Kerstin Ott beweist „Mut zur Katstrophe“
Musiker und Songwriter gibt es unglaublich viele auf der Welt, und viele davon sind richtig gut. Trotzdem schaffen es längst nicht alle, bekannt und erfolgreich zu werden. Oft ist es einfach der richtige Song zur richtigen Zeit, der einem den Durchbruch beschert – und bei Kerstin Ott war dies definitiv die von Stereoact produzierte Dance-Version ihres Songs „Die immer lacht“, die vor zwei Jahren über Nacht zum Party-Hit des Jahres wurde. Es folgte das erfolgreiche Debütalbum „Herzbewohner“, und nun mit „Mut zur Katstrophe“ bereits ihre zweite CD.
Ich muss zugeben, dass „Die immer lacht“ für mich anfangs eher ein nerviger Ohrwurm war. Die Geschichte hinter dem Song und Kerstin Otts bodenständige Art, die sich so wohltuend von der Glitzerwelt vieler Kolleginnen abhebt, haben mich aber schnell von der sympathischen Musikerin überzeugt. Mit „Mut zur Katastrophe“ geht sie nun ihren Weg konsequent weiter und präsentiert 14 neue deutschsprachige Songs in der bewährten Mischung aus Pop, Schlager und Dance. Dabei erzählt sie in unverschnörkelten Texten nicht nur von den großen und kleinen Katstrophen des Lebens, sondern auch von Glücksmomenten oder ganz alltäglichen Erlebnissen.
„Lichter meiner Stadt“ ist eine Liebeserklärung an ihre Heimatstadt Heide und den Titelsong „Mut zur Katastrophe“ mit seinen eingängigen Saxophoneinlagen widmet Kerstin ihrer Ehepartnerin, ebenso wie das berührende „Der letzte Weg“. Die Schattenseiten der Liebe besingt sie allerdings auch: In „Alles so wie immer“ erzählt sie etwa von der Eifersucht, die einen beherrscht, wenn alle die eigene Freundin so toll finden, und „Lieb mich zurück“ ist eine wehmütige Ballade über unerwiderte Liebe, mit einer spannenden Rap-Einlage von Chaingeless.
Die extrem tanzbare Single „Nur einmal noch“, handelt vom schwierigen Moment vor dem endgültigen Schlussstrich in einer Beziehung, „Regenbogenfarben“ ist ein mitreißendes Plädoyer für Vielfalt und Toleranz, und mit „Das macht mal alles ohne mich“ distanziert sich die Sängerin vom allgegenwärtigen digitalen Wahnsinn. Mein persönlicher Lieblingstitel ist „Sieben Kartons“, einmal wegen der Erkenntnis, wie wichtig es ist, sein Leben ab und zu von allem überflüssigem zu entrümpeln, aber auch wegen des schönen einfachen Arrangements mit akustischer Gitarre. Davon hätte ich gerne noch mehr gehört, weil Kerstins Songwriter-Talent hier besonders zu Geltung kommt.
Aber auch wenn ein paar Beats und Effekte weniger dem Album meine Meinung nach ganz gut getan hätten, kann mich Kerstin Ott mit „Mut zur Katastrophe“ insgesamt überzeugen, denn ihre Musik ist ehrlich und authentisch. Und damit ist sie einfach eine tolle Songwriterin – egal, welche Art der musikalischen Verpackung man nun persönlich bevorzugt.
Parallel dazu erschien auch die Autobiografie „Die fast immer lacht“ im Schwarzkopf & Schwarzkopf Verlag. Kerstin Otts Werdegang liest sich wie der wahr gewordene Traum eines jeden Künstlers: Noch vor gut drei Jahren ging die 35-Jährige ihrem Beruf als gelernte Malerin nach – heute kennt die gesamte deutschsprachige Popwelt ihren Namen. In ihrer Autobiografie gibt Kerstin Ott einen Einblick in ihr Leben als Vollblutmusikern. Die norddeutsche Sängerin schreibt offen und ehrlich über schwierige Zeiten, die große Liebe und darüber, wie sie trotz des kometenhaften Aufstiegs nach wie vor die Bodenständige geblieben ist, die fast immer lacht! Das Buch gewährt tiefe Einblicke in die Gedankenwelt Kerstin Otts und spart auch die Momente nicht aus, in denen es ihr wahrlich nicht gut ging – beginnend mit dem Werdegang in Heim und Pflegefamilie. Spannend wie ein guter Roman!