Elise LeGrow überzeugt mit ihrem zweiten Album „Grateful“

Wenn wir Musik beschreiben sollen, ordnen wir sie gerne in Schubladen ein.  Auf diesen Schubladen stehen dann Begriffe wie Rock, Pop oder Jazz – oder auch Adjektive wie authentisch, modern oder retro. Die Musik der kanadischen Sängerin Elise LeGrow lässt sich nicht ganz so einfach einordnen, aber ein Etikett passt auf jeden Fall – zeitlos. Sie schafft es, auf ihrem aktuellen Album „Grateful“ genau diesen Sound zu erzeugen, der sich einer genauen zeitlichen Einordung entzieht, und der vor 50 Jahren wahrscheinlich genauso begeistert hätte wie er es in den nächsten 50 Jahren noch tun wird.

Vielleicht gelingt ihr das deshalb so gut, weil sie auf ihrem Debüt „Playing Chess“ zunächst nur Coverversionen von Songs versammelt hatte, die alle beim legendären Chess-Label veröffentlicht wurden. So wie sie diesen Klassikern ein modernes Gewand verpasste, so haben jetzt ihre Eigenkompositionen gewissermaßen eine alte Seele. Zudem verfügt Elise LeGrow nicht nur über eine ausdrucksstarke Soul-Stimme, sie beherrscht auch rockige Töne oder verspielten Swing – die richtigen Voraussetzungen also für ein sehr vielseitiges Album.

Der Opener „Feel Alright“ beginnt ganz entspannt, schraubt sich im Refrain dann aber ungeahnt in die Höhe, wenn Elise trotzig ihr Recht einfordert, sich gut zu fühlen. Mit dem rhythmischen „Forever“ hinterfragt sie die Sinnhaftigkeit von ewigen Liebesschwüren und das eindringliche „Love Me Or Leave Me Alone“ markiert den Punkt, an dem eine Beziehung entweder ernst wird oder endet. Das düstere „Drinking In The Day“ erinnert nicht von ungefähr an Amy Winehouse und thematisiert die gefährliche Gewohnheit, seine Sorgen in Alkohol zu ertränken.

„Evan“ ist ein Song über einen persönlichen Verlust, bei dem sich das zerbrechliche Hauchen in den Strophen zu purer Verzweiflung im Refrain steigert. Dem gegenüber steht die tiefe Dankbarkeit im wunderbaren Titelsong „Grateful“, der sich dem Hörer wie eine wärmende Decke um die Schultern legt. Mit dem schwungvollen „Better Side“ endet das Album dann mit einer optimistischen Note.

Falls sich über „Grateful“ überhaupt etwas Negatives sagen lässt, dann höchstens, dass es mit seinen sieben Titeln etwas kurz geraten ist. Elise LeGrow hätte ich gerne noch länger zugehört – aber zum Glück gibt es ja die Repeat-Taste und hoffentlich in Zukunft auch noch mehr gute Musik von ihr!