Das dritte Album zum futuristischen Konzept
Schon krass, dass Jens Lueck und sein Projekt Single Celled Organism immer noch weitestgehend unterm Radar laufen. Liefert er doch mit „Event Horizon“ schon das dritte ausufernde Konzeptalbum in Folge – bei gleichbleibend fantastischer Qualität.
Der Wahl-Hamburger Lueck hat als Produzent, Engineer, Komponist und Musiker für Isgaard und diverse Bands im Progressive Rock gearbeitet. Kein Wunder, dass er sich musikalisch an Größen wie Pink Floyd und Porcupine Tree anlehnt. Und das ist nicht nur so daher gesagt: Er schafft es, mit seinen Mitstreitern eine floydeske Atmosphäre zu schaffen und die Produktion muss sich in Sachen Perfektion nicht hinter Steven Wilson verstecken.
Das Konzept der ersten Alben „Splinter In The Eye“ und „Percipio Ergo Sum“ wird hier nahtlos wie bei einer großen SF-Saga fortgeführt.Im Zentrum der Geschichte steht die Begegnung der beiden ungleichen Protagonisten, die den Untergang und Wiederaufbau der Zivilisation erlebt haben. Während Dr. Abbott Barnaby all seine Vorsätze über Bord wirft, konfrontiert er das „TV-Girl“ Tella mit der Wahrheit – das hat schwerwiegende Folgen: Ihre mühsam erarbeitete innere Stabilität und ihre Hoffnung auf inneren Frieden werden mit einem Schlag zerstört und sie gerät völlig aus der Bahn.
Das Album thematisiert am Beispiel der beiden Hauptcharaktere den Ereignishorizont – nicht im physikalischen Sinn, sondern in Bezug auf die menschliche Psyche – und die individuellen Vorstellungsgrenzen. In Zeiten von Klimakrise, Verschwörungstheorien und dem Angriff Russlands auf die Ukraine wird überdeutlich, wie wichtig es ist, die Grenzen des Denkens zu verschieben, die eigene Wohlfühlsphäre zu verlassen und das jeweilige Gegenüber sowie das globale Miteinander im Blick zu behalten.
Musikalisch ist das Geschehen mal wieder so groß wie die angeschnittenen Themen. Es gibt quirligen Prog mit dominanten Gitarren im Wechsel mit elegischem Artrock. Jens Lueck trägt breite Keyboardflächen bei. Die Vocals liefert er oft im Duett mit seiner Partnerin Isgaard, was einen feinen Kontrast erzeugt. Ein Team von Gast- und Studiomusikern unterstützt die beiden dabei.
Am Ende gibt es wieder große Gefühlsverwirrungen unter den Protagonisten und einen offenen Schluss. Man darf also gespannt sein, ob das Projekt als Trilogie hier endet oder noch weiter fortgeführt wird. Die Ideen scheinen Jens zumindest nicht auszugehen – weder musikalisch noch konzeptionell.