Scala & Kolacny Brothers – ihr Beitrag zur Sonnenwende

Scala & Kolacny Brothers erreichten erstmals ein größeres Publikum über ihre Version des Rammstein-Songs „Engel“. Ein weiteres Highlight ihrer Karriere ist die Interpretation des Radiohead-Songs „Creep“ der in dem Hollywood Blockbuster „The Social Network“ prominent gefeatured wurde. Ein Mädchenchor aus zarten belgischen Stimmchen im Jugendalter singt moderne Rocksongs? Geht das gut? Und ob! Begleitet von schlichten Pianoklängen oder zurückhaltender Percussion erzeugen die Mädels eine beeindruckende Stimmgewalt. Gegründet wurde der Chor bereits 1996 in Aarschot, irgendwo in der Nähe von Brüssel. Musikalische Köpfe sind Steven und Stijn Kolacny, die für die Arrangements verantwortlich sind, den Chor leiten und die instrumentale Begleitung übernehmen.

Das aktuelle Album trägt den Titel „Solstice“ und erscheint folgerichtig zur Sommersonnenwende Ende Juni. Die Tracklist zieht sich munter durch die 80er und 90er Jahre. Nach dem deutschsprachigen Album 2015 sind diesmal ausschließlich englischsprachige Songs vertreten. Man kann nun geteilter Meinung sein, ob sich The Cure („Boys Don’t Cry“) oder Soundgarden („Black Hole Sun“) für eine solche Interpretation eignen. Die meisten der polyphonen Stücke funktionieren aber sehr gut – und der deutliche Gesang führt dazu, dass man sich stärker auf den Text konzentriert.

Schwierig wird es oft, wenn man den direkten Vergleich vor Ohren hat. „In The Air Tonight“ ohne Phil Collins‘ prägnantes Schlagzeug geht gar nicht. Da hätte zumindest ein Beatboxer in den Hintergrund gehört. Auch Jacksons „Dirty Diana“ verliert hier, weil man in den schönen Stimmen nun mal keine Ruchlosigkeit erkennen kann. Was aber hervorragend funktioniert: „Cloudbusting“ – auch ohne Kate Bushs Obertöne – und „I Don’t Like Mondays“. Und Britney Spears‘ „Womanizer“ klingt wie vom andern Stern.

Die Reinheit und Klarheit der Stimmen ist beeindruckend. Es gibt keine Ausreißer, keine Solisten, die sich in den Vordergrund drängen. Die Interpretation erfolgt in einem Guss und bleibt sauber intoniert, in den hohen Passagen ebenso wie in den tiefen. Die Dynamik folgt der Songlinie und passt sich der jeweiligen Stimmung an. So kann moderner Chorgesang klingen. Einziges Manko: Eine mögliche Mehrstimmigkeit wird meist zugunsten der melodischen Klangfülle unter den Tisch fallen gelassen. Da wäre mehr drin – aber man gewöhnt sich mit der Zeit dran.