LUPID – das zweite Album und ein großer Schritt nach vorn
Tobias Hundt, Patrick Serafin und Markus Strassheim kennen sich schon seit ihrer Schulzeit in Gießen. Als Tobias seine Handballer-Karriere 2008 für die Musik beendete, holte er die beiden in seine Band. Drei Alben nahmen sie unter dem Namen „Tobias Hundt“ auf, bis zwei Mitglieder die Gruppe verließen. Doch das Trio wollte nicht aufgeben und gründet 2015 LUPID – gleich bei einem Majorlabel. Das Ergebnis „Am Ende des Tages“ gehörte in meinen Augen zu den Deutschpop-Highlights 2018, doch irgendwie fehlte der letzte Funke, um die breite Masse zu überzeugen. Schade.
Jetzt gibt es wieder einen Neustart: Man hat sich einvernehmlich vom Label getrennt und versucht es auf eigene Faust. Die drei Jungs haben viel aus der Zusammenarbeit bei einem Majorlabel gelernt. Wo sie vorher froh waren, Verantwortung abzugeben, wollen sie sie jetzt wieder bewusst übernehmen. Das war schon immer ein „Drahtseilakt“ – und in der jetzigen Situation noch mehr.
Nicht einen Moment zweifelten Patrick, Markus und Tobias daran, weiter Musik zu machen. Stattdessen wollen sie wieder den Fokus darauflegen, weswegen sie LUPID gegründet haben: Auf Songs, die sie selber fühlen, die besondere Freundschaft, die sie verbindet, die gemeinsame Vision, an die sie glauben.
Das gefühlvolle Element in den Songs ist es weiterhin, was LUPID ausmacht. Tobias hat eine smarte Stimme, die jetzt noch stärker zur Geltung kommt. Die elektronischen Sounds werden ein wenig zurückgefahren. Stattdessen klingt der Sound organischer und schmeichelt sich schnell beim Hörer ein. Da ist beispielsweise der melancholische Opener „Lieb mich jetzt“: eine bewegende Ballade mit dezenter Synthie-Begleitung.
Intelligente und intensive Texte beherrschen das Album. Thematisch spielen Trennungen und das Aneinander-Festhalten eine große Rolle. Ein Highlight ist „Panama“, der sich die berühmte Janosch-Geschichte zum Vorbild nimmt und die Idee, dass es nach langer Suche zuhause doch am schönsten ist. Was Tobias zu der Geschichte sagt: „Sie zeigt auf, wie wir Menschen ticken. Dass das Gras woanders immer grüner scheint. Dass man dieser Lüge glaubt: Wenn ich erst mal dies oder das habe, dann bin ich glücklich. Aber ich glaube, die Definition von Glück ist wollen, was man hat“.
Die Reise,auf die sich LUPID begeben hat, führt zu neuen Einsichten und Perspektiven. Millionen neuer Perspektiven, die so einige Prioritäten in Relation setzen. Und genau davon handelt auch die letzte Single „Millionen Erinnerungen“, die am 13. März 2020 rauskam. Tobias Hundt singt über den Preis, den man zahlt, um seinen Traum leben zu dürfen. Darüber, dass, auch wenn der Weg manchmal hart ist und man am Ende des Monats keinen Cent mehr auf dem Konto hat, es doch eine Frage der Perspektive ist, ob man sich arm oder reich fühlt.
Ich habe grade viel Zeit, mit meiner 12jährigen Tochter Musik zu hören. Das neue Album von Lupid ist momentan unser Favorit. Schade, dass es nach 34 Minuten schon zu Ende ist.