Yvonne Catterfeld hat den Freischwimmer gemacht

Yvonne Catterfeld hat sicher nicht Xavier Naidoo gebraucht, um das Selbstbewusstsein zu entwickeln, ihren eigenen musikalischen Weg zu gehen. Aber „Sing meinen Song“ unter ihrer Mitwirkung hat sie ein gutes Stück weiter nach vorn gebracht. Nach vorn auf dem Weg zu neuer musikalischer Freiheit. „Guten Morgen Freiheit“ ist das erste Album, welches sie über ihr eigenes Label Veritable Records veröffentlicht. Der Schritt in die Label-Unabhängigkeit ermöglichte es der studierten Musikerin, die seit 2003 fester Bestandteil der deutschen Entertainmentlandschaft ist, ihre musikalischen Vorstellungen bei der Album-Entstehung ohne Kompromisse umzusetzen.

Vergessen sind die Zeiten, als sie in der Seifenoper „Gute Zeiten, schlechte Zeiten“ mitspielte und ihr Wohlfühl-Pop von Dieter Bohlen produziert wurde. Stattdessen wagt die Erfurterin starke Experimente. So gibt es neben einem unerwarteten Feature mit dem Aachener Rapper MoTrip auf „Mehr als ihr seht (Pt 2)“ auch Songs mit feinen Soul-Elementen. Für „5 vor 12“ holte Yvonne Catterfeld R’n’B-Sänger Teesy mit ins Boot, der ihre Musikalität und Vielfältigkeit nur um ein weiteres unterstreicht.

Gemeinsam mit dem aus Fulda stammenden MC und Sänger Bengio entstand der Song „Irgendwas“, bei dem die beiden dem weitverbreiteten Wunsch nach „immer höher, immer schneller, immer mehr“ nachgespürt haben. Herausgekommen ist eine Textkaskade in Rap-Manier, bei dem dieses Zivilisationsphänomen treffsicher unter die Lupe genommen wird. Der reduzierte Einsatz von Klavier und Streichern unterstreichen die Lyrics und lassen den Song für sich selber stehen.

Yvonne Catterfeld singt noch immer deutsch, aber die Texte sind nun nachdenklicher, tiefgründiger und manchmal sogar frech und gewagt. Thematisch geht es um das Ausbrechen aus gesellschaftlichen Zwängen. Und statt in beliebige Popmelodien sind diese Texte in akustisch instrumentierten Songwriter-Sound mit Elementen von Soul und Chanson verpackt. Die „The Voice of Germany“-Jurorin überrascht uns nicht nur mit diesem neuen urbanen Sound, sondern auch mit einer Riege namhafter Gäste.

Mir gefallen zwei Titel sehr gut, in denen es um kleine Leute geht. „Straßen aus Salz“ befasst sich sehr bewegend mit Scheidungskindern, „Pass gut auf dich auf“ hat Yvonne ihrem kleinen Sohn gewidmet. Gerade, wenn sie persönliche Erlebnisse in die Stücke einfließen lässt, ist sie besonders stark.

Die Künstlerin präsentiert sich auf „Guten Morgen Freiheit“ mit einem spannenden neuen musikalischen Look, der gut zu ihr passt und mit dem sie sich hörbar wohlfühlt. Aus dem netten Mädchen Yvonne ist die interessante junge Frau Catterfeld von nebenan geworden. Und von der wollen wir gerne noch mehr hören! Nach Sarah Connors  „Muttersprache“ mal wieder ein überzeugendes weibliches Deutschpop-Album, das aus dem Dunstkreis von „Sing meinen Song“ entstanden ist.

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