Diane Weigmann: „Die Wahrheit liegt irgendwo dazwischen“ – neue EP
Als Teenager und Twen spielte sie in den 90er Jahren Gitarre in der legendären Mädchenband „Lemonbabies“, mit der sie vier Alben veröffentlicht und europaweit getourt hat. Man kennt ihre Musik, ohne zu wissen, dass sie dahinter steckt. Ihre Stimme verzauberte beim die Ärzte -Song „Manchmal haben Frauen…“ und sie schrieb zahlreiche Hits für namhafte deutsche Künstler und Bands – sie singt, schreibt und produziert.
Seit den 2000er Jahren feiert Diane Weigmann Erfolge mit ihren deutschsprachigen Solo-Alben. Das letzte Werk „Größer als du denkst“ ist 2019 erschienen. Wie wir damals in unserer Review schrieben: Diane ist eine Singer-Songwriterin im besten Sinne des Genres. Ihre Texte sind authentisch und voller Poesie, verpackt in wunderbare Melodien und vielseitige akustische Arrangements und vorgetragen mit einer unspektakulären, aber Gänsehaut erzeugenden Stimme. Stilistisch mischt sie den typischen Songwriter-Sound mit intelligentem Pop und Folk-Elementen. Dabei geht sie herrlich unverkrampft mit der deutschen Sprache um.
Es sind immer einige Jahre zwischen ihren Soloalben vergangen, sodass es auch jetzt – zwei Jahre später – nur für eine EP mit sechs neuen Titeln reicht. Dafür ist diese gehaltvoll und ohne Lückenfüller. Es geht um aktuelle Themen: In den letzten Monaten ist eine ernstzunehmende Spaltung durch unsere Gesellschaft gegangen und nie war es auf der ganzen Welt mehr zu spüren denn je. Diane hat es selbst im engsten Freundeskreis miterlebt – und auch, was eine Zeit der Brüche mit uns macht.
Doch klarer als viele andere kann sie sehen, dass es kein entweder/oder gibt, sondern dass man ins Detail gehen muss und sich genauer auseinandersetzen und einander zuhören sollte. Diese EP ist in den wenigen Monaten zwischen den Lockdowns entstanden, gemeinsam mit dem Gitarristen und Produzenten Thimo Sander und der Unterstützung ihrer Liveband. Es sind Lieder übers Leben, Lieben und Loslassen im warmen, erdigen Singer-Songwriter-Bandsound.
„Du leuchtest“ ist ein Loblied auf die Außenseiter. „Weggesehen“ befasst sich mit den Problemen der Gegenwart und „Nur einmal im Leben“ spricht vom Aufraffen und vom Leben im Moment – mit allen Widrigkeiten.
Die zweite EP-Hälfte enthält Beziehungssongs ohne Klischees. Sie handeln vom Schlussmachen und Loslassen, von Zuneigung und tiefer Sehnsucht. Alles ist aus dem Leben gegriffen und in Arrangements gepackt, die trotz des akustischen Stils sehr komplex klingen. Percussion, Bläser und Glockenklang von Toby Weyrauch, Streicher und Vibraphon durch Anne de Wolff, die fantastische Gitarrenarbeit von Ulrich Rohde – da stimmt einfach alles und ist bis ins Detail, bis in die kurzen zweistimmigen Passagen durchdacht.
Auf ihrem eigenem One-Girl-Plattenlabel Rotschopf Records kann Diane Weigmann sich als hundertprozentige Indie-Künstlerin austoben – und man kann sie hören, die kreative Freiheit und Gelassenheit in ihrer eigenen Musik, unabhängig von Charts und Trends. Ihre Fans schätzen sie nicht nur dafür, sondern vor allem für die Tiefe in ihren Texten und die Liebe zum Detail, die ihre Songs zeitlos machen.
Das Stop Motion Video zu „Nur einmal im Leben“ hat übrigens Dianes Sohn Gustav (11 Jahre) gedreht. Weit über 1500 Bilder hat er dafür geschossen und aneinander gelegt. Ausstattungsassistentin war seine kleine Schwester Mercedes (6 Jahre). Großartig!