Sophie Hunger in der Garage Saarbrücken – Konzertbericht vom 19.2.2019
Das Album „Molecules“ war eine Überraschung für viele Fans der Schweizer Singer/Songwriterin. Plötzlich hat die aus dem jazzigen Folk stammende Interpretin ihre Liebe zur elektronischen Musik entdeckt – und die englische Sprache nimmt breiteren Raum ein. Dass dies nicht für immer so sein muss, bewiesen die neuen Songs, die Sophie Hunger in der Garage Saarbrücken am 19.2.2019 interpretierte. Und der gefüllte Konzertraum zeigte, dass ihr die Fans die stilistischen Richtungswechsel keineswegs übel nehmen.
Aber der Reihe nach: Den Anfang in der sehr gut gefüllten Garage machte Sophies Landsmann mit dem Superhelden-Namen Frank Powers. Für dessen bombastischen Klang wirkte der Schweizer erstaunlich unscheinbar auf der Bühne und sang die Songs seines aktuellen Albums „Juheminee“ zum Teil auf Schwiizerdütsch. Energisch in den hohen Tonlagen, aber auch mit sehr sanften Anwandlungen wie dem atmosphärischen „Blüete“. Und ein Ausreißer wie „Hochwasser“ bewegte sich dann zielsicher in den Gefilden zwischen Reggae und Jodeln.
Sehr fröhlich erklang Frank Powers‘ „Free Moves“ vom älteren Album „Flohzirkus“ Und dieser Song über die Bewegungsfreiheit passte perfekt zum Ambiente in der Garage. Die Zuschauerfläche war mittels Vorhang etwas verkleinert, gab dem jungen und zum Teil auch etwas älteren Publikum genug Raum, sich tanzend und groovend zu bewegen.
Sophie Hunger begann mit „I Opened A Bar“ und einem lautmalerischen Sprechgesang, mit dem sie die Anwesenden vom ersten Ton an im Griff hatte. Dazu die filigrane Percussion und Frank Powers im Backgroundgesang – das war eine gute Grundlage für einige filigran aufgebaute Songs. Gerade wenn dann der Gesang an einigen Stellen mehrstimmig wurde, konnte man die bisweilen elektronische Ausrichtung getrost vergessen. Es war immer noch ein sehr organisches Konzerterlebnis!
Sophie setze alle Stärken gekonnt ein. „The Actress“ startete sie sehr sanft und melancholisch allein am Piano. Zu „Supermoon“ lieferte sie einen akustischen Gitarrenstart, der dann in eine episch anmutende Klang-Collage mündete. Die Sängerin kränkelte ein wenig, kokettierte aber mit den gelegentlichen Hustenattacken. Und ganz allgemein bot sie sehr süße Ansagen: „Ich muss das Ding hier oben auf der Bühne machen, aber ihr könnt euch da unten kennen lernen. Ihr habt so viel gemeinsam. Wer geht schon an einem normalen Dienstagabend zum Konzert? Ihr müsst mit dem Herzen sprechen und ihr werdet euch verstehen. Das könnt ihr – so nahe an Frankreich…“
Ja. Es gab auch einige französische Songs – „Coucou“ und „Le vent nous portera“, so ziemlich zur Halbzeit des Konzerts. Und drei ganz neue Titel waren dabei, welche die deutsche Sprache und damit die Textverständlichkeit wieder stärker in den Mittelpunkt stellten: „Halluzinationen“, „Rote Beeten mit Arsen“ und im Zugabenteil „Liquid Air“.
Zum Teil aber verzauberte und verstörte Sophie Hunger die Ohren der Zuhörer mit sehr verschrobenen und verspielten Songs. Es gab melancholische Stücke, viele elektronische Elemente und vor allem einige Klangexperimente, die den müden Rezensenten nach einem langen Arbeitstag deutlich auf die Probe stellten. Doch alles in allem war es ein fantastisches Konzert mit einer sehr charismatischen Sängerin, die mal wieder bewies, warum sie eine so große Fanschar um sich sammeln kann, ohne einen wirklichen Hit in petto zu haben: Sie ist immer wieder für eine Überraschung gut.