Dieter Birr, von allen Maschine genannt, darf zweifelsohne als lebende Rocklegende bezeichnet werden. Als Sänger, Musiker, Komponist und Texter der Puhdys hat er deutsche Musikgeschichte geschrieben. 22 Millionen verkaufte Tonträger und über 4000 Konzerte belegen das. Seine Fähigkeit, zeitlose, eingängige Hooks mit authentischen, nachvollziehbaren Lyrics auf eine emotionale Ebene zu heben, die Songs mit seiner unverwechselbaren Singstimme zu interpretieren und dabei seinem Publikum auf Augenhöhe zu begegnen, ermöglicht dem charismatischen Musiker auch als Solokünstler anhaltenden Erfolg.
Niemand hätte es verwerflich gefunden, wenn Maschine 2016 nach dem Ende der Band ein bisschen kürzer getreten wäre. Aber er kann nicht anders – und so rollte die Maschine sofort weiter. Noch im Auflösungsjahr der Kultband veröffentlichte der charismatische Sänger, Musiker, Komponist und Texter sein drittes Solowerk „Neubeginner“ (die ersten beiden entstanden bereits zu Puhdys-Zeiten), 2018 folgte „Alle Winter wieder“ und jetzt geht es weiter mit „Große Herzen“, das noch knapp im Jahr 2022 erscheinen wird.
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Der inzwischen 78jährige liefert markanten und hymnischen Deutschrock. Songs wie „Gloria“ und „Halte durch“ erinnern an Matthias Reim und kommen mit viel Energie. „Roadies“ besingt rockig die Frauen und Männer im Hintergrund aller Livekonzerte. Hinzu kommen melancholische Balladen wie „Bessere Tage“ und der Titeltrack um großherzige Weggefährten.
Es gibt einige schmerzhafte Songs. „Mein erste Liebe“ erzählt von einer Trennung, „Sternenkinder“ von einem sehnlichst erwarteten Baby, das schon wieder gehen muss, obwohl es kaum auf der Welt ist. Vieles ist sehr persönlich gehalten wie der Rückblick „Das ist alles“ und die Hommage „Legende aus Budapest“ an den Sänger Mecky der Band Omega. Auch „Mein Freund aus alten Zeiten“ erzählt vermutlich eine biografische Geschichte. „Wenn ich noch einmal leben könnte“ schließt das Album dann versöhnlich ab.
Ob Maschine mit diesem Album eine Art Bilanz ziehen möchte, sei dahin gestellt. Er hat sicher noch viele Ideen für weitere Songs, wenn man den Ideenreichtum von „Große Herzen“ betrachtet. Dennoch ist vor allem die 2CD-Edition ein Rückblick auf alte Tage, enthält die Bonus-CD doch zehn Songs aus drei Jahrzehnten, unter andere gemeinsam mit Weggefährten wie Toni Krahl und Goitzsche Front. „Große Herzen“ wird hier nochmal als eingängige Rockversion dargeboten und natürlich darf auch ein Puhdys-Paradestück nicht fehlen: „Hey, wir woll’n die Eisbär’n seh’n“ in einer Version aus dem Jahr 2016.
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„Casablanca“, „Der King vom Prenzlauer Berg“, „Aus der Ferne“, „Unter der Haut“, „Glastraum“, „Mir wird kalt dabei“, „Wand an Wand“, „Berlin (z.B. Susann)“, „Amerika“, „Flieg ich durch die Welt“, „Tamara“, „Sommerherzen“, „Für immer jung“, „Das Blut so laut“ und nicht zuletzt „Am Fenster“ – die Songs dieser Band lesen sich wie deutsche Rockgeschichte. Sie werden als Institution, Rocklegende und Kultband gehandelt. Doch den Musikern selbst geht es um Rock’n’Roll und Glaubwürdigkeit, um große Themen und kleine Geschichten. Die Rede ist von CITY, die in diesem Jahr ihren 50. Geburtstag feiern.
Pünktlich zum großen Jubiläum melden sich CITY mit einem neuen Album zurück. Es ist randvoll mit neuen Songs und gleichsam enthält die Doppel-CD bzw. das Doppel-Vinyl musikalische Verneigungen von Kollegen wie Silly feat. AnNa R., Matthias Reim, Henning Wehland und Dieter „Maschine“ Birr. Zudem kollaboriert die Kultband vom Prenzlauer Berg mit den Berliner Symphonikern.
Das Album heißt „Die letzte Runde“ und ist auch so gemeint: CITY verabschieden sich im Jubiläumsjahr von ihren Fans und Wegbegleitern. Das allerletzte CITY-Konzert (und damit Pflichttermin) findet am 30.12. in der Berliner Mercedes-Benz Arena statt. Das Album wird ihre letzte Studioproduktion sein.
50 Jahre CITY – das sind nicht nur über 15 Millionen verkaufte Tonträger und etwa 2500 Konzerte: Gleich in der ersten Dekade liefern sie ihren Jahrhunderthit „Am Fenster“, treten als erste und einzige Ostband vor dem Mauerfall im „Rockpalast“ auf und heimsen in Griechenland sowie in der BRD Gold ein. Die Achtziger beginnen mit einem englischsprachigen Album für den internationalen Markt in Zusammenarbeit mit dem Beach Boys-Kollaborateur Jack Rieley und enden mit dem Soundtrack zur Wende – das Album „Casablanca“ wird zur „Platte des Jahres“ gewählt (die Vorgängeralben „Unter der Haut“ und „Feuer im Eis“ landen auf Platz 3 bzw. 2).
