Start der „Jazz Nights“ Tour am 31.1.2023 in der Gebläsehalle Neunkirchen

Am Anfang der JazzNights standen zwei Dinge: eine Vision und viel Leidenschaft. Die Vision hatte Michel Petrucciani – jener wunderbare Pianist, dem die erste JazzNight hätte gehören sollen, der die Reihe aber nicht mehr erleben durfte.

„Der Jazz gehört befreit aus dem rauchigen Ambiente der Clubs. Er gehört in die Konzertsäle, dorthin, wo die klassische Musik gespielt wird.“ Denn der Jazz, das wurde Michel Petrucciani nie müde zu betonen, der Jazz ist die klassische Musik des 20. Jahrhunderts! Die Leidenschaft wiederum hat Karsten Jahnke. Der Hamburger Veranstalter ist seit mehr als 40 Jahren im Geschäft, bringt alle Größen aus Pop und Rock auf die Bühnen – und liebt den Jazz, ob ganz klassisch oder ganz modern.

Mit den JazzNights wurde ein Traum wahr, der die Reihe der Vertreter aller Spielarten immer wieder aufs Neue auf Tourneen durch Deutschland führt.

Den Anfang im Jahr 2023 machte das Konzert „Art of the Duo“ in der Gebläsehalle Neunkirchen, das zugleich Start einer Tour durch schöne und renommierte Hallen der Republik war. Zwei ganz unterschiedliche Duos waren auf der Bühne und begeisterten ein großes, bunt gemischtes Publikum.

Den Anfang machte Pianistin Julia Hülsmann mit Christopher Dell am Vibraphon. Dell gilt laut Reclam Jazzlexikon als der führende Vibraphonist seiner Generation – und es war Wahnsinn, was er an dem Instrument leistete. Seine Geschwindigkeit, seine Ausdruckskraft, die unglaubliche Energie. Das passte perfekt zum Klavierspiel von Julia Hülsmann, die mit ihren atmosphärischen Melodielinien oft einen Gegenpol zu Dells Schnelligkeit legte. Das musikalische Zwiegespräch der beiden geschah auf höchstem Niveau und sehr ausdrucksstark.

Es gab Stücke mit englischen Titeln wie „Not Far Away From Here“, das optimistisch vom Erreichen persönlicher Ziele erzählte und Mut machen wollte, und mit deutschen Titeln wie das überaus atmosphärische „Der Mond“. Fast alle Stücke des einstündigen Konzertblocks waren von den beiden selbst geschrieben. Einzige Ausnahme war die geniale Umsetzung und Neuinterpretation des Beatles-Songs „Can’t Buy Me Love“. Zudem sorgten beide Instrumentalisten mit sympathischen Ansagen für eine aufgelockerte Stimmung zwischen den doch zum Teil sehr schweren Arrangements.

Nach einer 20minütigen Pause ging es mit Nils Wülker und Arne Jansen weiter. Nils Wülker ist in Bonn geboren, begann mit zehn Jahren, Trompete zu spielen, war Mitglied im JugendJazzOrchester NRW und studierte an der Hochschule für Musik in Berlin. Er arbeitete mit Stars wie Silje Nergaard, Gregory Porter und Samy Deluxe. Dann der Durchbruch 2013, als er mit dem ECHO ausgezeichnet wurde und den German Jazz Award erhielt.

Nils hat sehr poppige und lautmalerische Elemente in seinen Stücken. Das hat nichts gemein mit lauter Blasmusik, ist aber auch nicht jazzig verkopft. Nils Wülker produziert einfach schöne Melodien, die von der Trompete über eine reduzierte, atmosphärische Begleitung getragen werden. Dabei setzt er sein Instrument ein wie andere Künstler ihre Stimme.

Sein neustes Album „Closer“ hat er gemeinsam mit dem famosen Gitarristen Arne Jansen geschrieben und eingespielt. Auch live überzeugte das Duo mit überragender Klasse. Was für ein Zusammenspiel! Jansen ist ein wahrer Meister, er spielt die Gitarre wahlweise akustisch, rockig und mit elektronischen Loops. Seine Melodien zeigen sich oft in floydesker Spielweise – und das passt wundervoll zu Wülkers Trompete.

Die Auswahl der Stücke war absolut vielfältig. Da gab es „Hurt“, im Original von Nine Inch Nails, und wundervoll ließ Nils die Trompete zeitweise wie schnelles Flügelschlagen erklingen. Das romantische „Nika’s Dream“ war Wülkers Tochter gewidmet, die zuhause seine größte Kritikerin ist aber diesen Song über alle Maßen liebt.

„Beyond The Bavarian Sky“ lehnt sich an Pat Methenys „Beyond The Missouri Sky“ an und atmet den Geist dieses Albums. „He Who Counts The Stars“ hat Arne seinem Musiklehrer gewidmet, der ihn in jungen Jahren enorm gefördert hat, und „It Won’t Be Long“ ist ein typischer Lockdown-Song Wülkers aus der Anfangszeit der Pandemie, als man noch optimistisch auf ein paar Wochen mit Einschränkungen hoffte.

Das famose zweite Duo-Konzert endete nach gut 75 Minuten mit dem Wülker-Klassiker „Wanderlust“. Leider gab es keine Zugaben – das ist in diesem Konzept anscheinend nicht vorgesehen – und doch gingen die Zuschauer*innen beseelt nach Hause. Melodischer Jazz, wie er hier geboten wird, ist doch so viel angenehmer als das angeberische Gefrickel, das man sich sonst so oft anhören muss.

Die JazzNights mit „Art of the Duo“ bieten noch weitere Termine:

3.2.23 – Kreuztal – Weiße Villa
4.2.23 – Baden-Baden – Festspielhaus
5.2.23 – Hamburg – Laeiszhalle
7.2.23 – Berlin – Admiralspalast
8.2.23 – Leipzig – Haus Leipzig
9.2.23 – Düsseldorf – Savoy Theater
10.2.23 – Stuttgart – Mozartsaal
15.2.23 – Herford – Forum Museum Marta
16.2.23 – Frankfurt – Alte Oper
17.2.23 – Bremen – Die Glocke

Im April/Mai 2023 tourt das Peirani/Parisien Projekt im Rahmen der JazzNights, im Oktober John McLaughlin und im November 4 Wheel Drive.