Wie man sich im Alter komplett neu erfindet

75 Jahre alt wurde der Rockabilly-Sänger Shakin’ Stevens aus dem britischen Cardiff am 4. März 2023, also vor wenigen Wochen. Bürgerlich heißt er Michael Barratt und stammt aus Wales. Zunächst spielte er die Hauptrolle in einem Elvis-Musical am Londoner Westend, dann startete er seine eigene Karriere – vor allem mit Coverversionen und purem Rock’n’Roll. Größter Erfolg war aber der selbst verfasste Hit „Oh Julie“ im Jahr 1982. In den 90ern wurde es dann ruhiger um den Sänger, als er einen Stilwechsel zur Countrymusik vollzog. Ein Comeback erfolgte im Jahr 2005 im Rahmen einer TV-Show.

Seit dem Comeback sind drei neue Alben erschienen. Das jüngste trägt den Titel „Re-Set“ und führt den ansteckenden Roots-Rock seiner gefeierten und äußerst erfolgreichen 2016er-Veröffentlichung „Echoes Of Our Times“ – mit der er sich komplett neu erfunden hatte – in noch abenteuerlichere Weiten. Die zehn Songs vereinen tief empfundene, aussagestarke Texte mit intensivem Gesang.

Wie „Echoes Of Our Times“ erzählen auch die Songs auf „Re-Set“ zutiefst persönliche Geschichten, inspiriert aus der Familienchronik, aber auch auf das Arbeitermilieu anspielend, aus der der junge Michael Barratt heraus seine unglaubliche Karriere startete. Die persönlichen Geschichten verweben sich zu einer Geschichte über unseren Platz als Gemeinschaft in dieser hochmodernen Welt, sowohl real als auch virtuell.

So finden sich Songs über die Notlage seiner Vorfahren auf dem Album – den Onkel, den er nie kennengelernt hat, seine eigene Mutter, die ein sehr schwieriges Leben hatte und dennoch 13 Kinder fast allein großzog, während sie gleichzeitig einen Job ausübte. Mit einem Aufruf zum Kampf um unseren Planeten und dem Wunsch, dass wir ein Bewusstsein dafür entwickeln, wie wir miteinander umgehen, ist das Album aber auch fest in der Gegenwart verwurzelt.

Musikalisch gibt es 32 gehaltvolle Minuten authentischer und erdiger Musik. Den Beginn macht die melancholische Ballade „George“. Stimmlich zeigt Shaky sich hier kraftvoll und emotional. Er hat definitiv nichts von seiner Ausdruckskraft verloren. Danach lässt „Not in Real Life“ eine Mischung aus Countryrock und Blues wirken. Gitarrensongs wie „Beyond the Illusion“ stehen ihm sehr gut, aber auch eine Hymne wie „All You Need Is Greed“ weiß zu überzeugen. „Dirty Water“ und der Titelsong „Re-Set“ liefern schließlich ein rockiges Ende für ein solides Album.

Als eines der beständigsten Aushängeschilder der Rock- und Popgeschichte hat Shaky mehr gesehen und erreicht, als sich die meisten Menschen erträumen können, seit er als Teenager das Publikum zum ersten Mal verzauberte. Mit „Re-Set“ liefert Stevens nun ein weiteres aufregendes Kapitel in dieser einzigartigen Geschichte und freut sich sehr darauf, es mit seinen treuen Fans, aber auch neuen Bewunderern zu teilen. „Im Grunde genommen ist es eine Fortsetzung“, sagt er, „aber es ist auch anders. Die Menschen waren von ‚Echoes Of Our Times‘ überrascht, und ich schätze, dass das Gleiche mit ‚Re-Set‘ passieren wird.“