Amphitheater Open Air 2017 in Trier: Beginner und In Extremo
Am Wochenende wurde die nächste Kultstätte in Trier bespielt – und die Besetzung konnte kaum unterschiedlicher sein. Am Freitag waren die Beginner um Jan Delay mit ihren HipHop-Eskapaden zu Gast, am Samstag gab es In Extremo (Mittelalterrock vom Feinsten) und am Sonntag sollte der unzerstörbare Helge Schneider am Start sein. Wer das Amphitheater in Trier noch nicht kennt: Ein wundervolles Ambiente mit historischer Vergangenheit inmitten von Weinbergen. Als es im 2. Jahrhundert nach Christus erbaut wurde, soll es noch 18.000 Zuschauern Platz geboten haben. Damals natürlich unter sehr blutigen Voraussetzungen, wie man aus den Geschichtsbüchern weiß. Inzwischen dürfen die Hänge rundherum allerdings nicht mehr betreten werden und Zuschauer begeben sich in die Arena selbst. Bis zu 3.500 Gäste fasst das Gelände und man darf im Inneren schaurig darüber nachdenken, wie viele Menschen hier bei Tier- oder Gladiatorenkämpfen umgekommen sind.
Denn Anfang machte Rapper Bengio als Support am Freitagabend mit einer Mischung aus Rap- und Popsongs. Der 24jährige stammt aus Fulda und wurde deutschlandweit bekannt, als er auf Yvonne Catterfelds Single „Irgendwas“ in Erscheinung trat. Dieser Song folgte dann auch zum Ende des halbstündigen Sets in seiner Soloversion. Ansonsten gab es eine Mischung an getragenen HipHop-Titeln mit Pop-Einschlag – entspannt und ruhig wie man dies beispielsweise von Rapper Cro kennt. Dabei war der Sänger viel in Bewegung und nutzte die volle Breite der fast leeren Bühne. Begleitet wurde Bengio ganz klassisch von einem DJ begleitet. Kein Unbekannter, denn es war DJ Vito, der sonst vor allem mit Samy Deluxe arbeitet.
Pünktlich um 21 Uhr übernahmen die Beginner. Es wurde laut: Schiffssirenen und die Single „Ahnma“ als Selbstvorstellung. HipHop-Fans aller Generationen waren gekommen, um die Legenden Jan Philipp Eißfeldt (alias Eizi Eiz, alias Jan Delay), Dennis Lisk (alias Denyo) und Guido Weiß (alias DJ Mad) live zu erleben. Seit 2003 firmieren die HipHop-Meister aus dem hamburgischen Eimsbüttel nur noch unter Beginner. Als sie sich Anfang der 90er Jahre gründeten und mit englischsprachigem Rap begannen, hieß die Truppe noch Absolute Beginners. Das „s“ musste als erstes weichen, als man sich vermehrt der deutschen Sprache zuwandte. Drei Alben waren erschienen und bis 2003 war man auf ein Trio geschrumpft. Nach langer Pause ging es dann 2016 urplötzlich wieder los. Die Füchse sind wieder da!
DJ Mad hatte seinen Platz auf einer hohen, begehbaren Pyramide aus LCD-Bildschirmen. Begleitet wurde das Trio von zwei hübschen Tänzerinnen und die Show nahm mit abgefeierten Nummern wie „Hammerhart“ und „Rap & fette Bässe“ ihren Lauf. Nach einer Jan Delay-lastigen Coverversion von Nenas „Irgendwie, irgendwo, irgendwann“ betraten als Überraschungsgäste die Namensgeber des aktuellen Beginner-Albums die Bühne: Advanced Chemistry aus Heidelberg waren als Duo mit am Start und boten unter anderem ihren Hit „Fremd im eigenen Land“. Und auch die Beginner hatten mit „Meine Posse“ einen aktuellen Mitsing-Hit zu bieten. Die Stimmung im Amphitheater war gleichbleibend hoch – die Beginner hatten Trier im Sturm erobert. Zum Glück war es trocken geblieben und ein Regenguss erfolgte erst auf der Heimfahrt.
Der Samstag begann mit dem Supportact Mr. Irish Bastard. Die Folk-Punkrocker läuteten den Abend mit einem energiegeladenen Set ein. Seit 2006 gibt es die Band aus Münster schon und sie spielten inzwischen als Support von vielen herausragenden Folk- und Punk-Vorbildern. Es waren vor allem schnelle Nummern im 40minütigen Set, die zum Feiern einluden. Bis zu vier Gitarren gab es zu hören – und eine sehr dominante Flötistin. Songs wie „I Only Like You When I’m Drunk“, „Last Pint“ und „I Hope They Sell Beer In Hell“ heizten die Stimmung für In Extremo ordentlich ein.
Diese betraten dann um 20.45 Uhr die Bühne. In Extremo sind aktuell auf „Burgentour“. So nennen sie schon seit zehn Jahren ihre sommerliche Open-Air-Reise zu historischen Spielstätten. Meist sind dies die Burgen der Republik, aber gerne auch mal ein altehrwürdiges Amphitheater. Im Gegensatz zum Vortag war die Arena diesmal nur zur Hälfte gefüllt, das tat dem musikalischen Feuerwerk aber keinen Abbruch. Die sieben Spielleute legten mit der „Feuertaufe“ los und zündeten ordentlich Pyrotechnik.
Folkloristisches Saitenspiel, Dudelsäcke, eine Harfe und dazu eine formidable Rockband. Das sind die Zutaten für ein grandioses Konzert. „Vollmond“, „Störtebeker“ und „Quid pro quo“ hießen die ersten Mitsinghits. Zu „Lieb Vaterland, magst ruhig sein“ gab es eine beeindruckende Feuershow, die für ein Hitzegefühl bis in den letzten Reihen sorgte. Leider half es nichts, was die Wetteraussichten anging, denn es begann stetig vom Himmel zu tröpfeln. Ein Gewitter war im Anmarsch. Während „Frei zu sein“ und „Küss mich“ wurde der Regen immer stärker und erste – nur mit T-Shirts bekleidete – Fans stürmten zum Ausgang.
Kurz vor Schluss des regulären Sets wurde es zu „Sternhagelvoll“ für kurze Zeit wieder trocken, dann aber traf im Zugabenteil anscheinend der „Spielmannsfluch“ den Rest vom Amphitheater Open Air. Als ein heftiges Gewitter mit starken Blitzen auftrat, die diesmal abseits der Pyroshow ein ebenso beeindruckendes Naturschauspiel boten, mussten In Extremo ihren Auftritt leider kurz vor Schluss (ca. 22.20 Uhr) abbrechen und der Veranstalter gar das Gelände evakuieren, damit sich die Zuschauer schnell in Sicherheit bringen konnten.
Leider hielt die Negativserie an, denn das dritte Konzert, das heute (Sonntag, 23.7.) mit Helge Schneider stattfinden sollte, musste wegen einer Erkrankung des Künstlers leider kurzfristig abgesagt werden. Schade drum.