Phantastische Literatur mit queeren Figuren
Mit „Mr. Parnassus‘ Heim für magisch Begabte“ ist T. J. Klune 2020 ein preisgekrönter Bestseller gelungen. Nun, vier Jahre später, findet die Geschichte um Arthur Parnassus, Linus Baker und ihre ganz und gar außergewöhnlichen Schützlinge endlich ihre Fortsetzung.
Auf der Insel Marsyas hat Arthur, inzwischen tatkräftig unterstützt von seinem Partner Linus, ein wunderbares Zuhause für sechs magisch begabte Waisenkinder geschaffen. Mit dem Yeti David soll noch ein weiteres Kind einziehen und zudem planen Arthur und Linus, alle Kinder zu adoptieren. Bei einer Anhörung durch die Behörde für die Betreuung magisch begabter Minderjähriger zu seiner eigenen Vergangenheit als Heimkind lässt sich Arthur jedoch provozieren und verwandelt sich unkontrolliert in einen Phönix, worauf die Behörde die verbitterte Inspekteurin Harriet Marblemaw auf die Insel schickt, um sein Heim zu überprüfen.
Arthur und Linus geben ihr Bestes, um die Inspekteurin davon zu überzeugen, dass ihre Schützlinge bei ihnen in guten Händen sind. Aber diese hat durchaus andere Ansichten von gelungener Erziehung magisch begabter Kinder – die von den meisten anderen Menschen sowieso als Bedrohung wahrgenommen werden. Und als sich herausstellt, dass Miss Marblemaw und die Behörde noch ganz andere Ziel verfolgen, müssen alle Bewohner der Insel zusammenarbeiten, um ihr Zuhause und ihre Gemeinschaft zu verteidigen!
All den liebenswerten Charakteren aus dem ersten Band – vom inzwischen fast erwachsen gewordenen und sehr weisen Gestaltwandler Sal, über den verspielten Lindwurm Theodore, die bärtige gärtnernde Gnomin Talia, die Elementare Phee und den gallertartigen Chauncey, der von einem eigenen Hotel träumt bis zu Lucy, dem angeblichen Antichristen, der auf alte Rockmusik steht – begegnet man als Leser hier erneut und darf ihre Entwicklung verfolgen. Und zudem lernt man so bezaubernde Wesen wie den jungen Yeti David mit seinem großen Schauspieltalent kennen.
„Jenseits des Ozeans“ liest sich nicht nur unglaublich spannend und unterhaltsam, sondern ist auch ein wunderbares Plädoyer für Vielfalt, Toleranz, Selbstbewusstsein und vor allem für Liebe, die keine Grenzen oder Vorurteile kennt. T. J. Klune selbst schreibt im Nachwort, dass er gerne als Anti-J.K. Rowling in die Geschichte eingehen würde. Diesen Titel würde ich ihm zwar nicht unbedingt verleihen, aber zweifellos gibt er mit seinem Romanen diversen und queeren Figuren endlich den richtigen Stellenwert in der modernen phantastischen Literatur!