The Voice Of Germany: Die Show war am 5.1.2016 zu Gast in Saarbrücken
The Voice Of Germany war im Jahr 2015 nicht mehr so erfolgreich wie noch zu Anfangszeiten der Show. An den Coaches (neu im Boot: Andreas Bourani) kann es ebenso wenig gelegen haben wie an den Kandidaten, die mit durchweg guten Performances glänzten. Vielleicht hat sich das Casting-Konzept inzwischen überlebt? Bei den Konkurrenzformaten geht es schon lange nicht mehr um die Musik, sondern vielmehr um das Ego von Dieter Bohlen.
Auch bei The Voice Of Germany ist wohl nicht alles Gold, was glänzt. Man munkelt, dass die Macher über YouTube nach neuen Talenten suchen und dass im Vorfeld vielmehr fest gelegt ist, als es während der Fernsehsendungen den Anschein hat. Doch was haben wir erwartet? Es ist eine Show! Da wird so wenig wie möglich dem Zufall überlassen. Ein Gutes hat The Voice Of Germany aber: Die Musikdarbietungen werden nicht der Lächerlichkeit preisgegeben. Wer da im Fernsehen auftaucht, kann wirklich singen. Und das versehen die Coaches mit ultimativen Lobhudeleien, ob sie nun den Buzzer gedrückt haben oder nicht.
Das Team der acht Finalisten war mal wieder sehr vielseitig. Und die Siegerin Jamie-Lee hat wirklich Entertainment-Charakter. Sie ist jung und flippig. Damit hat diesmal das größere Charisma über die bessere Stimme (Tiffany Kemp) und die stärkeren Songwriter-Qualitäten (Ayke Witt) gesiegt. Zumindest bei der Finalisten-Tour wird eine ordentliche Vielfalt geboten. Es gibt sechs Sängerinnen – und auf männlicher Seite gesellen sich zu den beiden Finalisten noch ein Wild-Card-Gewinner und der Vorzeigerapper aus Staffel 4 (Alex Hartung) hinzu.
Die Saarlandhalle Saarbrücken war sehr gut gefüllt. Leider nur mit Sitzplätzen – und mit einem Publikum, das sich nur selten von den Stühlen erhob. Die zehn Solisten, zwei Backgroundsängerinnen und die Rock-Liveband mussten schon einiges aufbieten, um die Zuschauer zum Stehen zu bringen.
Der Abend begann mit der Siegerin Jamie-Lee Kriewitz, die Adeles „Hello“ schmetterte. Symptomatisch für die Show war aber auch, dass sie den Titel nicht allein zu Ende bringen durfte, sondern die anderen Finalisten nach und nach dazu kamen und aus dem Solo ein Ensembleklang wurde. Das war bei manchen Stücken in Ordnung, oft hätte ich mir aber eine alleinige Performance gewünscht.
Weiter ging es mit einem weiteren Manko: Es wurde ein Medley rund um das Daft Punk Stück „Get Lucky“ geboten. Gehört es zum Konzept von The Voice Of Germany, dass man Songtitel nicht ausspielt? Schon bei den Fernsehsendungen wurden die meisten Tracks empfindlich gekürzt. Hier machte man nun weiter, indem Medley über Medley zu hören war. Da lobe ich mir doch Isabel Ment, die allein mit einer Gitarre bewaffnet „Hero“ zum Besten geben durfte. Für mich einer der Höhepunkte des Abends.
In verschiedenen Video-Einspielern wurde das Fernseh-Geschehen rekapituliert und die Solisten nach und nach vorgestellt. Alex Hartung rappte sein Paradestück „Loose Yourself“ und Ayke Witt performte „Flash mich“ von Mark Forster. Tiffany Kemp glänzte mit „Writings On The Wall“. Zum ersten Finale vor der Pause ging es aber mit Medleys und Ensembleklang weiter. Ganz in weiß gekleidet performten die Mädels „Dance With Somebody“, während die Jungs „Shut Up And Dance With Me“ antworteten.
Kein Solist spielte sich zu sehr in den Vordergrund. Jamie-Lee bekam den wohlverdienten Applaus als Siegerin, verzichtete aber auf allzu ausgefallene Kostüme. Szenenapplaus gab es vor allem für Ayke Witt, der einfach sehr sympathisch rüber kommt und dem die deutschen Titel sehr gut stehen. Auch Denise Beiler, Tiffany Kemp und Mary Summer durften sich über Sonderapplaus freuen, wenn ihre starken Stimmen den Ensembleklang übertönten.
Neben vielen Balladen gab es echte Rocknummern vor allem von Tobias Vorwerk, der die Halle mit kräftiger Stimme endlich mal zum Stehen brachte, und von Michael Bauereiß, der zu „Lila Wolken“ mit einstieg. Ein Highlight von Mary, Isabel und Ayke war dann „Hold Back The River“ in einer sehr energischen Version. Und sogar die Gewinner-Coaches Fanta 4 durften mitwirken. Michi und Smudo waren zwar nicht persönlich anwesend, wurden aber für „Name drauf“ zumindest per Videoleinwand eingespielt.
Man muss The Voice Of Germany auch im fünften Jahr für seine starken Talente loben. Das Ensemble ist in der zehnköpfigen Gesamtheit vielleicht das Beste, das bisher unter diesem Label auf Tour war. Von Akustikballaden bis zur harten Rocknummer konnte die fantastische Band alles aufbieten und die Show begeisterte die Saarlandhalle.
Das mehr als zweistündige Programm sah zum Ende hin die Performance von „Ghost“ durch Jamie-Lee Kriewitz vor. Der Siegertitel war dann auch das einzige eigene Stück des Abends. Darüber hinaus gab es leider nur Coverversionen. Schade eigentlich, denn „Bis gleich“ von Ayke und „Ich wünschte du könntest das sehen“ von Dimi Rompos hätten meiner Meinung nach ebenfalls Hitpotential.
Zur Zugabe gab es eine emotionale Ansage von Alex Hartung, der sich für die Freiheit und die Gleichheit aller Menschen aussprach. Passend folgte dann auch der Titel „Imagine“, bei dem alle Talente – angeführt von Siegerin Jamie-Lee – die Saarlandhalle in ein Lichtermeer verwandelten.