Wehe, wenn sie losgelassen

Das vorliegende Hörspiel nach einem Buch des Autors James Thorne Smith spielt im New York der 20er Jahre des vergangenen Jahrhunderts. Das merkt man neben der etwas blasierten Art des Sprechens auch an den beschwingten Musikstücken, die den Dialogen und Texten zur klanglichen Illustration des Geschehens an die Seite gestellt werden.

Der Einstieg in die Geschichte ist ebenso rasant wie das ganze, gut 120minütige Hörspiel auf zwei Silberlingen. Der Erfinder Hunter Hawk – so lässig und extravagant im Auftreten wie der berühmte Indiana Jones – hat eine chemische Formel zur zellularen Petrifikation entwickelt. Will heißen: Er kann Lebewesen in Stein verwandeln und diese Verwandlung wieder umkehren. Nach einer Explosion hält die Familie der Schwester ihn zunächst für tot und freut sich schon auf das anstehende Erbe. Das macht sie zu ersten unfreiwilligen Versuchskaninchen seiner neuen Macht.

Danach nehmen die Turbulenzen ihren Lauf: Es ist viel Alkohol im Spiel, als Hunter im heimischen Garten die Furie Megaera („Meg“) kennen lernt, die von Natur aus die Versteinerungsfähigkeit hat, sich trotz ihres Alters von über 800 Jahren dem Protagonisten recht frivol annähert und sich mit ihm auf den Weg ins Metropolitan Museum macht. Dort will man die Statuen griechischer Götter aus ihrer Jahrtausende alten Starre zurück ins Leben holen.

Die gequälten Schülern aus dem Lateinunterricht noch allzu bekannten Figuren Diana, Juventas, Bacchus, Merkur und Neptun haben ihre Mühe, sich im New York des Jahres 1930 zurecht zu finden, erleben dabei aber einige haarsträubende Abenteuer. Mehr will ich an dieser Stelle nicht verraten.

Das Hörspiel ist dialoglastig und sehr geradlinig erzählt. Es eignet sich damit hervorragend als Unterhaltung für längere Autofahrten. Die Story wird mit kurzfristigen Erzählsequenzen, vor allem aber durch die sehr gut gesprochenen Dialoge zum Leben erweckt. Auch wenn es keine unerwarteten Wendungen oder gruselige Geheimnisse gibt, bleibt das Geschehen doch durchweg spannend bis zum Schluss. Natürlich gibt es einige Kürzungen zum Originalbuch. Besonders schade finde ich, dass Hunters Nichte Daphne, die den Protagonisten im Original eigentlich mit ihrem Freund nach New York begleitet, in der Hörspielfassung eine absolut untergeordnete Rolle spielt. Da hat der Anfang der Geschichte eigentlich mehr versprochen.

Trotz dieses kleinen Wermutstropfens ist die Erzählung überaus witzig und spannend, mit vielen skurrilen Einfällen und einer stets vorherrschenden situativen Komik. Was die antiken Götter in der großen Stadt anrichten, macht enormen Spaß und wird bis zum glaubwürdigen Ende schlüssig erzählt. Mein erstes Hörspiel des Labels Folgenreich und ein absolut gelungener Einstieg!