Stricken und Morden in Island

Ein abgelegener Ort in den isländischen Westfjorden, eine Extremsport betreibend Kriminalbeamtin, ein strickender Polizeipraktikant und eine seltsame Mordserie – das sind die Hauptzutaten für Satu Rämös ersten Kriminalroman um Hildur Rúnarsdóttir.

Hildur verlor in ihrer Kindheit nicht nur ihre Schwestern, die spurlos in einem noch nicht freigegebenen Tunnel verschwanden, sondern kurz darauf auch ihre Eltern. Heute leitet sie in ihrem Heimatort die Abteilung für vermisste Kinder, kümmert sich aber gemeinsam mit ihrer Vorgesetzten Beta auch um alle anderen Kriminalfälle. Unterstützt werden sie dabei seit neuestem von dem Finnen Jakob, der nach einer unglücklichen Scheidung eine Ausbildung bei der Polizei begonnen hat und hier sein Praktikum absolviert.

Eigentlich erwartet er sich eher Einblick in Routineaufgaben, doch dann wird nach einem Lawinenunglück ein Mann mit durchtrennter Kehle in seinem Sommerhaus gefunden und wenig später passiert ein zweiter Mord. Blonde Haare, die in der Kehle der beiden Opfer, sowie in der eines weiteren Mordopfers in der Hauptstadt gefunden werden, deuten darauf hin, dass hier ein Serientäter am Werk ist. Aber was ist es sein Motiv, wird es weitere Tote geben und was hat das alles mit Hildur und ihren verschwundenen Schwestern zu tun?

Die Geschichte wird aus hauptsächlich im Wechsel aus Hildurs und Jakobs Perspektive erzählt, aber auch immer wieder aus dem Blickwinkel anderer Personen, was dem Leser vielschichtiges Miterleben der Ereignisse erlaubt und ihm auch die verschiedenen Figuren nahe bringt. Zwischendurch kommt sogar der Täter selbst zu Wort, wobei seine Pläne und Motive aber nur zu erahnen sind.

Trotz der vom Schicksal nicht gerade freundlich behandelten Hauptfiguren und dem düsteren Setting der Mordfälle ist die Grundstimmung des Romans erfreulicherweise nicht nur schwermütig. Stattdessen sind sowohl Hildurs als auch Jakobs Charakter von einem pragmatischen Optimismus geprägt. Und es darf auch mal geschmunzelt werden, wenn etwa Jakob auf der Suche dem richtigen Strickgarn für seinen nächsten Pullover der attraktiven Wollhändlerin näherkommt, oder der arrogante Kommissar aus der Hauptstadt sich auf dem eisglatten Marktplatz die Hüfte bricht. Ganz nebenbei erfährt man zudem noch einiges Wissenswertes über Island und seine Bewohner.

Mit „Hildur – Die Spur im Fjord“ ist Satu Rämö ein überzeugender Auftakt zu einer hoffentlich längeren neuen Krimireihe gelungen. Hildur, Jakob und Beta sind ein sympathisches Team, von dem man gerne noch mehr lesen würde! Wer sich in der Zwischenzeit vielleicht am entspannenden Hobby Stricken versuchen will, findet bei der Autorin übrigens ebenfalls Anregungen: Gemeinsam mit einer isländischen Strickdesignerin hat sie kürzlich das Sachbuch „Outdoor-Islandpullover – Nordisches Strickdesign für sie und ihn“ veröffentlicht.