Fotos von Savages am 20.11.2013 im Kölner Gebäude 9
Fotos von Savages Köln Gebäude 9 2013
Fotos von Savages Köln Gebäude 9 2013
Kate Nash Fotos Gebäude9 in Köln
In Köln wird es Frühling, zumindest für eine Woche. Wie passend, dass hier genau jetzt Walk the Moon Station machen – eine Band, die vor allem dafür bekannt ist, einen der besten Sommerhits des letzten Jahres veröffentlicht zu haben. Die Single Anna Sun stieg im Sommer hoch in die US-Charts ein und wurde vom Esquire-Magazin unter die „30 summer songs every man should listen to” gewählt.Was dieser Abend verspricht – und auch hält – ist genau das: Indiepop voller Energie, Lebensfreude, Spaß!
Zu Beginn müssen wir aber zusammen die Vorband überstehen. The Rubens sind so langweilig und lieblos bei der Sache, wie man es von so einer jungen Band kaum erwarten kann. Im Gegensatz zu Walk the Moon wirken sie alt und verstaubt, und als hätten sie nach langer Tour gar keine Lust mehr auf der Bühne zu stehen. Das Publikum anheizen geht definitiv anders.
Beim Umbau kämpfe ich mich für die Fotos in die erste Reihe – und treffe auf ein Teenfest. Junge Mädchen, die sich wie die Band mit Kriegsbemalung geschmückt haben und laut überlegen, wer der süßeste der Band ist, sehe ich eher selten im Gebäude 9. In den Reihen dahinter stehen die Tänzer – gut so. In Sachen Enegie und Getanze kann trotzdem niemand mit Walk the Moon mithalten. Als die vier Jungs aus Cincinnati pünktlich um 22 Uhr die Bühne stürmen, sprudelt die Energie nur so aus ihnen hinaus. Wir sehen wilde Tanzeinlagen (keine Boyband-Choreografien), die authentisch und erfrischend sind.
Schon ab dem zweiten Song Next in Line ist dann auch das Publikum nicht mehr zu halten. Walk the moon haben sich nicht ohne Grund einen Ruf als außergewöhnlich energetische Live-Band erspielt. Erfolgreich meisterten sie bereits Auftritte beim SXSW-Festival sowie im Vorprogramm von Weezer, Panic At The Disco oder den Kaiser Chiefs. Dass die Konzerte keine Routine werden sollen, unterstreichen sie auch mit der im Publikum schon gesehenen Kriegsbemalung. “Das hier ist ein sicherer Raum”, verkündet Sänger Nicholas Petricca auf der Bühne. “Vergesst alles, was da draußen ist und flippt richtig aus.”
Die Tanzaufforderungen zwischendurch verfehlen nicht ihre Wirkung. “Shiver Shiver”, Tightrope” und “Jenny” werden gleichberechtigt gefeiert. Bei “Iscariot” halten wir inne und lauschen auch den ruhigen Klängen. Und auch wenn das Publikum heimlich natürlich auf den Hit “Anna Sun” wartet, den die Band ganz zum Schluss spielt, um die Spannung zu halten, verbreitet Walk the Moon eine Ausgelassenheit, die ansteckend ist. Dazu trägt vor allem bei, dass die Songs einfach gut sind. Nicholas Petricca (Gesang, Keyboards), Kevin Ray (Bass), Eli Maiman (Gitarre) und Sean Waugaman (Drums) tänzeln durch die Playlist ihres Albums und mischen 2 Songs der neuen EP “Tightrope” ein. Außergewöhnlich gut ist dabei Petriccas Stimme, die er von mehrstimmigem Falsett bis laut-krächzenden Hymnen beherrscht.
Was man am Ende über wenige Band sagen kann: Walk the Moon brauchen größere Hallen. Wer so frischen, authentischen und jungen Indiepop macht, sollte sich vor Fans nicht retten können. Genug Energie, um viel größere Hallen zu füllen, haben sie allemal.
Alle Fotos Walk the Moon im Gebäude 9 gibt es hier.
Zufall oder Schicksal? Die Anfänge der Indie-Shooting-Stars Reptile Youth sind durch eine Aneinanderreihung außergewöhnlicher Begebenheiten geprägt. Bereits vor dem Erscheinen Ihres ersten Album tourte das dänische Elektropunkrock-Duo durch Asien und trieb mit wilden Konzertvideos die Klickzahlen auf Youtube in die Höhe – ohne auch nur einen einzigen Song veröffentlicht zu haben. Es folgte eine Reihe spektakulärer Festival-Auftritte in Europa und die Veröffentlichung des gleichnamigen Albums „Reptile Youth” im September. Kaum ein anderes Indie-Debütalbum wurde in diesem Jahr so heiß erwartet. Wie es zu ihrem ungewöhnlichen Karrierestart kam, erzählten uns die beiden sympathischen Dänen vor ihrem Auftritt in Köln.
