Der Erneuerer des Soul im Kölner E-Werk

Ganze acht Jahre mussten die Fans auf das vierte Album von Paolo Nutini warten – eine Zeit in der der Sänger nach eigenen Angaben die Welt bereiste und sich eine bewusste Auszeit vom Musikbusiness nahm. Nun meldet sich der schottische Ausnahmekünstler auch live eindrucksvoll zurück. Eines sei an dieser Stelle schon mal vorweg genommen, das Warten hat sich definitiv gelohnt.

„Habt ihr schon einmal geträumt eure Zähne zu verlieren?“ Die zahlreichen Antworten auf diese Frage hätte Sängerin Lina von der Vorband BROCKHOFF sicherlich interessiert. BROCKHOFF kommen aus Hamburg und sind mittlerweile aus der Indiewelt nicht mehr wegzudenken. Sie überzeugen auch an diesem Abend durch sehr gitarrenlastige Pop-Rock Klänge, authentisch-biografische Texte gepaart mit einem Schuss Humor, das Publikum hört der vierköpfigen Combo während des rund 25 minütigen Sets aufmerksam zu und spendet artig Beifall.

Nach einer kurzen Umbaupause betritt Paolo Nutini die Bühne und beginnt den Abend mit dem ersten Song seines neuen Albums „Last Night in The Bitter Sweet“. „Afterneath“ windet sich, unterstützt durch eine diffuse Videoprojektion, durch die Gehörgänge der Anwesenden. Soundmäßig irgendwo zwischen U2 und Led Zeppelin angesiedelt beinhaltet der Song inhaltlich im späteren Verlauf noch ein Sample von Patricia Arquette aus Tarantinos Film „True Romance“ und abschließend noch ein Beatnik-Gedicht. Als Opener sicherlich eine Herausforderung für die meisten Gäste. Der zweite Song des Abends „Lose it“, ebenfalls von neuen Album, stimmt dann aber versöhnlich und spätestens bei Scream (Funk My Life Up) sieht man im restlos ausverkauften E-Werk nur noch glückliche Gesichter.

Was der neue Longplayer ja schon vermuten lässt, so sollte auch dieses Konzert musikalisch abwechslungsreich und vielfältig werden. Pop-Rock Nummern wechseln sich mit Balladen ab, wie Paolo Nutini die verschiedenen Musikstile Psychedelic, Blues, Funk und R&B beherrscht und vermischt ist bewundernswert. Am Ende sind es aber die leisen und reduzierten Töne die seine außergewöhnlichen musikalischen Fähigkeiten hervorheben.

Gerd Voss, einer der besten Schauspieler den wir in Deutschland hatten, äußerte sich in einem Interview wie er sich stimmlich auf eine seiner Theaterrollen vorbereitet hat. Um eine rauhe und tiefe Stimme zu bekommen ist er eine Woche lang in ein Waldgebiet gefahren um dort in den Morgenstunden laut zu schreien. Paolo Nutini besitzt diese Gabe von Natur aus.

„Dream a Little Dream of Me“, nur er und seine Gitarre sorgen für den ersten Höhepunkt des Abends, gefolgt von „Through the Echoes“ – ein weiteres Highlight mit deutlichem Ohrwurmpotential. Natürlich dürfen auch Hits aus vergangenen Zeiten nicht fehlen, „Cherry Blossom“ und „Candy“ werden textsicher mitgesungen bevor Nutini nach „Everywhere“ die Bühne verlässt. Nach einem ausgedehnten Zugabenblock ist dieser denkwürdige und abwechslungsreiche Konzertabend zu Ende.

Paolo Nutini ist zweifelsohne der Erneuerer des Soul und wird zurecht in einem Atemzug mit Amy Winehouse genannt. Auch dass er sich von der Musikindustrie nicht verheizen lässt und sich durch seine Auszeiten immer mal wieder Freiräume schafft macht den schottischen Sänger und Songwriter so einzigartig und sympathisch. Wir sehen uns in acht Jahren!

Setliste Paolo Nutini:

  • Afterneath
  • Lose It
  • Scream (Funk My Life Up)
  • Acid Eyes
  • Stranded Words (Interlude)
  • Radio
  • Heart Filled Up
  • Dream a Little Dream of Me (Ozzie Nelson and His Orchestra cover)
  • Through the Echoes
  • Coming Up Easy
  • Cherry Blossom
  • Petrified in Love
  • Pencil Full of Lead
  • Jenny Don’t Be Hasty / New Shoes
  • Take Me Take Mine
  • Candy
  • Everywhere
  • Let Me Down Easy
  • Iron Sky
  • Shine a Light
  • Abigail