Wenn die Wahrheit zerfällt

Es ist schon eine Schande, dass You Me at Six außerhalb des britischen Königreichs noch nicht der Erfolg beschert wurde, den sie in der Heimat zu Recht haben. Das aktuelle Album „Truth Decay“ beweist mal wieder, dass ihre alternative Rockmischung zwischen kratzenden Instrumenten und sanften Melodien absolut stimmig ist.

Das Album mit einer brennenden römischen VI auf dem Cover ist bereits das achte Werk der Rocker aus Weybridge im Südosten Englands. Aufgenommen wurde es auf der griechischen Insel Santorin mit dem Produzenten Dan Austin, der auch Biffy Clyro und Massive Attack regelmäßig zu akustischen Höhenflügen verhilft.

„Deep Cuts“ lässt einen hypnotischen Rhythmus wirken und kann seine Wurzeln im Punk nicht verleugnen. Josh Franceschi singt mit eindringlichen Vocals und hält die Band gut zusammen. Als Hörer ist man direkt drin in den Melodien und stellt sich – zu Recht – auf ein mitreißendes Album ein.

Der Sänger erzählt: “In DEEP CUTS geht es darum, dass man von außen auf die Menschen in seinem Umfeld schaut, die eine schmerzhafte Erfahrung oder einfach eine schlechte Zeit durchmachen, weil sie mit der falschen Person zusammen sind. Sie leiden, weil sie an jemandem oder etwas festhalten, das sie loslassen könnten. Man selbst weiß, dass es ihnen auf der anderen Seite gut gehen würde, aber sie davon zu überzeugen, ist nicht so leicht, wie es klingt. Man drückt einfach die Daumen, dass sie das Trauma so schnell wie möglich hinter sich lassen können.”

Der Sound ist komplex und von einem starken Beat getragen. Die Tracks pendeln gerne mal zwischen Pop und Rock, am liebsten aber rockt das Quintett seine breitwandigen Hymnen straight nach vorne und baut enorme Klangwände auf, die trotz aller Elektronik nie nervig werden. Josh Franceschi singt, schreit hysterische Lyrics raus und hält die Fäden in der Hand. Vor allem die ruhigeren Momente wie in „Mixed Emotions“ und „Breakdown“ gefallen mir dabei ausgesprochen gut.

„No Future? Yeah Right“ erzählt von Unsicherheiten und persönlichen Verletzbarkeiten. „Traumatic Iconic“ lässt uns nicht in Melancholie versinken, sondern führt zu starker, aggressiver Gegenwehr.

Während den Aufnahmen zu “Truth Decay” fiel der Band auf, dass man nicht weiß, wohin man geht, wenn man nicht weiß, woher man kommt. Das Ergebnis spricht für sich: You Me at Six wissen, wie man emotionale Rockmusik macht, und teilen es der Welt mit. Mit „Truth Decay“ kehren sie zu ihren Wurzeln zurück und zementiert sich als Meister ihres Genres.