Agnes Obel und die verschwommene Sicht auf die fernen Dinge

Die Pianistin und Sängerin Agnes Obel stammt aus Kopenhagen, lebt aber in Berlin. Klavier spielte sie schon in jungen Jahren und machte später erste Erfahrungen in der Band Sohio. Ihre Solokarriere begann mit dem Song „Just So“ (2009) in einem Werbespot der Deutschen Telekom. Immerhin Platz 44 in den Charts. Es folgte das erste Soloalbum „Philharmonics“. Seit fast zehn Jahren zählt Agnes Obel zu den unabhängigen und eigenwilligen Künstlern der Gegenwartsmusik. Nun meldet sie sich mit einer neuen Arbeit zurück – „Myopia“ (übersetzt: Kurzsichtigkeit) ist ihr viertes Album.

Die Klanglandschaften entfalten sich ganz in Agnes‘ Stimme und einem sanft gespielten Piano. Dazu zerbrechliche Streicher (Violine und Cello) sowie dezent eingesetzte Percussion. Traurig und nachdenklich nimmt sie uns mit in ihre eigene Welt, die auch ihre düstere Seite hat. Wenn die elektronischen Elemente einsetzen, wird es sehr mystisch und sphärisch.

“Für mich ist Myopia ein Album über Vertrauen und Zweifel. Kannst du dir selbst vertrauen oder nicht? Kannst du deinem eigenen Urteil vertrauen? Kannst du darauf vertrauen, dass du das Richtige tust? Kannst du deinen Instinkten und deinen Gefühlen vertrauen? Oder sind deine Gefühle verzerrt?” , sagt Agnes Obel selbst zu ihrem Werk. “Paradoxerweise muss ich meine eigene Myopie schaffen, um Musik zu machen.”

Sie experimentierte bei der Aufnahme mit Bearbeitungen und Verzerrungen, mit den Tonhöhen von Gesang, Streichern, Klavier, Celesta und Luthéal-Klavier. Dabei fand sie Wege, diese Elemente miteinander zu verschmelzen, sie zur Einheit werden zu lassen und sie so einzusetzen, dass man sich wohlfühlt bei dem Klang, den sie hervorbringen.

Die Single „Island Of Doom“ ist sicherlich das Highlight des Albums, doch eigentlich kann man es nur in seiner Gesamtheit hören und bewerten. „Myopia“ ist ein verträumtes und sehr melancholisches Werk. Nicht unbedingt melodisch und eingängig, stattdessen sehr getragen und bisweilen experimentell. Der Hörer kann sich zurücklehnen und seinen Träumen hingeben.

Die musikalische Welt der Agnes Obel ist nichts zum nebenbei genießen. Um die tiefgründigen Texte und Arrangements richtig zu würdigen, braucht es vielleicht Kerzenlicht und ein Glas Rotwein – auf jeden Fall aber eine entspannte Atmosphäre ohne Nebengeräusche. Wer dann seine Seele baumeln lässt, wird von der ausdrucksstarken Stimme schnell gefangen sein.

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