We Were Promised Jetpacks in Köln: Augen schließen und treiben lassen

Wenn ein Konzert im Gloria-Theater stattfindet, dann ist eigentlich schon zu 90 Prozent klar, dass es ein schöner Abend wird. 1956 eröffnet, war das Gloria zunächst eines von insgesamt 81 Kinos in Köln, doch ab Mitte der 1970er Jahre profilierte es sich durch ein mehr und mehr pornografisches Programm und wurde anschließend ab den 1990er Jahren zu einer angesagten Location für die lesbisch-schwule Szene in Köln. In den 2000ern avancierte das Gloria dann zu einer der angesagtesten Konzert-Locations Kölns und hat schon viele international gefeierte Künstler*innen unter seinem Dach begrüßen können. All diese Geschichten spürt man, wenn man das Gloria betritt, sei es aufgrund des alten Kinoschalters im Eingangsbereich oder der roten Wände mit „Gloria“-Leuchtschrift. Meiner Meinung nach definitiv die schönste Location Kölns.

Und genau aus dem Grund habe ich mich riesig auf das We Were Promised Jetpacks-Konzert an diesem herrlichen Ort gefreut! Die vier Bandmitglieder aus Schottland spielen dieses Jahr eine #TheseFourWalls10-Tour zur Feier ihres ersten Albums „These Four Walls“, welches im Jahr 2009 erschien. Passend dazu ist bereits die Bühne mit einem Banner, welches sehr stark an das erste Albumcover erinnert, dekoriert. Und das Publikum ist so euphorisch, als wären nicht zehn Jahre seit dem ersten der insgesamt vier Alben der Band vergangen, sondern zehn Jahre, seitdem sie das letzte Mal auf einer Bühne standen.

Pünktlich um 20 Uhr geht es mit der aus den USA stammenden Vorgruppe Weakened Friends los. Vorgruppen haben bei mir generell einen schlechten Stand, da ich von meinem Vater bereits in jungen Jahren eingetrichtert bekommen habe, dass es sich meistens nicht lohnt, Vorgruppen anzuschauen. (Über diese Meinung lässt sich sicherlich streiten!) Der Gesangsstil der Sängerin ist leider nicht mein Fall und das Schlagzeug nicht gut abgemischt. Meiner Begleitung hat es trotzdem gut gefallen. Was mich vor allem begeistert, ist, dass zwei der drei Bandmitglieder Frauen sind – was man in diesem Genre leider nicht allzu häufig sieht. Dabei muss ich an einen Spruch denken, der in meiner Bonner Lieblingskneipe, dem Bla, an der Wand steht: Female Fronted is not a Genre! Dennoch erwähnenswert, dass am heutigen Abend auch talentierte Frauen auf der Bühne stehen.

Nachdem Weakened Friends um 20.35 Uhr ihr Set beenden, muss das Publikum 25 Minuten auf We Were Promised Jetpacks warten. Doch das tut der Stimmung keinen Abbruch. Kaum betritt die Band die Bühne, entfacht tosender Jubel vonseiten des Publikums, welches übrigens im Durchschnitt älter ist, als ich es erwartet hätte. Sänger Adam Thompson kündigt an, dass das ganze erste Album am heutigen Abend gespielt wird und spricht wohl die höflichste Begrüßung aller Zeiten ins Mikrofon, indem er uns dazu einlädt, mitzusingen, sollten die Songtexte bekannt sein. Und wie sie das sind! Bereits beim Opener „It‘s Thunder and It‘s Lightning“ jubelt das Publikum und mir fliegen trotz Gehörschutz fast die Ohren weg, so laut sind Band und Publikum zusammen – wunderbar. Bei den Lines „Your Body was Black and Blue“ singt das Publikum alleine und Freude überkommt mich. Der Song ist ein idealer Opener, weil es so ruhig und sanft anfängt und am Ende immer lauter und gewaltiger wird, sodass man langsam in den Abend geleitet wird.

Bei den folgenden Songs steigert sich die Stimmung von Wippen über Hüpfen bis es sogar einen kleinen Mosh Pit bei „Quiet Little Voices“ gibt. Auch hier werden die „Oh“-Parts des Songs souverän und ohne jegliche Anleitung mitgesungen. Respekt! Doch auch in dieser überkochenden Stimmung schaffen es We Were Promised Jetpacks mühelos mit „This is my House, This is my Home“ einen Song einzubauen, bei dem man die Augen schließen und sich von der Musik (und von Adam Thompsons wunderbarer Stimme und seinem herrlichen Akzent) treiben lassen will. Bei diesem und vielen weiteren Songs ist die Lichtshow ideal auf die Musik abgestimmt; so werden die Höhepunkte der Songs zum Beispiel durch weiße Lichtblitze untermalt und die Discokugel zaubert bei „Keeping Warm“ ein magisches Lichtspiel an die Wände.

Passend zum Anfang ist auch die Verabschiedung sehr schön; die Band bedankt sich dafür, dass so viele Leute gekommen sind, dass sie in dieser Location spielen können, woraufhin sie donnernden Applaus ernten. Vor dem letzten Song „Pear Tree“, der ein ganz unglaublich toller Abschluss ist, wünscht Adam Thompson uns noch: „Everybody take care and get home safely.“ Vielen Dank dafür und für dieses schöne Konzert! Einziger Wermutstropfen für mich war, dass sie „Hard to Remember“ nicht gespielt haben, doch nach einem so schönen Abend mit solch einer schönen Stimmung sei ihnen auch das verziehen.

Wer es bisher noch nicht auf die These Four Walls-Tour der Schotten geschafft hat, hat im Oktober und Dezember noch die Gelegenheit, sie nah an ihrer Heimat in verschiedenen Städten in UK zu sehen – schnell hin, bevor der Brexit ausdiskutiert ist und die Einreise komplizierter wird, denn ein Konzert dieser Musiker lohnt sich allemal!