Woodstock – Chronik eines legendären Festivals
Natürlich gibt es inzwischen eine Reihe von Festivals mit Kultcharakter. Man denke nur an den Dauerbrenner „Rock am Ring“ und das ehrwürdige „Burg Herzberg“. Dann das Isle of Wight Festival, das es von den 60ern ins neue Jahrtausend geschafft hat. Und sicher „Coachella“ und das „Burning Man“ in den USA, die jährlich zu riesigen Party-Veranstaltungen mutieren.
Aber mal ehrlich: Kein Festival hat jemals das legendäre „Woodstock“ erreicht. 3 Days of Peace and Music – August 1969 in Whitelake nahe Bethel, US-Bundesstaat New York. Vermutlich 400.000 Besucher lebten den Hippie-Mythos von Kunst, Frieden und dem alternativen Amerika. Was dort aus dem Nichts geschaffen wurde (musikalisch, logistisch, mystisch), war eine Glanzleistung. Und das muss 50 Jahre später würdig gefeiert werden.
Der Wälzer „Woodstook. Chronik eines legendären Festivals“ aus dem riva-Verlag passt da perfekt für Nostalgiker und musikhistorisch Interessierte. Der dicke Bildband enthält nicht nur auf fast 300 Seiten eine fototechnisch hervorragende und vor allem aussagekräftige Bildersammlung der damaligen Ereignisse. Es gibt zudem auch viel Text und eine detaillierte historische Einordnung.
Die Autoren Mike Evans und Paul Kingsbury beginnen mit einer Chronik der vorangegangenen 15 Jahre und widmen sich Themen wie der rebellierenden Gegenkultur, der Bürgerrechtsbewegung, den Studentenprotesten und dem Einfluss des Vietnamkriegs. Dann werden Idee und Hintergründe des Festivals beleuchtet sowie der enorme infrastrukturelle Aufwand.
Hauptteil des Buches sind aber die drei Festivaltage und die Ereignisse derselben. Damit sind zum einen die auftretenden Künstler gemeint (Legenden wie Joan Baez, Santana, Janis Joplin, Joe Cocker), aber auch die Begleitereignisse wie beispielsweise das Fallen des Zauns am ersten Tag, womit das Festival quasi kostenlos wurde, und andere Aufgaben wie das Krisenmanagement, als plötzlich klar wurde, dass die Verpflegung nicht mehr sicher war und auch die Bands ihr Geld nicht bekommen werden. Das alles ist mit Fakten untermauert und wie ein spannender Krimi aufgebaut. Also sollte man das Buch nicht nur als Nachschlagewerk nutzen, sondern kann es gut wie eine Doku von vorne bis hinten lesen.
Die beteiligten Menschen spielen eine große Rolle. Es gibt viele Fotos der Zuschauer, aber auch Aufnahmen der Stars, die mitunter sehr intim scheinen. Viele Fotos sind unscharf und verrauscht, manche sichtlich nachbearbeitet, doch das tut dem dokumentarischen Charakter keinen Abbruch. Es verstärkt ihn vielmehr. Interviews und Originalzitate der Musiker und Festivalbesucher, Anekdoten und Backstage-Geflüster sowie eine Fülle farbiger Fotografien machen Woodstock zur ultimativen Dokumentation eines Meilensteins der modernen Kulturgeschichte. Mit diesem Coffee Table Book kann man vermutlich jedem Musikbegeisterten eine wahre Freude machen.