M’era Luna Festival 2017 – Der Festivalbericht

We’re different, we’re the children of the dark! (MONO INC. FEAT. TILO WOLFF, JOACHIM WITT UND CHRIS HARMS – CHILDREN OF THE DARK VÖ JANUAR 2017). Unter diesem Motto fand am 12. und 13. August das 17. M’era Luna Festival auf dem Flugplatz Hildesheim Drispenstedt statt. Kein Sturm, kein Regen und auch kein Stromausfall hinderte die rund 25.000 Besucher daran, das dunkelschöne Zusammenkommen zu feiern.

Das M’era Luna Festival gehört für viele Anhänger der Schwarzen Szene bereits seit Jahren zur festen Tradition. Das selbsternannte größte Musikfestival der Gothic-Szene bietet mit seinem ausgefallenen Rahmenprogramm jedes Jahr aufs Neue ein Erlebnis der Extraklasse für jeden, der sich nicht nur gerne schwarz kleidet, sondern auch die schwarze Seele im Herzen trägt. Neben den hochkarätigen Musikensembles und der liebevollen Atmosphäre, gehören auch die Extravaganz der Modenschau, das bunte Treiben des Mittelaltermarktes und dieses Jahr zum ersten Mal das Geheimnisvolle der Academy zum festen Bestandteil des Spektakels.

Auch wenn die Veranstalter dieses Jahr mit jeder Menge Unannehmlichkeiten zu kämpfen hatten, war die Crew stets darauf bedacht, das Festival ohne größere Katastrophen von statten gehen zu lassen. Nachdem bereits am Freitag der Starkregen die Parkplätze nahezu unbenutzbar machte, organisierte man Ersatzparkmöglichkeiten und Shuttlebusse für die Besucher. Hierzu muss man leider sagen, dass diese sehr weit vom Campinggelände entfernt waren und trotz der Busse schwer zu erreichen waren, man hatte schließlich jede Menge Gepäck zu transportieren. Die Wohnmobile ließ man sogar auf dem Rollfeld parken und ging eine Kooperation mit der Firma Bosh ein, um die fahrbaren Untersätze der Meute auf einem festem Boden unterzubringen. Für diejenigen, die am Freitag zeitig angereist sind und auf den regelmäßigen Parkflächen ihr Auto ließen, stand an den Abreisetagen ein Extra-Abschlepp-Service zur Verfügung, der mit schwerem Gerät jedes Mobil aus dem Matsch zog.

Der Wettergott, oder besser in diesem Fall der Wetterdämon, hatte dieses Jahr kein Erbarmen mit der feiernden Meute. Die rund 45 Liter Regen pro Quadratmeter machte aus jedem Grasfeld einen See aus Dreck und Matsch, was die Gäste jedoch nicht davon abhielt, die Zelte aufzuschlagen und mit bester Laune durch den Regen zu tanzen. Zum Glück befanden sich die Bühnen auf einer asphaltierten Fläche, was man von den Ständen leider nicht behaupten kann. Vor offiziellem Start ins Wochenende breitete die Crew jede Menge Stroh auf dem Infield-Gelände aus, was der Masse an Feuchtigkeit leider überhaupt nicht Herr wurde. Die Shopping-und Nahrungsstände waren schnell von einem See umgeben, den selbst die wertesten Stiefel nicht abhalten konnten. Doch wer nun glaubt, dass die Besucher oder die Crew sich davon die gute Laune verderben haben lassen, der irrt! Unter bunten Regenponchos versteckte so manche Dame ihr wertvolles, einzig für diesen Anlass hergerichteten Dress und lauschte beherzt den Sounds der Lieblingsbands, die das Wetter zum Anlass nahmen, um noch mehr Gas zu geben, und zumindest musikalisch einen Vulkan zu errichten.

Samstag, 12 August 2017:

Die Gewinner des Newcomer-Wettbewerbes Circus Of Fools, die mit 48,1% der Stimmen vor Maschinist (45,7 %) und Scherbentanz (6,2%) zum Nachwuchskünstler 2017 gekrönt wurden, gaben den offiziellen Start auf der Mainstage. Eine skurrile Show mit aufwendigem Horror-Make-Up und musikalischer Hochleistung. Die beiden einprägsamen Stimmen besangen die Missstände des Gesellschaft in Grusel-Varieté-Stil und gaben einen ausgefallen Auftakt ins dunkelbunte Wochenende. Die Nachwuchskünstler werden mit ihrer Live-Power dem M’era Luna mit Sicherheit nicht zum letzten Mal einen Besuch abgestattet haben.

