Delta Rae: „After It All“ – eine Reise in fremde Lebenswelten

Delta Rae sind eine sechsköpfige US-Band aus North Carolina und „After It All“ ist ihr Major-Debüt, das schon lange überfällig war. Den Erstling „Carry The Fire“ hat das Sextett nämlich noch komplett per Crowdfunding finanziert. Schön, wenn so viele Menschen an einen glauben. Und der Erfolg gibt den drei Geschwistern Brittany, Ian und Eric Hölljes Recht, die die Band ursprünglich gründeten.

„After It All“ widmet sich der Folklore und Romantik des amerikanischen Grenzlandes. Auch wenn es doch eher eine lose Aneinanderreihung thematisch ähnlicher Stücke ist, sehen Delta Rae ihr Album als Konzeptwerk. Es ging ursprünglich um die Geschichte junger Liebender, die durch die jüngste Rezession harte Zeiten durchleben. Doch während des Schreibprozesses fand man mehr und mehr zu Geschichten, die die Bandmitglieder selbst erlebt haben.

„Wir waren auf diesem Album experimenteller“, sagt Ian Hölljes. „Wir haben Horn-Parts und ausladende Streicher reingebracht. Im Ergebnis fühlt es sich für mich ein wenig dynamischer an. Dessen ungeachtet werden die Leute das wiedererkennen, worum es bei Delta Rae schon immer ging – die Harmonien, das Songwriting und die echten Instrumente, die wir auf diesem Album erweitert haben. Das war wirklich spannend für uns.“

Und das Ergebnis spricht für sich. Wie leicht kommt der Opener „Anthem“ daher geschwebt. Ein cineastisches Happy End gleich zu Beginn des Albums. Diesen als Hymne zu bezeichnen, ist mehr als passend – doch es soll ja erst los gehen. „Run“ bietet ein ausuferndes Streicher-Stakkato und wundervolle vokale Ausschweifungen. Ähnlich vielseitig geht es weiter, denn Delta Rae können glasklare Folkpop-Songs ebenso wie hymnische Titel im Stil von Coldplay. Dabei fällt stets das vertrackte rhythmische Grundgerüst auf, das jeden Track einzigartig macht.

„Bottom Of The River“ ist ein sich stetig steigernder Gospelsong. Ein Genuss allererster Güte. „Chasing Twisters“ hingegen startet wie ein Tarantino-Soundtrack und steigt auf in eine Revolverheld-Story mit romantischen Elementen. Dann „Bethlehem Steel“ als energisch-aggressiver Rocker mit mahnenden Worten bezüglich leer stehender Fabriken und aussterbender Mittelklasse. Da gleich vier Sänger/innen am Werk sind, nehmen chorische Passagen breiten Raum ein. Der Wechsel zwischen eindringlichen Solostimmen und energischem Auftritt als Gesamtheit wie in „I Will Never Die“ gelingt jederzeit par excellence.

Die Inspirationen der Songs reichen vom anklagenden HipHop eines Kanye West bis hin zum Americana-Rock von Vorbildern wie Tom Petty und den Eagles.  Das gesamte Album balanciert zwischen zwei Gefühlen: der Magie unserer Vergangenheit und der Ungewissheit unserer Zukunft. Es beginnt mit der Zeile „Am I always on the edge of quitting?“ – einem Appell an den Zuhörer, sich in seiner Umwelt einzubringen. „Dies ist eine wirklich treffende Songzeile im Bezug auf unsere Band“, erklärt Ian. „Darüber hinaus scheint es ein Thema zu sein, dass sich derzeit durch die gesamte amerikanische Psyche zieht. Wir müssen uns ständig neu dafür entscheiden, uns einzubringen. Es gibt viel Unbehagen, das sich durch das Album zieht und das sich zugleich in unserem Land widerspiegelt.“

„After It All“ ist ein ganzheitlich stimmiges Album, wie ich es lange nicht gehört habe. Es nimmt den Hörer mit auf eine Reise in fremde Lebenswelten. Und dort wird es an keiner Stelle langweilig. Das Bild einer amerikanischen Generation, die ihren Platz in der Welt sucht, wird hervorragend gezeichnet. Und zum Schluss gibt es die melancholische, herzzerreißende Ballade „After It All“. Ein philosophischer Song, der das Leben nach dem Tod erkundet. Wundervoll!

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