RUNRIG bitten zum letzten Tanz
Runrig haben vor genau einem Jahr ihren Abschied von der großen Showbühne gefeiert. Wer einmal den Stirling City Park im Herzen Schottlands betreten hat, weiß, dass man dort auch in Tagen völliger Abgeschiedenheit den keltischen Geist vor dem Hintergrund der imposanten Burg atmen kann. Wie geschaffen für zwei atmosphärische Konzerte vor jeweils 25.000 Zuschauern, die am 17. und 18. August 2018 dort stattfanden. Es war klar, dass der Mitschnitt ein Abschiedsgeschenk für alle Fans nach 45 Jahren Treue sein wird. Er erscheint unter dem Titel „The Last Dance – The Farewell Concert“ in unterschiedlichen (auch visuellen) Versionen. Mir liegt zur Review die 3CD-Audio-Variante vor.
Eigentlich sind die Brüder Calum und Rory MacDonald seit 1973 die treibende Kraft hinter der schottischen Band Runrig, doch ihr internationaler Aufstieg ist untrennbar mit Sänger Donnie Munro verbunden, der von 1974 bis 1997 stimmgewaltiger Frontmann der folkigen Rockband war. Angefangen hatte man mit sehr traditioneller Musik, die eher in den Bereich der Folklore gehört. Später wurde die Musik poppiger und rockiger – man wird sich gut erinnern, dass Sender wie SWF3 (später SWR 3) viele Hits in Dauerschleife spielten. Nach Donnies Abschied kam Bruce Guthro als Vokalist dazu – ein Sänger aus Neuschottland und damit Kanadier. Die anfänglichen Vorbehalte hat er mit einer unter die Haut gehenden Stimme längst mehr als wett gemacht hat.
Die Setlist startet mit einem atmosphärischen Intro, dann kommt mit dem melancholischen „The Years We Shared“ der erste Gänsehautsong und „Protect And Survive“ fordert umgehend zum fröhlichen Mitfeiern auf. Auch ohne Bilder kann man sich vorstellen, wie das Publikum in Schottland abgegangen ist. Die Geräuschkulisse zwischen den Titeln spricht Bände.
Es gibt viele Verweise auf die Vergangenheit der Band. Laura McGhee verfeinert „Proterra“ an der Fiddle und auch Donnie Munro entert kurz die Bühne, um gemeinsam mit dem Glasgow Islay Choir den gälischen Song „Cearcal A‘ Chuain“ zu interpretieren. Die Setlist zieht sich durch alle großen Veröffentlichungen der Bandgeschichte und enthält auch Tradional-Klassiker wie „Loch Lomond“. Meine Highlights sind „Alba“, „Skye“ und „Every River“, außerdem das starke „Pride Of The Summer“ und natürlich der bewegende Abschluss „Hearts Of Golden Glory“ – von der Band a cappella eingesungen und vom Publikum begeistert weitergeführt.
Emotionale Erlebnisse kennt man bei Runrig, die gab es auf jeder Tour, bei fast jedem Konzert, aber mehrfach höchste Euphorie und tiefste Trauer innerhalb von Minuten lotet die Grenzen aus, dessen was ein Fan imstande ist in 3 Stunden zu erfahren. Was hier vollbracht wurde, war ein würdiger Abschluss einer einzigartigen Karriere.
„Als wir mit Runrig begannen, waren wir als Dance-Band angetreten, die Gemeindesäle an der schottischen Westküste rauf und runter spielte“, sagt Songwriter und Bassist Rory Macdonald. „In vielerlei Hinsicht waren diese Säle unsere Übungsgelände – wir haben dort viel für unsere Karriere gelernt. Zwei Dinge haben wir uns über die Jahre besonders bewahrt. Das eine ist, immer und überall unser Publikum wertzuschätzen. Und das zweite ist: Wir lieben es, Euch tanzen zu sehen.“
„The Last Dance – Farewell Concert“ ist die ultimative Rückschau auf eine formidable Liveband, die 45 Jahre lang die Massen begeisterte. Eine Höchstwertung für ein Livealbum gibt es selten bei mir, doch hier stimmt in der ultimativen Zusammenstellung einfach alles. Und der Sound ist überragend.