Während Leichtmatrose mit seinem melancholischen Elekto-Pop über Beziehungskatastrophen den Hanger warm spielte, blieb es auf der Mainstage mit Eden Weint Im Grab bei weißem Make-up. Die deutsche Dark-Metal-Kapelle machte auf ihr neues Scherenschnitt-Video In der Toten-Taverne, passend zum Artwork des neuen Albums Na(c)htodreise, aufmerksam. Mit einem Mix aus morbider Romantik vereinten die Düsterrocker Fans verschiedener Stilrichtungen zu einer bunten Feiermeute.

Danach ging Daniel Schulz mit Unzucht an die Musikfront und brachte den gut gefüllten Vorplatz zum Beben. Spätestens beim Klassiker Deine Zeit läuft ab gab es für das tanzende Kollektiv keinen Halt mehr.

Natürlich wundert es niemanden, dass danach bei Ost+Front jede Menge Blut floss. Unter „Heimatmusik“ kamen die Künstler auf die Bühne und überraschten keinen mehr mit ihrem brutalem Auftritt. Der sonderbare Stil inspirierte einige Besucher ebenfalls zu blutigem Make-Up und Uniformen.

Der Nachfolger könnte nicht unterschiedlicher sein: Im Gegenzug zum Vorgänger predigten diese Met, Weib und Gesang. Feuerschwanz besangen Moralisch (Höchst Verwerflich) über Ketzerei und Sex is Muss. In ihren Kostümen und einer sympathischen Selbstironie stellte sogar ein vergessener Bass kein Problem dar. (Der laut eigener Aussagen von Unzucht ausgeliehen wurde). Die Miezen sorgten auch diesmal für optische Erheiterung, während sie lasziv die Requisiten transportierten.

An dieser Stelle muss man noch einmal anmerken, wie bunt die schwarze Szene doch ist. Da stehen Mitterlalter-Liebhaber neben blutüberströmten Uniformträgern und rudern, trotz nassem Boden, sitzend auf dem Asphalt im Gleichschritt.

Unterdessen brachte Sami Mark Yahya alias Faderhead den Hanger zum Grooven. Der hamburger Sängers und Musikproduzenten kreierte einen einprägsamen Auftritt voller stilvoller Melodien, emotionalen Texten unter derben Industrial-Sounds. Für manch einen Besucher erwies sich der Auftritt jedoch, etwas zu wenig tanzbar. Schließlich ist man von Faderhead mehr gewohnt.

Die Hamburger Nachbarn Project Pitchfork unterhielten danach die Mainstage. Sie blicken auf eine ereignisreiche Vergangenheit zurück und prägten die EBM-Szene durch ihre Musik wie kaum ein anderer. Ihre musikalische Visionen drehen sich um die Tiefen apokalyptischer Visionen, die Tiefen der vermeintlich dunklen Seiten des Lebens – oder die Tiefen der eigenen Seele, wodurch sie vielen Anhängern aus dem Herzen sprechen. Ihnen gelang es auch mit Leichtigkeit, den Platz zum tanzen zu bewegen. Unter klassischen EBM-Beats bewegten viele Zuschauer ihre Beine im Gleischschritt.

Mesh überraschte mit einer Eigeninterpretation von What I´ve Done (Linkin Park, VÖ 2007) als Hommage an den kürzlich verstorbenen Chester Bennington, der wie viele andere Künstler-Legenden in letzter Zeit viel zu früh von uns ging und ein schweres Erbe hinterließ.

So langsam neigte der erste Tag zu seinen Höhepunkten und Headlinern. Subway to Sally rockten am Abend der Sonne entgegen. Zum ersten Mal an diesem Tag kam doch tatsächlich die Sonne passend zu Tanz auf dem Vulkan, um die Mitterlalter-Rocker auf dem M’era Luna Festival willkommen zu heißen. Der Meisterbarde Eric Fish präsentierte alt bekannte Lieder im neuen elektro-Gewand und zelebrierte gewohnte Traditionen von schwarzen Rosen zu Kleid aus Rosen und Fingerspielen zu Sieben. Zum Abschied gab die Kapelle ihr gewohntes Julia und die Räuber unter lautstarkem Fangesang.

