Kampfgefährtinnen im Kuschelmodus
2017 erschien mit „Tear the Roots“ das erste Album von Christina Wood und Cicely Goulder, die sich als Duo den Namen KALEIDA gegeben haben. Bereits 2013 haben die Sängerin und die Keyboarderin zusammen gefunden, um sich der elektronischen Musik zu verschreiben. Zunächst auf YouTube aktiv, konnten sie sich schnell eine Fanbase aufbauen. Größter Erfolg war die Verwendung des Songs „Think“ im Soundtrack von „John Wick“. Eine sphärische Coverversion des altbekannten Titels „99 Luftballons“ machte die beiden kurze Zeit später endgültig zu Szenestars.
Die Band selbst beschreibt ihre Musik seit langem als „feminin“ und bejaht damit ausdrücklich ihre Perspektive als Mütter und als weibliches Duo, das sich in einer von Männern dominierten Musikindustrie behauptet, sowie als Frauen über dreißig, die im Niemandsland zwischen dem Feminismus der 1970er Jahre und der progressiven Popkultur von heute aufgewachsen sind. Auf ihrem neuen Album „In Arms“ wird diese Haltung deutlicher denn je: Es wird sowohl das Bild vom Wiegen eines Kindes als auch vom Sich-für-den-Kampf-wappnen heraufbeschworen.
So doppeldeutig wie der Titel ist auch die Musik des Duos. Gerne schwankt man zwischen ruhigen, sanften Tönen und einer eindringlichen Kampfbereitschaft. Es ist ein Album, das sich an einen fast transzendenten Spiritualismus anlehnt, in dem ihre minimalistische Produktion eine rohe, übernatürliche Energie in sich trägt. „Eine Menge Musik kann diese Kraft haben. Deshalb ist sie auch so geheimnisvoll“, sagt Goulder. „Durch die Musik eine Art Interpretin des Himmlischen zu sein, das ist ein altes Motiv, das sich durch die Menschheitsgeschichte zieht.“ Wood drückt es noch prägnanter aus: „Es macht die Hoffnung cool.“
Stücke wie „Seagull Nun“ liefern starke Rhythmen mit mystischen Vocals. Woods Stimme kann in verschiedenen Tonlagen bestehen und klingt in jeder Hinsicht wundervoll. Die Lautmalereien in „Choices“ und „Hansaplast“ ergänzen das elektronische Farbenspiel. Die Lyrics sind nicht zu ausschweifend. Mystische Satzgebilde lassen den Inhalt meist im Geheimnisvollen. Wenn die Stimme mehr Raum gegenüber den Keyboardklängen bekommt, erinnert das (wie in „Kilda“) gerne mal an Sinead O’Connor.
So liefern Christina und Cicely 40 Minuten Dark Pop vom Feinsten – mit charakteristischen Beats und hypnotisierenden Keyboardflächen. Ganz entspannt zwischen Dynamik und Melancholie.