Klaus Doldinger und 50 Jahre „Motherhood“ – Album mit Neuinterpretationen
84 Jahre wird Klaus Doldinger morgen alt. Der Jazzmusiker und Saxophonist hat eine Reihe zeitloser Titel geschrieben. Man denke nur an das „Tatort“-Thema, „Das Boot“ und „Die unendliche Geschichte“. 1971 hatte er bei Gründung der Band Passport immerhin Udo Lindenberg am Schlagzeug. Und das Lebenswerk scheint noch nicht beendet, wenn man seine Liveauftritte betrachtet.
Der in Berlin geborene und in Düsseldorf ausgebildete Komponist, Bandleader und Jazz-Connaisseur lebt seit Jahrzehnten in Icking nahe München. Inzwischen kann Doldinger auf mehr als 5000 Live-Konzerte, Tourneen durch 40 Länder, über 2000 selbstverfasste Kompositionen, mehr als 50 veröffentlichte Alben und Auftritte mit diversen Sinfonieorchestern zurückblicken. Für sein „Symphonic Project“-Album nahm er bekannte Stücke aus seinem Werk mit Passport und einem Sinfonieorchester auf.
Seine besonderen Verdienste für den Fortbestand und den Fortschritt der modernen Musik aus Deutschland sind längst mehrfach gewürdigt worden – vom Bundesverdienstkreuz 1. Klasse, über die „Goldene Kamera“, zahllose Gold-Awards bis hin zum Adolf-Grimme-Preis. Schöne Anerkennungen seien das, sagt Klaus Doldinger, aber sie sind für ihn keinesfalls so wesentlich wie die Musik. Um mit bald 84 Jahren wieder aufzubrechen, um neue Anknüpfungspunkte für seine einzigartige Komponistenhandschrift zu finden, sei die energetische Standortbestimmung „Motherhood“ sinnvoll gewesen, erklärt er. Als Zuhörer muss man sich die Sinnfrage hingegen gar nicht stellen. Zuhören, genießen und erkennen zu können, warum Doldinger heute so klingt wie er klingt, ist ein Segen.
„Motherhood“ gab es Ende der 60er Jahre als Projektnamen. Damals erschienen zwei Alben unter diesem Titel und der Name stand für Jazz verknüpft mir Rock, Soul und Weltmusik. Neun dieser Titel hat Doldinger nun neu aufgenommen. Der zehnte („Soul Tiger“) steht ganz am Anfang der Scheibe und ist ein Original aus dem Jahr 1969. Dann folgt „Devil Don’t Get Me“ mit den Vocals des noch sehr frisch klingenden Udo Lindenberg aus dem Jahr 1970. Erst danach geht es komplett in die Gegenwart und Max Mutzke leiht „Song Of Dying“ seine wundervolle Stimme.
Hammond-Orgel, der Groove von „Soul Town“ und „Locomotive“, die Saxofon-Soli auf „Circus Polka“ – und ganz mittendrin „Turning Around“ mit Meister Doldinger selbst am Gesangsmikro. Das sind starke Songtitel und handfeste Überraschungen. Besonders andächtig lausche ich aber „Women’s Quarrel“ mit der fantastischen China Moses an den Vocals und dem Abschluss „Wade In The Water“ mit Joo Kraus an der Trompete.
„Motherhood“ bietet zehn zeitlose Klassiker, die Doldinger hier gekonnt in die Gegenwart holt. Egal ob man das Album als Remake oder Neudeutung ansieht: Es zeigt Klaus Doldinger in Topform.