PUR in Losheim am See – die Dauergäste waren wieder da

Nachdem schon Cro 11.000 Zuschauer ins Strandbad nach Losheim am See gelockt hatte, waren jetzt 18.000 dem Ruf der Sonne in eine der schönsten Open Air Locations im Südwesten gefolgt. Perfektes Wetter, perfekte Laune – sollte man meinen. Doch irgendwie scheint das Pur-Publikum über die Jahre hinweg unentspannter geworden zu sein. Auf jeden Fall gab es viel Geschubse und Gedränge auf der Wiese und an den Getränkeständen. Davon ließ sich aber langfristig keiner die Laune verderben.

Pur sind Wiederholungstäter in Losheim. Es scheint sich heraus zu kristallisieren, dass sie alle drei Jahre hier aufschlagen. Und in 2016 war es (nach Angaben des Ansagers) gar ihr größtes Open Air. Gute Vorzeichen also für einen gelungenen Abend, der um 18 Uhr mit der Vorband Frau Wolf startete.

Frau Wolf stammt aus dem Saarland. Eine zierliche, sehr sympathische Frau mit starker Stimme. Die Freude ob der großen Kulisse war ihr anzumerken: „Das fühlt sich an wie innerliches Blumenpflücken“, meinte sie. Und sie bot mit ihrer Band deutschsprachigen Gitarrenpop vom Feinsten. Das kam beim Publikum sehr gut an und die halbe Stunde ging wie im Flug vorbei. Frau Wolf spielte selbst an der Akustikgitarre und glänzte mit philosophischen Texten à la „Mephisto lacht“. Es wird Zeit, dass ihr Debütalbum erscheint. Das Material, das ich bisher hörte, ist sehr gelungen.

Der Umbau ging innerhalb von Minuten vonstatten und auch die nächste Band stammte zumindest zu einem Viertel aus dem Saarland. Stereokai (weil zwei Bandmitglieder den Namen Kai tragen) haben ebenfalls ihr Debütalbum in der Warteschleife. Es wird Ende September erscheinen. Statt Gitarren standen hier zwei Keyboards im Vordergrund und die deutschen Popsongs hatten eine elektronische Note. Ein starker Bass machte viele Songs tanzbar, trotzdem gab es für die typischen Beziehungssongs nur verhaltenen Applaus.

Im Anschluss wurde die Bühne komplett leer geräumt. Es war Zeit für Füenf aus Stuttgart. Das Quintett begann seinen Auftritt mit einem Ernährungs-Medley und erster Jubel brandete auf, als das Publikum erkannte, dass die Sänger komplett a cappella unterwegs waren. Die Mischung aus Gesang und Comedy traf den Nerv der Wartenden und führte zu spürbarer Begeisterung. Klarer Gesang und ein fetter Sound des Bass-Sängers taten ihr übriges. So kann man ein Publikum gut unterhalten.

Die Füenf brachten ein Schlagermedley zu Gehör, dass bekannte Schlager in ihrer „Ur-Version“ zeigte, die eine meist alkoholische Grundlage hatte: „Blau macht der Enzian“, „Schuld war nur die Jackie Cola“, „Himbeergeist zum Frühstück“ – zu „Trink mit mir ein kleines Bier“ sang die Menge im Kanon mit. Schlag auf Schlag ging es weiter und man brachte ein Stück, das allein aus Songtiteln von Patrick Lindner bestand. Grandios. In einem englischsprachigen Medley wurde das Wort „Love“ durch das wohlklingende deutsche „Horst“ ersetzt und man konnte sich an Songs von „Caravan Of Horst“ bis hin zu „All You Need Is Horst“ erfreuen.

Den Abschluss machte der Schwaben-Paradesong „Mir im Süden“, der nochmal Begeisterungsstürme auslöste. Es ist selten, dass ein Support eine Zugabe geben darf, doch hier war es gelungen. Hubert Kahs „Sternenhimmel“ verlängerte den Auftritt auf 40 Minuten. Damit waren zwei Stunden Vorprogramm vom Feinsten vorbei – und das mit äußerst kurzen Umbaupausen. So lob ich mir das. Viele staunten, als Pur schon um 20.15 Uhr zur besten Tagesschau-Zeit auf der Bühne standen.

Deren Set startete mit „Wer hält die Welt“ und „Achtung“, zwei aktuellen Songs. Doch dann folgte „Freunde“ und 18.000 Zuschauer sangen mit. Pur haben keinen großen Bühnenaufbau nötig. Es reichen das Albumcover als Bild im Hintergrund, zwei LCD-Wände an den Seiten und Platz für die Band. Die altbekannten Titel wirkten für sich. „Neue Brücken“ und „Wenn sie diesen Tango hört“ erklangen als, wie Hartmut Engler sagte, „Lieder für alle Menschen“. Und das Bild des Sängers mit seiner 91jährigen Mutter ließ viele sich verstohlen die Augen reiben.

Natürlich wurde „Lena“ besungen, aber Pur können nicht jeden Hit der letzten 35 Jahre bringen. So gab es auch das unvermeidliche Medley, diesmal mit Anspielern von „Prinzessin“, „Stell dir vor“, „Herzbeben“, „Wenn du da bist“ und „Hör gut zu“. Erst „Indianer“ gab es wieder in voller Länge, inklusive netter Verkleidung auf der Bühne. Der nächste Kostümwechsel war dann zu „Abenteuerland“ fällig. Die „Funkelperlenaugen“ führten zum bekannten Zuschauerkanon und „Ich lieb dich“ war schon der Abschluss des regulären Sets.

Im Zugabenblock kamen Klassiker wie „Drachen sollen fliegen“, „Hab mich wieder mal an dir betrunken“ und „Ein graues Haar“ zu Ehren. Mit dieser gesunden Mischung konnten alle zufrieden den Heimweg antreten. Pur sind immer noch eine Bank, das aktuelle Album schließt gekonnt an die Klassiker an – und Pur dürfen in drei Jahren gerne wieder kommen.