So gut besonnen das Wetter auch war, lief bei ASP jede Menge schief. Der heimliche Headliner des Tages musste improvisieren und meisterte die Herausforderungen mit Bravur! Der Platz vor der Bühne platzte aus allen Nähten und fieberte dem langersehnten Auftritt der Lieblingsband entgegen. Als die Show mit Nebel und einem Hörspiel begann, feierten die Fans, was sie lautstark klatschend signalisierten. Doch wurde es still. Und dunkel. Der Strom fiel aus. Alexander „Asp“ Spreng nicht weniger überrumpelt als seine Fans, versuchte die Situation zu retten, doch die Stille hielt an. Nach ca. 30 min konnte der Auftritt nach einigem hin und her wie gewohnt weiter gehen. Die Vollblutprofis ließen sich anschließend nichts anmerken, als die Show mit Wechselbalg weiterging. ASP präsentierten passend zum Wetter Lieder aus ihrem neuen Album 20.000 Meilen unter dem Meer. Als ob, das nicht schon genug Nervenkitzel sei, fing es nun stark zu regnen an. Die Fans blieben unermüdlich auf ihren Plätzen stehen, während die Kleidung immer nasser wurde. Als Eric Fish zu Zaubererbruder erneut auf die Bühne kam, um den liebgewonnen Freund zu unterstützen, zeigte ASP Solidarität mit dem leidenden Publikum und goss sich zwei Wasserflaschen über den Körper. Unter dem Jubel des Publikums konnte der Auftritt katastrophenfrei zu Ende gebracht werden. Pünktlich zu KORN hörte der Starkregen auch auf.

Als einige das Line up des Jahres lasen, konnten sie ihren Augen nicht trauen. Sollten doch wirklich KORN den Headliner geben. Die legendäre Band, die nicht nur ein eigenes Musikgenre begründete, sondern auch eine ganze Generation bei der Entwicklung inspirierte, starteten dank des Stromausfalls ca. 30 Minuten später und spielte ein fantastisches Best-of-Set ihrer Bandgeschichte. Bereits das erste Lied Rotting In Vain wurde voller Vorfreude lautstark klatschen begrüßt. Die vier Jungs aus Amerika brachten mit Songs wie Here To Stay und Insane den Platz zum Beben. Ihre Musik gehört bei jeder guten Metal-Party zum absoluten Muss und verwandelte auch das mittlerweile völlig durchnässte Festival Gelände zu einer Freiluft-Disco. Damit endete der erste ereignisreiche Tag mit einem mehr als gelungenen Auftritt etwas verspätet als gedacht, wofür sich das Management des Festivals am nächsten Tag auch bei den Anwohnern entschuldigte. Das erschöpfte Publikum wurde im Mondlicht zu den Zelten entlassen. Wer jedoch noch nicht genug- und Kraft für weitere Tanzeinlagen übrig hatte, ging anschließend zum Feiern in den Disco-Hanger, wo man sich mit entsprechenden Getränken und Musik erlesener Djs die Nacht zum Tage umwandeln konnte.

Sonntag, 13. August 2017

Johnny Deathshadow starteten mit gewohntem Totenschädel-Make-up auf der Mainstange, vor der sich, der Uhrzeit geschuldet, leider nur wenige versammelten. Was die Künstler natürlich nicht davon abhielt, eine gute Show des Horror-Punks zu geben. Auch der Hanger bot zu Accessory noch jede Menge Platz. Die meisten Besucher waren noch mit der Morgenhygiene und Festivalriten beschäftigt. Die Warteschlangen vor den Duschen und den Kaffeeständen wuchsen ins Unermessliche. Wartend erfreute man sich über die ersten Sonnenstrahlen, die einen regenfreien Tag versprachen und tauschte sich über die Highlights des vergangenen Tages aus.

Gegen 12 Uhr Mittags riefen Darkhaus mit ihrer energiegeladenen Bühnenpräsenz die Menge zur Hauptbühne. Der charismatische Sänger Ken Hanlon animierte das schwarze Volk bereits beim ersten Lied Grace Divine zum Mitmachen. Besonders Gary Meskil, dem Bassist der Band, den manch einer von Pro-Pain kennen könnte, merkte man die Spielfreude bei Providence richtig an. Mit Leichtigkeit übernahm das Publikum das Feuer der Bühne und feierte dem sonnigen Tag entgegen.

Unterdessen kam es auch im Hanger bei Absurd Minds zum Stimmungshoch. Die Elekto-Sounds der Band animieren seit den 90er Jahren schon auf manch einem Festival und Konzert die Meute zum Feiern. So war es auch kein Wunder, dass die Legerhalle, trotz der Uhrzeit gut gefüllt, zu Countdown lauthals schreiend den Tag empfing.

Für den spaßigen Teil des Tages sorgend anschließend Versengold mit heiteren Texten zu frivolen Melodien. Als Opener präsentierten die Jungs direkt einen Songs aus ihrem neuem Album Funkenflug (VÖ. 04.08.2017) Niemals sang-und klanglos. Es ist immer wieder schön zu beobachten, wie Malte Hoyer seine Zuhörerschaft im Griff hat: Bei Verliebt in eine Insel nahmen einige Zuschauer die Aufforderung an und tanzten gegen den aufkommenden Regen an, um zum Ende des Auftritts zu Paules Beichtgang die Vorhausabsolution zu erhalten.