„Unser erstes Konzert haben wir in Dänemark gegeben, das Publikum bestand eigentlich nur aus Freunden”, erinnert sich Leadsänger und Songwriter Mads Damsgaard Kristiansen. „Wir hatten zu diesem Zeitpunkt vielleicht acht eigene Songs und wollten einfach mal wissen, wie unsere Musik ankommt.”
Wer live oder auf Youtube einen Auftritt des Duos gesehen hat, kann sich den Effekt vorstellen: Songs wie „Speeddance” oder „Heart Blood Beat” sind explosive Energiebomben, und Mads ist die Art von Leadsinger, der schon nach zwei Akkorden ins Publikum springt, sich völlig verausgabt und die Zuschauer aus der passiven Beobachterrolle mitten rein ins Geschehen holt und zu einem Teil des Phänomens macht. Bassist und Elektro-Nerd Esben Valløe sorgt mit feinsten Effekten, treibenden Synthie-Beats und kraftvollen für intensiven Hörgenuss. Ein Reptile Youth-Konzert ist ein ekstatisches Ereignis.
Kurz nach dem ersten Konzert in Dänemark reisten die beiden Freunde nach Shanghai und organisierten dort selbst einen Auftritt. Zufall, die erste: Ein bekannter chinesischer Booker hörte die beiden und engagierte sie vom Fleck weg für eine Asien-Tour. Eine einzigartige Erfahrung: „Nach der Öffnung Chinas saugen die Menschen dort jede Art von Musik auf. Nicht nur aktuelle Künstler und Bands, sondern gleichzeitig auch deren Einflüsse – Beatles, Rolling Stones – strömen gleichzeitig auf die Bevölkerung ein. Das Publikum ist vielleicht auch deshalb ein wenig aufgeschlossener und hat andere Erwartungen”, erzählt Mads. „ Die Menschen in Asien sind nicht so vorsichtig und zurückhaltend, wie man vielleicht meinen würde”, fügt Esben hinzu. Die intensiven und wahnwitzigen Live-Shows des Elektropunk/Crossover-Duos dürften nachhaltigen Einfluss haben.
Nun sind sie zurück in der westlichen Hemisphäre, und ihr Ruf eilt ihnen voraus. Hatten die Jungs von Reptile Youth Angst, diesen hohen Erwartungen mit ihrem Debüt-Album nicht gerecht zu werden? „Ja, definitiv”, antworten beide prompt. „Aber dieser Druck ist nun weg.” Die Reaktionen von Publikum und Kritik sind durchweg positiv. Zu verdanken ist dies sicherlich auch David M. Allen, der unter anderem in den 80ern The Cure produzierte. Wie kommt eine unbekannte Zwei-Mann-Band an einen so berühmten Producer? Auch hier kommt wieder Zufall – oder Schicksal – ins Spiel.
„Wir hatten einen Auftritt in Island und lernten dort einen Deutschen kennen, einen ziemlich ausgeflippten Typ”, erzählt Mads. „Einige Zeit später waren wir zu Gast in einer Radioshow in Berlin. Zu diesem Zeitpunkt waren wir auf der Suche nach einem Produzenten für unser erstes Album. Die Radiomoderatorin sagte uns, wir sollten unbedingt mal mit einem bestimmten Typen sprechen – der könne uns auf jeden Fall weiterhelfen.”
Wie sich herausstellte, handelte es sich dabei um eben jenen verrückten Deutschen, den die beiden in Island kennengelernt hatten. „´Dave Allen, der ist genau der Richtige für euch´, sagte er uns am Telefon”, erinnert sich Esben. Ein Anruf später hatten Reptile Youth den Producer für ihr gleichnamiges Debütalbum gewonnen.
„Bei uns hat sich immer alles irgendwie gefügt und ganz natürlich entwickelt”, stellen beide fest. Ein Leben außerhalb der Musik kann sich Mads nicht vorstellen. „Ich wusste immer, dass ich Musik machen würde.” Esben wäre Lehrer geworden, wenn es mit der Musikkarriere nicht funktioniert hätte. Er kann sich auch gut verstellen, nach dem dritten Album eine Auszeit zu nehmen und weitere künstlerische Projekte anzugehen. „Glaubst du, dass du dein ganzes Leben lang Musik machen wirst?” fragt Mads seinen Bandkollegen Esben direkt. Esben überlegt, lange. „Ich kann mir auch vorstellen, irgendwann in einem Farmhäuschen zu leben, alles selbst anzupflanzen und Kunst zu machen.”
Derr Poet und der Nerd: Während Musik-Geek Esben mit Sound und Effekten experimentiert, stammen alle Texte aus der Feder von Mads. Dabei ergänzen sich die beiden auf wunderbare Weise. „Alle Texte basieren auf meinen Gefühlen, Ängsten oder Erlebnissen”, sagt Mads. In seinem Lieblingssong, dem melodisch-intensiven und dennoch hoffnungsvollen „Black Swan Born White”, geht es um Depressionen und die Befreiung daraus. Esbens liebster Song ist „HeartBlood Beat”- weil man auf den Bass so gut abgehen kann.
