Maybebop – mit Volldampf in die erste Reihe
Spätestens seit dem Ende der Wise Guys sind Maybebop unbestritten die Nummer 1 in der deutschen A-cappella-Szene. Eigentlich waren sie es schon vorher, doch den Bekanntheitsgrad der Band aus Köln haben die Hannoveraner nie ganz erreicht. Und das zu Unrecht, denn seit Bandgründung im Jahr 1992 (damals noch unter anderem Namen) gibt es im Schnitt alle zwei Jahre ein hervorragendes neues Album mit deutschsprachigen Titeln. Oliver Gies, Hauptsongwriter und Arrangeur, hat einfach ein Händchen für spannende Themen, witzige Ideen und einen vokalen Wohlklang. Kein Wunder, dass er auch als Arrangeur in der Chorszene sehr gefragt ist und mittlerweile zu den meistgesungenen Arrangeuren verschiedenster Stilrichtungen zählt.
Das neue Maybebop-Album heißt „Ziel:Los!“. Dabei kommt es keineswegs orientierungslos daher (wie man anhand des Albumtitels denken könnte), sondern es ist ein sehr aktuelles und in weiten Teilen gesellschaftskritisches Werk. Damit wird klar, dass das Quartett vor allem ein Wortspiel betreibt: Los Richtung Ziel. So muss man den Titel übersetzen.
Den Anfang macht die aktuelle Single, die sich mit deutlichen Worten gehen rechtspopulistische Strömungen in der Gesellschaft richtet. Dabei geht es weniger darum, was die AFD falsch macht, sondern darum, was die Gesellschaft entgegensetzen soll: Wir müssen „#lautsein“. Ein energisches Statement, das (bisweilen auch mit ruhigen Tönen) sehr kraftvoll vorgetragen wird.
Maybebop bieten eine Reise durch die Welt des Gesangs. Dabei dürfen sie gerne mal nach den Comedian Harmonists klingen wie in „Die Klavierlehrerin“. Und das direkt nach dem elektronisch anmutenden „Algorhythmus“, das trotz seines Computersounds ebenso wie alle anderen Titel ganz ohne Instrumente auskommt.
Viele Stücke gewinnen, wenn man sie erst einmal live erleben durfte. So ging es mir mit fast allen Tracks der CD und „Raggamuffin“ ist ein perfektes Beispiel. Schon in der Studioversion funktioniert der mitreißende Reggae um den selbstgemachten Beitrag zum Partybuffet sehr gut, doch erst auf der Konzertbühne entfalten solche Songs ihre ganze Stärke. Wer da am Ende nicht begeistert mitmacht, dem ist nicht zu helfen.
„In deiner Tür“ beschäftigt sich in harmonischer Melancholie mit dem Größerwerden der Kinder. Ein wundervoll trauriger Song für alle Eltern. „Kein schöner Land“ macht aus dem bekannten Volkslied ein weltmusikalisches Pendant, indem es ihn gekonnt mit afrikanischen Rhythmen mischt. Und „Sejeln jehn“ wird von Lukas Teske so gekonnt auf Berlinerisch vorgetragen, das man nur staunen kann.
15 Songs voller Ideen bekommt man geboten. Langweilig wird es dabei nicht mal in „Bhaarbershop“, der vor allem aus einer Aufzählung von markanten Friseurläden besteht. Das schaffen Maybebop in feiner Barbershop-Manier. Und vielleicht ist es auch deswegen mein Lieblingslied, weil meine A-cappella-Formation Chorschatten in der Aufzählung kurioser Chornamen mit vertreten ist.
Es gab einige Hürden zu diesem Album zu überwinden, pausiert doch Bassist Sebastian Schröder krankheitsbedingt seit über einem Jahr, was zu Verzögerungen bei der Produktion führte. Ersatzmann Christoph Hiller macht jedenfalls einen klasse Job und „Ziel:Los!“ ist eines der besten Maybebop-Alben geworden. Intelligente Texte, schöne Melodien – alles schön harmonisch aufeinander abgestimmt und klanglich perfekt produziert. Maybebop setzen sich an die Spitze des Genres und beeindrucken einmal mehr.