Idyllisch und bedrohlich

Neben Kommissaren und Privatdetektiven ermitteln in Kriminalromanen ja auch gerne mal Psychologen oder Kanzlerinnen im Ruhestand. Sozialpädagoginnen sind in diesem Genre allerdings eher ungewöhnlich – dabei kann die Hauptfigur in Ulrika Rolfdotters Debüt „Beuteherz“ mit diesem beruflichen Background durchaus überzeugen.

Annie Ljung hat ihren Heimatort Lockne hat als Teenager verlassen und wollte eigentlich nie mehr zurückkehren, lässt sich von ihrem Onkel aber doch zu einem Besuch über die Osterfeiertage überreden, um nach ihrer demenzkranken Mutter zu sehen. Als plötzlich ihre 17jährige Cousine verschwindet, entscheidet sich Annie, in Lockne zu bleiben, um bei der Suche zu helfen. Sie nimmt eine Stelle beim Jugendamt in der benachbarten Kleinstadt an und nutzt neue und alte Kontakte, um selbst Nachforschungen anzustellen, als die Ermittlungen ins Stocken geraten. Nach und nach deckt sie so nicht nur die schrecklichen Hintergründe um das Verschwinden ihrer Cousine auf, sondern stellt sich auch den Ereignissen in ihrer eigenen Vergangenheit.

Der Roman wird hauptsächlich aus der Perspektive von Annie erzählt, zwischendurch aber auch aus der Sicht von anderen wichtigen Personen, wodurch wir als Leser einen Informationsvorsprung bekommen, der zum Spannungsaufbau beiträgt. Der zunächst einfach scheinende Fall nimmt im Lauf der Geschichte immer komplexere Dimensionen an und klärt sich am Ende auf ziemlich dramatische Weise auf. Ebenso viel Spannung erzeugt die Autorin dadurch, dass sie auch Annies Vergangenheit erst nach und nach enthüllt. Zudem sorgen die Gegebenheiten im ländlichen Schweden mit winterlicher Witterung, ausgedehnten Wäldern und weit verstreuten Sommerhäuschen an abgelegenen Seen für eine entsprechende Atmosphäre – die von idyllisch schnell zu bedrohlich wechselt.

Insgesamt ist Ulrika Rolfsdotter mit „Beuteherz“ hier ein sehr überzeugender Auftakt zu einer neuen Reihe gelungen. Durch die Verflechtung eines Kriminalfalles mit vielen persönlichen Geschichten und Schicksalen wachsen dem Leser die Bewohner von Lockne und vor allem die Hauptfigur Annie direkt ans Herz und man freut sich schon auf eine Fortsetzung!