Wenn die Welt mich am meisten braucht, werde ich zurückkehren
„See you later alligator“ und „Toodeloo, kangaroo“ – die letzten Worte der beiden Protagonisten waren hoffentlich kein Abschied für immer. Die Geschichten um die grandiose Partnerschaft des Kabarettisten Marc-Uwe Kling mit einem kommunistischen, anarchistischen Känguru kann man nur lieben oder hassen. Etwas dazwischen gibt es selten. Ursprünglich gab es den Podcast „Neues vom Känguru“ bei Radio Fritz, dann erschienen die Texte in gedruckter Form und als Hörbuch unter dem Titel „Die Känguru-Chroniken“ und wurden prompt zu Bestsellern. Es folgten zwei für deutsche Verhältnisse recht erfolgreiche Kino-Komödien und parallel dazu von November 2020 bis Anfang März 2023 gab es tägliche Comic-Strips bei „Zeit online“, die von Bernd Kissel gezeichnet wurden.
Schon 2022 ist ein Sammelband dieser Comics im Hardcover-Format erschienen (HIER unsre Rezension) und jetzt gibt es mit dem zweiten Band namens „Die Känguru-Comics: Du würdest es eh nicht glauben“ die langersehnte Fortsetzung, womit alle bisher erschienenen Folgen auch in Buchform gepresst sind.
Die Story beginnt mit einem Rückblick, der die erste Begegnung von Marc-Uwe mit dem Känguru schildert. Der Rest ist Geschichte. Fans kennen die Anekdote schon aus den Büchern, doch erstmals gibt es sie jetzt auch in gezeichneter Form.
Und nun befinden wir uns 18 Jahre später am Ende der Corona-Zeit. Das Känguru ist frech und besserwisserisch wie eh und je. Die Ideenschmiede aus Marc-Uwe Kling und Bernd Kissel wildert sich grandios durch die Zeichengeschichte. Es gibt psychedelische Experimente, Bildergeschichten im altmodischen Stil, Parodien auf bekannte klassische Comic-Geschichten und am Ende verlieren die Protagonisten die Distanz zum Leser. Es geht auf die Meta-Ebene und wir werden damit konfrontiert, dass Marc-Uwe keine neuen Geschichten mehr einfallen. Schließlich beginnt das Känguru, die Panels zu verbiegen und zu verändern, um letztlich daraus auszubrechen. Endlich sind Chaos und Anarchie wieder zurück.
Noch mehr als im ersten Band funktionieren die Strips als fortlaufende Story, was mir gut gefällt. Im nachhinein sind sie ein gelungenes Zeugnis der Zeitgeschichte, werden doch auch Themen wie Corona, weltpolitische Veränderungen, Klimawandel, Putin, Verschwörungstheorien und das Erstarken rechtspopulistischer Kräfte in den Geschichten aufgegriffen.
Okay. Zum Ende hin werden die Pointen schwächer und bisweilen sehr zotig. Wenn Zeitmangel herrscht, spielt schon mal eine Folge im Dunkeln oder es werden alte Bilder mit neuen Texten recycelt. Man merkt, dass die Macher jetzt eine Pause brauchen. Aber das muss nicht das Ende der Geschichte bedeuten. Ich bin überzeugt, dass die Welt recht bald wieder ein vorlautes Känguru brauchen wird, das ihr den Spiegel vorhält und alles in Frage stellt, was uns so sicher erscheint. Die Hoffnung stirbt zuletzt – und bis dahin ist man mit zwei Sammlungen kurioser Stories gut bedient.