Robert Coyne: Out Of Your Tree – alles schwebt und schwelt
Robert Coyne ist der Sohn der englischen Blues Rock-Ikone Kevin Coyne. Den Vater zog es 1985 nach Nürnberg, aus Liebe zu einer Fränkin, wo er 2004 mit gerade mal 60 an Lungenfibrose starb. Zwischen der eigenen Musik und der seines Erzeugers entdeckt Robert Coyne nur wenige Parallelen: „Wir hatten zwar ein inniges Verhältnis zueinander, aber ich bin doch eher den ruhigeren Klängen verbunden, er konnte mit seiner Raspel-Stimme liebend gerne mal lauter werden. Und doch, unterbewusst ist mein Sound vermutlich von Daddys Werk inspiriert. Weil er mir die Liebe zur Kreativität, vor allem aber zur Individualität eingepflanzt hat. Wäre schön, wenn sein unsteter, verwegener Geist in meinen Liedern weiterleben würde.“
„Out Of Your Tree“ ist nach „Woodland Conspiracy“ (2010) das zweite Soloalbum von Robert Coyne bei Meyer Records. Zwischen 2013 und 2016 hatte Coyne bei dem Label gemeinsam mit der Schlagzeug-Legende Jaki Liebezeit drei aufregend-intensive Werke aufgenommen, die gleichfalls stark von einem magnetisch-magischem Rhythmus geprägt waren, ohne dass dabei die Melodie mit Wiedererkennungswert völlig ihren Platz frei gegeben hätte.
Und wie sieht es bei „Out Of Your Tree“ aus? Alles schwebt und schwelt hier, ab der ersten Note. In den elf Liedern von „Out Of Your Tree“, die laut Robert Coyne zumindest inhaltlich keinem ersichtlichen Konzept unterworfen sind, wird sofort eine ganz eigenwillige Atmosphäre erzeugt – mal entspannt, mal dräuend, mal geheimnisvoll. Der Hörer wird auf der Stelle, sofern er sich darauf einlassen mag, in einen Malstrom der so simplen wie fordernden wie mystischen Repetition gezogen, treibend und irgendwie nicht von dieser Welt stammend.
Während sich die drei Coyne/Liebezeit-Kooperationen mehr der Avantgarde verpflichtet fühlen, hält der Brite sich dieses Mal eher ans Meditativ-Hypnotische. Das Ganze erinnert mal an den Folk-Mystiker John Martyn, mal an den aktuell angesagten Jazz-Folker Ryley Walker, mal an Jeff Buckley. „Und Bitteschön bei den Referenzen nicht Suicide vergessen, die sind seit langem meine großen Helden“, bemerkt Coyne.
Tatsächlich hört man auf „Out Of Your Tree“ eine ganze Menge Affinität zum Sound des 1971 gegründeten, revolutionären New Yorker Bizarr-Duos heraus. Gesang trifft auf herrlich monotone Drums, Gitarre auf Elektronik. Coyne hat seine neue Produktion gemeinsam mit dem renommierten Schlagzeuger Werner Steinhauser (Kevin Coyne-Band) eingespielt. „Zwar habe ich auch dieses Mal erneut bevorzugt akustische Gitarre gespielt, gleichzeitig viel mit Tape Echo-Effekten gearbeitet“, erzählt der schlaksige Brite. „Mit dieser Maschine kann ich einen sehr emotional geprägten Sound erzeugen. Alleine deshalb, weil sie nicht allzu gut zu kontrollieren ist. Gerade in seiner Unberechenbarkeit ist das Ding zutiefst human.“