Danach hießen MEGAHERZ frei nach dem MotteHart, aber herzlich“ das Publikum im Zombieland willkommen. Bei Miststück übernahmen die vielen Fans sogar gern den Refrain und klatschten im Takt.

Nach NDH ging es auf der Hauptbühne mit Synth-Rock weiter. The Crüxshadows überzeugten mit Coolness, Sex und harten Klängen. Zum 6. Mal auf dem M’era Luna Festival wissen die Vollblutprofis, wie sie das Auditorium fesseln können. Die Kombination aus elektrischer Violine, E-Gitarre und Synthesizer sorgte bei Liedern wie Valkyrie und Marilyn, My Bitterness für Stimmung.

Danach wurde es bei Mono Inc. etwas kuschelig. Die Hamburger spielten ein fantastisches Set all ihrer Erfolge. Die neue Hymne der schwarzen Szene Children Of The Dark, die sie zusammen mit Tino Wolff, Joachim Witt und Chris Harms beim letzten M’era Luna aufgenommen haben und im Januar diesen Jahres veröffentlicht haben, durfte natürlich nicht fehlen. Textsicher sang sich das Auditorium von Gothic Queen zu Get Some Sleep.

Schandmaul entführte die Zuhörerschaft in ein Land aus Sagen und Märchen, voller Abenteuerlust und Sehnsüchte. Man besang die Herren der Winde und den Drachentöter, wünschte sich hin und wieder ein König zu sein und schloss einen Pakt mit dem Teufel. Zum Abschied gab die Kapelle eine melancholische Ballade Euch zum Geleit.

Als letzte Band im Hanger ließen De/Vision die Meute noch einmal richtig tanzen. Auch sie blicken auf eine ereignisreiche Vergangenheit zurück und feierten mit den Fans so manchen Erfolg. Das M’era Luna Volk ließ sich dabei gerne animieren und bejubelte ein letztes Mal für dieses Jahr seine Melodien im Synthie-Sound vergangener Tage.

Abschließend kam der Headliner aus Berlin: And One. Trotz einiger seltsamer Aussagen und eines speziellen Humors lieferten And One eine fulminante Performance ab. Die selbsternannten „Ewigen Headliner“ machten gemeinsam mit den Fans eine Reise zu den Anfängen der Band mit Second Voice (1991) und Get You Closer (1997), über die Hochzeit mit Traumfrau (2006), hin zu der Gegenwart mit Unter meiner Uniform (2015). Die Fans griffen die Texten gerne mit ihren Stimmen -und die Beats mit ihren Beinen auf und tanzten in die Nacht. Ein krönender Abschluss für ein Traditionsfestival der Extraklasse.

Fazit:

Das M’era Luna Festival ist und bleibt eines der beliebtesten Festivals der schwarzen Szene. Neben dem Wave Gothic Treffen in Leipzig ist es ein wichtiger Bestandteil des Lebensgefühls und gehört für viele Anhänger der Schwarzen Musik zum absoluten Muss. Jahr um Jahr bemüht sich das Management mit vielen kleinen und großen Überraschungen, um ein unvergessliches Wochenende und kämpft dabei mit allen Mitteln gegen mögliche Unannehmlichkeiten. Dieses Jahr machte der Starkregen den Veranstaltern und den Gästen zu schaffen. Obwohl das Gelände selbst gut asphaltiert ist, versank doch der ein oder andere Stand und auch Besucher im Matsch. Dennoch hat man auch diese Herausforderung gut gemeistert bekommen und freut sich auf das nächste Jahr. Die Stände und das Ambiente luden dennoch zum Verweilen ein und die kulinarischen Überraschungen ließen keine Wünsche offen.

Wünschenswert wäre mehr Abwechselung bei den Bands. Natürlich kommen einigen Besucher Jahr um Jahr, um ihre Lieblingsband zu begrüßen, dennoch gibt es in der Szene noch viele Bands, die noch nie dem Festival beiwohnen durften. Der Newcomer-Wettbewerb bietet da eine gute Grundlage. Insgesamt würde man sich über mehr Duschen und Toiletten freuen, dann würde man vielleicht etwas weniger Zeit mit Schlangestehen vergeuden und lieber der Musik lauschen und sich die Füße wund tanzen. Ein absolutes Highlight bleibt die Reaktion von ASP, die trotz Regen und Stromausfall mit Professionalität und Solidarität punkten konnten. Auch Korn waren eine gelungene Überraschung.

Alles in einem war es das, was es werden sollte: Ein unvergessliches, dunkelschönes Festival!

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