Paloma Faith – schwelgerische Balladen und smoother Soul
Es wird dringend Zeit, dass Paloma Faith Blomfield (so ihr vollständiger Name) auch in Deutschland bekannter wird. Die britische Künstlerin ist ein Gesamtkunstwerk – das war von dem Moment an klar, als sie ihre Erfahrungen als Tänzerin, Schauspielerin, Theaterregisseurin und Sängerin bündelte und mit ihrem Debüt „Do You Want The Truth Or Something Beautiful“ vor acht Jahren die musikalische Showbühne betrat. Mit ihrem neuen Album „The Architect“ lässt Paloma nun ihren Emotionen freien Lauf und beeindruckt durch sehr persönliches Songwriting.
Stilistisch bewegt sich „The Architect“ wie die Vorgänger elegant zwischen Pop, Soul und Disco und schwelgt in teilweise opulenten Arrangements – großes Kino für die Ohren: schwelgerische Balladen wechseln sich mit smoothem Soul, schnittigen Disco-Grooves und treibendem Electropop (wie die erste Single-Auskopplung „Crybaby“) ab. Auch „Guilty“, als zweite Vorabsingle, weiß zu überzeugen. Ein orchestraler Blue Eyed Soul-Torchsong in der Tradition ihres bislang größten Singlehits „Only Love Can Hurt Like This“. Paloma schrieb das Lied in der Woche nach dem Brexit aus der Sicht eines Ausstiegswilligen, der seine Wahl nach Bekanntwerden des Ergebnisses bereut.
Viele Gaststars sind auf dem Album vertreten. So wird nicht nur gesungen, sondern es gibt auch gesprochene Intros von Samuel L. Jackson und dem Polit-Aktivisten Owen Jones. Man merkt, dass der Künstlerin ihre Botschaften wichtig sind. Textlich widmet sie sich neben dem Brexit auch drängenden sozialen und politischen Fragen und Themen wie Mutterschaft, soziale Ängste, die ungerechte Verteilung von Vermögen, den Einfluss von Technik auf das Gefühl zunehmender Entfremdung, die Zukunft der westlichen Welt, Donald Trump und die Flüchtlingskrise – und das alles im Rahmen klassischer Popsongs. Neben einem Duett mit John Legend (I`ll Be Gentle“) befindet sich mit „Warrior“ ein Song, den SIA mitgeschrieben hat, auf dem neuen Album.
Paloma Faith zählt zu den erfolgreichsten britischen Sängerinnen unserer Zeit: alle ihre drei bisherigen Alben („Do You Want The Truth Or Something Beautiful?“, 2009, „Fall To Grace“, 2012 und „A Perfect Contradiction“, 2014) wurden in ihrer Heimat mit Doppelplatin ausgezeichnet – eine beeindruckende Erfolgsbilanz, wie sie sonst gerade einmal Weltstar Adele aufweisen kann. Alle drei Longplayer erreichten die Top Ten der UK Charts, die beiden letzten peakten auf Platz zwei.
Gesanglich reiht sich Paloma mühelos neben Sängerinnen wie Amy Winehouse, Adele oder Duffy ein, und ebenso wie diese legt sie beim Singen weniger Wert auf Schönheit als auf Emotionalität. Sie singt auf diesem Album, als hinge ihr Leben davon ab und findet dabei ebenso poetische wie gnadenlos wahre Worte. „The Architect“ ist ein großes Album voller groß inszenierter und trotzdem authentisch wirkender Emotionen.