Was bringt die Zukunft für Reptile Youth? „Gleich nach der Tour Ende des Jahres werden wir weiter an unserem zweiten Album arbeiten. Einen Großteil der Songs dafür haben wir schon fertig”, sagt Esben.
Zufall, Schicksal, egal: Reptile Youth sind in jeder Hinsicht großartig, und das Universum ist ihnen zu recht wohl gesonnen. Wenn Talent, Charisma und eine echte Liebe der Musik und dem Publikum gegenüber zum Erfolg führen, dann ist die Welt auf jeden Fall noch irgendwie in Ordnung.
Seit der Veröffentlichung ihres Debütalbums “Boys & Girls” vor rund drei Monaten sind die Alabama Shakes auch hierzulande mächtig angesagt. So verwundert es kaum, dass ihr heutiges Konzert in Köln aufgrund der großen Nachfrage bereits nach kurzer Zeit vom Gebäude 9 in die Live Music Hall verlegt wurde. Dabei hat das Quartett weder eine opulente Bühnenshow noch eine musikalische Revolution zu bieten. Im Gegenteil. Der Bewegungsradius von Bassist Zac Cockrell erinnert live eher an einen Baum bei völliger Windstille und die Mischung aus Southern Rock, Blues und Soul ist ungefähr so innovativ wie ein frisch gestrichener Lattenzaun. Was zum Henker ist also das Besondere an den Alabama Shakes? Die Antwort: Sie machen nicht einfach nur einen auf retro. Nein, sie schaffen es, die Musik von Gestern mit einer solchen Intensität, handwerklichen Leichtigkeit und unbändigen Spielfreude ins Hier und Jetzt zu transportieren, als wäre sie gerade erst erfunden worden. Noch dazu haben sie in Brittany Howard eine Frontfrau, die stimmlich mühelos alle Nuancen zwischen Janis Joplin und Caleb Followill von den Kings Of Leon abdeckt.
Trotzdem ist die Live Music Hall nicht ganz ausverkauft. Das hat allerdings den Vorteil, dass man sich nicht wie sonst oft bereits nach fünf Minuten dafür verflucht, keine Sauerstoffmaske eingepackt zu haben. Der Abend wird von The Fog Joggers aus Krefeld eröffnet, die eine halbe Stunde lang durchaus vorhandene Qualität nachweisen. Früher gab es für derlei Nachwuchsbands ja beispielsweise noch die leider untergegangene Rheinkultur in der Bonner Rheinaue als wunderbare Plattform, um sich in grösserem Stil zu präsentieren, heute ist es für die vier Jungs “eine ganz grosse Sache hier spielen zu dürfen”. Der Applaus gibt ihnen Recht.
Um Punkt 22 Uhr legen dann die Alabama Shakes mit “Goin’ To The Party” los, was durchaus als Motto für die folgenden 75 Minuten verstanden werden darf. Lediglich Zac Cockrell, der ein wenig aussieht wie Zach Galifianakis in “Hangover”, scheint schon wieder eingeschlafen zu sein. Die Halle dagegen ist sofort auf Betriebstemperatur, besonders bei den beiden bekanntesten Knallern “Hold On” und “Hang Loose”. Der Sound ist perfekt. Brittany Howard röhrt sich durch das 17 Songs lange Set und versprüht dabei mehr Energie als ihre drei männlichen Mitstreiter zusammen. Würde Zac Cockrell nicht zumindest seine Finger bewegen, wüsste man nicht, ob er zwischendurch überhaupt mal wach ist. Das mag langweilig klingen, ist in Wirklichkeit aber nur herrlich unprätentiös. Die Live Music Hall swingt und groovt, erhebt sich zum Chor, schwelgt in melancholischem Schmerz (“I Ain’t The Same”) oder lässt gepflegt die Rocksau raus (“Making Me Itch”). Die Alabama Shakes werden dem Hype, der gerade um sie herrscht, vollauf gerecht und spätestens als das Konzert (viel zu früh) mit dem Stampfer “Heat Lightning” und einem Schwall künstlichen Nebels endet, fühlt man sich nicht mehr in Köln, sondern in irgendeiner verrauchten Holzhütte irgendwo in den amerikanischen Südstaaten am Rande der Sümpfe.
Genau hier könnte jedoch zukünftig das Problem der Alabama Shakes liegen. Ihre Musik funktioniert nämlich nur dann so gut, wenn der Rahmen entsprechend intim ist. Die Live Music Hall war dafür gerade noch akzeptabel, aber es wird spannend sein zu beobachten, ob der emotionale Funke auch überspringt, wenn die Hallen langsam grösser werden.