Auch die dritte Dekade beginnt mit einem Paukenschlag: Als sich etliche Musiker wegen vermeintlichem Desinteresse am Sound ostdeutscher Rockbands umorientieren, bleiben CITY der Fels in der Brandung: „Keine Angst“ heißt ihr 1990er Album, gefolgt vom allerersten Best Of zum 20. Bandgeburtstag. Und sie erhalten 1997 Platin für „City I“. In den Nullern wird das Erfolgslevel gehalten, die LPs „Am Fenster 2“ (2002) und „Yeah! Yeah! Yeah!“ (2007) behaupten sich in den offiziellen Albumcharts. Die bisher letzte Dekade bildet einmal mehr die Basis für das kommende Jubiläumsjahr und umfasst sechs Top50-Alben (die Rocklegenden-Kollaborationen mitgezählt), ihr bisher letztes Studioalbum „Das Blut so laut“ prescht bis auf 16 vor.
Ob die frühen Folkelemente wie bei „Am Fenster“, die markanten Keyboardsounds der Achtziger oder der Minimalismus einiger Songs jüngeren Datums – jeder Ton ist unverkennbar CITY. Ihre Songs, die schon von Max Herre, Scooter oder Matthias Reim gecovert wurden, funkeln in verblüffender Reinheit bis heute, ohne dass der scharfe Zahn der Zeit sie ankratzen konnte.
Was weiterhin gilt: CITY sind keine Altherrenriege. Sie haben sich das Feuer der Anfangsjahre bewahrt. Es wäre legitim gewesen, sich auf den frühen Erfolgen auszuruhen, auch Oldiebands können glücklich sein. Doch das ist keine Option für CITY. Es gab Höhen und Tiefen in der Bandgeschichte, aber niemals Stillstand. Nach wie vor wühlen sie in den Herzen der Fans von damals und bei den gar nicht wenigen Neuinfizierten der letzten Jahre hohe emotionale Wogen auf. Sicher sind sie reifer geworden, doch keineswegs leiser.
Das Jubiläumsjahr schallt neben dem neuen Album auch sonst auf allen Kanälen: So wird es am 2.4. im MDR-Fernsehen zur besten Sendezeit um 20.15 Uhr den „Großen CITY-Abend“ geben. Neben einer 90-minütigen Doku, die fünf Dekaden deutsche Rockgeschichte reflektiert, gibt es ein zweistündiges Show-Special mit Gästen wie dem früheren H-Blockx-Sänger Henning Wehland, der Ex-Rosenstolz-Sängerin AnNa R., dem Comedian Olaf Schubert sowie dem Schauspieler Henry Hübchen. Mit „Einmal wissen, dieses bleibt für immer – CITY. Das Buch“ erscheint auch eine opulente, durchweg farbige Bandbiografie. Und nicht zuletzt werden CITY auf den Brettern stehen, die ihnen ihre Welt bedeuten.
Toni Krahl, Fritz Puppel, Georgi Gogow und Manfred Hennig starten ihre letzte Runde mit sechs Rock Legenden-Shows, seit bald zehn Jahren zweifelsohne ein Trade Mark des hiesigen Konzertuniversums (2022 zusammen mit Silly feat. Julia Neigel und Maschine + Band). Ein weiterer Höhepunkt ist die gemeinsame Tournee mit den Berliner Symphonikern, die am 23. Juli auf der Parkbühne in der Berliner Wuhlheide ihren krönenden Abschluss findet. Ein komplettes CITY-Konzert in Begleitung eines Orchesters hat es so noch nicht gegeben.
Dort und auf zahlreichen, weiteren Konzerten werden CITY 50 Jahre Revue passieren lassen, die großen und kleinen Hits sowie die persönlichen Lieblingslieder spielen. Und sie werden an ihren im Mai 2020 verstorbenen Schlagzeuger Klaus Selmke erinnern, mit dem sie so gern gemeinsam über die Ziellinie hinausgekommen wären. Sein zu früher Tod ist zweifelsohne der herbste Schlag in der CITY-Geschichte.
Mit „War gut“ zollen CITY ihrem Freund und Bandmitgründer Klaus Selmke Tribut. Das emotionale Stück reiht sich in ein Potpourri weiterer Songperlen wie „Die Sonne geht auf“, „Wir haben Wind gesät“ und „Ticket nach Athen“. Jeder Song ist unverkennbar CITY. Erneut beherrscht die Band den Spagat zwischen CITY-typischen Traditionen und einen großen Schritt nach vorn. Das Album „Die letzte Runde“ macht den Abschied etwas leichter und CITY einmal mehr unvergessen. Einmal wissen, dieses bleibt für immer.
Am 01.04. erscheint ausserdem „Einmal wissen, dieses bleibt für immer – CITY. Das Buch“ im Rotbuch Verlag.
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