige Seite auch gefallen. Du bist jedoch nicht die erste, die von Magic Mountain behauptet keine Verbindung zu uns zu haben. Der Grund ist wohl, dass wir versuchten vom Radio, von der kommerziellen Seite, wegzukommen und wir es absichtlich an einigen Stellen übertrieben haben, manchmal vielleicht zu sehr. Auf der aktuellen Platte sind wir unserem Gefühl gefolgt und haben uns musikalisch treiben lassen.
Dass die vier Jungs definitiv eine Live-Band sind, beweisen sie kaum eine halbe Stunde nach dem Interview. Das Publikum ist überraschend Männerlastig, der Sound treibend und rockig. Mit einem Querschnitt ihrer vier Alben und der Vorstellung zweier neuer Songs verabschieden sich die Südstaatenrocker nach einem gut 90minütigem Set von der Bühne mit den Worten: “We are Black Stone Cherry and we play Rock´n´Roll!”

MHQ dankt der Band, Crew und Mascot Label Group (Michael Schmitz und Andrea Hendorfer) für die Unterstützung und Ermöglichung des Interviews.