Fotos von Alabama Shakes im Gloria in Köln
Die Alabama Shakes spielen im Gloria in Köln – hier sind die Fotos:
Die Alabama Shakes spielen im Gloria in Köln – hier sind die Fotos:
FluxFM ist ein Sender, von dem ich bis vor kurzem noch nichts gehört habe. Und doch könnte ich nach dem Anhören des ersten Samplers eine Art Werbe-Trailer für ihn schreiben. So in folgendem Stil: “FluxFM ist der Sender, wo Männer mit Bärten ihr zuhause finden, wo Frauen aufhören piepsig zu sein und wo zukünftige Topacts der Alternative Music sich ein Stelldichein geben.”
Zunächst firmierte der Sender als MotorFM. Juristische Gründe machten aber die Umbenennung nötig. Mir war der FluxKompensator schon seit jeher sympathischer als ein normaler Motor. Doch das soll hier nicht ausschlaggebend sein. Die Musik zählt – oder (wie es etwas hochtrabend heißt) die Popkultur. Diese hat sich der Sender, der per Livestream im Internet übertragen wird, groß auf die Fahne geschrieben. Man hat sich nämlich auf Musikrichtungen wie Alternative, Independent, Punk und Elektro spezialisiert und fördert vor allem Künstler, die in Deutschland beheimatet sind.
Auf diesem ersten Sampler “Vol. 1” finden sich viele Acts, die in den letzten Jahren den steinigen Weg nach oben geschafft haben: Woodkid, Capital Cities, The Lumineers, Alabama Shakes und Abby. Hinzu kommen Newcomer wie Passenger und Leslie Clio, alte Hasen wie Kid Kopphausen, aber auch viele (noch) gänzlich unbekannte Namen, die aufhorchen lassen.
So ist “Popkultur kompakt” mehr als nur ein weiterer Hit-Sampler. Er lädt vielmehr zu einer Entdeckungsreise ein, die den Hörer an Bands erinnert, die dringend mal wieder in den Player gehören, wie Of Monsters & Men, Me & My Drummer und Walk The Moon, aber auch neugierig macht auf The Shoes, Roosevelt und Justus Köhncke. “Die musikalische Quintessenz von FluxFM auf 2CDs ist nicht nur aktuelles Kompendium sondern auch der perfekte Soundtrack für einen entspannten Sommerabend”, sagt FluxFM-Geschäftsführer Markus Kühn. Das passt. Der Hörer genießt eine durchaus spannende Mischung für Freunde alternativer Musik und freut sich schon mal auf Vol. 2.
Seit der Veröffentlichung ihres Debütalbums “Boys & Girls” vor rund drei Monaten sind die Alabama Shakes auch hierzulande mächtig angesagt. So verwundert es kaum, dass ihr heutiges Konzert in Köln aufgrund der großen Nachfrage bereits nach kurzer Zeit vom Gebäude 9 in die Live Music Hall verlegt wurde. Dabei hat das Quartett weder eine opulente Bühnenshow noch eine musikalische Revolution zu bieten. Im Gegenteil. Der Bewegungsradius von Bassist Zac Cockrell erinnert live eher an einen Baum bei völliger Windstille und die Mischung aus Southern Rock, Blues und Soul ist ungefähr so innovativ wie ein frisch gestrichener Lattenzaun. Was zum Henker ist also das Besondere an den Alabama Shakes? Die Antwort: Sie machen nicht einfach nur einen auf retro. Nein, sie schaffen es, die Musik von Gestern mit einer solchen Intensität, handwerklichen Leichtigkeit und unbändigen Spielfreude ins Hier und Jetzt zu transportieren, als wäre sie gerade erst erfunden worden. Noch dazu haben sie in Brittany Howard eine Frontfrau, die stimmlich mühelos alle Nuancen zwischen Janis Joplin und Caleb Followill von den Kings Of Leon abdeckt.
Trotzdem ist die Live Music Hall nicht ganz ausverkauft. Das hat allerdings den Vorteil, dass man sich nicht wie sonst oft bereits nach fünf Minuten dafür verflucht, keine Sauerstoffmaske eingepackt zu haben. Der Abend wird von The Fog Joggers aus Krefeld eröffnet, die eine halbe Stunde lang durchaus vorhandene Qualität nachweisen. Früher gab es für derlei Nachwuchsbands ja beispielsweise noch die leider untergegangene Rheinkultur in der Bonner Rheinaue als wunderbare Plattform, um sich in grösserem Stil zu präsentieren, heute ist es für die vier Jungs “eine ganz grosse Sache hier spielen zu dürfen”. Der Applaus gibt ihnen Recht.
Um Punkt 22 Uhr legen dann die Alabama Shakes mit “Goin’ To The Party” los, was durchaus als Motto für die folgenden 75 Minuten verstanden werden darf. Lediglich Zac Cockrell, der ein wenig aussieht wie Zach Galifianakis in “Hangover”, scheint schon wieder eingeschlafen zu sein. Die Halle dagegen ist sofort auf Betriebstemperatur, besonders bei den beiden bekanntesten Knallern “Hold On” und “Hang Loose”. Der Sound ist perfekt. Brittany Howard röhrt sich durch das 17 Songs lange Set und versprüht dabei mehr Energie als ihre drei männlichen Mitstreiter zusammen. Würde Zac Cockrell nicht zumindest seine Finger bewegen, wüsste man nicht, ob er zwischendurch überhaupt mal wach ist. Das mag langweilig klingen, ist in Wirklichkeit aber nur herrlich unprätentiös. Die Live Music Hall swingt und groovt, erhebt sich zum Chor, schwelgt in melancholischem Schmerz (“I Ain’t The Same”) oder lässt gepflegt die Rocksau raus (“Making Me Itch”). Die Alabama Shakes werden dem Hype, der gerade um sie herrscht, vollauf gerecht und spätestens als das Konzert (viel zu früh) mit dem Stampfer “Heat Lightning” und einem Schwall künstlichen Nebels endet, fühlt man sich nicht mehr in Köln, sondern in irgendeiner verrauchten Holzhütte irgendwo in den amerikanischen Südstaaten am Rande der Sümpfe.
Genau hier könnte jedoch zukünftig das Problem der Alabama Shakes liegen. Ihre Musik funktioniert nämlich nur dann so gut, wenn der Rahmen entsprechend intim ist. Die Live Music Hall war dafür gerade noch akzeptabel, aber es wird spannend sein zu beobachten, ob der emotionale Funke auch überspringt, wenn die Hallen langsam grösser werden.